– Viele Kilometer durch Chile und Argentinien –
Nachdem es uns im Ischigualasto Provincial Park und im Talampaya Nationalpark mit knapp 40 Grad Celsius (draußen wohlbemerkt) doch ein wenig heiß war, machen wir uns wieder auf in den etwas kälteren Süden Argentiniens. Auch hier kann sich die Landschaft wieder sehenlassen…
Dann erreichen wir die ca. 100.000 Einwohner-Stadt San Juan, die tatsächlich zu den ältesten Städten Argentiniens gehört. Sie wurde 1561/1562 von Juan Jufré in einem benachbarten Tal gegründet. 1594 wurde die Stadt allerdings wegen eines Hochwassers zum jetzigen Standpunkt verlegt. In der Kolonialzeit gehörte San Juan zeitweise zu Chile, mit der Unabhängigkeit fiel es aber endgültig an Argentinien. Traurige Bekanntschaft erhielt San Juan als 1944 ein verheerendes Erdbeben die Stadt verwüstete, 90 % der Gebäude zum Einsturz brachte und dabei 10.000 Menschen starben. Wir schlendern ein wenig durch die Stadt und besuchen dann auch das Erdbebenmuseum San Juans. Seitdem wir in Argentinien sind und auch in Teilen von Chile, bekommen wir fast täglich neue Erdbebenwarnungen aufs Handy. Teilweise sind sie nur fünf Kilometer entfernt oder erreichen eine 4 auf der Richterskala. Bisher hatten wir Glück, dass die Beben entweder weit genug in der Ferne oder ausreichend tief unter uns stattgefunden haben, so dass wir noch keine Erdbeben spüren konnten. In dem Museum gibt es auch einen Raum, in dem der Boden so wackelt und damit eine Erdbebensituation simuliert. Um eine solche Situation besser einschätzen zu können, hätten wir diesen Raum gerne besucht, allerdings ist er an diesem Tag geschlossen.
Am nächsten Tag fahren wir weiter…auf unserer Route Richtung Süden. Und dann ist es soweit…Sprinti erreicht seine 200.000 Kilometer-Marke! Zugegebenermaßen hätten wir die Anzeige zur Feier des Tages mal putzen können, aber das sah in der Realität gar nicht so dreckig aus wie auf dem Foto und bei diesem ganzen Staub hier auf den Straßen ist das eh ziemlich sinnbefreit 🙂 ! Wenn wir uns überlegen, dass wir den Wagen vor vier Jahren mit 117.858 Kilometern gekauft haben, dann ist da nun doch einiges dazu gekommen. Wir hoffen, dass Sprinti das noch lange mit uns mitmacht!
Dann erreichen wir den Grenzort Uspallata, in dem wir auf dem Campingplatz der Gemeinde für 2 Euro die Nacht stehen dürfen. Auf diesem Platz haben wir alles was wir brauchen und so bleiben wir drei Tage. Dabei treffen wir zufällig auch alte Reisebekannte wieder. Allerdings befindet sich dieser Platz im Wald und der Wind pfeifft ordentlich, so dass durchaus Erinnerungen an unseren Stellplatz in Mendoza aufkommen, wo wir ja nur knapp der herabfallenden Baumkrone entkommen sind (s. dazu Artikel „Jetzt also Argentinien…#071“). Aber wir haben Glück und alles geht gut!
Nach ein paar Tagen geht es für uns dann wieder Richtung chilenische Grenze, allerdings nicht, ohne zuvor noch den ein oder anderen Stopp einzulegen. So erreichen wir auch die „Puente del Inca“, eine durch Wassererosion entstandene natürliche Brücke. Das Thermalmineralwasser zementierte das Gebiet mit einer eisenhaltigen Hülle, die ihm seine merkwürdige Form und Farbe in Orange-, Gelb- und Ockertönen verlieh. In der Kolonialzeit war diese Strecke eine obligatorische Passage für Reisende und Kuriere nach Chile und für die Andenarmee im Feldzug von 1817. Auf der Höhe der Brücke, am rechten Flussufer, befinden sich fünf heiße Quellen gleichen Typs, jedoch mit unterschiedlichen Salzbestandteilen und Temperaturen zwischen 33 und 38 °C. Ihre Namen lauten Venus, Mars, Saturn, Merkur und nicht etwa Pluto oder Jupiter, sondern schlichtweg „Champagner“. Es wird angenommen, dass das Wasser heilende und stresslindernde Eigenschaften hat. Im Jahr 1925 wurde daher auch das „Hotel Puente del Inca“ erbaut, in dem die bedeutendsten Persönlichkeiten der Zeit verkehrten. Jedes Zimmer verfügte über ein eigenes Thermalbad. Im Jahr 1965 wurde das Hotel dann durch die häufigen Lawinen, die einige Zeit zuvor den transandinen Zugverkehr lahmgelegt hatten, vollständig zerstört und nur die kleine Kolonialkapelle, in der sich das Personal und die Besucher vorübergehend niederließen, blieb erhalten.
Dann geht es für uns weiter zum nächsten Hightlight auf dieser Strecke, denn nur ein paar Meter weiter befindet sich der Aconcagua, ein Berg mit bis zu zehn Kilometer langen Gletschern. Der Aconcagua ist mit 6961 m der höchste Berg Amerikas und auch der höchste außerhalb Asiens. Haben wir doch auf dieser Reise in Alaska schon den Denali besucht, mit 6190 m der höchste Berg Nordamerikas (s. dazu Artikel „Alaska…Teil 1 #016“), so erreichen wir nun diesen Giganten.
Zeit zum Wandern nehmen wir uns an diesem Tag allerdings nicht, denn wir wollen heute noch die Grenze nach Chile überqueren. Wenn man es genau nimmt, liegt die Landesgrenze zwischen Chile und Argentinien mitten in einem Tunnel und erst dahinter befinden sich die jeweiligen Grenzstationen. Wir befinden uns nämlich wieder einmal mitten in den Anden und müssen eben diesen Pass überqueren. Es ist der gleiche Grenzübergang wie beim letzten Mal und auch jetzt läuft das Prozedere schnell und reibungslos ab. Noch dazu haben wir Glück, dass wir einen netten Grenzbeamten erwischen, der sich für uns um alles kümmert und die Hunde, die unerlaubte Lebensmittel in den Fahrzeugen erschnüffeln, bleiben als wir an der Reihe sind, in ihren Käfigen. Wenn der Pass über die Anden auch durchaus wieder eine Herausforderung ist, so ist die Landschaft doch umso schöner.
Unser Weg führt uns in Chile direkt wieder in die Hauptstadt Santiago, denn dort gibt es noch das ein oder andere zu erledigen. Dieses Mal haben wir einen Stellplatz etwas außerhalb der Stadt, auf einem Berg gelegen, und treffen dort…na klar…auch wieder alte Bekannte.
Schon nach zwei Tagen machen wir uns wieder auf den Weg und lassen Santiago hinter uns. Es ist bereits Dezember und unser Plan ist es ja Silvester das Ziel unserer Reise zu erreichen…Ushuaia in Feuerland…die südlichste Stadt der Welt! Also heißt es fahren was das Zeug hält, ohne die schönen Dinge, die auf dem Weg liegen, zu vernachlässigen. So fahren wir an einem Tag rund 850 Kilometer und erreichen die Stadt Valdivia…und damit auch Patagonien, der letzte Abschnitt bis zu unserem Ziel. Allerdings liegen bis dahin auch noch ein paar Tausend Kilometer vor uns. Uns fällt auf jeden Fall schon mal auf, dass die Landschaft hier wieder wesentlich grüner wird, es gibt wieder Bäume und viele Blumen blühen. Für uns fühlt es sich nach den vielen Steppen und Wüsten an, als wenn nach dem Winter nun der Frühling innehält und alles wieder zum Leben erweckt. Hach, einfach schön!
Valdivia ist eine Stadt im Süden Chiles, ungefähr 15 Kilometer vom Pazifik entfernt und hat etwa 150.000 Einwohner. Ab 1846 siedelten in der Region vor allem deutsche Einwanderer. Dies verhalf der Stadt seit etwa 1850 zu Bevölkerungswachstum und Wirtschaftsaufschwung. Es entstanden die erste Brauerei Chiles (Cervecería Anwandter), das erste Stahlwerk, Waggonbauindustrie, Holzverarbeitungs- und Lederwarenbetriebe, Werften sowie „Valdivia’s Deutsche Zeitung“. Die Isla Teja bildete dabei das Zentrum der deutschen Einwanderer und erhielt 1939 eine Brücke als feste Verbindung zur Stadt. Und auch wir entdecken im Stadtzentrum eine deutsche Schule, die auch heute noch als Lehranstalt dient. 1909 wurde Valdivia bei einem Großbrand stark zerstört. Weitere Rückschläge erlitt die Stadt durch schwarze Listen gegen die deutschchilenischen Industriellen während beider Weltkriege. Am 22. Mai 1960 wurde die Stadt vom bisher stärksten gemessenen Erdbeben der Welt und von einem Tsunami getroffen (Großes Chile-Erdbeben). Das Beben hatte eine Stärke von 9,5 auf der Momenten-Magnituden-Skala. 40 % der Gebäude der Stadt wurden zerstört. Der Grund Valdivias sank dabei um zwei Meter ab, was zur Aufgabe vieler Industrien am Flussufer und auf der Isla Teja führte.
Wir erwischen einen kleinen Campingplatz, der eigentlich wieder eher dem Garten eines Mehrfamilienhauses gleicht und direkt an den Fluss grenzt. Von hier aus können wir unsere Einkäufe erledigen und auch ein Waschsalon ist nicht weit.
Was aber auch nicht fehlen darf, wenn wir schon mal in Valdivia sind, ist der Besuch der in Chile und Argentinien sehr bekannten Brauerei Kunstmann. Die deutsch-chilenische Familie Kunstmann baute in Valdivia-Collico bereits seit dem Ende des 19. Jahrhunderts eine Getreidemühle, eine Brennerei und eine Hefefabrik auf. Nachdem die 1851 gegründete Anwandter-Brauerei beim großen Erdbeben 1960 zerstört worden war, begann die Familie Kunstmann in den 60er Jahren mit der Bierproduktion und das gemäß des Deutschen Reinheitsgebots. Seit 1997 wird das Bier nun auch verkauft. Also ab zur Brauerei Kunstmann, sage ich nur!
Als nächstes wollen wir uns auf den Weg machen zur Insel Chiloé, um die nächsten Tage dort zu verbringen. Aber unsere Pläne werden spontan durchkreuzt, als wir erfahren, dass eine der Fähren kaputt ist und somit alle weiteren restlos überfüllt sind. Also disponieren wir um und entscheiden uns, Patagonien als erstes von der argentinischen Seite zu erkunden. Da Südamerika auf dieser Höhe immer schmaler wird und noch immer die Anden zwischen beiden Ländern liegen, sind nicht alle Gegenden von beiden Seiten erreichbar. Daher ist es normal, dass hier zwischen den Ländern des öfteren hin und her gewechselt wird. Und somit heißt es für uns nach fünf Tagen Chile wieder „Goodbye“ zu sagen. Lief der letzte Grenzübergang doch noch schnell und reibungslos ab, so gestaltet sich das an diesem Tag ein wenig anders. Was wir zuvor nicht wussten, dass am Freitag Feiertag ist und somit den Einheimischen ein langes Wochenende bevorsteht. Heute ist Donnerstag und so verbringen wir 5,5 Stunden an der Grenze bis wir endlich wieder argentinischen Boden betreten.
Nach zehn Minuten Fahrt sind wir dann allerdings schon wieder besänftigt als wir diese wunderbare Landschaft zu Gesicht bekommen…die Landschaft Patagoniens!
Aber dazu beim nächsten Mal mehr!
Kommt gut ins neue Jahr, Ihr Lieben! Auf ein grandioses Jahr 2024!
3 Comments
Ein wichtiger Satz: „wir haben Glück, und alles wird gut“ !
Das wünschen wir euch weiterhin. Bleibt beschützt!
Eine gute Zeit am Südpol!
Alles Gute für das neue Jahr 2024 wünschen euch Wolfgang und Karin
Diesmal melde ich mich etwas verspätet; die Route war diesmal wirklich schön und nicht so eintönig und vermüllt wie manche Wege in den vergangenen Monaten dort in Südamerika.
Für die Wünsche zum neuen Jahr war diesmal Karin zuständig; ich kümmere mich heute mal um Körper und Technik: bleibt gesund und möge Sprints weiterhin tapfer durchhalten.
Herzliche Grüße