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Reiseberichte

Reiseberichte Argentinien Chile

Von dem höchsten Berg Amerikas, einer Erdbebenregion und deutschem Bier (#072)

31. Dezember 2023

– Viele Kilometer durch Chile und Argentinien –

Nachdem es uns im Ischigualasto Provincial Park und im Talampaya Nationalpark mit knapp 40 Grad Celsius (draußen wohlbemerkt) doch ein wenig heiß war, machen wir uns wieder auf in den etwas kälteren Süden Argentiniens. Auch hier kann sich die Landschaft wieder sehenlassen…

Dann erreichen wir die ca. 100.000 Einwohner-Stadt San Juan, die tatsächlich zu den ältesten Städten Argentiniens gehört. Sie wurde 1561/1562 von Juan Jufré in einem benachbarten Tal gegründet. 1594 wurde die Stadt allerdings wegen eines Hochwassers zum jetzigen Standpunkt verlegt. In der Kolonialzeit gehörte San Juan zeitweise zu Chile, mit der Unabhängigkeit fiel es aber endgültig an Argentinien. Traurige Bekanntschaft erhielt San Juan als 1944 ein verheerendes Erdbeben die Stadt verwüstete, 90 % der Gebäude zum Einsturz brachte und dabei 10.000 Menschen starben. Wir schlendern ein wenig durch die Stadt und besuchen dann auch das Erdbebenmuseum San Juans. Seitdem wir in Argentinien sind und auch in Teilen von Chile, bekommen wir fast täglich neue Erdbebenwarnungen aufs Handy. Teilweise sind sie nur fünf Kilometer entfernt oder erreichen eine 4 auf der Richterskala. Bisher hatten wir Glück, dass die Beben entweder weit genug in der Ferne oder ausreichend tief unter uns stattgefunden haben, so dass wir noch keine Erdbeben spüren konnten. In dem Museum gibt es auch einen Raum, in dem der Boden so wackelt und damit eine Erdbebensituation simuliert. Um eine solche Situation besser einschätzen zu können, hätten wir diesen Raum gerne besucht, allerdings ist er an diesem Tag geschlossen.

Am nächsten Tag fahren wir weiter…auf unserer Route Richtung Süden. Und dann ist es soweit…Sprinti erreicht seine 200.000 Kilometer-Marke! Zugegebenermaßen hätten wir die Anzeige zur Feier des Tages mal putzen können, aber das sah in der Realität gar nicht so dreckig aus wie auf dem Foto und bei diesem ganzen Staub hier auf den Straßen ist das eh ziemlich sinnbefreit 🙂 ! Wenn wir uns überlegen, dass wir den Wagen vor vier Jahren mit 117.858 Kilometern gekauft haben, dann ist da nun doch einiges dazu gekommen. Wir hoffen, dass Sprinti das noch lange mit uns mitmacht!

Dann erreichen wir den Grenzort Uspallata, in dem wir auf dem Campingplatz der Gemeinde für 2 Euro die Nacht stehen dürfen. Auf diesem Platz haben wir alles was wir brauchen und so bleiben wir drei Tage. Dabei treffen wir zufällig auch alte Reisebekannte wieder. Allerdings befindet sich dieser Platz im Wald und der Wind pfeifft ordentlich, so dass durchaus Erinnerungen an unseren Stellplatz in Mendoza aufkommen, wo wir ja nur knapp der herabfallenden Baumkrone entkommen sind (s. dazu Artikel „Jetzt also Argentinien…#071“). Aber wir haben Glück und alles geht gut!

Nach ein paar Tagen geht es für uns dann wieder Richtung chilenische Grenze, allerdings nicht, ohne zuvor noch den ein oder anderen Stopp einzulegen. So erreichen wir auch die „Puente del Inca“, eine durch Wassererosion entstandene natürliche Brücke. Das Thermalmineralwasser zementierte das Gebiet mit einer eisenhaltigen Hülle, die ihm seine merkwürdige Form und Farbe in Orange-, Gelb- und Ockertönen verlieh. In der Kolonialzeit war diese Strecke eine obligatorische Passage für Reisende und Kuriere nach Chile und für die Andenarmee im Feldzug von 1817. Auf der Höhe der Brücke, am rechten Flussufer, befinden sich fünf heiße Quellen gleichen Typs, jedoch mit unterschiedlichen Salzbestandteilen und Temperaturen zwischen 33 und 38 °C. Ihre Namen lauten Venus, Mars, Saturn, Merkur und nicht etwa Pluto oder Jupiter, sondern schlichtweg „Champagner“. Es wird angenommen, dass das Wasser heilende und stresslindernde Eigenschaften hat. Im Jahr 1925 wurde daher auch das „Hotel Puente del Inca“ erbaut, in dem die bedeutendsten Persönlichkeiten der Zeit verkehrten. Jedes Zimmer verfügte über ein eigenes Thermalbad. Im Jahr 1965 wurde das Hotel dann durch die häufigen Lawinen, die einige Zeit zuvor den transandinen Zugverkehr lahmgelegt hatten, vollständig zerstört und nur die kleine Kolonialkapelle, in der sich das Personal und die Besucher vorübergehend niederließen, blieb erhalten.

Dann geht es für uns weiter zum nächsten Hightlight auf dieser Strecke, denn nur ein paar Meter weiter befindet sich der Aconcagua, ein Berg mit bis zu zehn Kilometer langen Gletschern. Der Aconcagua ist mit 6961 m der höchste Berg Amerikas und auch der höchste außerhalb Asiens. Haben wir doch auf dieser Reise in Alaska schon den Denali besucht, mit 6190 m der höchste Berg Nordamerikas (s. dazu Artikel „Alaska…Teil 1 #016“), so erreichen wir nun diesen Giganten.

Zeit zum Wandern nehmen wir uns an diesem Tag allerdings nicht, denn wir wollen heute noch die Grenze nach Chile überqueren. Wenn man es genau nimmt, liegt die Landesgrenze zwischen Chile und Argentinien mitten in einem Tunnel und erst dahinter befinden sich die jeweiligen Grenzstationen. Wir befinden uns nämlich wieder einmal mitten in den Anden und müssen eben diesen Pass überqueren. Es ist der gleiche Grenzübergang wie beim letzten Mal und auch jetzt läuft das Prozedere schnell und reibungslos ab. Noch dazu haben wir Glück, dass wir einen netten Grenzbeamten erwischen, der sich für uns um alles kümmert und die Hunde, die unerlaubte Lebensmittel in den Fahrzeugen erschnüffeln, bleiben als wir an der Reihe sind, in ihren Käfigen. Wenn der Pass über die Anden auch durchaus wieder eine Herausforderung ist, so ist die Landschaft doch umso schöner.

Unser Weg führt uns in Chile direkt wieder in die Hauptstadt Santiago, denn dort gibt es noch das ein oder andere zu erledigen. Dieses Mal haben wir einen Stellplatz etwas außerhalb der Stadt, auf einem Berg gelegen, und treffen dort…na klar…auch wieder alte Bekannte.

Schon nach zwei Tagen machen wir uns wieder auf den Weg und lassen Santiago hinter uns. Es ist bereits Dezember und unser Plan ist es ja Silvester das Ziel unserer Reise zu erreichen…Ushuaia in Feuerland…die südlichste Stadt der Welt! Also heißt es fahren was das Zeug hält, ohne die schönen Dinge, die auf dem Weg liegen, zu vernachlässigen. So fahren wir an einem Tag rund 850 Kilometer und erreichen die Stadt Valdivia…und damit auch Patagonien, der letzte Abschnitt bis zu unserem Ziel. Allerdings liegen bis dahin auch noch ein paar Tausend Kilometer vor uns. Uns fällt auf jeden Fall schon mal auf, dass die Landschaft hier wieder wesentlich grüner wird, es gibt wieder Bäume und viele Blumen blühen. Für uns fühlt es sich nach den vielen Steppen und Wüsten an, als wenn nach dem Winter nun der Frühling innehält und alles wieder zum Leben erweckt. Hach, einfach schön!

Valdivia ist eine Stadt im Süden Chiles, ungefähr 15 Kilometer vom Pazifik entfernt und hat etwa 150.000 Einwohner. Ab 1846 siedelten in der Region vor allem deutsche Einwanderer. Dies verhalf der Stadt seit etwa 1850 zu Bevölkerungswachstum und Wirtschaftsaufschwung. Es entstanden die erste Brauerei Chiles (Cervecería Anwandter), das erste Stahlwerk, Waggonbauindustrie, Holzverarbeitungs- und Lederwarenbetriebe, Werften sowie „Valdivia’s Deutsche Zeitung“. Die Isla Teja bildete dabei das Zentrum der deutschen Einwanderer und erhielt 1939 eine Brücke als feste Verbindung zur Stadt. Und auch wir entdecken im Stadtzentrum eine deutsche Schule, die auch heute noch als Lehranstalt dient. 1909 wurde Valdivia bei einem Großbrand stark zerstört. Weitere Rückschläge erlitt die Stadt durch schwarze Listen gegen die deutschchilenischen Industriellen während beider Weltkriege. Am 22. Mai 1960 wurde die Stadt vom bisher stärksten gemessenen Erdbeben der Welt und von einem Tsunami getroffen (Großes Chile-Erdbeben). Das Beben hatte eine Stärke von 9,5 auf der Momenten-Magnituden-Skala. 40 % der Gebäude der Stadt wurden zerstört. Der Grund Valdivias sank dabei um zwei Meter ab, was zur Aufgabe vieler Industrien am Flussufer und auf der Isla Teja führte.

Wir erwischen einen kleinen Campingplatz, der eigentlich wieder eher dem Garten eines Mehrfamilienhauses gleicht und direkt an den Fluss grenzt. Von hier aus können wir unsere Einkäufe erledigen und auch ein Waschsalon ist nicht weit.

Was aber auch nicht fehlen darf, wenn wir schon mal in Valdivia sind, ist der Besuch der in Chile und Argentinien sehr bekannten Brauerei Kunstmann. Die deutsch-chilenische Familie Kunstmann baute in Valdivia-Collico bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts eine Getreidemühle, eine Brennerei und eine Hefefabrik auf. Nachdem die 1851 gegründete Anwandter-Brauerei beim großen Erdbeben 1960 zerstört worden war, begann die Familie Kunstmann in den 60er Jahren mit der Bierproduktion und das gemäß des Deutschen Reinheitsgebots. Seit 1997 wird das Bier nun auch verkauft. Also ab zur Brauerei Kunstmann, sage ich nur!

Als nächstes wollen wir uns auf den Weg machen zur Insel Chiloé, um die nächsten Tage dort zu verbringen. Aber unsere Pläne werden spontan durchkreuzt, als wir erfahren, dass eine der Fähren kaputt ist und somit alle weiteren restlos überfüllt sind. Also disponieren wir um und entscheiden uns, Patagonien als erstes von der argentinischen Seite zu erkunden. Da Südamerika auf dieser Höhe immer schmaler wird und noch immer die Anden zwischen beiden Ländern liegen, sind nicht alle Gegenden von beiden Seiten erreichbar. Daher ist es normal, dass hier zwischen den Ländern des öfteren hin und her gewechselt wird. Und somit heißt es für uns nach fünf Tagen Chile wieder „Goodbye“ zu sagen. Lief der letzte Grenzübergang doch noch schnell und reibungslos ab, so gestaltet sich das an diesem Tag ein wenig anders. Was wir zuvor nicht wussten, dass am Freitag Feiertag ist und somit den Einheimischen ein langes Wochenende bevorsteht. Heute ist Donnerstag und so verbringen wir 5,5 Stunden an der Grenze bis wir endlich wieder argentinischen Boden betreten.

Nach zehn Minuten Fahrt sind wir dann allerdings schon wieder besänftigt als wir diese wunderbare Landschaft zu Gesicht bekommen…die Landschaft Patagoniens!

Aber dazu beim nächsten Mal mehr!

Kommt gut ins neue Jahr, Ihr Lieben! Auf ein grandioses Jahr 2024!

Reiseberichte Argentinien

Jetzt also Argentinien… (#071)

24. Dezember 2023

– Wein, Vollmond und ein ziemlich dicker Ast –

Nun sind wir also in Argentinien und erreichen damit das 16. Land auf unserer Reise. Der Landesname Argentinien leitet sich von der lateinischen Bezeichnung für Silber („argentum“) ab und stammt aus der spanischen Kolonialzeit, als man hier Edelmetalle zu finden hoffte. Bis zu seiner Unabhängigkeit 1816 war Argentinien Teil des spanischen Kolonialreiches. Mit einer Fläche von knapp 2,8 Mio. km² ist Argentinien der achtgrößte Staat der Erde und der zweitgrößte des südamerikanischen Kontinents. Im Hinblick auf die Einwohnerzahl steht es mit rund 45 Millionen Einwohnern in Südamerika an dritter Stelle (nach Brasilien und Kolumbien), wobei knapp 87% von ihnen in Städten leben. Mehr als 90 % der Bevölkerung stammen nach der offiziellen Statistik zumindest teilweise von eingewanderten Europäern, mehrheitlich Italienern, ab. Die hohe Anzahl von Personen, die zumindest einen europäischen Vorfahren haben, haben einen Mythos des „weißen Argentiniens“ hervorgebracht. Neuere Untersuchungen ergaben zwischen 53 % und 65 % europäisches, 31-40 % indigenes und 4 % afrikanisches Erbgut. Und auch wir nehmen direkt war, dass es hier alles ein wenig mehr „europäisch“ abläuft. Viele Menschen unterscheiden sich tatsächlich in Größe, Körperform, Haar- und Hautfarbe von anderen Südamerikanern und das Spanisch, was hier gesprochen wird, hat in unseren Ohren durchaus einen italienischen Einfluss genossen. Auch bemerken wir, dass hier mehr Freizeitaktivitäten stattfinden. Die Menschen treffen sich z.B. mit Freunden, gehen aus, treiben Sport oder fahren Motorrad. Was uns ebenfalls auffällt, hier wird so viel geraucht, wie in keinem anderen Land auf der Reise. In allen anderen Ländern findet der „Verzehr eines Glimstengels“ quasi nicht mehr statt, so dass wir uns bei unserem Heimaturlaub im Mai in Deutschland tatsächlich gewundert haben, wie viel in Deutschland und Europa noch geraucht wird. Und auch diesbezüglich hat Europa hier in Argentinien Einzug gehalten. Ähnlich ist es mit Tätowierungen, so waren Einheimische bislang nur in den seltensten Fällen tätowiert, hier tragen viele Menschen diesen Körperschmuck. Auch was die Automarken anbelangt, wird es hier wieder eurpäischer, so säumen viele Fiats, aber auch wieder mehr Audi, Mercedes oder Volkswagen die Straßen, letztere vermehrt mit dem Modell „Suran“ (ein etwas kleinerer Tiguan auf Basis eines Fox).

Unser erstes Ziel ist die Stadt Mendoza, bekannt für DIE Weinregion Argentiniens….also genau das Richtige für uns! Wir landen auf einem schönen Campingplatz, der uns ebenfalls an europäische Campingplätze erinnert und umgeben ist von unzähligen gewaltigen Bäumen. Hier lässt es sich aushalten, haben wir doch mittlerweile sommerliche 25-30 Grad Celsius. Nachts kühlt es auf angenehme 15 Grad ab…auch das ist perfekt. Die ersten zwei Tag nutzen wir, um einiges zu erledigen und etwas zur Ruhe zu kommen.

Dann erkunden wir ein wenig die Stadt und lassen uns vom Lebensgefühl der Argentinier anstecken. Mendoza ist die etwa 120.000 Einwohner zählende Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Westen Argentiniens. Es gilt zudem als das Tor zu Chile und ist daher eine wichtige Handelsmetropole.

Der dominierende Wirtschaftszweig in Mendoza ist der Weinanbau und die daraus resultierende verarbeitende Industrie. Die Kellereien generieren 50 % der Exporterlöse Mendozas und stehen für 80 % des gesamten argentinischen Weinexports. Und was heißt das für uns? Na klar…wir müssen uns mal ganz persönlich von der Qualität des Weins überzeugen lassen! Und wo geht das besser als direkt auf einem Weingut?! Wir starten allerdings mit dem Besuch des „Weinmuseums“ der Stadt, was genau genommen zwei alte Wohnhäuser (besser gesagt Villen), der berühmten ersten Weinanbauer Mendozas, sind…umgeben von einer wunderschönen Parklandschaft. Der Schweizer Baptist Geronimo Gargantini und der Italiener Juan Giol gründeten 1896 ein Unternehmen, das zum Stolz des Weinbaus in Mendoza werden sollte. Sie kauften 44 Hektar Land und bauten die ersten Teile des Weinguts. Das Wachstum der Produktion war schwindelerregend und so beschlossen sie, zwischen 1908 und 1910 diese prächtigen Häuser an jenem Ort zu bauen. Nur ein Haus kann heute noch betreten werden, das andere hätte leider eher ein wenig Handwerkerliebe nötig. Vorsichtig betreten wir den Eingangsbereich. Es handelt sich um eine alte Villa mit knarrenden Holzdielen, hohen Decken und einer herrschaftlichen Treppe. Wir scheinen die einzigen Besucher zu sein und so ist niemand dort als wir das alte Haus betreten, was es ein wenig unheimlich macht. Wir wandern von Zimmer zu Zimmer, die teilweise noch einzelne Möbelstücke beheimaten. Einige Zimmer sind leer und durch die schmalen Schlitze der geschlossenen Fensterläden fällt nur ein wenig Sonnenlicht. Es ist merkwürdig an diesem Tag alleine in diesem Haus zu sein, in dem man die Geschichte wortwörtlich spüren kann.

Dann geht es für uns weiter zum Weingut „Bodegas Lopez“, bei dem wir eine Tour gebucht haben. Weil wir früh dran sind, dürfen wir schon mal ein wenig probieren. Aufgrund der enormen Inflation von rund 140% in Argentinien allein im letzten Jahr, sind die Preise hier natürlich auch demensprechend. So zahlen wir pro Glas Wein lediglich 80 Cent, eine Flasche sehr guten Wein bekommt man tatsächlich bereits ab 1,50 Euro.

Dann geht es auf zur Tour. Weil hier die meisten Menschen ausschließlich spanisch sprechen, sind wir gemeinsam mit einer australischen Touristin die einzigen Teilnehmer der englischsprachigen Tour. So werden wir in die Weinkeller und Produktionshallen geführt und erfahren viel über die lange Geschichte des Familienunternehmens. Natürlich darf im Anschluss auch eine kleine Weinprobe nicht fehlen…

Anschließend geht es für uns mit dem Taxi zurück in die Stadt, denn was ist ebenfalls typisch argentinisch? Genau…Steaks! So werden wir in einem der vielen Restaurants fündig und auch wenn ich gar nicht mal sooo der Fleischesser bin, schmeckt es auch mir sehr gut. Allerdings ist es schon ein wenig speziell zu sehen, was für riesige Platten Fleisch an all die Tische gebracht werden. Beilagen sind tatsächlich Nebensache…hier stellt sich nur die Frage…Fleisch, Wurst oder beides?!

In dieser Nacht stürmt es ordentlich und wir werden in Sprinti ganz schön hin und hergeschaukelt…aber was soll’s?! Am nächsten Morgen allerdings wird uns ganz schön mulmig zumute, als wir sehen, was in der Nacht passiert ist! Rund drei Meter neben Sprinti, also genau da, wo wir bis vor zwei Tagen noch geparkt hatten, liegt es riesiger Ast, besser gesagt eine gesamte Baumkrone auf dem Boden. Der Sturm hat also ordentliche Arbeit geleistet und um ein Haar hätte das Ganze auch anders ausgehen können. Auch wir stehen direkt unter dicken Bäumen und als wir die an diesem Morgen genauer unter die Lupe nehmen, sehen wir, dass ein tiefer Spalt durch den Stamm bis hoch in die Baumkrone geht und das bei dem Baum, der sich genau über uns befindet. Eigentlich wollten wir noch einen weiteren Tag auf diesem Platz bleiben, entscheiden uns spontan allerdings weiterzufahren. Man soll sein Glück ja nicht all zu doll herausfordern!

Jetzt noch schnell Sprinti von all dem Vogeldreck befreien…wo Bäume sind, sind oft auch Vögel und die hatten an unserem Campingplatz eine sehr gute Verdauung…sehr zum Leidwesen von Mensch und Wagen.

Von der Stadt geht es dann wieder in die Natur. Wir fahren Richtung Norden. Auf dem Weg versuchen wir noch an Bargeld zu gelangen, das ist nämlich in Argentinien gar nicht so einfach. Die argentinische Wirtschaft hat in den vergangenen Jahrzenten extreme Schwankungen erlebt und dass, obwohl es Anfang des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Ländern der Welt gehörte. Die letzte Regierung hat versucht, die Wirtschaft zu stabilisieren, in dem sie einen bestimmten Wechselkurs für den Dollar festgelegt hat. So wollte es die Theorie. In der Praxis hat sich allerdings ein zweier Wechselkurs für den Dollar entwickelt, der sogenannten „Blue-Dollar“, den die Menschen im alltäglichen Leben nutzen. Dieser ist mittlerweile dreimal so hoch wie der von der Regierung gewünschte Kurs, was zur Folge hat, dass der argentische Peso im Verhältnis zum Dollar immer mehr an Wert verliert. Für uns bedeutet das, dass wir versuchen, so viel wie möglich mit Kreditkarte zu bezahlen, da Visa und Mastercard nach dem Blue-Dollar abrechnen. Das funktioniert allerdings nur zu ca. 80%. Wir benötigen also auch Bargeld. Würden wir es am Geldautomaten abheben, würde der offizielle Kurs zu Grunde gelegt, was für uns ein sehr schlechtes Geschäft wäre. Uns bleiben also zwei Möglichkeiten: 1. Wir haben aus den USA, Panama und Ecuador (die alle den Dollar als Zahlungsmittel nutzen) US-Dollar mitgebracht und können den hier in den Wechselstuben in argentinische Pesos tauschen. Dazu sei gesagt, dass 50er und 100er Banknoten einen besseren Kurs bringen als kleinere Scheine. Zudem wird penibel darauf geachtet, dass die Scheine weder beschädigt noch bekritzelt sind, ansonsten werden die dann nämlich gar nicht angenommen. 2. Man kann den weltweiten Bargeldservice der Western Union Bank nutzen, der allerdings sehr kostspielig ist und man eine Ausgabestelle finden muss. Diese Ausgabestelle muss dann zum einen den entsprechenden Betrag in Pesos vorliegen haben (daher besser nicht mehr als 100 Dollar wechseln) und zum anderen auch gewillt sein an Ausländer auszuzahlen. Also alles gar nicht so einfach!

Durch die Präsidentschaftswahl am Tag unserer Einreise haben viele Argentinier die Hoffnung, dass sich dieses wirtschaftliche Auf und Ab beruhigt und der Staat zu seiner wirtschaftlichen Stärke zurückkehrt. Auch wenn wir uns freuen, dass wir für 10 Brötchen lediglich 1 Euro und für einen Liter Benzin (der zudem von der Regierung subventioniert wird) nur 36 Cent bezahlen, so haben wir doch auch Mitleid mit den hart arbeitenden Menschen, die enorm unter dem ständigen Wertverlust ihrer Währung und somit auch ihrer Arbeit leiden.

Dann erreichen wir unser Ziel, den Ischigualasto Provincial Park. Das Naturreservat liegt im Nordwesten Argentiniens und wird wegen seiner extremen Trockenheit auch „Valle de la Luna“ (Mondtal) genannt. Es liegt in unmittelbarer Nähe des Nationalparks Talampaya und wurde gemeinsam mit diesem im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Geologisch gesehen gehören das Naturreservat und der Nationalpark Talampaya zur Ischigualasto-Formation, die sich durch gut erhaltene, etwa 230 Millionen Jahre alte Fossilien auszeichnet. Unter anderem entstammen dieser Formation einige der ältesten bekannten Dinosaurierfunde. Und so statten wir dem Park-Museum als erstes einen Besuch ab.

Dann haben wir Glück, dass kurzerhand auch eine Tour durch den Park stattfindet, den man nämlich nur mit Guide und seit Corona auch nur mit dem eigenen Auto befahren darf. Die argentinische Variante sieht dann so aus, dass der Guide einfach zu dem ersten Privatwagen mit in das Auto steigt und sich die kleine Blechlawine dann durch den Park schängelt. So auch wir mit Sprinti. Das Reservat umfasst 8.000 Quadratkilometer und ist zum Schutz einer wüstenhaften Landschaft eingerichtet worden. Es existieren viele von der Erosion geschaffene skulpturartige, kuriose Gesteinsformationen, die oft an bekannte Objekte erinnern, wie das U-Boot, die Bocciabahn, der Pilz und die 1989 eingestürzte Wunderlampe Aladins, die bis dahin das Wahrzeichen des Parks war. Das Gebiet liegt etwa 1300 Meter über dem Meeresspiegel und beherbergt eine typische Wüstenvegetation, die aus Kakteen und Büschen besteht. Darüber hinaus gibt es starke Temperaturschwankungen von −10 °C bis +45 °C. Wir bekommen an diesem Tag die extreme Hitze zu spüren, zeigt das Thermostat doch „angenehme“ 40 Grad. So ist jeder Windzug herzlich willkommen. Wir legen auf unserer Route verschiedene Zwischenstopps ein und erhalten diverse Erklärungen von unserem Guide. So kommen wir z. B. an Steinformationen vorbei, die durch die Erosion aussehen wir präzise geschliffene Kugeln, die auf der Welt in dieser Form einzigartig sind. Landschaftlich erinnert uns die Gegend total an die USA mit seinen Canyons und bunten Felsen. Besonders beeindruckt sind wir als plötzlich 8 Kondore über uns kreisen, die auf dem Boden sitzend tatsächlich eine Größe von 1,40 m aufweisen und dadurch wirklich majestätisch durch den Himmel gleiten.

Jeden Monat, immer zum Vollmond, ist der Park drei Tage lang auch nachts geöffnet und man kann mit einem Guide eine Nachtwanderung im Mondschein durch diese besondere Landschaft machen. Wir schauen im Kalender nach…der nächste Vollmond ist…HEUTE! Alles klar, das nehmen wir mit! Glücklicherweise bekommen wir noch Karten und so geht es für uns um 23 Uhr noch einmal mit Sprinti los durch den Park. Allerdings sind wir nicht die einzigen mit diesem Plan und so schlängeln sich nun mehr als 50 Autos entlang der staubigen Straßen. Uns beschleicht das schlechte Gewissen, warum man die Landschaft nicht wenigstens in der Nacht in Ruhe lässt oder zumindest statt der vielen einzelnen PKWs besser einen Bus einsetzt. Die Autos werden an einem zentralen Ort geparkt und wir machen uns zu Fuß auf durch den Park. Lampen…Fehlanzeige! Lediglich der Mond schenkt uns gerade genug Licht, um über Stock und Stein zu laufen. Dass man auf den Fotos überhaupt etwas erkennen kann, liegt wohl eher an der Nachtsicht-Einstellung unserer Handy-Kamera. Einen Weg oder Trampelpfad gibt es hier gerade nicht. Und so verleiht es uns auch in dieser großen Gruppe schon das Gefühl ganz allein mit der Natur zu sein und nur der Mond beobachtet uns dabei…

Gegen 2 Uhr in der Nacht kehren wir zurück zum Parkeingang. Der sich dort befindliche Campingplatz ist momentan allerdings geschlossen, weil sich derzeit ein Puma in der Gegend umhertreibt. Gut, dass wir gerade noch durch den Park gewandert sind, sag ich nur! Peter und ich machen uns also mitten in der Nacht auf den Weg, um den ca. eine Stunde entfernten Talampaya Nationalpark zu erreichen, da wir dort übernachten dürfen. Normalerweise vermeiden wir es nachts zu fahren, weil es aufgrund schlechter Straßen, fehlender Beleuchtung, einfach aus Sicherheitsgründen oder auch weil gerne mal Tiere auf der Straße stehen, durchaus gefährlich werden kann. In dieser Nacht kommt zudem die Müdigkeit hinzu, die uns beide mittlerweile quält. Anfangs sind wir nicht die einzigen, die hier auf diesen Straßen noch unterwegs sind, aber immer mehr verlassen unsere Route und so sind wir irgendwann allein unterwegs auf dieser Landstraße, umgeben von dunklem Nichts. Daher sind wir froh und erleichtert, als wir gegen 3 Uhr den Parkplatz erreichen und fallen nur noch todmüde ins Bett.

Rund 3,5 Stunden später werden wir allerdings schon wieder vom Wecker geweckt, denn auch den Talampaya Park wollen wir erkunden. Das Reservat umfasst 215.000 Hektar und schützt die wüstenhafte Landschaft im Tal des „Rio Talampaya“, in der die Erosion vielfarbige Gesteinsformationen hervorgebracht hat. Zudem gibt es auch hier mehrere archäologische Fundstätten in der Gegend. Das im Park anzutreffende, fossilführende Gestein entstand aus Sedimenten, die während der Trias, dem ältesten System des Erdmittelalters, auf dem Festland abgelagert worden sind. Zusammen mit den Gesteinen im nur wenige Kilometer weiter südlich gelegenen Naturreservat Ischigualasto wurde dies dokumentiert. Deshalb ist der darin enthaltene Fossilbericht weltweit einmalig. Zudem sind hier auch frühe Spuren des Menschen sichtbar, was sich unter anderem durch uralte Wandmalereien zeigt.

Auch diesen Park darf man nur mit einem Guide betreten und so startet unsere gewünschte Tour bereits um 9 Uhr. Dieses Mal nicht mit dem eigenen Auto, sondern in einem Bus werden wir durch den Park gefahren und halten an besonders eindrucksvollen Punkten. Auch dieser Park ist faszinierend und beeindruckt uns mit seinen gewaltigen Felsen fast noch mehr als wir durch die Schlucht fahren und im Verhältnis wohl eher der Größe einer Ameisen entsprechen. An einer Stelle werden wir aufgefordert als Gruppe einige Schreie abzulassen, die tatsächlich Sekunden später ein so beeindruckendes Echo wiedergeben, als würde uns eine Gruppe im Tal nebenan antworten. In diesem extremen Ausmaß haben weder Peter noch ich das je erlebt. Echt der Wahnsinn, sage ich Euch! So verleben wir auch hier einen schönen Vormittag, bevor es für uns mal wieder weitergeht…

Jetzt, wo ich hier sitze und diese Zeilen für Euch schreibe, sind bereits ein paar Wochen vergangen und Weihnachten steht vor der Tür. Daher möchten wir das zum Anlass nehmen Euch die liebsten Weihnachtsgrüße nach Hause zu schicken. Habt eine schöne Zeit mit Euren Lieben und genießt ein wenig die Ruhe zum Jahresende. Wir tun dies…am südlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents, der mit einem Auto befahren werden kann, ohne das Wasser überqueren zu müssen (schaut dazu gerne mal unter unserer Route).

In diesem Sinne frohe Weihnachten und eine dicke Umarmung aus dem windigen Südchile!

Reiseberichte Chile

Chile…alles eine Frage der Einreise (#070)

10. Dezember 2023

– Wir freuen uns auf ein neues Land –

Nachdem man uns nur auf Biegen und Brechen erlaubt hat mit Sprinti aus Bolivien auszureisen (s. dazu Artikel „In der größten Salzwüste der Welt #069“), erreichen wir nun die chilenische Grenzstation, die sich ebenfalls irgendwo im Nirgendwo befindet. Als wir dort ankommen, erfahren wir, dass hier seit einigen Stunden Stromausfall herrscht und in Sachen Grenzkontrolle gerade mal so gar nichts funktioniert. Wir müssen also warten…und das mit dem Gedanken, ob man uns nach unseren Problemen an der bolivianischen Aduana überhaupt nach Chile einreisen lässt…mit Sprinti wohlgemerkt! Außerdem sollen die Kontrollen in Sachen Lebensmittel, Holz etc. nirgends so streng sein, wie an der chilenischen Grenze. Wir haben das ein oder andere also ein wenig versteckt und hoffen, dass wir damit durchkommen…und keine Hunde zur Kontrolle eingesetzt werden, die soll es nämlich an einigen Grenzübergängen ebenfalls geben. Jetzt erstmal heißt es also warten und wir hoffen inständig, dass das hier vor dem Wochenende noch etwas wird und wir nicht tagelang hier verharren müssen…so im Nichts…auf 4600 Metern! Erstmal vertreiben wir uns die Zeit, indem wir an unseren Autos die Reifen wieder aufpumpen, die wir aufgrund der schlechten Straßenverhältnisse auf der Lagunen-Route etwas abgelassen hatten.

Nach weiteren 1,5 Stunden des Wartens, kehrt der Strom dann wieder zurück und der Einreise-Prozess kann starten. Jetzt heißt es Daumendrücken…sowohl für die Einreise als auch für die Lebensmittelkontrolle!

Dann sind wir an der Reihe…

Relativ schnell erhalten Peter und ich unsere Stempel in unseren Reisepässen…wir dürfen also schon mal 90 Tage im Land bleiben. Jetzt stellt sich nur noch die Frage für Sprinti und ob uns das „Gemauschel“ an der bolivianischen Grenze nun zum Verhängnis wird. Hoffentlich möchte der Grenzbeamte also nicht das bolivianische TIP (Dokument zur Ein- und Ausfuhr von Sprinti) sehen, dann wird es kompliziert. Der Beamte schaut auf Sprintis Fahrzeugschein und schüttelt mit dem Kopf. „Oh nein“…denken Peter und ich gleichzeitig. Dann stellt sich allerdings heraus, dass er nur die Fahrzeugidentifikationsnummer auf dem Fahrzeugschein nicht gefunden hat. Aber da können wir schnell Abhilfe schaffen. Wir bekommen für Sprinti ein neues TIP für Chile und erhalten ein neues Dokument, ohne dass das alte aus Bolivien noch irgendeine Rolle spielt…puh, das wäre also geschafft!

Jetzt nur noch die Lebensmittelkontrolle! Als erstes betritt ein Herr der Drogenfandung unseren Wagen, der glücklicherweise eher davon beeindruckt ist, dass wir Sprinti selber ausgebaut haben, als dass er sich für unseren Alkoholvorrat interessiert. Dann kommt die Dame von der Kontrolle, lässt uns ein Dokument ausfüllen und fragt nach frischem Obst und Gemüse. Da es immer besser ist, zuzugeben dass man etwas mit sich führt und das dann auch freiwillig abzugeben, als wenn sie selbst etwas finden, offenbare ich die obligatorischen zwei Äpfel und drei Limetten, die sie dann auch direkt einsammelt. So ist sie schon mal gut gestimmt. Anschließend schaut sie noch in sämtliche Schubladen und gibt uns dann mit einem Lächeln zu verstehen, dass alles in Ordnung ist und wir nach Chile einreisen dürfen. Puuuuuuhhhhhhhh, auch das wäre also geschafft!

Jetzt also ab in das neue Land, ab nach Chile! Unser erstes Ziel ist auch gleich der erste Ort im Land…San Pedro de Atacama! Ja genau, „Atacama“…wir befinden uns also in der Atacama-Wüste und kommen so von einem Extrem ins Nächste. Als erstes müssen wir aber noch das Altiplano verlassen. Als Altiplano wird das ausgedehnte Plateau bezeichnet, das sich über 1800 km entlang der Anden von Süd-Peru, über West-Bolivien bis nach Nord-Chile und Nord-Argentinien erstreckt und auf einer durchschnittlichen Höhe von 3600 m liegt. Wir befinden uns nach der Grenze sogar auf 4600 Metern, San Pedro de Atacama liegt allerdings wesentlich tiefer und so führt uns die Straße, die aufgrund der extremen Bedingungen von vielen internationalen Autoherstellern auch als Teststrecke genutzt wird, auf nicht einmal 30 Kilometer rund 2400 m bergab. Sprintis Bremsen geben mal wieder alles! Die Sicht auf die Wüste ist toll und die endlich wieder geteerten Straßen sind in einem top Zustand…und so ganz ohne Müll. Peter und ich feiern das so richtig! Von uns fällt die Anspannung der letzten beiden Länder und so freuen wir uns auf alles was da kommt! Wir freuen uns auf Chile!

Der moderne souveräne Staat Chile gehört mit seinen rund 19,1 Millionen Einwohnern zu den wirtschaftlich und sozial stabilsten und auch wohlhabendsten Ländern Südamerikas mit einer einkommensstarken Wirtschaft und einem hohen Lebensstandard. Es führt die lateinamerikanischen Nationen in Bezug auf menschliche Entwicklung, Wettbewerbsfähigkeit, Pro-Kopf-Einkommen, Globalisierung, Friedenszustand, wirtschaftliche Freiheit und geringes Korruptionsempfinden an. Chile weist nach Kanada die niedrigste Mordrate in Amerika auf und ist Gründungsmitglied der Vereinten Nationen, der Union der Südamerikanischen Nationen (UNASUR), der Gemeinschaft Lateinamerikanischer und Karibischer Staaten (CELAC) und der Pazifik-Allianz. Chile ist allerdings durch die globale Erwärmung ernsthaft gefährdet und hat seit Anfang der 1990er Jahre mindestens 37 % seiner Wasserressourcen verloren. Durch seine besondere geographische Form erstreckt es sich ganze 4200 Kilometer entlang des Pazifischen Ozeans, was auf Europa und Afrika übertragen in etwa der Entfernung zwischen der Mitte Dänemarks und der Sahara darstellt. Dagegen ist Chile durchschnittlich nur circa 180 Kilometer breit. Die engste Stelle im kontinentalen Chile (ohne Antarktis) beträgt dabei lediglich 90 Kilometer, die breiteste Stelle etwa 440 Kilometer. Und dieses Land gilt es nun von uns zu entdecken…wir sind mehr als gespannt!

Als erstes halten wir an einer Tankstelle und bekommen endlich wieder ganz regulär und ohne irgendwelche Verhandlungen unser Benzin…und dann sogar die gute Qualität von 98 Oktan! Wir freuen uns…und Sprinti sich auch! Dann geht es weiter zum nächsten Campingplatz, an dem wir gemeinsam mit unserer Freundin Shelly ein paar Tage bleiben. Jetzt ist erstmal Ausspannen angesagt! Aber es gibt auch das ein oder andere zu erledigen…so hat Sprinti nach der Lagunenroute sowohl von innen also auch von Außen eine Wäsche dringend nötig. All der Staub der unbefestigten Straßen ist in den letzten Tagen wirklich in jede Ritze gekrochen. Auch unsere Kleidung will gewaschen werden und chilenisches Bargeld benötigen wir ebenfalls. Im Supermarkt gibt es plötzlich wieder viel mehr Auswahl und Produkte, die wir seit Monaten nicht mehr bekommen haben. Auch das feiern wir ab 🙂 ! Nach den Minusgraden der letzten Tage, herrscht hier nun eine sommerliche Temperatur und die angenehme Höhe von „nur“ noch 1200 m über dem Meeresspiegel, lässt uns endlich wieder normal atmen und gut schlafen. Hach, was fein! Der Ort San Pedro de Atacama fühlt sich nach einem Hippie-Touristenort an, versprüht aber unheimlich viel Charme und gefällt uns daher ebenfalls gut. So kann es also weitergehen…hier in Chile!

Wie eben schon erwähnt, befinden wir uns jetzt in der Atacama-Wüste. Die Atacama ist eine Küstenwüste und die trockenste Wüste der Erde außerhalb der Polargebiete. In ihrem zentralen Bereich besteht schon seit wenigstens 15 Millionen Jahren ein hyperarides Klima. Es gibt Orte, an denen jahrzehntelang kein Regen registriert wurde, mit durchschnittlichen jährlichen Niederschlagshöhen von tatsächlich 0,0. Die Atacama erstreckt sich über 139.860 km2 und liegt im Regenschatten der Anden, d.h. auftretende Ostwinde sind trocken und bringen keine Niederschläge. Nahe der Küste verhindert eine kalte Meeresströmung, der Humboldtstrom, die Entwicklung von Regenwolken, so dass, anders als weiter nördlich oder südlich, kein Steigungsregen fällt. Das kalte Meerwasser bedingt allerdings, dass die Atacama kühl ist und insbesondere in Küstennähe oft Nebel vorherrscht, weshalb die Atacama auch zu den Nebelwüsten gehört. Die Trockenheit der Wüste bekommen auch wir am eigenen Leib zu spüren, so ist unsere Haut komplett ausgetrocknet und an Händen und Füßen bereits rissig. Unsere Schleimhäute sind so ausgetrocknet, dass wir oft Nasenbluten bekommen. Aber egal, wir freuen uns einfach so in dieser anderen Umgebung zu sein!

Nach ein paar Tagen machen wir uns dann gemeinsam mit Shelly auf Richtung Süden. Unser Weg führt uns weiter durch die Wüste, die hier in dieser kargen, aber dennoch sehr schönen Landschaft, ihrem Namen alle Ehre macht.

Dann ist es plötzlich so weit und wir überqueren einen weiteren Meilenstein auf unserer Reise…den südlichen Wendekreis (s. dazu auch unsere Route)! Vor rund 1,5 Jahren haben wir bereits in Kanada den Polarkreis, vor einem Jahr in Mexiko dann den nördlichen Wendekreis („Wendekreis des Krebses“) und vor ein paar Monaten in Ecuador den Äquator überquert und nun also auch den südlichen Wendekreis („Wendekreis des Steinbocks“). Dies bedeutet auch, dass wir nun wieder Jahreszeiten erleben und nicht mehr nur Regen- oder Trockenzeit. Da wir uns in der südlichen Hemisphäre befinden, ist es hier also gerade Frühling und der Sommer steht in den Startlöchern, was für uns sehr gut passt, wenn es weiter Richtung Süden in kältere Gefilde geht.

Danach erreichen wir inmitten der Wüste ein Kunstobjekt, was als beliebtes Fotomotiv bekannt ist. Es handelt sich um eine riesige Hand aus Stein, die aus dem Boden emporragt.

Hinter der Hand fahren wir etwas abseits der Straße die Hügel herunter, um einen möglichst windstillen Platz für die Nacht auszumachen. Wir werden fündig, auch wenn wir dem Wind nicht ganz entfliehen können. Aber hier können wir umsonst, sicher und ruhig stehen und verleben somit eine gute Nacht.

Am nächsten Tag geht es für uns weiter Richtung Südwesten und dann erreichen wir…das Meer! Auch hier finden wir einen einsamen Stellplatz, dieses Mal direkt am Strand…hach, was fein! Zwar ist der Pazifik zu kalt, um darin zu schwimmen, aber die Sonne bescherrt uns angenehme Temperaturen, so dass wir bis abends draußen sitzen und den Blick auf das Meer genießen.

Nach zwei Tagen am Meer heißt es für uns „Weiterziehen“, denn wir haben einen Termin…was auf unserer Reise ja eine absolute Seltenheit ist. Für diesen Termin geht es wieder ein kleines Stück Richtung Norden, bis wir Paranal erreichen. Auch hier stehen wir wieder einsam und kostenlos inmitten der Natur.

Am nächsten Morgen geht es für uns schon früh weiter…der Termin steht an. Wir fahren zum 5 Minuten entfernten Paranal-Observatorium und dem „Very large Telescope“ der ESO, wo wir uns für eine Führung angemeldet haben. Das Paranal-Observatorium ist eine astronomische Beobachtungsstation in der Atacamawüste . Das Observatorium wird von der Europäischen Südsternwarte (ESO) betrieben und ist Standort des Very Large Telescope (VLT), des Very Large Telescope Interferometer (VLTI) sowie der Survey Telescopes VISTA und VST. Neben der geringen Lichtverschmutzung hier in der Wüste, zeichnet sich auch die Atmosphäre über dem Gipfel durch eine trockene und außergewöhnlich ruhige Luftströmung aus, die den Berg zu einem sehr attraktiven Standort für eine Sternwarte macht. Die riesigen sensiblen Teleskope wurden in Deutschland hergestellt und kamen über den Seeweg nach Chile. Jeden Abend öffnen sich die Tore der Teleskope und geben den Blick in das Universum frei. So konnten hier z.B. neue Planeten oder auch die Distanz zur Galaxie NGC 300 genauer als zu jeder anderen Galaxie außerhalb der unmittelbaren Nachbarschaft der Milchstraße bestimmt werden. Ihr könnt Euch vorstellen, Peter ist Feuer und Flamme als wir uns so ein Teleskop von innen anschauen und ich muss zugeben, auch mich beeindruckt das enorme Ausmaß und was damit astronomisch alles möglich ist.

Auf dem Berg gegenüber sehen wir zudem das Extremely Large Telescope (ELT), zuvor European Extremely Large Telescope (E-ELT), eines sich im Bau befindlichen optischen Teleskops der nächsten Generation, ebenfalls für die Europäische Südsternwarte (ESO). Es erhält einen Hauptspiegel mit 39 Metern Durchmesser, der aus 798 sechseckigen Spiegelelementen zusammengesetzt sein wird. Damit soll es das weltweit größte optische Teleskop werden.

Als nächstes ist unser Plan wieder zurück in den Norden nach San Pedro de Atacama zu fahren, um dort auf dem Altiplano den Pass zu nehmen, dann die Grenze nach Argentinien zu überqueren und auf der argentinischen Seite weiter Richtung Süden zu fahren. In den letzten Wochen hatte es dort kleine Unruhen gegeben. Kurz vor der Präsidentschaftswahl kam es zu Lieferengpässen bei Diesel und Benzin, so dass es teilweise unmöglich war an Sprit zu kommen, weil die Tankstellen schlichtweg nichts hatten. Aus diesem Grund haben wir die letzten Tage in Chile verbracht und zudem die Zeit mit unserer Fahrt entlang der chilenischen Küste ein wenig überbrückt. Jetzt scheint sich das Sprit-Problem ein wenig zu legen und Peter und ich haben vor, die Grenze im Norden am Folgetag zu überqueren. Als wir bei unserer Teleskop-Tour mit unserem Guide zufällig ins Gespräch kommen, erzählt sie uns, dass es im Norden Argentiniens einen Wintereinbruch gegeben hat und die Straßen vereist sind. Daher ist die Grenze auf dem Altiplano auf einer Höhe von rund 4000 Metern auch geschlossen! Wir kommen also dort gar nicht rüber! Also…Planänderung! Wenn man auf dieser Reise eins sein muss, dann flexibel! Wir fahren also gemeinsam mit Shelly auf der chilenischen Seite weiter Richtung Süden und werden dann auf Höhe von Santiago de Chile die Grenze nach Argentinien passieren. Bis dahin hat sich das Wetter dann hoffentlich beruhigt!

Gesagt…getan! In den folgenden zwei Tagen legen wir viele Kilometer zurück, setzen unsere Fahrt in der Atacama-Wüste entlang der Küste fort und sind beeindruckt von der Schönheit des Landes. So kreuzen Füchse, wilde Esel und Guanacos, die nach Lamas, Alpakas und Vikunjas vierte Art aus der Familie der Neuweltkamele, die nur hier in Südamerika anzufinden ist, unseren Weg. Auch kommen wir an unzähligen Minen vorbei, denn Chile gehört zu den weltweit größten Rohstoffproduzenten. Es verfügt über die größten bekannten Kupfervorkommen der Welt (etwa 40 Prozent) und somit befinden sich hier auch die größten Kupferminen der Erde. Und auch wenn die Landschaft oft karg erscheint, so versprüht sie doch eine besondere Atmosphäre. Die Nächte verbringen wir freistehend oder auch auf einem Campingplatz (da die Saison noch nicht begonnen hat, sind wir die einzigen Gäste), aber immer direkt am Meer. Der Wind pfeift ordentlich oder so verziehen wir uns am Abend in unseren gemütlichen Sprinti.

Dann erreichen wir Santiago de Chile, die Hauptstadt des Landes. Im städtischen Siedlungsgebiet wohnen in Santiago rund 5,2 Millionen Menschen, in der gesamten Metropolregion sind es sogar 7,1 Millionen. Damit leben etwa 44 Prozent aller Chilenen in der Hauptstadt oder in ihrer direkten Umgebung. Ein paar Tage sind nun auch wir Teil davon. Wir erreichen einen kleinen Campingplatz unweit der Stadt und werden von dem Gastgeber Matias mit offenen Armen empfangen. In seiner privaten Waschmaschine dürfen wir sogar unsere Wäsche waschen…der Vorteil bei dieser trockenen Luft ist ja, dass alles in Nullkommanichts trocken ist. Auch nutzen wir Santiago für viele Erledigungen und einen Werkstattbesuch, um Sprinti mal durchchecken zu lassen und ihm unter anderem auch einen Ölwechsel zu gönnen. In der Werkstatt treffen wir auf den Chef Milenko, der gut Englisch spricht und sich direkt um uns und Sprinti kümmert. So fühlen wir uns dort gut aufgehoben und freuen uns, dass neben dem Ölwechsel (gleichzeitig tauschen wir auch noch sämtliche Filter aus) Sprinti nur vorne neue Bremsbeläge benötigt. Die hinten hatten wir ja bereits in La Paz in Peru ausgetauscht…nun sind auch die vorne dran. Innerhalb von kürzester Zeit hat Milenko die richtigen Beläge besorgt und auch die Halterungen für das Getriebe und den Auspuff sind erneuert. Alles in allem kostet uns das Prozedere 5 Stunden Zeit und lediglich EUR 160 inklusive Material- und Arbeitslohn. Wir sind uns sicher, damit wären wir in Deutschland „nicht so ganz“ ausgekommen!

An einem Tag machen wir uns dann auf in die Stadt und genießen vom größten Wolkenkratzer Südamerikas dem Gran Torre Santiago in 300 Metern Höhe den 360 Grad-Ausblick auf die Stadt und auf die dahinterliegenden schneebedeckten Berge. Oben gibt es Live-Musik und eine kostenlose Weinprobe (ein Glas Rot- oder Weißwein), an dessen Stand ich prompt mein Glas verschütte und sich Rotwein seinen Weg zwischen all den anderen drappierten Gläsern bahnt. Netterweise reicht man mir mit einem Lächeln allerdings ein neues Glas, mit dem ich dann vorsichtiger untewegs bin. Am Fuße des Turms liegt eine riesige Einkaufsmall, unter anderem mit einem Kino. Ja genau, Kino! Wir haben recherchiert, dass es hier auch Filme in Originalfassung (also Englisch) mit spanischem Untertitel gibt…das ist doch was für uns! In Deutschland kann ich Peter meist nur schwer für Kino begeistern, hier ist das aber mal eine willkommende Abwechslung und da es dann auch noch der neue Marvel-Streifen ist, ist auch Peter einverstanden. Generell ja nicht so mein Genre, aber ich freue mich auf die Kinoatmosphäre und vor allem auf süßes Popcorn…außerhalb Deutschlands ist das ja auch gerne mal gesalzen und damit nicht ganz so mein Fall. Nach einer ordentlichen Stärkung mit Burger und Pommes (die Menge an Kalorien an diesem Tag verdrängen wir am besten ganz schnell!) geht es also für uns ins Kino. Und wir werden nicht enttäuscht…wir sitzen in riesigen bequemen Sesseln, die einen quasi in Schlafposition versetzen und auf Knopfdruck gibt es alles was das Herz begehrt…selbst warme Speisen (was das abelangt, sind wir ja bereits gesättigt!). Uns „reicht“ also unser Popcorn…und ja, es ist süß 🙂 !

Dann verlassen wir Santiago wieder und verabschieden uns somit auch von Shelly, die weiter auf der chilenischen Seite Richtung Süden fährt, während wir uns nun auf den Weg nach Argentinien machen…am Tag der Präsidentschaftwahl im Land. Allerdings heißt es vorher nochmal den Kühlschrank aufzufüllen, mit Produkten, die anderswo schwer zu bekommen sind. So halten wir noch an einer großen Supermarktkette und ich traue meinen Augen kaum, als ich plötzlich neben anderen deutschen Produkten auch Christstollen, Marzipan und Lebkuchen in den Regalen sehe. Im letzten Jahr waren wir um diese Zeit in Mexiko, wo es keinerlei weihnachtliche Spezialitäten oder Süßigkeiten gab, zumindest nicht das, was wir in Deutschland darunter verstehen. Also mussten dann Schnapspralinen herhalten. Und jetzt liegt hier ein Stollen und Lebkuchen vor uns und löst bei uns (zugegebenermaßen besonders bei mir) eine Runde Glücksgefühle aus 🙂 !

Mit vollem Kühlschrank geht es dann Richtung argentinische Grenze. Glücklicherweise ist der Wintereinbruch überstanden und die sommerlichen Temperaturen sind zurückgekehrt. Auch das „Sprit-Problem“ hat sich zum Glück wieder gelegt. Da auch an diesem besonderen Tag der Präsidentschaftswahl keine Tumulte zu befürchten und die Grenzen dennoch geöffnet sind, steht unserer Reise nach Argentinen nichts mehr im Wege. So führt uns unsere Route zur Grenze vorbei an unzähligen Weinbergen (die hier gar nicht unbedingt „Berge“sind) und durch die schneebedeckten Berge, die uns einen traumhaften Blick bescheren.

Dann erreichen wir die Grenze und eins kann ich Euch sagen…dieses Mal läuft es ganz einfach und unkompliziertab . So ist dies quasi unsere erste „Drive through-Grenze“, bei der wir mit Sprinti in ein Gebäude hineinfahren, in dem in unterschiedlichen kleinen Glashäuschen direkt der komplette Vorgang abgewickelt wird..sowohl für die chilenische, als auch für die argentinische Seite. Somit ist das ganze Prozedere nach 15 Minuten erledigt…und nach unseren letzten Erfahrungen kommt uns das nun seeehr gelegen 🙂 !

Weil auf dieser Höhe des südamerikanischen Kontinents die Berge, die Nationalparks und all das, was es zu entdecken gilt auf chilenischer und argentinischer Seite auf dem Weg nach Süden nah bei einander liegen oder es teilweise nur eine Straße nach unten gibt, werden wir in den nächsten Wochen des öfteren zwischen beiden Ländern hin und her reisen.

Und so heißt es heute: „Hallo Argentinien!“…aber auch: „Chile, wir kommen ganz bald wieder!“

Reiseberichte Bolivien

In der größten Salzwüste der Welt (#069)

26. November 2023

– Und warum wir Probleme an der Grenze bekommen –

An diesem Tag erreichen wir einen besonderen Ort…die Salar de Uyuni, mit mehr als 10.000 Quadrat­kilometern die größte Salzpfanne der Erde. Die Salar de Uyuni liegt im Südwesten Boliviens auf einer Höhe von 3653 m und gehört zu den Landschaften des Altiplano. Mit einer Fläche von 10.582 km² hat das Becken eine größere Flächenausdehnung als beispielsweise Niederbayern. Die unter der Oberfläche liegende Sole reicht bis zu 72 Meter oder sogar mindestens 121 Meter in die Tiefe und ist damit die größte Salzfläche der Welt. Mit gleißender Helligkeit am Tag und sehr kalten Nächten ähnelt die Salar de Uyuni äußerlich einem zugefrorenen See. Sie ist so gut wie frei von jeglicher Art von Lebewesen, aber Brutplatz einiger nur in Südamerika vorkommender Flamingo-Arten. Die Salzmenge der Salar wird auf ungefähr zehn Milliarden Tonnen geschätzt. Jährlich werden davon etwa 25.000 Tonnen abgebaut und in die Städte transportiert. Die Salar de Uyuni beherbergt zudem eines der weltweit größten Lithiumvorkommen, was laut „U.S. Geological Survey“ auf etwa 5,4 Millionen Tonnen geschätzt wird. Und weil man diese Salzwüste besuchen und befahren kann, schauen wir uns das Ganze mal aus der Nähe an.

Da es auf dieser riesigen Salzfläche natürlich keine abgesteckten Straßen gibt, kann man nur den Spuren anderer Fahrzeuge folgen. Weil aus einer Spur gerne auch mal drei Spuren werden und die Wege sich somit trennen und dazu sämtliche Navigations-Apps hier ihre Arbeit quittieren, kann man sich auch gerne mal verirren. Auf dieser strahlend weißen Eisfläche, auf der man sich ohne eine ordentliche Sonnenbrille wenn man nicht aufpasst das Augenlicht ruiniert, verliert sich schnell der Horizont, was eine Orientierung nicht unbedingt leichter macht. Daher richten wir uns nach Himmelsrichtungen. Auch gilt es die Struktur der Salzfläche zu beachten (solange die Salzwaben sechs Ecken aufweisen ist das schon mal ein gutes Zeichen), die nicht überall gleich fest ist. So sind Freunde von uns mit ihrem Wagen eingesackt und konnten erst nach vier Tagen von einheimischen Helfern befreit werden…und 1000 Euro hat der Spaß zudem gekostet. Ne, das brauchen wir jetzt nicht so! Also alles ganz vorsichtig und bedacht, in der Hoffnung, dass alles gut geht!

Neben einem alten Hotel, das ausschließlich aus Salz besteht, einer Insel mit 1200 Jahre alten Kakteen und einem Wahrzeichen der Rallye Dakar, die auch gerne durch diese Salzwüste führt, ergibt sich eine traumhafte Kulisse. Nachts haben wir Vollmond und dieser scheint durch die Reflektion so hell, dass man meinen mag, es sei die Sonne.

Wir bleiben zwei Nächte in der Salar, in der es zwar ordentlich kalt wird, wir aber auch die Ruhe und Abgeschiedenheit genießen. Bereits zum Sonnenaufgang zeigt uns diese Wüste die schönsten und beeindruckensten Bilder…

Und zu dem ein oder anderen Foto mit einer besonderen Perspektive in dieser Umgebung lassen wir uns natürlich auch hinreißen…

Dann verlassen wir die Salzwüste wieder und machen uns auf den Weg ins naheliegende Uyuni. Als erstes steht eine ordentliche Autowäsche für Sprinti an, ist doch das ganze Salz eher ungünstig für Fahrzeuge. Das wissen natürlich auch die Leute vor Ort und so reiht sich eine „Waschanlage“ an die nächste. Allerdings nicht in dem Stil, wie wir eine Waschanlage kennen, sondern doch um einiges spatanischer. Wir haben gelesen, dass zur Reinigung gerne mal Salzwasser genommen wird, weil das halt vorhanden ist…was ja sehr sinnbefreit ist, wenn man damit das Salz am Auto beseitigen möchte. Sollte es einen Hochdruckreiniger geben, haben die gerne mal so viel Druck, dass sie Solarpanele und Fensterscheiben beschädigen. Das brauchen wir nun beides nicht! Die erste Waschanlage weist uns ab, weil dort gerade Mittag gegessen wird, bei der zweiten haben wir Erfolg.

Als nächstes steht Tanken auf dem Programm, was hier in Bolivien ja ein nicht so leichtes Unterfangen ist (s. dazu Artikel „Neue Abenteuer…dieses Mal aus Bolivien #068“). Noch dazu kommt, dass gerade Diesel- und Benzin-Knappheit herrscht. Wenn wir Pech haben, bekommen wir einfach nichts. Wir fahren verschiedene Tankstellen an und landen letztendlich bei einer, vor der sich lange Schlangen an Fahrzeugen gebildet haben…eine für Diesel, zwei für Benzin. Jetzt können wir nur hoffen, dass auch noch etwas Benzin für Sprinti übrig ist, bis wir an der Reihe sind. Das ganze Unterfangen dauert zum Glück „nur“ eine Stunde und wir erhalten unseren Sprit. Da wir natürlich auch hier wieder nicht den subventionierten Preis erhalten, läuft das ganze Geschäft wieder „sin factura“ und damit unter der Hand ab. Aber so läuft das hier in Bolivien halt!

Jetzt benötigen wir noch Wasser für unseren Tank. An einer angeblichen Auffüllstation öffnet man uns nicht die Tür, also versuchen wir unser Glück an einer Tankstelle, an der der Wasser-Zapfhahn recht zugeparkt ist (allerdings nicht mit Fahrzeugen, die Wasser tanken wollen) und wir einen Anpfiff kassieren, als wir dort befüllen wollen und es enger für den ein oder anderen LKW wird. Warum diese anderen Fahrzeuge dort parken und somit alles versperren ist mir schleierhaft. Da eine Diskussion hier keinen Sinn macht, versuchen wir unser Glück auf einem anderen Wege und haben damit Erfolg. Jetzt ist es Zeit für eine Dusche…wir haben eine Öffentliche in der iOverlander-App entdeckt und machen uns auf den Weg. Allerdings soll dort auch gerne mal das Auto aufgebrochen werden. Wir laufen durch einen dunklen Flur und stehen plötzlich in einer Art Innenhof, von dem Türen abgehen, hinter denen sich Duschen und Toiletten befinden. Alles nicht so super fancy, aber der Wasserdruck ist ok und die Duschen sind warm. 15 Minuten später sitzen wir beide frisch geduscht wieder in Sprinti, der zum Glück von jeglichen Gewalttaten verschont geblieben ist, und fahren weiter.

Zu Uyuni gehört ein weiterer skuriler Ort…ein Eisenbahnfriedhof. Im Jahr 1872 wurde mit dem Bau der Ferrocarril de Antofagasta a Bolivia, der ersten Eisenbahnstrecke Boliviens, begonnen. Sie diente dazu, Rohstoffe wie Natriumnitrat und andere Salze, aber auch Metalle wie Kupfer, Silber und Gold aus den Minen im Landesinneren in die Hafenstädte am Pazifischen Ozean zu transportieren. Als die Bahnstrecke am Ende des 19. Jahrhunderts Uyuni erreichte, wurde in der Stadt ein Eisenbahnbetriebswerk errichtet. Uyuni entwickelte sich dadurch zu einem wichtigen Eisenbahnknoten. Etwa in den 1940er Jahren brach die örtliche Industrie zusammen, die meisten der Edelmetallminen wurden von den Betreibern aufgegeben. Dies führte dazu, dass auch die dafür angelegten Versorgungstraßen sowie die meisten der Lokomotiven und Wagen nicht mehr benötigt, stillgelegt und dem Verfall preisgegeben wurden. So entstand letztendlich dieser Eisenbahnfriedhof. Im Ortskern, der etwa 16 Kilometer nordöstlich gelegenen Minensiedlung Pulacayo existiert ein weiterer, kleinerer Eisenbahnfriedhof mit US-amerikanischen Lokomotiven. Ein Exemplar dort ist eine Dampflokomotive namens „La Unión“, die 1908 einen Zug zog, der von den Gesetzlosen Butch Cassidy und Sundance Kid ausgeraubt wurde. Und diesen beiden Kandidaten sind wir ja bereits in den USA begegnet und seltsamerweise kreuzen ihre Geschichten immer wieder unseren Weg (s. dazu Artikel „Der Wilde Westen #022“ und „Goodbye USA #027“).

Am Eisenbahnfriedhof treffen wir auch unsere amerikanische Freundin Shelly wieder, die mit ihrem Hund Franklin unterwegs ist. Unser Plan ist es die nächsten Tage gemeinsam weiterzureisen, wartet doch eine sehr anspruchsvolle nächste Etappe auf uns, da ist es durchaus hilfreich nicht alleine unterwegs zu sein. Aber heute nutzen wir erstmal noch die Gelegenheit, dass wir auf dem Parkplatz des Eisenbahnfriedhofs kostenfrei und sicher übernachten können. Auch das ein oder andere Kunstwerk gibt es hier zu begutachten…

Nachdem Shelly am nächsten Morgen alle Formalitäten für ihren Hund erledigt hat (immer wenn ein Grenzübergang ansteht, brauchen Hunde nämlich ein Zertifikat vom ortsansässigen Tierarzt), machen wir uns gegen Mittag auf, die Lagunenroute zu bestreiten. Die Lagunenroute ist eine Strecke von rund 239 Kilometern ungeteerter Buckelpiste, die durch wunderschöne Landschaften führt und somit zu einer der schönsten Strecken der Welt zählt. Zuvor hatten wir schon diverse Horrorstorys gehört, was diese Strecke alles beim Auto anrichtet und da Sprinti zwar vieles mitmacht, aber auch kein Offroad-Fahrzeug ist, haben wir schon überlegt, ob diese Strecke für uns überhaupt machbar ist oder nicht. Allerdings haben wir damals in Kanada auch den Dempster Highway zum Polarmeer gemeistert (zwar nicht ganz unbeschadet, aber siehe dazu Artikel „Reifenpanne auf dem Dempster Highway #014“), also schaffen wir das jetzt auch! Wir lassen etwas Luft aus Sprintis Reifen und auf geht’s!

Und die Lagunenroute hält was sie verspricht…die Straßenbedingungen sind unterirdisch und so kommen wir so manches Mal nur in Schrittgeschwindigkeit vorwärts, aber die Natur ist dafür traumhaft. So legen wir unseren ersten Stop an der „Laguna Negra“ ein, zu der wir einen kleinen Spaziergang zurücklegen, vorbei an unzähligen Lamas, die uns alle nur verdutzt anschauen. Auch begegnen wir einem Viscacha, einer soganannten „Hasenmaus“ aus der Gattung der Chinchillas.

Abends übernachten wir inmitten von Felsformationen, den „Rocas Volcanicas“, die sich ganz wunderbar in diese Landschaft einfügen und uns einen ganz besonderen Sonnenuntergang bescheren. Dafür pfeifft der Wind und nachts wird es eisig kalt. Wir sind auf 4200 Metern Höhe und erleben für diese Verhältnisse eine recht geruhsame Nacht.

Am nächsten Morgen geht es weiter und der Tag beginnt direkt mit einem sehr sandigen Abschnitt, den wir manchmal nur mit Schwung und Augen zu meistern. Aber es klappt! Wir wollen zur „Laguna Colorada“, aufgrund ihrer vielen Farben, eines der Highlights der Route. Für die nur knapp 25 Kilometer brauchen wir bei diesen Straßen tatsächlich wieder Stunden. Aus der Ferne können wir bereits die Farben der Lagune schimmern sehen, müssen uns aber geschlagen geben, ganz an sie heranzukommen. Dieser Teil der Strecke ist selbst für Shelly und ihren Ford Ranger mit Allrad zu viel. Wir fahren weiter und müssen zum Glück nicht umkehren, denn bergauf hätten wir diesen Rückweg wahrscheinlich mit all dem Sand nicht geschafft. Aber es führt uns ein anderer Weg heraus aus diesem Tal und damit funktioniert es.

Auch an weiteren Lagunen kommen wir vorbei…eine schöner als die andere…

Dann brechen wir Sprintis neuen Höhenrekord als wir die 4933 Meter erreichen. Lamas, Alpakas und Vikunjas säumen immer wieder unseren Weg und wir fragen uns erneut, wovon die sich eigentlich in dieser teils doch sehr kargen Landschaft ernähren. Wir erreichen das Geothermalgebiet „Sol de Mañana“, an dem es aus großen Löchern in der Erde brodelt und Schwefel-Dampf emporsteigt. Da es bereits dämmert, können wir nicht mehr weiterfahren und müssen die Nacht hier auf diesem Parkplatz verbringen. Außer uns ist niemand dort, so dass wir hier ungestört stehen können.

Allerdings befinden wir uns auf sage und schreibe 4800 Metern Höhe…für uns ein absoluter „Schlaf-Höhenrekord“. Auch hier pfeifft wieder der Wind und es ist kalt, so dass wir unser Abendessen mit Shelly und Franklin kurzerhand in unserem Sprinter zu uns nehmen. Nachts erreichen wir draußen Temperaturen von -8 Grad und in Sprinti wird es „warme“ 2,5 Grad. Aufgrund der Höhe können wir unsere Standheizung nicht nutzen, also ist es Zeit für Thermounterwäsche, Schlafsocken und jeder Menge Decken. Und damit funktioniert es ganz gut. Allerdings machen uns andere Dinge Sorgen. So hoffen wir doch, dass uns unser Wassersystem nicht einfriert. Vorsorglich haben wir uns extra Wasserflaschen aus dem Supermarkt besorgt, um nicht ohne Trinkwasser dazustehen….Geschäfte oder Tankstellen gibt es auf der gesamten Lagunenroute nämlich nicht. Sollten uns aber die Pumpe oder die Filter kaputtfrieren, haben wir ein ganz schönes Problem. Auch unser Kühlschrank und der Backofen verhalten sich unter diesen Bedingungen anders. Der Kühlschrank ist ausgelegt auf eine Raumtemperatur von mindestens 16 Grad. Jetzt gibt er, sobald er anspringt, laute Geräusche von sich, was sich nicht so gut anhört. Beim Backofen, den wir mit Gas betreiben, geht auf dieser Höhe ständig die Flamme aus, weil zu wenig Sauerstoff in der Luft ist. Vorm Schlafengehen nehmen wir vorsichtshalber eine Tablette gegen Höhenkrankheit, die zwar als Nebenwirkung für Kribbeln im Gesicht und in den Händen und Füßen sorgt, uns aber eine einigermaßen geruhsame Nacht bescherrt.

Am nächsten Morgen geht es für uns bereits um 7 Uhr weiter, denn wir wollen heute das Ende der Lagunenroute und die Grenze nach Chile erreichen. Unser Weg führt uns weiter über Waschbrettpisten, vorbei an schönen Lagunen mit unzähligen Flamingos. Auch ein kleiner Fuchs kreuzt in dieser zum Teil wieder kargen Landschaft unseren Weg, die uns manchmal durchaus glauben lässt, wir seien auf dem Mond oder gar auf dem Mars. Dann erreichen wir Thermalpools, in denen man auch ein heißes Bad zu sich nehmen kann, aber wir verzichten darauf und wollen lieber voran kommen.

Dann ändert sich die Landschaft ein wenig und wir kommen vorbei an der „Salvador Dali’s Desert“, eine Umgebung die Dali als Motiv für seine Bilder gedient hat. Aber die Landschaft ist auch wirklich malerisch, spiegeln sich die Berge doch in der Sonne und die Mineralien ergeben ein wunderschönes Farbenspiel…einfach toll und auf den Fotos gar nicht so richtig darstellbar.

Als letztes erreichen wir dann noch die „Laguna Blanca“ bevor wir sagen können…nach drei Tagen und 239 Kilometern haben wir die Lagunenroute gemeinsam mit Shelly und Franklin geschafft! Sprinti war von der Strecke bei weitem nicht begeistert, aber er hat sie mit Bravour gemeistert…yippieh! Auch wenn wir die ein oder andere Schraube im Innenraum nach diesem ganzen Geruckel wieder werden andrehen müssen!

Unmittelbar an der Lagunenroute, also irgendwo im Nirgendwo befindet sich plötzlich ein Gebäude…die bolivianische Aduana-Stelle, d.h. der Ort, an dem wir Sprinti abmelden müssen, wenn wir Bolivien verlassen wollen. Wir befinden uns unmittelbar an der Grenze zu Chile, also ist das unser Plan. Uns abmelden müssen wir dann an einem anderen Gebäude 5 km weiter.

Aber eins nach dem Anderen…als erstes Sprinti abmelden. Bei Shelly und ihrem Wagen ist das Prozedere nach fünf Minuten erledigt…nicht so bei uns! Der Grenzbeamte Manolo setzt ein verdutztes Gesicht auf als er in seinen PC schaut und schüttelt mit dem Kopf als er sagt, dass er keinen Vorgang unter unserer Vorgangsnummer (die auf dem entsprechenden Einfuhrdokument versehen ist) findet. Wie kann das sein? Wir haben Sprinti doch ordnungsgemäß an der Grenze im Norden Boliviens eingeführt und dann dieses Dokument erhalten. Haben wir doch diesen Grenzübertritt noch so gelobt, weil alles so schnell und unkompliziert funktioniert hat (s. dazu Artikel „Neue Abenteuer…dieses Mal aus Bolivien #068“). Nach einigen Telefonaten Manolos taucht Sprinti dann doch im System auf…jetzt allerdings mit zwei Einträgen. Es ist ersichtlich, dass Sprinti am besagten Tag die Grenze nach Bolivien übertreten hat…also alles richtig! Der zweite Eintrag besagt allerdings (angeblich), dass Sprinti am gleichen Tag abends wieder ausgereist ist und damit die letzten Wochen illegal mit uns im Land war…also alles gar nicht mehr richtig! Wie kann das sein? Anscheinend hat irgendeiner der Grenzbeamten im Norden den falschen Wagen bei einer Ausreise eines anderen Fahrzeugs abgemeldet…nämlich Sprinti! Also nicht unser Fehler, sondern von einer der Grenzbeamten. Das interessiert hier allerdings niemanden und Manolo schon mal gar nicht. Das Fahrzeug ist illegal im Land und fertig! Von anderen Reisenden, die Probleme an der Grenze hatten, haben wir gehört, dass sie zur Ursprungsgrenze zurückfahren mussten, um das Problem zu klären. Das wäre bei uns äußerst suboptimal, müssten wir doch zurück durch das ganze Land und das bedeutet auch zurück auf der Lagunenroute, die wir doch nur mit Mühe gemeistert haben. Das wollen wir Sprinti wirklich nicht nochmal antun. Wir fordern Manolo auf, mit der Grenze im Norden Kontakt aufzunehmen. Er bittet uns dafür in einen separaten Raum, in dem wir alleine mit ihm sind und wir ahnen, dass das nicht ohne Grund passiert. Manolo nimmt den Hörer zur Hand, wählt irgendeine Nummer, wartet bis auf der anderen Seite eine elektronische Ansage ertönt und legt dann wieder auf. Wir vermuten, dies war nicht die Nummer der anderen Grenzstation. Wir kommen uns extrem veräppelt vor und mein Geduldsfaden hat auch keine Lust mehr, aber unseren Unmut dürfen wir gegenüber Manolo nicht zeigen, droht er doch damit unseren Wagen zu kofiszieren, da er ja illegal im Land sei. Noch dazu ist Freitag Nachmittag und Manolo kann uns hier ohne weiteres auch übers Wochenende festhalten und uns auf Montag vertrösten. Dann ständen wir hier im Nichts ohne jegliche Infrastruktur und müssten einfach nur warten. Das ist ebenfalls so gar nicht unser Plan und so heißt es notgedrungen, dass wir die Füße stillhalten und gute Miene zum bösen Spiel machen müssen. Dann macht uns Manolo einen Vorschlag…er könne ein neues Dokument ausstellen, dass besagt, dass wir heute eingereist und auch wieder ausgereist sind. Damit wäre der Vorgang dann abgeschlossen und wir könnten nach Chile fahren. Das sei allerdings illegal und so müssten wir uns „erkenntlich zeigen“, was nicht anderes heißt als…er will Geld…Schmiergeld! Deshalb also der abgetrennte Raum!

In der Hoffnung, dass uns das an der chilenischen Grenze nicht zum Verhängnis wird, stimmen wir zu und Monolo erstellt das neue Dokument. Als wir dieses in den Händen halten, möchte Manolo Geld sehen. Ich ziehe ein wenig versteckt 300 Bolivianos (das entspricht in etwa 40 EUR) aus meinem Portemonaie und sage, das sei alles was wir noch übrig hätten. Schließlich wollen wir ja heute das Land verlassen, da hätten wir alles andere in dieser Währung schon ausgegeben. Manolo möchte mehr, aber ich bleibe hartnäckig. Damit muss er sich also geschlagen geben! Wir haben das Dokument und fertig! Jetzt heißt es nur noch reibungslos unseren Ausreisestempel für Bolivien zu erhalten und dann ohne weitere Zwischenfälle auch nach Chile einreisen zu können! Unsere Nerven sind noch immer zum Zerbersten gespannt, als wir wieder in Sprinti sitzen und die Schranke passieren dürfen. Auf geht es fünf Kilometer weiter durch das Nichts bis plötzlich ein weiteres einsames Gebäude auftaucht.

Alles ist verlassen, niemand ist dort. Wir klopfen und plötzlich erscheint dann doch ein Grenzbeamter, der unsere Pässe begutachtet. Nach nicht mal zwei Minuten haben wir unsere Ausreisestempel im Pass und sind damit aus Bolivien ausgereist…puh, das war ein hartes Stück Arbeit und spiegelt irgendwie auch unseren gesamten Aufenthalt der letzten beiden Länder wieder. Rückblickend haben uns Peru und Bolivien wirklich Nerven und Energie gekostet. Die schlechten Straßen, die Höhe, all der Müll, die oft fehlende oder schlechte Infrastruktur haben uns immer wieder vor neue Herausforderung gestellt und das Reisen zu einem recht kräftezehrenden Prozedere werden lassen. Da ist dieses Ereignis an der Aduana nur der krönende Abschluss. Wir hoffen nun mit Chile wieder etwas mehr Leichtigkeit und Reiselust zurückzubekommen, wo es Spaß macht, neue Dinge zu erkunden und die Welt zu entdecken.

Als erstes hoffen wir jetzt allerdings mal, dass wir nach unserem kleinen „Intermezzo“ mit Manolo heute überhaupt nach Chile einreisen dürfen…

Reiseberichte Bolivien

Neue Abenteuer…dieses Mal aus Bolivien (#068)

19. November 2023

– Und warum tanken hier durchaus eine Herausforderung ist –

Wir erreichen die Grenze nach Bolivien. Es ist Sonntag Nachmittag und an diesem Grenzübergang sind wir tatsächlich gerade die Einzigen, die Peru verlassen und Bolivien betreten wollen. So plauschen wir ein wenig mit den Grenzbeamten und erleben mit ca. 30 Minuten für die Ein- und Ausreise unseren bisher schnellsten und reibungslosesten Grenzübertritt…nicht ahnend, dass uns dieser noch zum Verhängnis werden kann.

Jetzt also auf in ein neues Land…das mittlerweile 14. auf unserer Reise! Bolivien hat rund 12,1 Millionen Einwohner, wo von ca. 50% der indigenen Bevölkerung angehören. Trotz hoher wirtschaftlicher Wachstumsraten von durchschnittlich 4,5% zwischen 2006 und 2019 gilt Bolivien noch immer als eins der ärmsten Länder Lateinamerikas. Zwar ist Bolivien reich an Bodenschätzen, aber vieles davon ist privatisiert und sowohl Firmen als auch Privatperson drücken sich davor Steuern zu zahlen. Außerdem leiden immer mehr kleinbäuerliche Familien sowie die indigene Bevölkerung unter Armut und Mangelernährung, denn durch den illegalen Bergbau und die Abholzung des Regenwalds für den Palmen-, Avocado- und Soja-Anbau verlieren sie ihre Lebensgrundlage. Viele von ihnen ziehen in die Städte, wo sie dann allerdings keine Arbeit finden. Die Lebenserwartung der Einwohner Boliviens lag 2021 bei 63,6 Jahren (Frauen: 66,8, Männer: 60,9).

Unsere erste Nacht verbringen wir in der Nähe der Grenze auf einem Parkplatz vor einem Militärgelände, auf dem wir sicher und ruhig stehen können. Am nächsten Tag geht es dann weiter und so erhalten wir einen ersten Eindruck von diesem für uns neuen Land. Wir erleben ein recht armes Bolivien, in dem uns tatsächlich viel an Peru erinnert. Auch hier stapeln sich Müllberge am Straßenrand, viele Straßen sind in einem desaströsen Zustand und alles scheint ein wenig chaotisch zu sein. Vor uns fährt ein LKW, der mit Ziegelsteinen beladen ist…diese sind allerdings ungesichert und so fallen ihm regelmäßig Steine von der Ladefläche auf die Straße…und das genau vor uns! Ein durchaus gefährliches Unterfangen, was hier aber niemanden zu interessieren scheint.

Dann erreichen wir die Hauptstadt La Paz (nach La Paz in Mexiko nun schon die zweite Stadt in der wir uns aufhalten mit diesem Namen). Wenn man es genau nimmt, hat Bolivien sogar zwei Hauptstädte. Die offizielle Hauptstadt Boliviens ist Sucre, der Sitz der Regierung befindet sich jedoch in La Paz, dessen Stadtgebiet auf Höhen zwischen 3200 m und 4100 m liegt. Damit gilt La Paz als der höchstgelegene Regierungssitz der Erde. Wir sind also immer noch in der Höhe unterwegs…und das nicht zu knapp! Unser Campingplatz („Las Lomas“) liegt zudem noch über den Dächern der Stadt auf einem der unzähligen Hügel, die La Paz umgeben. Dieser besagte Campingplatz gehört Marcos und seiner Familie, der uns zum einen sehr freundlich empfängt und zum anderen auch Mechaniker ist und sich mit Autos auskennt. Für Reisende ist das seeehhr praktisch und so treffen wir hier auf viele andere Weltenbummler. Weil einige davon bereits am nächsten Tag weiterziehen, sitzen wir am ersten Abend gemeinsam am Lagerfeuer und riesige T-Bone Steaks werden gegrillt. So hören wir wieder spannende Geschichten aus der ganzen Welt und verleben einen schönen Abend.

Am nächsten Tag stehen dann Wäsche waschen, Artikel schreiben und einige Erledigungen auf dem Programm, bevor am Folgetag Sprinti einmal von Marcos und Peter unter die Lupe genommen wird. Wir wollen mal genauer wissen, ob Sprinti die schlechten Straßen Perus und vor allen Dingen den riesen „Wumms“ vor kurzem (s. dazu Artikel Abenteuerliche Straßen, eine sehr heikle Brücke und ein ordentlicher „Wumms“ #065″) gut verkraftet hat. Glücklicherweise sieht alles soweit ganz gut aus…es wird nur mal Zeit für neue Bremsscheiben…alles klar Sprinti, die sollst Du haben!

Wir verbringen noch zwei weitere Tag in La Paz, in denen wir uns die Stadt mal etwas genauer anschauen. Mit einem dieser kleinen Busse, die hier Colectivos heißen und zu Hauf unterwegs sind, fahren wir in die Innenstadt. Es wird mal wieder Zeit für neue SIM-Karten, die wir hier glücklicherweise recht unkompliziert bekommen und auch ein Geldautomat wartet auf uns, läuft doch hier in Bolivien das meiste noch mit Bargeld ab. Aber auch das ist schnell erledigt. In La Paz gibt es ein ganzes Seilbahn-System, das über die Dächer der Stadt führt und somit ein wenig den Straßenverkehr entlastet. Und so schauen wir uns La Paz erstmal von oben an.

Wir schlendern noch ein wenig durch diese große wuselige Stadt, bis uns irgendwann der Hunger packt. Aus hygienischen Gründen (unser europäischer Magen kann vielleicht nicht ganz so viel ab) verzichten wir hier auf Speisen von Straßenständen und suchen uns daher ein Restaurant. Bei dem ersten werden wir abgewiesen, weil denen sämtliche Zutaten ausgegangen sind, aber dann entdecken wir ein niedliches kleines Restaurant, in dem wir essenstechnisch fündig werden. Als wir so da sitzen werden wir plötzlich von einer netten jungen Dame in sehr gutem Englisch angesprochen und kommen ein wenig ins Plaudern. Es stellt sich irgendwann heraus, dass Diana auch deutsch spricht und sich gerade ein Business aufbaut, indem sie Touren in ihrer Heimatstadt anbietet. Wir verabreden uns also für den nächsten Tag, um mit ihr La Paz noch einmal von einer anderen Seite kennenzulernen.

Gesagt, getan! Mit Diana laufen wir durch die engen und vollen Straßen der Stadt, vorbei an unzähligen Märkten und Verkaufsständen. Wir kommen vorbei am kleinsten und am schmalsten Haus der Stadt, die sich zufällig genau nebeneinander befinden. Außerdem schlendern wir vorbei am Parlamentsgebäude und besuchen die Galerie von dem bolivianischen Künstler Roberto Mamani Mamani. Diana zeigt uns zudem, wie Händler Diebe warnen die Finger von ihrer Ware zu lassen. Wenn sie es doch tun, passiert mit ihnen das (s. erstes Bild)…

Es ist Ende Oktober und so steht auch hier steht das Fest der Allerheiligen bevor. Im letzten Jahr haben wir den „Dia de los Muertos“ noch in Mexiko verbracht (s. dazu Artikel „Endlich Strand und der „Dia de los Muertos“…#029“). Hier ist es zwar nicht so bunt und es handelt sich weniger um ein freudiges Fest, aber auch hier gedenkt man den verstorbenen der Familie. So zeigt uns eine Dame auf dem Markt einen Stand, der zum Gedenken aufgebaut wurde. Es sieht aus wie ein Opferaltar, bei dem jede Menge Gebäck und Obst drappiert wurde. Verspeist werden dürfen diese erst nach dem Feiertag, um Unglück abzuwenden.

Dann erreichen wir einen belebten Platz inmitten der Stadt, an den auch ein Gefängnis grenzt. Diana erzählt uns, dass in diesem Gefängnis eigentlich nur Platz für 700 Gefangene ist, in ihm leben aber 3000. Die Inhaftierten „wohnen“ hier gemeinsam mit ihren Familien und müssen für ihre „Räumlichkeiten“ Miete bezahlen, umgerechnet etwa 3000 Euro pro Monat. Jetzt mag man sich fragen, woher sie so viel Geld besitzen…es gibt ja einen Grund, warum sie sich im Gefängnis befinden und schließlich sind wir in einem Land, in dem das Drogengeschäft eine nicht all zu kleine Rolle spielt. Die Tage hier laufen so ab, dass die Kinder die Schule, außerhalb des Gefängnisgeländes und ebenfalls an den belebten Plaz angrenzend, besuchen und auch die Frauen verlassen morgens das Areal, um außerhalb zur Arbeit zu gehen. Die Insassen hingegen, dürfen das Gefängnis ebenfalls für einige Stunden verlassen, wenn sie einen „wichtigen Grund“ vorweisen können und dafür bezahlen. Alles in allem ist das Leben für die Inhaftierten und ihre Familien also gar nicht sooo schlecht innerhalb der Gefängnismauern und vor allem ist es sicher. Und so kommt es nicht selten vor, dass die Gefangenen diese Räumlichkeiten gar nicht mehr verlassen wollen und „länger bleiben“ als geplant. Diana erzählt uns auch von einem britischen Staatsbürger aus Afrika stammend, der nach Bolivien kam und zum Drogenschmuggel überredet wurde…sein Name Thomas McFadden. Nach seinem dritten Einsatz wird er geschnappt und landet in eben diesem Gefängnis, was innerhalb der Mauern übrigens auch keine Wärter hat. Thomas merkt schnell, dass dieses kein gewöhnliches Gefängnis ist und als „eingefleischter Businessman“ überlegt er sich, dass diese Lokalität auch Touristen anlocken könnte. So bietet er kurzerhand Touristen an, sie durch das Gefängnis zu führen (sicherlich war dies nur möglich, in dem auch Gelder in gewisse Hände geflossen sind). Der Touristenandrang ist so groß, dass sich draußen auf dem Platz lange Schlangen bildeten und die Menschen stundenlang anstanden, um sich das Gebäude von innen anzuschauen. Also überlegte sich Thomas, dass doch Partys im Gefängnis wahrscheinlich auch gut funktionieren würden. Kurzerhand wird auch diese Idee in die Tat umgesetzt und so feierten Touristen und Inhaftierte gemeinsam ausschweifende Partys innerhalb der Gefängnismauern. Aber Thomas war mit seinen Ideen noch nicht am Ende und eröffnete zusätzlich ein Hostel, ebenfalls für Touristen, die mal ganz stilecht im Gefängnis übernachten wollen. Irgendwann verließ Thomas, nachdem er seinen Aufenthalt freiwillig bereits verlängert hatte, das Gefängnis und damit endeten auch diese „speziellen Geschäftsideen“ hier hinter diesen Mauern. Als ein australischer Journalist auf seiner Südamerikareise von dieser Geschichte hört, fasst er den Entschluss, über diese „Lokalität“ ein Buch zu schreiben. Und wo geht das besser als vor Ort? Also bat er das Gefängnis freiwillig für eine gewisse Zeit dort leben zu dürfen. Auch diesem wurde stattgegeben und so existiert heute ein Buch über diesen Ort und auch ein Film ist in Produktion. Wir kommen aus dem Schmunzeln nicht mehr heraus, als Diana uns diese wahre Geschichte erzählt…ja, dieses Bolivien!

Als nächstes gelangen wir zum „The Witches Market“, dem sogenannten Hexenmarkt, eine Straße, die sich durch ihre bunten Farben auszeichnet und in der es jede Menge traditionelle Handwerkskunst und Textilien zu kaufen gibt. Allerdings nicht nur das…so gibt es auch einige Mittelchen für oder gegen alles und zudem sehen wir viele kleine Alpaka-Babys, die von der Decke hängen und in der Auslage drappiert sind. Sie sehen aus wie niedliche Kuscheltiere…beim genauen Betrachten, wird allerdings deutlich, dass es sich um echte, tote Alpaka-Babys handelt, die von den Einheimischen als Opfergabe gekauft werden. Wenn ein besonderes Ereingnis ansteht, man für Schutz oder Erfolg bittet, baut man einen Schrein mit allen Dingen auf, die man sich wünscht und als Opfergabe dient dann dieses Alpaka-Junge. Auch wenn es interessant ist, in fremde Kulturen einzutauchen und sie näher kennenzulernen, so fühlt sich diese Vorgehensweise für uns doch sehr befremdlich an.

Aus den geplanten 2,5 werden fast 6 Stunden mit Diana, weil wir uns verquatschen, gemeinsam etwas essen gehen und uns an der ein oder anderen Stelle etwas mehr Zeit lassen, um diese Stadt zu erkunden. Und so kehren wir ziemlich geschafft zum Campingplatz zurück…im Gepäck einen total interessanten Einblick von dieser auf den ersten Blick gar nicht so bunten Stadt. Vielen Dank dafür, liebe Diana! (Wer auch mal eine Tour bei Diana buchen möchte, hier findet Ihr die entsprechenden Kontaktdaten.)

Dann verlassen wir La Paz wieder. Unser Plan ist es, in die „zweite“ Hauptstadt Boliviens, nach Sucre zu fahren. Die Stadt soll wunderschön sein, allerdings bedeutet sie für uns auch einen Umweg von rund acht Stunden. Als wir dann wieder auf den schlechten Straßen Boliviens unterwegs sind, entscheiden wir uns spontan um, lassen Sucre aus und machen uns direkt auf den Weg Richtung Süden. Noch dazu kommt in diesem Land, dass sich die Benzinbeschaffung durchaus abenteuerlich gestaltet. Der Sprit wird nämlich vom Staat subventioniert…das natürlich nur für die Einheimischen und nicht für die Touristen. Die Touristen erhalten also einen separaten, viel höheren Preis (der allerdings immer noch niedriger ist als der Spritpreis in Deutschland). Viele Tankstellen haben allerdings keine Lust, das Benzin anders abzurechnen und verkaufen schlichtweg keinen Sprit an Touristen. So ist es nicht selten, dass man vier, fünf oder mehr Tankstellen anfahren muss, um fündig zu werden…wenn man überhaupt etwas bekommt. Bei der doch recht schlechten Infrastruktur im Land, ist das durchaus eine Herausforderung und man sollte definitiv nicht auf den letzten Drücker versuchen zu tanken! Da das Benzin zudem noch von sehr schlechter Qualität ist, haben wir uns nach unserer kleinen“Flugstunde“ mit Sprinti vor kurzem einen neuen Kanister besorgt und ihn mit peruanischen Sprit hinten im Auto. Damit kommen wir allerdings nur etwa 100 Kilometer weit und in Sachen Sicherheit ist das sicherlich auch nicht optimal, befindet sich der Kanister doch innerhalb unseres Wagens. Dann allerdings wird es auch bei uns Zeit…wir müssen tanken. Wir erreichen den etwas größeren Ort Oruro, der mehrere Tankstellen haben sollen…Google hilft hier übrigns nur bedingt weiter, weil es schlichtweg nicht gepflegt wird und somit stimmen oft weder Ortsangaben noch Öffnungszeiten. Die Straßen sind wie sehr oft ungeteert und alles ist staubig, so dass wir die Fenster nicht öffnen können und dennoch findet der Staub seinen Weg durch gefühlt jede Ritze. An den Tanstellen bilden sich lange Schlange, weil gerade der Diesel momentan knapp ist, jetzt brauchen wir mit Sprinti glücklicherweise Benzin, aber den gibt man uns nicht. Erst an der vierten Tankstelle haben wir Glück und erhalten zwar qualitativ sehr schlechten Sprit (sorry Sprinti!), aber immerhin wird unser Tank gefüllt, als wir „sin factura“ anbieten und sagen, wir würden es „zu schätzen“ wissen, was bedeutet, dass das ganze inoffiziell abgerechnet wird. Das wiederum heißt, dass wir bar bezahlen und unser Preis zwar niedriger ist als der Touristenpreis, aber dennoch höher als der für die Einheimischen. Die Differenz steckt sich der Tankwart ein…ja, dieses Bolivien!

Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden. Wir fahren durch die Wüste und so manche Windhose peitscht Unmengen an Sand und Staub über die Straße. Dann ändert sich die Landschaft plötzlich erneut und wird ein wenig grüner. Kurz vor der Dämmerung erreichen wir schließlich einen Aussichtspunkt etwas abgelegen der Straße, an dem wir sicher und kostenfrei stehen können. Zwar pfeifft der Wind auch hier auf dieser Anhöhe ordentlich, aber dafür werden wir am nächsten Morgen von einer Herde Lamas begrüßt, die hier den Weg kreuzen. Und auch Vikunjas sind nicht weit.

An diesem Tag erreichen wir einen besonderen Ort…die Salar de Uyuni, die größte Salzwüste der Erde…

…aber davon erzähle ich Euch dann beim nächsten Mal mehr.

Wir senden die liebsten Grüße in die Heimat!

Reiseberichte Peru

Vom Machu Picchu bis zum Titicacasee (#067)

12. November 2023

– Und warum es manchmal ganz schön kompliziert sein kann –

Von Nazca führt uns unser Weg zurück in die Anden. Die Fahrt dorthin gestaltet sich äußerst idyllisch, fahren wir doch durch schöne Berglandschaften, vorbei an blauen Lagunen und unzähligen Lama-, Alpaka- und Vikunja-Herden. Vikunjas, die etwas zierlicher als ihre Artgenossen sind und im Gegensatz zu diesen nie domestiziert wurden, gehören wie Alpakas zu der Gattung der höckerlosen Neuweltkamele und ihre Wolle ist noch feiner als Kaschmirwolle.

Für die Nacht finden wir einen Stellplatz etwas abgelegen vom Straßenrand. Wir stehen einsam neben einer kleinen Ruine und außer uns und einem Esel ist hier niemand (abgesehen von mal wieder jeder Menge Müll), so dass wir ungestört an diesem Ort stehen können.

Am nächsten Tag erreichen wir die Stadt Cusco. Sie liegt in 3416 m Höhe und hat etwa 112.000 Einwohner im Stadtgebiet sowie rund 428.000 Einwohner im Ballungsraum. Cusco war damals die Hauptstadt des Inkareichs und ihr Name stammt von dem Wort „Quechua“, dessen Bedeutung oft „Nabel der Welt“ oder „Mitte der Welt“ zugeschrieben wird. Also ein interessanter Ort, den es zu entdecken gilt. Auf dem Campingplatz („Quinta Lala“) hoch über der Stadt treffen wir auch unsere Freunde Shelly, Zach, Rhuta, Judith und Arthur wieder. Na klar, muss dann zur Feier des Tages auch ein Lagerfeuer her, was wir kurzerhand in einer alten Wanne einer Schubkarre entzünden dürfen. In dieser Runde schmeckt das Bierchen umso besser, auch wenn es hier in der Höhe wieder ordentlich kalt ist.

Am nächsten Tag erkunden wir die Innenstadt Cuscos und lassen den „Inka-Vibe“ mal auf uns wirken. Wir sind tatsächlich positiv überrascht, gefällt uns Cusco mit seiner Architektur und seinem Charme in Peru als Stadt bisher am besten.

Typisch für die Bauten der Inka-Zeit sind die exakt aufeinander passenden Steine, zwischen die kein Grashalm passt. Man weiß bis heute nicht, wie und mit welchen Hilfsmitteln die Inkas diese Steine so exakt formen konnten. Fakt ist allerdings, dass sie ohne jeglichen Zement, Lehm oder Mörtel gehalten und im Gegensatz zu anderen Gebäuden auch bis heute jegliche Erdbeben überdauert haben. Auch wir finden in der Stadt immer wieder alte Inka-Mauern. Oft wurden von den Spaniern auf den alten Gebäuden der Inkas zur Machtdemonstration neue Häuser errichtet und damit alte zerstört.

Tags darauf sind wir ebenfalls auf den Spuren der Inkas unterwegs als wir nur ein paar Meter von unserem Campingplatz entfernt die historische Stätte der Saqsaywaman besuchen. Die Ruine der Inka-Festung Saqsaywaman, ist heute eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten aus der Inkazeit. Sie sollte als Repräsentationsort und als militärische Befestigung dienen, um die Stadt zu schützen. Während der 70-jährigen Bauzeit in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sollen nach Angaben von Pedro Cieza de León rund 20.000 Menschen daran gearbeitet haben. Zum Bau der Mauern wurden riesige Steine von 20 km entfernten Steinbrüchen herantransportiert und dann bearbeitet, bis sie fugenlos aneinander passten. Der größte Stein ist 9 m hoch, 5 m breit, 4 m dick und wiegt über 200 Tonnen…da fragt man sich schon, wie so ein Bau damals überhaupt möglich war?!

Wir bleiben noch ein paar Tage in Cusco, allerdings halten wir uns lediglich am Campingplatz auf. Peter kränkelt ein wenig und insgesamt fühlen wir uns etwas erschöpft…Peru zerrt tatsächlich ganz schön an unseren Nerven…befindet sich hier doch gefühlt alles außerhalb unserer Komfortzone.

Dann geht es aber weiter…unser Weg führt uns nach Ollantaytambo (s. dazu unsere Route). Dort stellen wir Sprinti auf einem kleinen bewachten Parkplatz ab, packen unsere Rucksäcke, nehmen noch ein hervorragendes Mittagessen zu uns und machen uns dann auf zum Bahnhof. Von dort aus bringt uns ein Zug ins fast zwei Stunden entfernte Aguas Calientes. Auf der Fahrt werden wir Zeuge einer traditionellen musikalischen Darbietung mit ganz viel Herz-Schmerz…das Zugpersonal muss hier also vielseitig begabt sein.

Warum wir eigentlich nach Aguas Calientes fahren? Wir wollen zum berühmten Machu Picchu, eines der neuen Weltwunder! Das Prozedere zum Ticketverkauf gestaltet sich, typisch peruanisch, sehr abenteuerlich, aber dazu gleich mehr! Da man nicht direkt zum Machu Picchu hinkommt, sondern das nur mit Bussen von Aguas Calientes funktioniert, haben wir uns dort für drei Tage ein Hotelzimmer gebucht. Als wir am Abend dort ankommen, regnet es in Strömen und wir erreichen das Hotel ziemlich durchnässt. Der Herr an der Rezeption ist sehr freundlich und gibt uns den Tipp, dass, wenn wir in den nächsten Tagen zum Machu Picchu wollen, was hier im Ort das Ziel eines jeden Touristen ist, sollten wir jetzt noch zum Touristenamt gehen und uns für eine Nummer anstellen. Ja, das mit den Tickets hier ist tatsächlich so eine Sache…wo fange ich an? Wenn man lange im Voraus weiß, an welchem Tag genau man zum Machu Picchu möchte, kann man online Tickets reservieren, was mal mehr mal weniger gut funktioniert. Weiß man das nicht genau, so wie wir und hunderte andere Touristen pro Tag, muss man sich bereits morgens um 6 Uhr für eine Nummer am Touristenamt anstellen. Hat man die nach einigen Stunden Wartezeit erhalten, ist man seinem Eintrittsticket zwar ein Stückchen näher gekommen, aber noch lange nicht am Ziel. Mit dieser Nummer erhält man zudem eine Uhrzeit, wann man nachmittags oder am Folgetag wiederkommen darf, um sich dann für das Ticket anzusstellen. Es gibt in Machu Pichhu vier verschiedene Routen, die man besichtigen kann, es gibt allerdings nur eine begrenzte Anzahl an Tickets für jede Route, um so die Besucherzahlen pro Tag ein wenig zu regulieren. So kann es also sein, dass man stundenlang ansteht und dann keine Nummer, keine Tickets oder nur Tickets für die nicht favourisierte Tour bekommt. Zudem stellt sich die Frage, für welchen Tag man die Tickets erhält. Also alles etwas kompliziert und seeeehhr umständlich, sage ich Euch! Wir erhalten von unserem Herrn an der Hotelrezeption also die Info, dass wir für die Nummer nicht bis morgen früh um 6 Uhr warten sollen, sondern uns heute Abend (es ist mittlerweile 19 Uhr, es ist dunkel und regnet immer noch in Strömen) noch anstellen sollen. Also bringen wir nur schnell das Gepäck auf unser Zimmer und laufen dann zum Touristenamt. Dort herrscht absolutes Chaos. In langen Schlangen stehen die Menschen an, aber niemand weiß, ob er in der richtigen Schlange etwa für die Tickets oder lediglich für die Nummern ansteht. Für alles gibt es nur einen Eingang, man darf das Gebäude aber nur nacheinander betreten. Alles gerät ein wenig außer Kontrolle, als keiner mehr weiß wer wann dran ist. Eine Frau spricht durch ein Megafon, das allerdings ausschließlich auf Spanisch und so schnell und leise, dass sie niemand versteht. Wir stehen in der Schlange und es scheint auch die Richtige zu sein. Es regnet noch immer und so sind wir froh, dass der Hotelportier uns noch einen Schirm mitgegeben hat. Da es hier an den Häusern keine Regenrinnen gibt, klatscht das Wasser nur so von den Häusern herunter. Aber wir kommen der Sache näher, die Schlange vor uns verkürzt sich regelmäßig. Jetzt hoffen wir nur, dass wir noch drankommen, eine Nummer erhalten, die uns ein Ticket für übermorgen verspricht und idealerweise auch noch für die Routen 1 & 2, unsere Wunschrouten. Langsam erreichen wir den Eingang und das Chaos spitzt sich zu. Irgendwelche Leute drängeln sich von hinten an uns vorbei und stecken Angestellten Geld zu, die dann im Gebäude verschwinden. Mich wundert echt, wie ruhig die Menschen hier bleiben, ich glaube so viel Geduld hätte man in Deutschland nicht. Und auch mein Geduldsfaden ist zum zerbersten gespannt, fällt es uns doch schwer zu glauben, dass man sich für diese Vorgehensweise bezüglich des Ticketverkaufs entschieden hat…für uns echt nicht nachvollziehbar. Alles ist so kurios, dass man sich mal wieder fragt, wo die versteckte Kamera abgeblieben ist…die dürfte sich ganau jetzt zu erkennen geben!

Dann erreichen wir endlich den Eingang. Dort sitzt ein junger Mann auf seinem Klappstuhl an einem kleinen Holztisch und verteilt nach Vorlage des Reisepasses pro Person je einen kleinen Zettel mit einer Nummer darauf, auf den er handschriftlich eine Uhrzeit hinzufügt. Wir erhalten die Nummern 384 und 385 und dürfen am Folgetag um 16.30 Uhr erneut wiederkommen, um uns dann für das Ticket anzustellen. Welche Route wir erhalten, erfahren wir erst morgen, je nachdem, wie viele Tickets dann noch übrig sind.

Nach gut einer Stunde halten wir die Nummern also in unseren Händen und freuen uns, dass es „so schnell“ gegangen ist, stehen einige doch durchaus vier oder fünf Stunden an…auch wenn sich so ein Chaos nervlich durchaus nach dieser Zeitspanne angefühlt hat. Wir laufen zurück zum Hotel und fallen an diesem Abend todmüde ins Bett. Zum Glück brauchen wir uns am nächsten Morgen ja nun nicht mehr um 6 Uhr anstellen, sondern können ein wenig länger schlafen…wobei das Frühstücksbuffet im Hotel endet bereits um 9 Uhr.

Bevor wir wieder zum Touristenamt laufen, gehen wir noch am Busschalter vorbei, denn für die Fahrt zum Machu Picchu brauchen wir Busfahrkarten, die man nur erhält, wenn man bereits Machu Picchu-Tickets oder zumindest die Nummer dafür hat. Das klappt alles relativ reibungslos und somit fehlen jetzt nur noch die Eintrittstickets.

Zu 16 Uhr stehen wir dann bereits erneut am Touristenamt, um darauf zu warten, dass unsere Nummern aufgerufen werden. Und na klar, auch heute erleben wir wieder Chaos pur! Warum sollte es auch anders sein?! Es gibt wieder diverse Schlangen, an denen Leute anstehen…für was auch immer! Dieses Mal spricht eine andere Dame durch das Megafon, allerdings genauso leise und undeutlich wie am Tag zuvor. Sie sagt die Nummern durch…natürlich nur auf Spanisch und so dass sie niemand versteht. Wir drängeln uns also an den Eingang und somit nah an die Megafon-Dame, um unsere Nummern nicht zu verpassen. Mittlerweile regnet es wieder und wir werden nass…was das generelle Chaos nur verschlimmert. Ganze Gruppen drängen sich in das Gebäude, nur um dann wieder abgewiesen zu werden. Dann ist es soweit…Nummer 384 und 385 sind an der Reihe! Bekommen wir jetzt endlich unser Ticket? Man schickt uns allerdings am Ticketschalter vorbei, die Treppe hoch…wo tatsächlich noch eine weitere Schlange auf uns wartet. In einem großen Raum stehen allerhand Stühle nebeneinander…auf ihnen sitzen wartende Leute, die alle paar Minuten aufstehen, um sich der Reihe nach einen Stuhl weiterzusetzen, wenn es mal wieder ein Stückchen voran geht. Zwischendurch kommen immer wieder Leute, die laut ihrer Nummer ein wenig zu spät gekommen sind, aber nun dazwischen in die Reihe wollen. Nach dem Raum zieht sich die Reihe durch die Vorhalle und dann die Treppe runter zum Ticketschalter am Eingang. In der Vorhalle sind einige Stühle nicht benutzbar, weil es durch das Dach reinregnet und alles nass ist. Fragt nicht nach meinem Geduldsfaden! Wir versuchen uns beide ein wenig abzulenken und daddeln am Handy herum, ich nutze die Zeit, um ganz unkonventionell am Mobiltelefon meinen Artikel für Euch weiterzuschreiben, aber so wirklich konzentriert funktioniert das hier auch nicht. Während wir warten, sehen wir auf einem Bildschirm (wir fragen uns, warum man nicht auch die Nummern auf einem Bildschirm anzeigt), wie die Anzahl der Tickets (besonders für unsere Wunschroute 1 & 2) immer weiter abnimmt. Die Route 3 ist derzeit übrigens gesperrt, so dass es uns nicht weiterhilft, dass dafür noch 300 Tickets zu haben sind. Werden wir also noch welche abbekommen?

Nach über 2,5 Stunden des erneuten Wartens stehen wir endlich am Ticketschalter und erhalten unsere Eintrittskarten für Route 1 & 2. Auch die Uhrzeiten für den Besuch sind genau geregelt, so dürfen wir am Folgetag um 10 Uhr zum Machu Picchu. Hoffentlich regnet es dann noch nicht, ziehen doch derzeit ab Mittag gerne mal die Wolken auf.

Egal…erstmal haben wir nun die Tickets für den darauffolgenden Tag und da so langsam auch unser Magen knurrt, gönnen wir uns auf dieses Chaos erstmal eine leckere Pizza. Die soll hier nämlich nah an das italienische Original herankommen und diesen Umstand hatten wir auf unserer Reise quasi noch gar nicht. Und wir können sagen: „Lecker war’s!“

Es ist mittlerweile 19.30 Uhr als wir zufällig entdecken, dass der Ticketschalter für unseren Zug zurück nach Aguas Calientes (übermorgen soll es ja zurück gehen) noch geöffnet hat. Da wir ja morgen unterwegs sind, ist es vielleicht ganz praktisch das jetzt noch eben zu erledigen. Wir laufen also zum Bahnhof. Dort gibt es zwei unterschiedliche Züge von unterschiedlichen Gesellschaften, mit unterschiedlichen Preisen und unterschiedlichen Abfahrtszeiten…auch hier würde ich ein wenig Chaos nicht ausschließen. Zum Glück ist es leer, als wir am Schalter ankommen und schnell finden wir unsere gewünschte Zugverbindung. Die Dame lockt alles ein, wir bezahlen per Handy und warten auf unsere ausgedruckten Tickets. Zu früh gefreut! Plötzlich scheint das System abgestürzt zu sein, man könne keine Tickets ausdrucken…in 30 Minuten funktioniere es vielleicht wieder. Hatte ich Euch eigentlich schonmal von meinem Geduldsfaden erzählt?! Lange Rede kurzer Sinn…wir erhalten an diesem Abend (weil auch nach 30 Minuten noch nichts wieder funktioniert) keine Tickets mehr von der Dame, sie storniert unsere Buchung und damit auch unsere Zahlung (was hoffentlich auch funktioniert). Letztendlich buchen wir unsere Tickets dann online, was vielleicht auch direkt der bessere Weg gewesen wäre.

Am nächsten Tag ist es dann endlich soweit…es geht zum Machu Picchu! Schon früh stehen wir wiedermal in einer Schlange…dieses Mal für den Bus. Es gibt je nach Uhrzeit für den Eintritt verschiedene Busschlangen, aber nirgendwo steht die entsprechende Uhrzeit angeschlagen. Während wir warten, werden wir (mal wieder) von einem Guide angesprochen, der uns durch das besagte Weltwunder führen und uns dazu einiges erklären möchte. Eugenia macht einen freundlichen und kompetenten Eindruck und weil wir möglichst viel über Machu Picchu erfahren möchten (Informationstafeln o.ä. gibt es dort nämlich nicht), sagen wir zu. So fahren wir gemeinsam mit Eugenia im Bus hoch auf die auf 2430 m Höhe erbaute Bergstadt. Machu Picchu ist eine gut erhaltene Ruinenstadt, die die Inka im 15. Jahrhundert auf einem Bergrücken zwischen den Gipfeln des Huayna Picchu („junger Berg“) und eben des gleichnamigen Bergs Machu Picchu („alter Berg“) erbauten.

Die Stadt umfasste 216 steinerne Bauten, die auf Terrassen gelegen und mit einem System von Treppen verbunden waren. Die meisten Terrassen sind mit ihren in die Mauern eingebauten kleinen Wasserablauföffnungen und etwa 3000 Stufen ebenso bis heute erhalten, wie auch die Kanalverbindung von der außerhalb der Stadtanlage befindlichen Wasserquelle zu den kaskadenförmig gestaffelten Brunnenbecken, dazu die Außenmauern der Tempel und die zum Teil mehrgeschossigen Wohnbauten. Sie sind voll funktionsfähig und zum Teil in den letzten Jahren nach und nach in inkatypischer Bauweise rekonstruiert worden.

Durch diese clever angelegte Stadt mit ihren Terrassen, die der Landwirtschaft dienten und dem damit verbundenen Wassersystem, geht die Forschung heute davon aus, dass die Stadt in ihrer Hochblüte bis zu 1000 Menschen beherbergen und versorgen konnte. Über den Sinn und Zweck von Machu Picchu wurden verschiedene Theorien entwickelt. Tatsächlich existieren über sie keine Überlieferungen, weshalb auf der Grundlage archäologischer Funde nur mehr oder weniger gut begründete Vermutungen angestellt werden können. Da sich die Stadt schwer zugänglich in den Bergen befindet, wurde sie offiziell erst 1911 von dem Amerikaner Hiram Bingham wiederentdeckt. Im Juli 2007 wurde Machu Picchu dann in die Liste der neuen sieben Weltwunder aufgenommen.

Diese Stätte live zu erleben, umgeben von dieser wundervollen Landschaft, ist schon beeindruckend. Und so genießen wir die wunderbare Aussicht und lassen uns von ein paar wenigen Regentropfen nicht stören. Die Wolken, die sich um die Berggipfel legen, verleihen dem Ganzen sogar noch etwas Mystisches.

Als wir mit dem Bus wieder in die Stadt zurückkommen, knurrt unser Magen und so kehren wir noch in ein Restaurant ein, denn hier gibt es oft für wenig Geld sehr leckeres Essen. Peter probiert das erste Mal das hier sehr typische Alpaka-Fleisch und beschreibt es als äußerst schmackhaft. Wir lassen den Tag noch einmmal Revue passieren…natürlich waren die Anreise, die Übernachtungen im Hotel, die Ticketbeschaffung usw. ein ganz schöner Aufwand und nervenaufreibend dazu, aber wir würden all das noch einmal in Kauf nehmen, um dieses Weltwunder aus der Nähe bestaunen zu können.

Am nächsten Tag geht es dann mit dem Zug (und unserem Online-Ticket) wieder zurück nach Ollantaytambo, wo Sprinti glücklicherweise wohlbehalten auf uns wartet 🙂 . So schlendern wir noch ein wenig durch den niedlichen Ort, indem es ebenfalls historische Inka-Stätten zu bestaunen gibt, und machen uns dann mit Sprinti wieder auf den Weg.

Wir bleiben weiter auf den Spuren der Inkas und so fahren wir in das Urubamba-Tal („das heilige Tal der Inkas“). Dort stehen wir auf einem kleinen Campingplatz, bei dem eine Mitarbeiterin auch Touren vermittelt und so werden wir am nächsten Morgen von unserem Taxifahrer Dino abgeholt, der uns an diesem Vormittag zu den Sehenswürdigkeiten des Tals fährt. Wir starten an der historischen Inka-Stätte von Moray. Die Anlage, bestehend aus mehreren Terrassen in verschiedenen Höhen, wurde in drei größeren natürlichen Dolinen verschiedener Tiefe errichtet. Bis vor 50 Jahren wurden auf dem Gelände sogar noch Kartoffeln und Gerste angebaut. Durch die Terrassierung und die Anordnung in runder Form ergibt sich eine Überlagerung des Makroklimas mit etlichen, für jede Terrasse verschiedenen, Mikroklimaten. Möglicherweise diente Moray den Inka als Agrarversuchsfeld zum Studium des Einflusses dieser Mikroklimate auf den Pflanzenwuchs. Und wieder einmal wird uns bewusst, wie intelligent und für diese Zeit besonders fortschrittlich die Inka agiert und ihren Lebensraum nahezu perfekt genutzt haben. So sind z.B. die Steine, die aus den Mauern herausragen, nichts anderes als Stufen, um bequem die nächste Ebene zu erreichen. An diesem Tag ist auch eine peruanische Schulklasse vor Ort, die sich freuen, als der „große weiße Mann“, ich nenne ihn mal Peter, auf ihr Bitten hin ein Foto von ihnen schießt.

Wir fahren weiter in die Inka-Stadt Chinchero…als Dino plötzlich vor einem Gebäude anhält und sagt, wir sollen uns das mal von innen anschauen. Es handelt sich dabei, um eine der vielen Textilfabriken, die traditionelle Kleidung herstellen. Wobei „Fabrik“ nicht das richtige Wort ist, findet doch alles eher im kleineren Rahmen statt und die Textilien werden ausschließlich per Hand hergestellt. Am Eingang befindet sich ein Tisch mit den typischen Produkten, die in dieser Gegend angebaut werden…jede Menge Kartoffeln und Mais in den buntesten Varianten. Direkt daneben befindet sich ein kleiner Stall mit Meerschweinchen…ja, wir sind noch immer in einer Gegend, in der diese Tiere als günstiges Fleisch zum Verzehr dienen, brauchen sie doch von der Geburt nur 8 Wochen bis sie „verzehrfertig“ sind. Wir gehen lieber weiter…und werden von einer netten jungen Dame begrüßt, die uns in der nächsten halben Stunde zeigt, wie hier Wolle mit natürlichen Materialien gefärbt und verarbeitet wird, wie Stoffe gewebt und ein natürlicher Lippenstift hergestellt werden. Sie zeigt uns ihre Handarbeit und was sie alles hergestellt hat und freut sich natürlich als Peter davon einen neuen Pullover und ich eine neue Mütze kaufen…beides aus Baby-Alpaka-Wolle…und sehr flauschig. Und zum Abschluss muss natürlich auch noch ein traditionelles Foto her…

In Chinchero laufen wir dann durch enge Gassen, vorbei an kleinen Läden bis hoch zu einer alten Kirche, die von den Spaniern auf den Ruinen der Inkas gebaut wurde.

Unsere letzte Station mit Dino führt uns zu den Salinen von Maras…auf 3380 Metern Höhe die höchstgelegene Salzfarm der Welt. Hierbei handelt es sich um 4000 Salzfelder, alle terrassenförmig angeordnet. Dieses Labyrinth aus Salzbecken und Salzterrassen wurde von den Inkas mit Menschenhand erschaffen und ist inzwischen ca. 1.000 Jahre alt. Das wertvolle Salz wurde als weißes Gold der Inkas oder weißes Gold der Anden gehandelt. Im 16. Jahrhundert plünderten jedoch die spanischen Eroberer die Silber- und Salzvorkommen Perus. Auch heute noch erfolgt die Salzgewinnung wie zu Zeiten der Inkas. Das stark salzhaltige Wasser kommt dabei aus dem umliegenden Gebirgsmassiv und fließt in extra dafür angelegten und ausgeklügelten Kanalsystemen in kleinen Rinnsalen in sehr flache Becken. Die Sonne und die trockene Luft sorgen dafür, dass der Großteil des Wassers schnell verdunstet und so bleiben in den Becken eine breiige Salzmasse, die Sole und die kostbare Kruste mit weißen Salzkristalle zurück.

Nach dem Trip mit Dino machen wir uns mit Sprinti auf in Richtung Grenze, allerdings nicht ohne noch einen Stopp an einer weiteren Besonderheit einzulegen…am Titicacasee! Der Titicacasee ist mit einer Fläche von 8372 Quadratkilometern der größte Süßwassersee Südamerikas. Er befindet sich auf der Altiplano-Hochebene in den Anden, wobei rund 60% des Titicacasees zu Peru gehören, während die anderen 40% zu Bolivien zählen. Gemessen an seiner Fläche ist er der achtzehntgrößte natürliche See der Welt…seine Fläche ist etwa 15,5-mal so groß wie die des Bodensees und fast so groß wie Korsika. Noch dazu ist der Titicacasee das höchstgelegene kommerziell schiffbare Gewässer der Erde. Er liegt auf einer Höhe von 3812 m über dem Meeresspiegel, ist 178 km lang und bis 67,4 km breit und hat eine durchschnittliche Tiefe von 107 m. Wir übernachten an einem Hotel, direkt am See, wo wir den Parkplatz nutzen dürfen. Am nächsten Morgen machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Ufer des Titicacasees. Dort empfängt uns Yordi, bei dem wir eine Tour gebucht haben. Gemeinsam mit ihm besteigen wir ein kleines Boot, was uns auf den See bringt. Yordi lebt mit seiner Familie tatsächlich auf dem Tititcacasee…auf schwimmenden Inseln. Diese Inseln bestehen aus mehreren Schichten Schilf, was wöchentlich neu aufgelegt werden muss, während es unten zerfällt. Auf dem Titicacasee leben tatsächlich 2500 Menschen auf 120 künstlich hergestellten Inseln und das seit rund 200 Jahren. Yordi zeigt uns die diverse Inseln, darunter auch seine Heimatinsel, auf der er mit seinen vier Kindern, seiner Frau und seine Schwiegermutter in kleinen Hütten lebt. Ehe wir uns versehen, sitzen wir in der Hütte der Oma und man bittet uns auf ihrem Bett Platz zu nehmen, während sie uns von ihrem Leben erzählt. Stolz zeigt man uns auch ihre Webereien, die sie natürlich auch verkaufen wollen. Das alles passiert allerdings ohne Druck oder dass wir uns genötigt fühlen, etwas zu kaufen. Natürlich leben sie von den Einnahmen der Touristen und ebenfalls natürlich gab es während Covid enorme Einbußen und so lassen wir uns mit gutem Gewissen hinreißen das ein oder andere zu kaufen. So haben wir für zu Hause Erinnerungen an diesen Tag auf dem Titicacasee und zum anderen dieser Familie weitergeholfen, die unter einfachsten Bedinugungen hier lebt. Stolz zeigt uns Yordi die Schule, die die Kinder hier auf dem See von der ersten bis zur vierten Klasse besuchen. Yordi erzählt uns auch, dass die Mädchen hier mit 12 bereits Mutter werden und Peter und ich wissen beide, dass ihr Leben damit vorbestimmt ist und es keine Alternative zu dem Leben auf dem Titicacasee gibt. Yordi zeigt uns mit voller Hingabe und Stolz seine Heimat und wir sind dankbar an diesem Vormittag in dieses Leben eintauchen zu dürfen.

Als wir zurück sind, schnappen wir uns Sprinti und machen uns auf den Weg entlang des Titicacasees bis wir schließlich die Grenze erreichen…

…die Grenze nach Bolivien!

Reiseberichte Peru

Lima, ein wackeliger Flug und die älteste Siedlung Amerikas (#066)

29. Oktober 2023

– Und dazu ein paar Pisco Sour –

Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden in die Stadt Huaraz und auf unserem Campingplatz (Marian Wahi) treffen wir erneut bekannte Gesichter…das ist mittlerweile echt an der Tagesordnung. Da wir dringend neue SIM-Karten benötigen, machen wir uns mit dem Colectivo auf in die Stadt. Ein Colectivo ist hier eine Mischung aus kleinem Bus und großem Taxi, die hier zu hauf umherfahren und Leute einsammeln. Diese Colectivos sind wirklich ein Fall für sich…meist pfeiffen die Autos selbst aus dem letzten Loch, sie halten wenn sie halten…es gibt nicht immer eine Haltestelle (manchmal reicht es auch einfach am Straßenrand die Hand zu heben) und neben dem Fahrer arbeitet meist eine weitere Person im Fahrzeug, die die Schiebetür schon aufreißt, wenn der Wagen noch nicht steht, das Geld einsammelt und alles im Griff zu haben scheint. In den Colectivos sitzt man meist dicht gedrängt, so wie auch wir an diesem Nachmittag, dafür zahlen wir aber auch nur wenige Soles und sind innerhalb kürzester Zeit an unserem Ziel.

Allerdings ist unser SIM-Karten-Kauf an diesem Tag wenig erfolgreich…schickt man uns doch bei sieben Geschäften des Handyanbieters wieder weg, weil man dort nur SIM-Karten auflädt, nicht aber neue verkauft…so lernt man südamerikanische Geduld…zugegebenermaßen ist meine Lernkurve da noch ausbaufähig.

Dann machen wir einen Abstecher durch die Markthallen, die immer ein reges Treiben versprechen. Auch hier gibt es wieder alles…von Lebensmitteln bis hin zu Damen an ihren Nähmaschinen, die einem textiltechnisch alles reparieren können. Wir werden hier tatsächlich fündig für neue Nähnadeln, die wir seit geraumer Zeit nicht in normalen Geschäften gefunden haben. Wenn schon keine SIM-Karte, dann wenigstens Nadeln! Es ist mal wieder interessant zu sehen, wie hier das Leben so abläuft. Wie die Frauen in ihrer traditionellen Kleidung mit den hohen Hüten alles in bunt verzierten Tüchern auf dem Rücken transportieren und wie die Menschen ihren Alltag gestalten. Die Hygienemaßnahmen auf diesen Märkten sind für uns meist ein wenig gewöhnungsbedürftig, wenn z.B. das Fleisch ungekühlt auf der Theke liegt oder Hunde das Tierblut vom Boden lecken. Wir entscheiden uns an diesem Tag lieber für einen Abstecher in ein Restaurant…in der Hoffnung, dass in deren Küche andere Gegebenheiten herrschen.

Am nächsten Tag geht es für uns auch schon weiter…wir fahren nach Caral, der ältesten bekannten Stadtsiedlung auf dem amerikanischen Kontinent. Wir fahren zurück aus den Bergen Richtung Küste und schon auf dem Weg verändert sich die Landschaft. So liegt Caral an der einen Seite umgeben von Sanddünen und an der anderen Seite schlängelt sich ein grünes Flußbett.

Die Siedlung Caral wird auf die Zeit 2500-2000 Jahre v. Chr. datiert und ist daher mit knapp 4500 Jahren nach Mesopotamien die erste Siedlung weltweit. Das schauen wir uns also mal genauer an! Gemeinsam mit unserem Guide laufen wir über die Anlage und bestaunen die alten Pyramiden. Im Jahr 1905 war der deutsche Archäologe Max Uhle der erste Forscher, der das Caral-Tal untersuchte und erst seit dem Jahr 1994 erforscht die peruanische Archäologin Ruth Shady Solís das Caral-Tal. Daher liegt noch so vieles aus der alten Geschichte im Verborgenen und gibt weiterhin Rätsel auf. Ruth Shady Solís vermutet, dass die Küstengebiete durch das Wetterphänomen El Niño regelmäßig von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht und die Einwohner hierdurch in das Wüstengebiet getrieben wurden. Das gesamte Tal ist von Bewässerungskanälen durchzogen und ermöglichte so den Anbau von Kürbis, Bohnen und anderem Gemüse. Getreidesamen wurden bislang nicht ermittelt, dafür aber Baumwollsamen, die zur Herstellung von Fischernetzen benötigt wurden. Weil Caral nur ca. 25 km von der Küste entfernt lag, wurden als Nahrungsmittel Meeresfische verwendet. Wahrscheinlich tauschten die Bewohner von Caral die Fische gegen von ihnen hergestellte Netze aus Baumwolle ein. Bei den Ausgrabungen fanden sich auch Fischgräten, Schneckenhäuser und Muscheln von Tieren, die auch im Amazonasgebiet vorkommen. Auch Überreste des Annattostrauchs und Cocasamen wurden gefunden, daraus schloss Shady Solís auf weitverzweigte Handelsverbindungen Carals bis in den Andenraum. Die Einwohnerzahl von Caral war eher gering, sie wird auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung mit ungefähr 1.000 geschätzt und man vermutet, dass die Besiedlung der Stadt etwa um 1600 v. Chr. endete. Die genauen Gründe hierfür sind derzeit noch nicht bekannt.

Wir hatten zuvor gelesen, dass man auf dem Parkplatz der historischen Stätte kostenfrei übernachten kann, wenn man dem Wachposten Bescheid gibt. So bleiben wir als der Parkplatz sich leert und die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Ein Wachposten taucht allerdings nicht auf. Und so übernachten wir hier mutterseelenallein vor den Toren der ältesten Siedlung Amerikas.

Die Nacht ist ruhig und frisch, aber wir sind gut ausgestattet, so dass uns die Kälte nichts anhaben kann. Und wenn am nächsten Morgen, die aus dem Kühlschrank kommende Butter einfach nicht weich werden möchte, muss man sich halt anders behelfen…

Unser Weg führt uns an diesem Tag weiter durch das Tal von Caral. Über eine Stunde lang fahren wir durch diese wüstenartige Hügellandschaft und das einzige, was zu sehen ist, ist eine riesengroße Hühnerfahrm, bei der sich hunderte Gebäude durch das gesamte Tal schlängeln.

Dann erreichen wir Lima, die Hauptstadt Perus. Lima ist mit Abstand die größte Stadt des Landes, in der ca. 8,5 Mio. Menschen leben (10,4 Mio. im Ballungsraum). Und diese Massen bekommen wir auch direkt zu spüren, läuft der Straßenverkehr doch ein wenig chaotisch ab…ohne eine funktionierende Hupe läuft hier mal wieder gar nichts!

Unser erster Weg führt uns zu einem deutschen Country Club, denn dort dürfen deutsche Camper ein paar Tage kostenfrei auf deren Mitgliederparkplatz übernachten. Dieser Country Club ist bereits als „Turnverein Germania“ im Jahre 1863 von Deutschen gegründet worden, um sich zu treffen, Kontakte zu knüpfen und gemeinsam Sport zu treiben. So gehört zu der gesamten Anlage unter anderem ein 50 Meter langes Schwimmbad, Fußball- und Tennisplätze, ein Fitnessraum, Kursangebote, eine Kita und sogar noch eine typisch deutsche Kegelbahn…und das alles mitten in der Stadt. Unser erster Anlaufpunkt ist Willi, ein Deutsch-Peruaner, der in Deutschland aufgewachsen und nun Vorstandsvorsitzender dieses Country Clubs ist. Schnell bittet uns Willi in sein Büro und wir kommen ins Gespräçh. Voller Leidenschaft erzählt er uns von der Geschichte des Clubs, von Peru, von Lima und seiner Familie und zieht uns damit voll in seinen Bann. Drei Stunden und einen Pisco (berühmter peruanischer Traubenschnaps) später, sind wir bestens informiert und haben richtig Lust Lima zu erkunden.

Am nächsten Morgen geht es dann los…mit im Gepäck Willis Liste mit den Sehenswürdigkeiten schlechthin samt den ältesen Bars und dem besten Pisco Sour der Stadt. Wir erkunden die historische Altstadt Limas, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und uns mit ihren Gebäuden ein wenig an Mexiko City erinnert. Viele Häuser sind mit aufwendigen Balkonen verziert. Natürlich wollten die Menschen auch früher das Treiben auf den Straßen beobachten, aber nicht jeder durfte sehen, was im Gabäude vor sich ging. Je dichter also die Holzverkleidung und je weniger einsehbar der Balkon samt Haus war, desto geheimer waren die Dinge, die sich dort abgespielt haben. Aha, so ist das also! Wir besichtigen unter anderem auch den Hauptplatz Limas, der an diesem Tag aus irgendeinem politischen Grund abgesperrt ist und finden uns plötzlich in der Kathedrale in dem Saal wieder, in dem 1821 die Unabhängigkeit Perus von Spanien unterzeichnet wurde.

Das Wetter ist an diesem Tag nicht das Allerbeste, scheint in Lima doch während der gesamten Regenzeit durchschnittlich nur an zwei Tagen die Sonne und so kommen unsere Zwischenstopps in den Bars gerade recht. So kehren wir ein im „Hotel Maury“, das die älteste Bar der Stadt beherbergt. Bereits das Ambiente versetzt uns in eine andere Zeit und wir können den Flair des 19. und frühen 20. Jahrhunderts spüren. Ein netter alter Herr, der zu Fuß nicht mehr ganz so gut unterwegs ist und wahrscheinlich auch so manch eine Geschichte aus dem Nähkästchen erzählen kann, bedient uns und glaubt mir…dieser Barkeeper versteht sein Handwerk! Wir testen uns durch den „Pisco Sour“, ein Cocktail aus dem Traubenschaps Pisco, Zitronen- oder Limettensaft, Zuckersirup und Eiklar und den „Algarrobina“, ebenfalls ein traditionell perunanischer Cocktail aus Pisco, Johannisbrot, Kondensmilch, Eigelb (optional) und Zimt. Letzterer hat einen schokoladigen Touch und schmeckt mir daher besonders gut.

Auch der zweiten Bar, die Willi uns empfohlen hat, statten wir einen Besuch ab, handelt es sich doch um das „Gran Hotel Bolivar“, das erste moderne Hotelgebäude der Stadt, eingeweiht 1924. In der dazugehörigen Bar saßen bereits Charles de Gaulle, Richard Nixon, Robert Kennedy, Ernest Hemingway oder Ava Gardner. Letztere tanzte barfuß und von zu viel Pisco Sour angeheitert auf der Theke und wurde letztendlich von einem angeblich nüchternen John Wayne zurück aufs Zimmer gebracht. Diesem Herren begegnen wir auf unserer Reise ja auch nicht zum ersten Mal… (s. dazu Artikel „Auf den Spuren von John Wayne #035“). Und auch hier testen wir uns weiter durch die „Pisco-Karte“, aber keine Angst, zum Tanz auf der Theke kam es an diesem Nachmittag von unserer Seite aus nicht! 🙂

Am nächsten Tag stehen für uns noch ein paar Erledigungen in Lima an, so machen wir einen Abstecher in eine Einkaufsmall und zum Baumarkt, füllen unseren Kühlschrank mal wieder auf, erhalten nach mehreren Systemabstürzen im Handyladen endlich unsere peruanischen SIM-Karten und decken uns mit dem Höhenmedikament „Dexametasona 4mg“ ein, das uns Willi empfohlen hat. Abends gehen wir noch einmal ganz traditionell peruanisch essen und verschätzen uns ein wenig bei der Größe der Portionen…

Dann verlassen wir Lima und machen uns weiter auf den Weg die Küste entlang Richtung Huacachina. Der Ort liegt in einer Oase, umgeben von unzähligen Sanddünen, die mit ihrer Höhe von ca. 100 Metern zu den höchsten des Landes zählen. Direkt an den Dünen finden wir einen kleinen Campingplatz („Ecocamp Huacachina“)…sehr praktisch! Da wir ja wieder an der Küste sind, ist es vorbei mit den kalten Temperaturen der Anden und so stapfen wir in der Sonne die Dünen hoch…und ja, es ist seeeeehhhrr anstrengend! Es werden hier auch typische Touristentouren angeboten, bei denen man mit Offroad-Fahrzeugen durch die Dünen heizt oder mit dem Sandboard die Dünen wieder herunterrutscht. „Nix“ für uns, wir stapfen hoch und so manches Mal frage ich mich mit trockener Kehle: „Warum eigentlich?“ Dann sind wir oben und genießen den Ausblick auf die Oase. So ist es dann doch schön 🙂 !

Herunter geht es dann natürlich wieder ganz fix, auch wenn der Sand in jeder Pore unseres Körpers steckt. Wie gut, dass es an unserem Campingplatz eine Dusche und einen Pool gibt. Letzeres mitsamt einer Bar, bei der man das Getränk gleich im Wasser verzehren kann. Das ist definitiv eine gute Belohnung für die Kraxelei!

Auch am nächsten Tag machen wir uns wieder auf den Weg, es geht nach Nazca…ein Ort bzw. eine Umgebung, die für ihre sogenannten „Nazca-Linen“ bekannt ist. Dies sind über 1500 riesige, nur aus der Luft und von umliegenden Hügeln aus erkennbare Bodenlinen, sogenannte Geoglyphen, bennant nach der unweit der Ebene liegenden Stadt Nazca. Als Urheber der Linien gelten die Paracas-Kultur und die Nazca-Kultur in der Zeit von 800-200 v. Chr. Die Nazca-Ebene zeigt auf einer Fläche von 500 km² schnurgerade, bis zu 20 km lange Linien, Dreiecke und trapezförmige Flächen sowie Figuren mit einer Größe von etwa zehn bis mehreren hundert Metern, z. B. Abbilder von Menschen, Affen, Vögeln und Walen. Oft sind die figurbildenden Linien nur wenige Zentimeter tief. Durch die enorme Größe sind sie nur aus großer Entfernung zu erkennen, von den Hügeln in der Umgebung oder aus Flugzeugen. Alles klar, das schauen wir uns doch einmal an! Direkt an der Straße liegt ein hoher Turm, von dem aus man schon die ersten Figuren ganz gut erkennen kann.

Dann geht es zum nahegelegenen Campingplatz („Nazca Lodge“), bei dem wir auch zufällig Manfred und Susanne aus Deutschland wiedertreffen, die wir bei unserem ersten peruanischen Stellplatz am Strand kennengelernt haben. Auch an diesem Platz hier lässt es sich sehr gut aushalten und der Besitzer Enrique und seine Familie empfangen uns mit offenen Armen. Beim Thema Nazca-Linien ist Enrique zudem voll in seinem Element und so vermittelt er uns eine Tour mit einem Propeller-Flugzeug für den nächsten Tag, um die Linien aus der Luft noch besser bewundern zu können. Gesagt, getan! Am nächsten Morgen sind wir schon früh auf den Beinen und erhalten erstmal eine private einstündige Info-Veranstaltung von Enrique, der uns mit voller Leidenschaft von seiner Heimat und den Linien erzählt. Es ist tatsächlich bewunderswert, wie diese Linien und Bilder fast 2800 Jahre, trotz aller der Witterungsverhältnisse, überdauern konnten und erst in den 1920er Jahren entdeckt wurden. Wie die Menschen damals diese komplexen und symetrischen Figuren in dieser Größenordnung mit denen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln kreieren und herstellen konnten, ist tatsächlich enorm. Nachdem uns ein Shuttle (der Fahrer hat übrigens einen sehr besonderen Fahrstil) vom Campingplatz abgeholt hat, erreichen wir einen kleinen Flughafen, der anscheinend nur dazu dient, Touristen über die Linien zu fliegen.

Mit zwei Piloten und drei weiteren Touristen besteigen wir die Maschine…dann heben wir ab und ich muss sagen, dieses wackelige Gefühl ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Normalerweise machen Peter und mir weder eine unruhige See noch ein paar Luftlöcher magentechnisch etwas aus, an diesem Morgen allerdings haben wir beide ganz schön viel damit zu tun, uns abzulenken, wenn unser Frühstück sich die Nazca-Linien nicht auch aus der Nähe anschauen soll. Dadurch, dass jeder Passagier die Figuren gut erkennen können soll, fliegen wir so manche extra Schleife. Hinter mir sitzt eine junge Touristen, die zuvor noch fleißig vor der Propeller-Maschine für Fotos gepost hat und jetzt aber hinter ihrem Sitz nicht mehr hervorkommt, weil ihr so schlecht ist. Ok, wir konzentrieren uns mal auf die Linien! Wir fliegen hinweg über eine wirklich schöne Landschaft und können die Linien von oben gut erkennen, was dieses geschichtliche Ereignis noch unglaublicher macht. Auch sehen wir von oben den Turm, auf dem wir am Vortag gestanden und die ersten Figuren erblickt haben. Nach rund 40 Minuten haben wir dann wieder festen Boden unter den Füßen und Peter und ich sind durchaus froh darüber…die Dame im Sitz hinter mir, glaub ich auch! Zu guter Letzt können wir ein weiteres Zertifikat zu unserer Sammlung hinzufügen (s. dazu Artikel „Wir sind im Goldrausch #015“). 🙂

Zurück am Campingplatz brauchen wir erstmal eine Weile, um uns magentechnisch wieder zu akklimatisieren. Dann irgendwann können wir Pool, etwas zu essen und den ein oder anderen Pisco-Cocktail wieder genießen!

Und auch am nächsten Tag geht es wieder für uns weiter.

Wohin?

Seid gespannt!

Reiseberichte Peru

Abenteuerliche Straßen, eine sehr heikle Brücke und ein ordentlicher „Wumms“ (#065)

22. Oktober 2023

– Und leider auch sehr viel Müll –

Wir befinden uns an der Grenze von Ecuador nach Peru und abgesehen davon, dass der Grenzbeamte auf der peruanischen Seite uns kurzzeitig weismachen will, dass Peter mit seinem Führerschein ja gar nicht so ein „großes“ Fahrzeug fahren darf, ist das Grenzprozedere glücklicherweise schnell erledigt.

Jetzt sind wir also in Peru, das nach Brasilien und Argentinien flächenmäßig drittgrößte Land Südamerikas. Peru hat ca. 33,7 Millionen Einwohner und ist neben Bolivien und Guatemala eines der drei Länder Lateinamerikas mit einem großen Anteil indigener Bevölkerungsgruppen. Im Oktober 2015 tagten die Weltbank und der IMF in Lima, der Hauptstadt Perus. Auf diesen Anlass hin erstellte die Weltbank eine Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes, welches als Vorzeigeland bei Entwicklungsorganisationen gilt. So ist die Wirtschaft während der letzten zehn Jahre durchschnittlich um 6,4 % gewachsen, das zweitbeste Resultat aller Länder in Lateinamerika und der Karibik. Im selben Zeitraum verdoppelte sich das Pro-Kopf-Einkommen pro Jahr auf 6370 USD. Dabei sind die Einkommen der ärmsten 40 % aller Haushalte stärker gestiegen als der Durchschnitt. 

Doch dann kam Covid! Im August 2020 war Peru der Flächenstaat, der, gemessen an der Bevölkerungszahl, die meisten Toten in Verbindung mit COVID-19 zu beklagen hatte: 90 Tote pro 100.000 Einwohner registrierte das südamerikanische Land zu Beginn. Am 22. September 2020 hatte Peru die weltweit höchste Infektionsrate. Im Dezember 2020 begann eine neue Welle mit hohen Neuinfektionszahlen, wodurch der Flüssigsauerstoff knapp wurde. Vermutet wurde, dass die brasilianische Variante mit für den Anstieg verantwortlich war, die im März 2021 zunehmend dominant wurde. Auf dem Höhepunkt der Pandemie ließen zahlreiche Politiker Impfstoffe für ihre Familien und ihre ”Günstlinge” reservieren. Als das bekannt wurde, mussten mehrere Minister zurücktreten. Am 1. Juni 2021 korrigierte das Land seine Todeszahlen deutlich nach oben. Anstatt mit bisher 70.000 Toten wurde die Zahl nun mit mehr als 180.000 angegeben, wodurch Peru die weltweit mit Abstand höchste Sterberate aufweist, denn mit 5.500 Toten auf 1 Million Einwohner übertrifft dieser Wert den von Ungarn (um 3.000 Tote je Million Einwohner) bei weitem.

Unser erster Weg führt entlang der Küste, vorbei an Reis- und Zuckerrohrfeldern und wir merken schnell, dass es hier wieder etwas wuseliger vonstatten geht. Viele Straßen sind ungeteert oder haben große Schlaglöcher. Und mag die Straße auch noch so schlecht sein, Bodenschwellen (wir sagen „Drempels“) zur Geschwindigkeitsbegrenzung gibt es dennoch…und zwar zuhauf und gerne auch mal ohne Ankündigung! Ich frage mich tatsächlich warum, erlauben es die Straßenverhältnisse doch eh nicht, auch nur annähernd schnell zu fahren. In Peru kommen auf 1000 Einwohner lediglich 70 Autos, was sich auch im Straßenverkehr bemerkbar macht…Tuktuks soweit das Auge reicht. Von vorne, von hinten, von links von rechts…wir sind regelmäßig umzingelt von diesen kleinen, wendigen Fahrzeugen, die sich in jede noch so kleine Lücke quetschen.

Am ersten Tag fahren wir bis nach Zorritos, wo wir einen kleinen Campingplatz („Swiss Wassi“) finden, bei dem wir direkt am Meer stehen können. Das brauchen wir jetzt auch erstmal…ein paar Tage abschalten (und das auf Meeresspiegelhöhe…sooo angenehm, sage ich Euch!), denn in der letzten Zeit war einiges los. Langweilig wird uns hier dennoch nicht, so gibt es doch immer etwas zu tun. Unser Kühlschrank macht seit ein paar Tagen merkwürdige Geräusche und wird daher von uns mal genauer unter die Lupe genommen. Die Bits von unserem Akkuschrauber, die in Panama aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit einiges an Rost angesetzt haben, freuen sich auch über eine Spezialbehandlung. Dann gilt es die Reise weiter zu recherchieren und zu planen, ein Kassensturz ist auch mal wieder fällig und für Euch zu schreiben gibt es auch immer etwas. Aber es bleibt auch Zeit mal ins Meer (wir sind am Pazifik und der hat hier ordentlich Wellen und Strömung) oder in den Pool zu hüpfen und im Sonnenuntergang die Wale zu beobachten…ich weiß, das klingt ganz schön kitschig, ist aber sooo schön 🙂 .

Dann geht es für uns weiter die Küste entlang Richtung Süden und leider bestätigt sich auch hier unser erster Eindruck von vor ein paar Tagen….Müll, Müll und nochmals Müll! Die Straßen, die Städte, die Natur…alles ist voll davon. Wir sind geschockt! Bereits in Mittelamerika hatten wir, je nach Reichtum des Landes, vermüllte Straßenränder vorgefunden, aber das toppt hier leider alles! Teilweise befinden sich ganze LKW-Ladungen mit Schutt und Müll bergeweise am Straßenrand und auch in Flüssen, in der Natur und selbst als wir durch die Wüste fahren, sehen wir nichts als Plastik. Oft wird der Müll auch schlichtweg angezündet…einfach am Straßenrand, unmittelbar neben Büschen und Bäumen und vernebelt uns so manches Mal die Sicht…vom Gestank mal ganz zu schweigen!

Wir erreichen den westlichsten Punkt Südamerikas. Wie wir gehört haben, kann man dort ruhig und kostenlos am Meer stehen…nicht so an diesem Wochenende, findet doch dort ein Surfevent statt. Wir müssen Eintritt bezahlen und es ist einiges los. Wir sind zugegebenermaßen nur semi begeistert, fahren aber aufs Gelände. Als die Dame, die am Eingang die Parkgebühr einsammelt, absolut kein Wechselgeld hat, vermisse ich gerade mal wieder ein wenig die deutsche Struktur. Das ist mir echt schleierhaft, läuft doch seit geraumer Zeit sehr vieles nur mit Bargeld, aber die Damen und Herren an der Kasse können nie wechseln. Nach einigen Diskussionen, schießen wir schnell unser Foto vom westlichsten Punkt Südamerikas und machen uns dann wieder auf den Weg…dann wird das heute also noch ein längerer Fahrtag!

Und wie wir so durch die Einöde fahren, vorbei an unzähligen Ölfeldern, befinden wir uns mal einmal auf einer scheinbar gut geteerten Straße, die einfach nur geradeaus führt. Es kehrt bei uns ein wenig Ruhe ein, als es plötzlich knallt und wir mit einem riesen „Wumms“ (nur dieses Wort beschreibt es annähernd!) etwa 30 cm herunterknallen, nur um Sekunden später wiederum 30 cm wieder hochzuwemmsen (ja, auch nur dieses Wort beschreibt es!)…und das bei einer Geschwindigkeit von rund 70 kmh! In der Zwischenzeit mutiert Sprinti vom Fahrzeug zum Flugzeug, frei nach dem Motto: „Halten Sie sich fest, wir heben ab!“ Zur Erklärung…es fehlt plötzlich Teer auf der Straße, besser gesagt ein Teil der Straße ist einfach um 30 cm abgesackt, was weder zu erkennen, noch was irgendwie markiert oder abgesperrt ist. Wie in Zeitlupe fliegt gefühlt alles im Wagen umher und wir kommen uns vor wie diese Crash-Test-Dummies, die bei den Autotests eingesetzt werden. Wir sind zum Glück wie immer angeschnallt, so passiert uns nichts, aber was ist mit Sprinti? Ich springe auf und laufe in den „Südflügel“ unseres Wagens. Alles liegt auf dem Boden verstreut…selbst Dinge, die eigentlich gesichert sind. Es riecht nach Benzin und direkt geht auch unser Warnmelder los, der gefährliche Gase meldet. Im Kofferraum erkennen wir dann auch den Grund…unser extra Benzinkanister ist am Boden aufgerissen und Benzin tritt aus. Zum Glück ist ein Handtuch darumgeschlagen, so dass nicht sofort alles überallhin oder gar in die gesamte Technik gelaufen ist. Schnell füllen wir das übrige Benzin in Sprintis großen Tank, wickeln den Kanister in einen großen Müllbeutel und packen ihn bis zum nächsten Mülleimer in unser Badezimmer, das sich leicht säubern lässt, falls doch nochmal was austreten sollte. Stinken tut es dennoch ordentlich. Dann gilt es den Innenraum aufzuräumen und Sprinti zu checken…wenn sich da nach diesem „Wumms“ nicht mal alles verzogen hat! Das können wir gerade so gar nicht gebrauchen! Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung, aber wir stehen auch mitten auf der Straße, da ist genaueres Hinschauen auch gerade nicht möglich. Wir fahren erstmal weiter, aber der Schock steckt uns in den Knochen. So sind wir doch schon sehr aufmerksam und fahren immer mit vier Augen statt nur mit zweien, weil die Straßenbedingungen dies bereits seit Mexiko erfordern. Wie konnte das nur passieren? Zukünftig also noch ’ne Nummer vorsichtiger!

Dann erreichen wir einen kleinen Campingplatz („Conzulado96“), besser gesagt einen Innenhof, bei dem wir mit offenen Armen von einem netten Herren namens Carlos begrüßt werden. Wir sind an diesem Tag die einzigen Gäste. Wir drücken Carlos unseren kaputten Kanister in die Hand und selbst den nimmt er freudestrahlend entgegen. Auch das „Benzinhandtuch“ können wir bei ihm waschen. Stolz führt Carlos uns über sein Grundstück und als er uns einen schmalen Gang am Haus entlangführt (wir denken, es geht zu den Toiletten), öffnet er eine quieschtende Tür und direkt vor uns liegt tatsächlich der Pazifik. Schnell holt er von irgendwoher zwei Plastikstühle samt Tisch, „pflanzt“ uns dorthin, öffnet uns zwei Bier und ist auch schon wieder verschwunden. So sitzen wir recht verdattert allein auf Carlos‘ Terrasse, mit dem Bier in der Hand. Die Terrassentür zum Haus ist geöffnet und drinnen sitzt ein alter Mann schlafend auf dem Sofa, bei dessen Anblick wir zuerst vermuten, dass er nicht nur schläft. Wir versuchen unser Bier und den Ausblick zu genießen und den Geruch zu verdrängen…es stinkt nämlich, wie an vielen Küstenabschnitten Perus, nach altem Fisch. Was ist das bitte für ein absurder Moment?!

Auch am nächsten Tag nehmen die Absurditäten ihren Lauf. Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden, weiter durch die Wüste Perus. Das Land ist karg und der starke Wind peitscht den Sand und den Staub über die Straßen. Neben wieder einmal viel Müll staunen wir nicht schlecht, als wir plötzlich diesen Gegenstand auf dem Seitenstreifen im absoluten Nichts vorfinden…einen offenen Sarg! Der Moment ist viel zu kurz, um zu erspähen, ob da auch jemand drinliegt, aber vielleicht wollen wir das auch einfach gar nicht wissen! Und nein, wir haben davon natürlich kein Foto gemacht!

An diesem Abend übernachten wir im Garten eines Hostals („Casa de Campo Aramburu“), bei dem die Besitzerfamilie sehr gerne Musik hört und wir mit Sprinti inmitten von Truthähnen, Pfauen, Hunden, Hühnern, Katzen und Pferden stehen. Alles gackert und kräht…aber uns schockt in diesen Tagen auch gar nichts mehr!

Unser Weg führt uns nun wieder ins Landesinnere, es geht zurück in die Anden, genauer gesagt zur Cordillera Blanca (s. dazu auch unsere Route). Die Cordillera Blanca ist mit einer Länge von 180 km und mit über 50 Bergen über 5700 m die höchste Gebirgskette des amerikanischen Kontinents und zugleich die höchste in den Tropen. Ein großer Teil der Cordillera Blanca wurde 1975 zum Huascarán-Nationalpark und 1985 wegen seiner besonderen landschaftlichen Schönheit und seiner geologischen Merkmale zum UNESCO-Welterbe erklärt und steht komplett unter Schutz. Der Weg dorthin gestaltet sich allerdings mal wieder abenteuerlich. Im März dieses Jahres ist der Zyklon Yaku über Peru gefegt und hat für sintflutartige Regenfälle gesorgt, die zu schweren Überschwemmungen, Erdrutschen und Schäden an Häusern und der Infrastruktur führten. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben. Auch wir bekommen an diesem Tag die Zerstörungen zu spüren, als wir mit Sprinti durch die Berge fahren, die eh schon nur sehr schlechte Straßen säumen. So legen wir in 8 Stunden lediglich 275 Kilometer Schotterpiste zurück. Steine, Steine und nochmals Steine, sag ich nur! Teilweise muss ich die Straße freiräumen, damit wir weiterkommen, teilweise ist die Straße auch schlichtweg weggespült oder verschüttet. Wir fahren an steilen Abhängen entlang, an denen das Geröll nur so herunterrieselt, fahren durch Tunnel, die einfach in den Berg geschlagen wurden, stehen vor Kurven an denen man hupen muss, damit der Gegenverkehr Bescheid weiß, weil unmöglich Platz für ein entgegenkommendes Fahrzeug ist. Wir fahren stundenlang an Felsen vorbei und an Überhängen drunterher, an denen die Risse schon deutlich zu erkennen sind…kurzum, an diesem Tag halten wir beide so manches Mal die Luft an.

So auch an dieser Brücke, die nun wirklich schon bessere Tage gesehen hat!

Die Brücke besteht aus einem Eisengestell, auf das lediglich ein paar Bretter gelegt sind. Ein Mann und ein Polizist legen immer wieder Bretter nach und geben uns das Gefühl, alles im Griff zu haben…oder doch nicht?! Vor uns fährt ein amerikanischer Truck, der die gesamte Ladefläche voll hat mit Wassermelonen hat. Ok, denken wir uns, der wird mit seiner Ladung auch auf die 3,5 Tonnen Gewicht kommen, genau wie wir mit Sprinti. Wenn der da also gut rüber kommt, dann schaffen wir das auch! Bei dem Truck klappt es und zum Dank erhalten der Mann und der Polizist zwei Wassermelonen. Jetzt sind wir an der Reihe! Ich steige aus, um das Ganze mal zu checken und stelle schnell fest, dass meine Birkenstock-Latschen, nicht das beste Schuhwerk für diese Brücke sind. Die Bretter wackeln, ich schaue durch sie hindurch und sehe den Fluß unter mir herrauschen. Ich bin zwar absolut schwindelfrei, sehe mich aber schon im Fluß treiben. Mit einer Hand halte ich mich am Geländer fest, mit der anderen umklammere ich mein Handy…das fehlt mir jetzt auch noch, dass mir das runter in den Fluß fällt! Und dann geht es los…Peter und Sprinti starten den Weg über die Brücke…man beachte das Knacken am Reifen hinten rechts…

An meinem „lieblichen und engelsgleichen“ Lachen im Video (ich weiß schon, dass mein Vater das imitieren wird) lässt sich erkennen, dass mir durchaus ein Stein vom Herzen fällt. Erst später sehen wir Fotos von Autos, die in diesen Tagen an der Brücke komplett eingebrochen sind und mit den Reifen im Eisengestänge festhängen. Gut, dass uns das erspart geblieben ist!!!

Wir schaffen an diesem Tag nur den ersten Teil der gesamten Strecke durch die Berge und das bedeutet, wir benötigen einen Stellplatz für die Nacht. In unserer App IOverlander finden wir einige wenige Plätze, an denen vor uns bereits Reisende an Ausbuchtungen am Straßenrand übernachtet haben. So etwas suchen wir nun auch. Unsere Kriterien dabei sind: Nicht zu nah am Berg, nicht am Abhang, möglichst ebenerdig und idealerweise so, dass unsere Starlink-Antenne noch Internet-Empfang hat. Es schadet ja nicht, wenn der Kontakt zur Außenwelt hier nicht ganz abbricht…wer weiß was uns heute Nacht hier noch so blüht?! Wir finden einen Platz, der alle Kriterien zu erfüllen scheint und so kochen wir uns noch schnell etwas zu essen, bevor die Sonne untergeht und wir ins Bettchen hüpfen. Und während wir einschlafen, hören wir draußen die Steine vom Berg rieseln…

Auch der zweite Fahrtag durch die Berge gestaltet sich ähnlich abenteuerlich, aber irgendwie bekommen wir es mit Sprinti hin.

Dann erreichen wir endlich den Ort Caraz und damit auch unseren Campingplatz (”Guadalupe Jaime Veliz Caraz”). Dort treffen wir auch Franzi und Kay wieder, die wir das erste Mal in Mexiko getroffen haben und die uns seitdem immer wieder zufällig über den Weg laufen. Da wir mittlerweile wieder auf einer Höhe von 2263 m angekommen sind, ist nun erstmal wieder Akklimatisieren angesagt (s. dazu auch Artikel „Herzlich Willkommen auf 5100 Metern #063“).

Also nutzen wir den kommenden Tag mal wieder für allerhand Erledigungen, bevor wir uns am darauffolgenden Tag aufmachen, die „Laguna Paron“ auf über 4000 m zu erkunden. Da sich auch dieser Weg wieder sehr abenteuerlich gestaltet, lassen wir Sprinti dieses Mal am Campingplatz stehen und teilen uns mit Kay und Franzi samt ihrem Hund Bonny ein Taxi. Und das ist auch definitv die richtige Entscheidung, handelt es sich doch um eine steile Buckelpiste, bei der mir selbst das Fahrzeug unseres Taxifahrers (der übrigens absolut kein Erbarmen kennt), leid tut. Kurz vorm Erreichen der Lagune heißt es dann: Aussteigen! Ja, dann fehlt halt einfach mal wieder ein Stück Straße, weggespült von einem Wasserfall, der sich hier in die Tiefe stürzt. Und das sollen wir jetzt zu Fuß überqueren? Durch den Fluß? Ohne dass man sieht, wo man hintritt? Ab Abhang? Ja, genau das…herzlich willkommen in Peru! Langsam tasten wir uns vor ohne zu sehen, wo wir unter Wasser hintreten. Die Steine wackeln und sind rutschig. Links geht es steil bergab…

Irgendwie klappt es dann aber doch…zum Glück!

Also so viel Nervenkitzel brauchen wir eigentlich nicht. Peter und ich haben glücklicherweise unsere Wanderschuhe an und so kommen wir mit leicht feuchten Füßen davon! Wenn man sich überlegt, dass das eine der Haupttouristenattraktionen hier im Nationalpark ist, fragt man sich schon, warum die gesamte Strecke nicht in einem besseren Zustand ist, aber da ist meine Sichtweise vielleicht zu sehr deutsch und zu wenig peruanisch. Die Lagune kann sich auf jeden Fall sehenlassen, auch wenn uns das Hochstapfen auf die Felsen ganz schön Puste kostet…denn auch hier machen sich die über 4000 m wieder einmal bemerkbar. Dafür ist die Aussicht dann wirklich traumhaft!

Erst als wir zurück sind am Campingplatz (auf 2263 m), bekomme ich Kopfschmerzen und fühle mich unwohl. Schnell ist klar, das ist die Höhenkrankheit! Die zwei Tage Fahrt vom Meer hier in die Berge plus einen Tages Pause haben anscheinend nicht ausgereicht, um sich anständig zu akklimatisieren. Das Gute ist, dass wir uns nicht mehr auf den über 4000 m vom Vormittag befinden und so geht es mir von Stunde zu Stunde besser. Vorsichtshalber bleiben wir aber auch am nächsten Tag noch an diesem Platz, bevor es dann für uns weitergeht. Es gibt noch zwei weitere Lagunen, die wir aber nur mit Sprinti erkunden können. Wieder geht es auf einer Schotterpiste steil berghoch. Die Straße ist schmal, die Kurven sind eng und der nasse Grund ist rutschig und matschig. Sprinti läuft auf Hochtouren bis irgendwann die Lampe fürs Kühlmittel aufleuchtet. Auf dieser Strecke anzuhalten ist gar nicht so leicht, aber es macht einfach keinen Sinn…wir stellen den Motor ab. Nach ein paar Minuten, der erneute Versuch…die Lampe leuchtet noch immer! Wir stellen den Motor wieder ab. Nach weiteren Minuten dann Versuch Nummer zwei…die Lampe ist aus! Wir entscheiden uns dennoch umzukehren, denn einen Motorschaden können wir jetzt gar nicht gebrauchen! Es gibt noch einen zweiten Weg. Auch den probieren wir aus, stellen aber auch hier fest, dass das für uns und für Sprinti keinen Sinn macht. Der Preis wäre einfach zu hoch!

Und nach dem ordentlichen „Wumms“ in dieser Woche, nach der abenteuerlichen Fahrt durch die Berge und der doch recht heiklen Brücke, streichen wir die zwei weiteren Lagunen von unserer Liste und gönnen Sprinti und uns etwas seichtere Straßen…

…wenn es die hier in Peru überhaupt gibt!

Reiseberichte Ecuador

Die Galapagos-Inseln (#064)

15. Oktober 2023

– Und ein Besuch bei Franziska und Ronald –

Wir machen uns also auf den Weg nach Guayaquil und das bedeutet, es geht innerhalb von circa 2,5 Stunden 4000 Meter bergab aus den Anden Richtung Küste…Sprintis Bremsen sind mal wieder begeistert! So schön, wie die Gegend auch ist, so staunen wir nicht schlecht, als sich einige Felsen unmittelbar vor uns entscheiden sich spontan auf die Straße zu stürzen. Glücklicherweise kommt niemand zu schaden. Hier packen die Autofahrer einfach selbst mit an und räumen die Steine ein wenig zu Seite…weil es schon ein wenig dauern kann, bis das hier professionell behoben wird.

Dann erreichen wir Guayaquil und kämpfen uns durch diesen doch sehr chaotischen Großstadtverkehr. Während Peter das mal wieder recht entspannt händelt, habe ich mit so mancher Schnappatmung zu kämpfen…und dieses Mal ist daran nicht die Höhe Schuld, sondern doch eher die Fahrweise hier in Südamerika. Uns fällt übrigens auf, dass es hier in Ecuador sehr viele chinesische Autofabrikate gibt, die original aussehen wie das europäische oder amerikanische Pendant. So gibt es Kastenwagen, PKWs oder Trucks bei dessen Kopie man sich noch nicht mal die Mühe gemacht hat, sie auch nur ein wenig anders aussehen zu lassen…einfach absolut baugleich. Allerdings unterscheiden sich die Namen dann doch ein wenig…so säumen hier z.B. „Great Wall“ und „Terralord“ die Straßen.

Hier in Guayaquil, die mit ca. 3 Mio. Einwohnern größte Stadt Ecuadors, lebt Peters Schwester Franziska mit ihrem ecuadorianischen Mann Ronald (s. dazu auch Artikel „Ein Abstecher nach Ecuador…#053“). Die beiden leben in einer „Gated Community“, das heißt in einer Nachbarschaft, die durch Sicherheitspersonal bewacht wird und in die nur jemand hinein darf, der dort wohnt oder angemeldet ist. Aufgrund der aktuellen Sicherheitslage in Guayaquil durchaus von Vorteil. So dürfen wir samt Sprinti auf das Gelände und können den Wagen hier auch beruhigt in den nächsten Tagen stehenlassen, wenn wir uns aufmachen…auf zu den Galapagos-Inseln, die ca. 2 Stunden Flugzeit von Guayaquil entfernt liegen.

Wir freuen uns sehr Franziska und Ronald nach einigen Wochen wieder zu sehen und verleben so ein schönes Wochenende zusammen. Auch lernen wir weitere Teile Guayaquils kennen.

Am Sonntag Morgen klingelt dann schon um 4.15 Uhr der Wecker und bereits um 6 Uhr sitzen wir mit Sack und Pack am Flughafen. Die Galapagos-Inseln sind ein Archipel im östlichen Pazifischen Ozean. Sie liegen am Äquator ca. 1000 km westlich der ecuadorianischen Küste in Südamerika und gehören zu Ecuador. Allerdings herrscht auf den Inseln eine andere Zeitzone und so liegen wir, nicht wie zuletzt sieben, sondern wieder acht Stunden hinter Deutschland. Die Inselgruppe besteht aus 13 Inseln mit einer Fläche von mehr als 10 km² und über 100 kleineren bis winzigen Inseln, von denen insgesamt nur fünf besiedelt sind (ca. 25.000 Einwohner). Schnell merken wir, dass hier ein etwas anderer Vibe herrscht und lassen uns anstecken vom Insel-Feeling.

Bereits am Flughafen werden wir mit offenen Armen von unserem Guide Maja begrüßt, die ursprünglich aus der Schweiz kommt und seit 37 Jahren auf Galapagos lebt. Auch sie war damals als Touristin auf die Inseln gekommen und wurde dann gefragt, ob sie als Schwangerschaftsvertretung ein Jahr bleiben und als Guide arbeiten könnte. Aus einem Jahr wurden zwei und letztendlich 37, in denen sie ihren Mann kennenlernte, einen waschechten Galapaganesen, und mit ihm den Touristen die Inseln näher brachte. Das Arbeiten und Leben auf den Galapagos-Inseln ist nämlich nur Einheimischen bzw. deren Familien erlaubt, um die Inseln vor Überbevölkerung zu schützen und die Arbeitsplätze ausschließlich an die Einwohner der Inseln zu vergeben. Majas Mann war ursprünglich Fischer und hatte gemeinsam mit seinem Bruder ein Boot. Irgendwann stellten sie fest, dass das nicht genug Gewinn bringt und so bauten sie das Boot „Angelito“, das sie für erste Touristentouren nutzten, während sein Bruder weiter als Fischer tätig war. So kam auch Maja auf die Angelito und führt seither gemeinsam mit ihrer Crew das Familienunternehmen. Seit Covid leider ohne ihren Mann, der wie seine Schwester, die Krankheit nicht überlebt hat.

Schnell lernen wir auch unsere Mitpassagiere kennen…so sind wir mit Jana aus den USA, Alex aus Kanada, Marcelo aus Brasilien, Mette aus Dänemark, Bailey aus Großbritannien und Lu, May und Ping aus China unterwegs.

In den kommenden fünf Tagen besuchen wir die Inseln Baltra, Sombrero Chino, Isla Bartolomé, Genovesa, Puerto Egas (Isla Santiago), Isla Rabida und Santa Cruz (s. rote Linie) und überqueren dabei zweimal den Äquator. Während wir in der Nacht oft auf See sind und ordentlich durchgerüttelt werden, sind die Tage vollgepackt mit Programm. So haben wir täglich zwei Landgänge, bei der wir die Inseln erkunden und einen Schnorcheltrip, um auch die Unterwasserwelt Galapagos‘ aus der Nähe zu bewundern.

Man schätzt, dass die Galapagos-Inseln etwa 4 Millionen Jahre alt sind. Da sie allerdings ca. 1000 Kilometer vom Festland entfernt im Pazifik liegen, ist unklar, ob bereits die Inkas die Inseln entdeckt und besiedelt haben. Die europäische Entdeckung der Galápagos-Inseln erfolgte, als der Spanier Tomás de Berlanga, der damalige Bischof von Panama, nach Peru segelte, um einen Streit zwischen Francisco Pizarro und seinen Leutnants beizulegen. De Berlangas Schiff kam vom Kurs ab, als der Wind nachließ, und seine Mannschaft erreichte die Inseln am 10. März 1535. Sie strandeten an einer der Vulkaninseln. Mehrere Tage verbrachten sie dort und suchten nach Trinkwasser. Zehn Pferde und zwei Spanier verdursteten. Die Restlichen tranken den Saft der Kakteen und erbeuteten Seelöwen und Riesenschildkröten. In einer Schlucht fanden sie dann schließlich ausreichend Trinkwasser für die Heimfahrt.

Die außerordentliche und einmalige Flora und Fauna der Inselgruppe gehören zum Weltnaturerbe der UNESCO. Sie werden durch den Nationalpark der Galapagosinseln geschützt. Etwa 97 % der Fläche der Inseln und 99 % der sie umgebenden Gewässer innerhalb der Ausschließlichen Wirtschaftszone stehen dadurch unter strengem Naturschutz. Die landwirtschaftliche und fischereiliche Nutzung sowie das Betreten der Inseln und das Befahren der Gewässer sind streng reglementiert. Daher ist es nur erlaubt, die Inseln in einer Gruppe mit einem Guide zu betreten, um die Natur nicht zu zerstören. Da sind wir bei Maja an der besten Adresse. Mit voller Leidenschaft bringt sie uns die Tier- und Pflanzenwelt Galapagos‘ näher und erklärt und so viel Interessantes, dass wir alles in uns aufsaugen. So bewundern wir die Blaufußtölpel, die mit ihren blauen Füßen Tänze abhalten und die Fregattvögelmännchen, die ihren roten Hals aufplustern…beides, um den Weibchen zu imponieren. Ja, die Männer!

Besonders schön anzusehen ist, dass sich weder die Vögel, noch die Eidechsen oder Seelöwen an uns stören. Da die Tiere hier auf den Inseln keine Feinde kennen, gibt es auch keinen Grund zur Flucht. So können wir den Tieren nahe kommen, ohne für Unbehagen bei ihnen zu sorgen. Selbst die Vögel fliegen vor uns nicht davon. Natürlich wahren wir dennoch den nötigen Abstand schon aus Respekt zum Tier. Das Ganze ist schon sehr beeindruckend und schön zu beobachten, wie sich einfach niemand an uns stört! So brüten Vögel direkt vor unserer Nase ihre Eier aus und Seelöwen säugen ungestört ihre Jungen…einfach toll!

Zurück an Bord werden wir stets bestens verpflegt…sei es mit einem leckeren Frühstück, Mittagessen oder Abendessen. Und auch mit liebevoll angerichteten Snacks werden wir immer wieder verwöhnt. Alles ist super organisiert und die gesamte Crew ist immer mit vollem Einsatz dabei. So bleibt auf der Angelito tatsächlich kein Wunsch offen und wir genießen dieses Abenteuer, bei dem, anders als sonst, für uns alles bereits organisiert ist ohne dass wir tätig werden müssen…auch mal schön! 🙂

Wenn wir abends nach einem langen Tag zurück an Bord sind, gibt es die Besprechung für den nächsten Tag, manchmal erhalten wir in den Abendstunden noch „Besuch unten an Deck“ von dem ein oder anderen Meeresbewohner und wenn die Sonne untergeht und ein Schwarm Fregattvögel die Angelito begleitet, verschwinden auch wir in unsere Kabinen und schlafen hundemüde ein.

Die Galapagos-Inseln gelten als eines der besten Reiseziele zur Wildtierbeobachtung weltweit. Da sie die besagten 1.000 Kilometer vor der Küste Ecuadors liegen, kommt ihnen die besonders isolierte Lage zugute, wodurch hier eine Vielzahl von Pflanzen- und Tierarten überleben, die zum Großteil nirgendwo sonst auf der Erde vorkommen. Charles Darwin besuchte die Inseln im Jahr 1835 und stützte sich später bei der Entwicklung seiner Evolutionstheorie auf seine hier gemachten Beobachtungen. Aus diesem Grund fällt es uns schwer, nur ein paar Fotos dieser besonderen Geschöpfe hier einzustellen…Ihr bekommt heute einfach die volle Dröhnung und könnt dadurch vielleicht ein wenig die Faszination Galapagos‘ nachempfinden.

In den nächsten Tagen wandern wir weiter durch die vulkanische Landschaft, laufen barfuß über schwarzen, roten und weißen Sand. Wir beobachten Rotschnabeltropilkvögel, neben Blaufußtölpeln nun auch Nazcat- und Rotfußtölpel, Gabelschwanzmöwen, Galapagos-Pinguine, Krabbenreiher, Lava-Möwen, Galapagos Spottdrosseln, Genovesa Grundfinken, Genovesa Kaktusfinken, Große Grundfinken, Laubsängerfinken, Kleine Grundfinken (ja, ganz schön viele Finken), Austerfischer, Sumpfohreulen, Schleiereulen, Lavareiher, Kanadareiher, Pelikane, Galapagos Bussarde, Halsbandregenpfeiffer, Galapagos Fliegentyrann, Bahama Enten und auch Flamingos sind mit von der Partie. Neben Seelöwen entdecken wir auch Seebären, Meer- und Landleguane, Lava-Eidechsen, Bunte Heuschrecken, Rote Klippenkrabben, Schildkröten und Einsiedlerkrebse. Warum ich das so datailliert aufzähle? Weil es viele dieser Arten eben nur hier auf Galapagos gibt, was es zu so einem besonderen Ort macht. We love it!

Und auch unter Wasser gab es wieder einiges zu entdecken…

Dann neigen sich die fünf Tage an Bord dem Ende entgegen. Allerdings wartet noch ein Highlight an Land auf uns für das Galapagos weltweit bekannt ist…die Galapagos-Riesenschildkröten! So statten wir auf der Insel Santa Cruz dem Charles Darwin-Center einen Besuch ab, um dort schon mal Exemplare dieser wunderbaren Tiere zu sehen. Diese Schildkröten in diesem Center sind vor einigen Jahren gerettet worden, sind aber jetzt nicht mehr in der Lage in der Wildnis ausgesetzt zu werden.

Nach der Entdeckung der Galapagos-Inselgruppe wurden die Bestände der Riesenschildkröten sehr stark dezimiert und fünf der 15 bekannten Arten komplett ausgerottet. Geschätzt wird, dass in den letzten zwei Jahrhunderten 100.000 bis 200.000 Tiere getötet wurden. Bei den derzeit noch lebenden Arten wird der Bestand heute auf insgesamt 12.000 bis 15.000 Tiere geschätzt.

Die Galapagos-Riesenschildkröten sind deshalb auch in Anhang A des Washingtoner Artenschutzabkommens gelistet, der höchsten Schutzstufe. Auf den Inseln selber wird seit 1960 ein Artenschutzprojekt betrieben, eben diese Charles-Darwin-Forschungsstation, die inzwischen über 2500 Jungtiere nachgezogen und im Alter von drei bis fünf Jahren ausgewildert hat. Darüber hinaus sorgt die Station für die Eindämmung von Neophyten und Neozoen (nicht heimische Tiere und Pflanzen), die die größte Bedrohung der Artenvielfalt auf Galapagos darstellen. Für die Riesenschildkröten sind vor allem Schweine, Ziegen, Katzen und Ratten eine Bedrohung, denen Gelege und Jungtiere zum Opfer fallen und außerdem eingeschleppte Pflanzen, die einheimische Pflanzen verdrängen und auf diese Weise die Nahrungsgrundlage zerstören.

Eine ganz besondere Schildkröte ist Lonesome George  (engl. „einsamer Georg“). Lonesome George war eine Galapagos-Riesenschildkröte der Unterart „Pinta-Riesenschildkröte“, denn jede dieser Inseln hier hat seine eigene Art der Riesenschildkröten. Während früher Schildkröten oft verspeist und als „langanhaltenes Proviant“ mit auf See genommen wurden, versucht man nun seit vielen Jahren diese Arten der Riesenschildkröten, die es nur auf diesem Fleck der Erde gibt, zu schützen. Lonesome George stammte von der Insel Pinta wo er 1971 entdeckt wurde…als einziges noch übrig gebliebenes Exemplar seiner Art. Um diese vor dem Aussterben zu retten, war George bis zu seinem Tod in der Forschungsstation der Charles Darwin Foundation untergebracht und es wurde verzweifelt versucht weltweit in Zoos oder aus privater Haltung ein Weibchen seiner Gattung zu finden…vergebens! Dann versuchte man ihn mit einer artverwandten Dame zu paaren, doch auch das ohne Erfolg. Lonesome George wurde ca. 100 Jahre alt und wog etwa 90 kg. Er starb am 24. Juni 2012 als vermutlich letztes Individuum seiner Unterart.

Nach seinem Tod wurde George im American Museum of Natural History in New York einbalsamiert und ab 2014 ausgestellt. Im Jahr 2017 kehrte George in seine Heimat auf die Galapagos-Insel Santa Cruz zurück. Und da steht er nun vor uns…Lonesome George!

Nach dem Besuch im Darwin-Center machen wir uns mit dem Bus auf zu einem ganz besonderen Ort auf dieser Insel. Ursprünglich hatte ein Bauer sein Stück Land für die Viehwirtschaft genutzt, doch dies stellte er vor einigen Jahren ein. Der Grund: freilebende Riesenschildkröten! Diese gewaltigen Tiere besiedeln in großer Anzahl diese Gegend. Es handelt sich dabei um wilde Tiere, die mal kommen und gehen. Dieses Stück Land scheint ihnen besonders gut zu gefallen und so haben wir die Möglichkeit diese einzigartigen Tiere an diesem Nachmittag in freier Wildbahn zu beobachten…und wieder einmal stört sich niemand an uns Menschen! 🙂

Die Schildkröten werden ca. 100-150 Jahre alt und erreichen ein Gewicht von 200-300 kg. Wir wollen uns auch einmal fühlen wie eine Riesenschildkröte und „schlüpfen“ in einen echten Panzer…so viel sei dazu gesagt…das Gewicht ist ordentlich und in Sachen Bewegungsfreiheit gibt es sicherlich bessere Behausungen. Umso erstaunlicher wie das Leben so einer Riesenschildkröte aussieht.

Dann verlassen wir die Schildkröten wieder und legen auf dem Rückweg noch einen Zwischenstopp an einem Lava-Tunnel ein. Dies ist eine Höhle, dessen Außenwände ausgehärtet sind und durch die flüssige Lava hindurchgeflossen ist. In diesen Tunnel steigen wir hinab und bewundern auch dieses Naturschauspiel. Und an mancher Stelle zwingt es uns sogar wortwörtlich in die Knie…

Unsere letzte Nacht verbringen wir dann im Hotel, bevor es am nächsten Morgen mit dem Flieger zurück nach Guayaquil geht. Was war das doch für eine tolle Zeit auf Galapagos und obwohl wir jetzt nicht die absoluten Vogel-Liebhaber sind, so hat uns die Tierwelt dort vor Ort doch absolut fasziniert. Lange hatten wir überlegt, ob wir diesen Trip überhaupt machen sollen, hatten wir doch zuvor gehört, dass die Inseln unter all den Touristenströmen leiden sollen. Und ja, es gibt dort viele Touristen, die Tagesausflüge machen oder große Schiffe mit 100 Menschen an Bord, die dann gleichzeitig auf die Inseln stürmen. Aber wir haben auch festgestellt, dass die Menschen vor Ort den Tourismus benötigen und gerade die Corona-Zeit hat dort viele Existenzen zerstört. Daher war es für uns genau der richtige Weg eine zusammenhängende Tour auf einem kleinen Boot eines lokalen Anbieters zu buchen. Wir waren nur in unserer kleinen Gruppe unterwegs, konnten mit der Angelito von Ort zu Ort fahren und somit dem Tagestourismus entgehen. Die Angelito stellt ihr eigenes Trinkwasser her und erfüllt die besonderen Auflagen Galapagos‘. Maja und ihre Crew haben uns eine unvergessliche Zeit bescherrt und wir würden jederzeit wieder mit ihr die Inseln erkunden (www.angelitogalapagos.com).

Dann erreichen wir wieder Guayaquil und bleiben zwei weitere Tage bei Franziska und Ronald…denn es gibt mal wieder etwas zu feiern! Franziskas 30. Geburtstag!

Nachdem wir abends in den Geburtstag hineingefeiert haben, machen wir uns am nächsten Tag auf und erkunden einen Nationalpark unweit von Guayaquil. Und da ist sie wieder, die schwüle Luft, die wir noch zu gut aus Panama kennen und zuletzt gegen die kalte Bergluft der Anden eingetauscht hatten. Den Rest des Tages verbringen wir mit Ronalds Familie und erleben wie Geburtstage auf die ecuadorianische Art gefeiert werden.

Dann ist es an der Zeit Abschied zu nehmen von Franziska und Ronald…unser Weg führt uns weiter Richtung Süden.

Etwa zwei Stunden von Guayaquil entfernt gelangen wir plötzlich in eine Polizeikontrolle, bei der ca. 20 Polizisten auf beiden Fahrspuren sämtliche Autos anhalten. Ist der erste Polizist noch nett und fragt freundlich nach Führerschein und Fahrzeugpapieren, kommt plötzlich ein zweiter Polizist dazu, der mit strengem Gesicht auf unseren Riss in der Windschutzscheibe zeigt…mit dem wir ja übrigens schon seit Kanada herumfahren und nie gab es ein Problem. Aber wir wissen, dass auch hier wieder viele korrupte Polizisten unterwegs sind, die nur darauf warten, aus welchem Grund auch immer, ein wenig Geld nebenher zu verdienen. Dieser Polizist möchte nun für sieben Tage unser Auto konfiszieren, in der Zeit müsse die Scheibe repariert werden. Ja das hat uns nun gerade noch gefehlt, wollen wir doch heute noch über die Grenze! Wir bleiben ruhig und rufen Franziska und Ronald an, die sich mit den Gegebenheiten hier vor Ort definitiv besser auskennen als wir. Als wir dem Polizisten mitteilen, dass wir das mal eben mit unserem ecuadorianischen Schwager abklären müssten, dauert es keine zwei Minuten und wir erhalten unsere Papiere zurück und dürfen weiterfahren.

Und dann erreichen wir die Grenze und es heißt: „Adiós Ecuador…hola Peru!“

Reiseberichte Ecuador

Herzlich Willkommen auf 5100 Metern (#063)

1. Oktober 2023

– Cotopaxi, Chimborazo & Co. –

Heute erwartet Euch ein etwas längerer Bericht, denn wir haben einfach so viel erlebt. Also viel Spaß beim Lesen und „Miterleben“! 🙂

Wir verlassen die Hauptstadt Quito und fahren weiter Richtung Süden zum Cotopaxi Nationalpark. Der Cotopaxi ist mit 5897 m der zweithöchste Berg Ecuadors und einer der höchsten aktiven Vulkane der Erde. Obwohl er aktiv ist, ist er der am häufigsten bestiegene Berg des Landes und einer der meistbesuchten Gipfel Südamerikas. Schon aus der Ferne ist der Cotopaxi mit seiner vollen Pracht zu bewundern. Wir befinden uns bereits auf einer Höhe von 3900 m und entscheiden uns an diesem Tag für einen recht einfachen Wanderweg, um uns erstmal weiter zu akklimatisieren. Und so wandern wir entlang der „Laguna de Limpiopungo“ und schauen den Wildpferden beim Grasen zu. Einfach traumhaft!

Unweit des Wanderweges befindet sich auch unser Stellplatz (La Rinconada) für die Nacht. Und auch der kann sich sehen lassen. Mit wundervollem Blick auf den Cotopaxi stehen wir ganz alleine an diesem Ort…hach, was fein!

Wir verbringen gleich zwei Nächte dort und nutzen den „freien“ Tag dazu, um für Euch zu schreiben, die Reise weiter zu planen und zu recherchieren. Langweilig wird uns also noch lange nicht! Nachts wird es dann um die 2 Grad, also holen wir unsere dicke Bettdecke wieder aus der Versenkung und kuscheln uns in unser gemütliches Bettchen.

Ach ja, da war ja auch noch was mit dem „Akklimatisieren“

Was genau bedeutet das eigentlich?

Unter einer Akklimatisation oder auch Akklimatisierung versteht man die individuelle physiologische Anpassung eines Organismus innerhalb seiner genetischen Vorgaben an sich verändernde Umweltfaktoren, wobei diese Anpassung selbst reversibel (umkehrbar) ist. Soweit die Theorie!

Genauer gesagt bedeutet das, dass sich der Körper erstmal an die Höhenlagen gewöhnen muss, da es durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Atemluft anderen Gegebenheiten wir normal unterliegt. Legt man zu schnell zu viele Höhenmeter zurück, droht die Höhenkrankheit. Leitsymptom der Höhenkrankheit sind Kopfschmerzen, dazu kommen häufig Appetitverlust, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Schwäche, Atemnot, Schwindel, Tachykardie, Benommenheit bis zur Apathie, Koma, Tinnitus und Schlafstörungen. Die Höhenkrankheit kann zudem in ein akutes und lebensbedrohliches Höhenhirnödem übergehen, oder auch kann sich ein ebenfalls lebensgefährliches Höhenlungenödem bilden. Die Höhe beim Auftreten erster Symptome ist individuell verschieden und stark konstitutionsabhängig, sehr selten kann eine Höhenkrankheit bereits zwischen 2000 und 2500 m auftreten. Neben der erreichten Höhe sind weitere starke Risikofaktoren für das Auftreten einer Höhenkrankheit ein Aufstieg von mehr als 625 Meter pro Tag ab 2000 Meter und eine fehlende vorherige Akklimatisation mit weniger als fünf Tagen über 3000 Meter in den vorausgegangenen zwei Monaten. Frauen sind häufiger betroffen, ebenso jüngere Menschen unter 46 Jahren sowie Menschen, die an Migräne leiden. Fehlende Fitness ist kein Risikofaktor für die Höhenkrankheit.

Um dies zu vermeiden, sind wir in den letzten Wochen langsam aber stetig höher gefahren und haben uns jeweils an die neue Höhenlage gewöhnen können. Dennoch sind wir aufgrund des geringeren Sauerstoffgehalts in der Atemluft bereits bei kleinen Anstrengungen wesentlich schneller außer Atem und haben in normalen Alltagssituationen immer wieder das Gefühl nicht genug Sauerstoff einzuatmen. Auch das Schlafen fällt uns schwerer. Besonders ich liege ab einer Höhe von ca. 3300 m nachts oft wach und habe das Gefühl von Atemnot. Also alles schööön laaangsaaam!

Wir sind mittlerweile so richtig in den Anden angekommen. So leben hier in den Bergen quasi ausschließlich Menschen der indigenen Bevölkerung und ihre Lebensweise ist eher einfach und tradtionell gehalten. Wir sind überrascht mit welch einfachen Mitteln und bis zu welcher Höhe (teilweise auch an so richtig steilen Abhängen) hier auf den Bergen Landwirtschaft betrieben wird. Hier werden u.a. auch Lamas und Alpakas als Nutztiere gehalten und in der Natur begegnen uns mittlerweile tatsächlich auch freilaufende Exemplare dieser beiden Gattungen. Wir sind also gespannt, was uns hier in der Höhe noch so erwarten wird.

Dann geht es für uns weiter nach Quilotoa, denn auch hier gibt es eine wunderschöne Lagune zu bewundern. Auf dem Weg entdecken wir, dass der Wind, den auch wir letzte Nacht bemerkt haben, anscheinend etwas mehr als nur ein „Windchen“ war, als wir an vielen umgestürzten Bäumen vorbeikommen. Dann erreichen wir Quilotoa. An einem Hostal dürfen wir über Nacht parken und wenn wir dort zu Abend essen, ist Parkplatz samt Dusche auch kostenlos. Alles klar, wird gemacht! Zuvor gilt es aber noch die Lagune zu erkunden. Und wir werden nicht enttäuscht…

Anschließend kehren wir für eine kleine Stärkung in ein tradtionelles Familienrestaurant ein und probieren landestypische Empanadas…auch sehr lecker und ganz anders als die Empanadas in Mexiko!

Nach einer wiederum recht windigen Nacht mit wenig Schlaf (ja, diese Höhe!) geht es am nächsten Morgen weiter auf unserer Route…noch immer die Panamericana, wohlgemerkt. Es gehört schon fast zur Normalität, dass wir Unmengen an Straßenhunden begegnen, die u.a. nur darauf warten, dass Autofahrer etwas zu fressen aus dem Auto werfen. Auch mit vielen weiteren Tieren machen wir hier am Straßenrand Bekanntschaft, ob Esel, Schafe, Schweine, Hühner, Gänse, Pferde, Rinder, Ziegen, Lamas, Alpakas…alles dabei! Und Fußgänger sind auch immer reichlich unterwegs.

Nachdem wir mit dem Cotopaxi am zweithöchsten Berg Ecuadors waren, ist nun der Höchste dran…der Chimborazo! Der inaktive Vulkan Chimborazo ist mit 6263 m Höhe über dem Meeresspiegel der höchste Berg in Ecuador. Dadurch ist der Gipfel des Chimborazo wegen seiner Nähe zum Äquator der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernte Punkt auf der Erdoberfläche. Zudem ist er der nördlichste Sechstausender Südamerikas und höher als alle nördlicheren Berge Amerikas. Also die Landschaft ist wieder einmal traumhaft und bereits von Weitem sehen wir diesen gewaltigen Vulkan emporragen. So was von schön, sage ich Euch! Wir erreichen wieder einen schönen Stellplatz, den „Volcano View Campground“, der seinem Namen alle Ehre macht.

Auch diese Nacht läuft schlaftechnisch eher wieder suboptimal ab, denn noch immer befinden wir uns auf einer Höhe von 3800 m. Aber davon lassen wir uns nicht abschrecken, denn heute wollen wir uns den Chimborazo mal aus der Nähe anschauen und das bedeutet, es geht noch weiter in die Höhe! Es gibt einen Parkplatz auf 4800 Metern. Da wollen wir mit Sprinti hin! Und wir hoffen, er schafft es! Denn es wird nicht nur für den Menschen die Luft hier oben dünn, sondern auch bei den Fahrzeugen macht sich das bermerkbar. Mit abnehmendem Luftdruck sinkt die Leistung, was dazu führen kann, dass das Auto in der Höhe einfach ausgeht oder auch nicht mehr anspringt. Bei einem Diesel-Fahrzeug soll dies noch gravierender sein als bei einem Benzin-Motor. Das war für uns auch ein triftiger Grund, warum Sprinti ein Benziner sein sollte. Und er schlägt sich tapfer! Der Himmel ist blau und berscherrt uns eine atemberaubene Sicht auf diesen riesigen Vulkan mit seiner schneebedeckten „Haube“…einfach toll! Die Landschaft hier oben wird immer karger, die Baumgrenze liegt schon lange hinter bzw. unter uns, die Straßen sind ebenfalls nicht mehr geteert und ein Schlagloch jagt das Nächste. Eine Herde Alpakas und ein Andenschakal säumen unseren Weg. Ansonsten herrscht hier Stille! Und wir schwitzen Blut und Wasser, ob wir ohne Zwischenfall oben ankommen. Dann ist es geschafft! Ganz souverän meistert Sprinti die 4800 Meter und hat damit quasi die Spitze des Mont Blancs erreicht. Meeega, Sprinti!

Nachdem Sprinti nun sein Soll erfüllt hat, sind nun Peter und ich an der Reihe! Wir wollen hoch auf 5000 m…und wenn es gut läuft schaffen wir vielleicht auch die 5100 m. Aber schon jetzt merken wir wie die dünne Luft uns zu schaffen macht, hat sie doch nur noch einen Sauerstoffgehalt von rund 50%. Langsam, Schritt für Schritt, machen wir uns auf. Und so handhabt es an diesem Tag jeder der anderen Wanderer, anders hat man auch keine Chance. Einige entscheiden sich sogar dafür den Weg hoch zu Ross zurückzulegen. Abgesehen davon, dass wir den Pferden auch nicht zu viel mit uns beiden zumuten wollen, Peters Beine würden bei den kleinen Andenpferden hier womöglich über den Boden schleifen, wollen wir das Ziel wie immer selbst und zu Fuß erreichen. Mit jedem Meter merken wir, wie der Druck im Kopf steigt. Wir legen viele Pausen ein, trinken viel Wasser und verschnaufen ein wenig. Dann haben wir unser erstes Etappenziel erreicht…die 5000 Meter! Wer allerdings nicht mitspielt, ist der Chimborazo, der sich mittlerweile hinter einer dicken Wolkendecke versteckt…hey Chimbo, was ist denn da los?!

Nun hat uns der Ehrgeiz gepackt! Auf 5100 Metern soll es eine schöne Lagune geben…also los, das schaffen wir jetzt auch noch! Gesagt, getan! Wir erreichen an diesem Tag ziemlich aus der Puste und mit müden Beinen tatsächlich die 5100 Meter und sind damit so weit vom Erdmittelpunkt entfernt wie noch nie. Dafür nehmen wir doch einfach mal sämtliche Schnappatmung in Kauf! Hat nicht jemand etwas von einer Langune hier oben erzählt?! Ja Pustekuchen, nicht an diesem Tag! Heute herrscht hier absolute Dürre…hey Chimbo, was ist denn da los?! Aber die Aussicht ist trotzdem der Knaller! Auch wenn weder Chimbo noch eine Lagune zu sehen sind. Wie heißt das so schön: „Egal, Carl!“ Wir genießen nichtsdestotrotz die mega Aussicht und freuen uns darüber, dass wir Chimbo bei der Fahrt hier hoch bei blauem Himmel bestaunen konnten. Ecuador, Du überrascht uns erneut mit Deiner atemberaubenen Landschaft!

Der Weg hinunter ist dann eine recht schnelle Geschichte und wir freuen uns atemtechnisch sehr über jeden Höhenmeter weniger. Unten an der Hütte schmeckt der heiße Kakao nach „getaner Arbeit“ besonders gut.

Wir fahren weiter…und plötzlich ruft Peter: „Guck mal!“ Und da sind wir wieder…an der ältesten Kirche Ecuadors! Genau hier hatten wir bereits im Juni einen Zwischenstopp eingelegt, als wir mit Peters Familie einen kleinen Roadtrip durch Teile Ecuadors gemacht haben (s. dazu Artikel „Ein Abstecher nach Ecuador… #053“). Und nun kreuzen sich genau hier unsere Wege. Und auch heute noch reiht sich hier eine Essensstand neben dem nächsten an dem Meerscheinchen gegrillt werden. Hier Tradiotion, unser Fall ist es allerdings nicht so…das lassen wir lieber!

An diesem Tag erreichen wir noch die Stadt „Alausi“, wo wir einen netten Platz am „Killa Wasi Hostel“ bekommen. Hatte ich erwähnt, dass es bereits seit Kolumbien wahnsinnig viele deutsche Schäferhunde gibt? Auch an diesem Platz sind zwei zu Hause…und ein Schaf mit Schlappohren gibt es auch. Wir befinden uns mittlerweile wieder auf 2300 m, was sich um einiges besser anfühlt und eine geruhsame Nacht verspricht. Yippieh!

Am nächsten Tag machen wir uns auf in den Ort, denn es ist Markttag und das meist bunte Treiben wollen wir uns mal genauer anschauen. Es ist Sonntag und das bedeutet für die Menschen hier, dass sie, nachdem sie die ganze Woche auf dem Feld gearbeitet haben, nun aus den Bergen hier in die Stadt kommen, um für ein paar Dollar ihre Waren zu verkaufen. Da dort Autos, die viel transportieren können rar gesäht sind, werden die Menschen mit sogenannten „Truck-Taxen“ abgeholt oder sitzen selbst gar auf der Ladefläche kleiner LKWs.

Wir sind weit und breit die einzigen Touristen und das, obwohl der Ort Alausi eigentlich für den Tourismus bekannt ist. Bekannt ist auch der historische Zug, der durch Alausi fährt, doch der ist gerade außer Betrieb. Der ganze Ort wirkt irgendwie traurig. Ist Covid der Grund? Wir kraxeln hoch auf einen Hügel mit einer großen Jesus-Statue und haben von oben einen weiten Blick über die Stadt. Und dann sehen wir den Grund für die gefühlte Traurigkeit…am Berg gegenüber hat es einen ziemlichen Erdrutsch gegeben. Wir finden heraus, dass es, aufgrund starker Regenfälle, bereits im März tatsächlich zu einem heftigen Erdrutsch gekommen ist. Dabei war ein riesiger Teil des Berges auf ein Wohnviertel der 45.000-Einwohner Stadt gestürzt. Die Schlammmassen erfassten mehr als 160 Häuser und nach Angaben der Katastropenschutzbehörde waren insgesamt 850 Menschen von dem Unglück betroffen. Die Bergungsarbeiten gestalteten sich äußerst schwierig. Unterstützt von Suchhunden durchsuchten Anwohner und Rettungskräfte die Trümmer. Dabei gruben sie teils mit bloßen Händen in den Schlammmassen. Bei dem Unglück kamen 27 Menschen ums Leben und viele werden auch heute noch vermisst.

Dann führt uns unser Weg weiter Richtung Süden und wieder fahren wir durch eine wunderschöne Berglandschaft. Das äußerst steile Auf und Ab fordert alles von Sprinti und wir sind uns sicher, diese Steigungen hätten in Deutschland keine TÜV-Prüfung bestanden. Glücklicherweise macht Sprinti das bisher super mit!

Dann erreichen wir die Stadt Cuenca, die mit rund 330.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Ecuadors. Wir dürfen recht zentral auf einem Campingplatz, der eigentlich eher einer Einfahrt eines Hauses gleicht, parken und dürfen die Gästedusche nutzen. Wie offensichtlich zu erkennen ist, scheint der Besitzer zu der Kategorie „Sammler“ zu gehören. Auch hier werden wir wieder von einer ganz bestimmten Hunderasse begrüßt…dieses Mal sogar drei an der Zahl.

Ehrlich gesagt sind wir aber dieses Mal ein wenig unmotiviert eine große Tour durch die Stadt zu machen. Vielleicht liegt es daran, dass wir momentan mit neuen Eindrücken gefühlt einfach überladen werden. Also gibt es eine sehr abgespeckte Sightseeing-Variante. Wir fahren mit dem Taxi in die Stadt und erkunden die Hauptattraktionen. Dabei entdecken wir viele kleine schöne Innenhöfe und auch eine „Chocolateria“…für mich ja wie das Paradies 🙂 . Es fängt an zu regnen, für uns das Zeichen, wir sollten irgendwo einkehren…und das tun wir dann auch…und zwar in einer kleinen Brauerei mit Restaurant…na klar, in einem Innenhof!

Am nächsten Tag stehen ein paar Erledigungen und auch mal wieder eine Wäsche für Sprinti an. Egal ob man den Wagen selber wäscht oder ihn waschen lässt, seit Mexiko gibt es an Waschstationen (Waschstraßen wie in Deutschland gibt es nicht) tatsächlich keine Leitern, d.h. unser Auto wird immer nur bis zur Dachkante gewaschen…wenn die Personen, die so nett sind unseren Sprinti zu säubern, klein sind und das ist hier ja quasi jeder, ist selbst die Dachkante in weiter Ferne. Heute waschen wir selber, aber eine Leiter ist auch hier nicht in Sicht…also wieder nur bis zur Dachkante…sorry, Sprinti!

Dann zieht es uns wieder raus aus der Stadt, rein in den nächsten Nationalpark…den Cajas Nationalpark! Die hügelige Landschaft bietet eine Tundravegetation und besitzt ungefähr 270 Seen und Lagunen. Das klingt doch schon mal vielversprechend! Glücklicherweise liegt der Nationalpark nur wenige Kilometer von Cuenca entfernt, wenn auch die Straßenbedingungen innerhalb des Parks doch ein wenig Zeit schlucken. Aber die Landschaft ist schon mal traumhaft…

Auf 3197 Metern gibt es einen Parkplatz, auf dem wir übernachten dürfen. Sehr schön! Der Parkplatz gehört zu einer Lagune und die wollen wir an diesem Tag noch umwandern. Das Wetter spielt mit, also los geht’s! Und so wandern wir an diesem Nachmittag durch diese tolle Natur und bekommen lediglich Gesellschaft von einer Herde Lamas und einer Herde Wildpferde…so schön, sage ich Euch!

Das ist doch alles schon mal sehr nach unserem Geschmack und so geht es am nächsten Tag weiter zu einem weiterem Punkt im Park. Auch dieser Weg kann sich sehen lassen. Wir schauen auch nicht schlecht, als plötzlich eine Herde Lamas die Straße kreuzt…wir sind definitv in den Anden angekommen!

Vor dem Visitor Center können wir parken und dürfen auch über Nacht bleiben. Von hier startet auch unser Wanderweg…sehr praktisch. Wir befinden uns auf 4000 m Höhe und direkt an der Wasserscheide, d.h. an der einen Seite des Berges fließt das Wasser hier in den Atlantik, an der anderen in den Pazifik. Wir wandern los und sind sofort umgeben von einer traumhaften Landschaft, in der auch Pumas zu Hause sind und bei der sich eine Lagune an die andere reiht. Auch wenn es so schön hier ist, merke ich schnell, es ist heute einfach nicht „mein Wandertag“. Die 4000 m machen mir zu schaffen und die Beine sind schwer. Am liebsten würde ich kehrt machen und einen Chill-Tag einlegen. Allerdings sind wir nun mal nur jetzt hier, also heißt es „Zähne zusammenbeißen“ und weiter geht’s…auch wenn ich ehrlich gesagt an manchen steilen Stellen schimpfe wie ein Rohrspatz. Wir laufen über Stock und Stein, durchqueren einen dichten Wald mit Höhlen und Baumarten, die wir zuvor noch nie gesehen haben. Wir klettern auf Felsen und sehen in der Ferne dutzende Lagunen…eine schöner als die Andere.

Dann, mein Highlight! Als es wieder einmal bergauf geht, erreichen wir ein Plateau auf dem eine ganze Herde Lamas grast…direkt vor uns. Glaubt mir, auch sie sind überrascht uns zu sehen, ist hier doch außer uns keine Menschenseele unterwegs. Wir lassen die Herde erst ein wenig vorbeiziehen…schließlich wollen wir ja nicht, dass sie ihre Geheimwaffe gleich einsetzen und einen Spuckangriff auf uns starten…nee, bitte nicht! Allerdings scheinen sie gerade weit weg vom Spuckangriff zu sein, grasen sie doch ganz friedlich und entspannt. Ein Problem haben wir allerdings…mittlerweile versperren sie uns unseren kleinen Wanderpfad…eine Alternative haben wir nicht, wir müssen da entlang. Also heißt es quer durch die Herde…und zwar ganz nah! Das Filmen oder Fotografieren habe ich in dem Moment mal eingestellt, als Peter und ich mit Gänseschritten an den Lamas vorbeiwaten, immer vorbereitet auf…Ihr wisst schon…den Spuckangriff! Aber ich kann Euch beruhigen, wir bleiben verschont und ernten nur ein paar verwunderte, aber dennoch relaxte Lama-Blicke. Puuhh!

Dann endlich erreichen wir wieder unseren Ausgangspunkt…wir haben es geschafft! Wir legen noch einen kurzen Stopp am Visitor Center ein, in dem es eine Ausstellung über die Gegend und ihre Menschen gibt und dann ist erstmal eine Stärkung im angrenzenden Restaurant angesagt.

Dann endlich sind wir zurück bei Sprinti und glaubt mir, an diesem Tag bin ich besonders froh darüber 🙂 ! Die Nacht wird dann mit 0 Grad ganz schön frisch und auf dieser Höhe mal wieder nicht so sehr erholsam, aber was soll’s?! Dafür geht es am nächsten Morgen schon früh wieder los…raus aus den Bergen, hin nach Guayaquil, wo Peters Schwester Franziska und Ihr Mann Ronald schon auf uns warten.

Von da aus starten wir dann in ein neues, ganz besonderes Abenteuer.

Mehr dazu beim nächsten Mal!

Seid also gespannt…