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Reiseberichte Uruguay

Uruguay (#082)

14. April 2024

– Strand, Wein, Regen und Rodeo –

An dem kleinen Grenzübergang Chuy verlassen wir Brasilien und betreten Uruguay.

Chuy ist dabei der Ort, der durch die Grenze getrennt ist. Der brasilianische Ortsteil schreibt sich dabei „Chui“, der uruguayische hingegen „Chuy“. So trennt lediglich eine Straße den Ort und somit auch die beiden Länder. Die Straße hat in jede Richtung nur eine Spur. Die eine liegt in Brasilien und heißt „Avenida Uruguay“ und die andere Spur liegt in Uruguay und heißt „Avenida Brasil“. Als wir durch den Ort fahren, um Geld zu wechseln und uns mal wieder neue SIM-Karten zu besorgen, überqueren wir fast versehentlich diese besagte Grenzstraße und hätten beinahe wieder in Brasilien gestanden. Die Einheimischen Chuys scheinen hier hingegen eine spezielle Regelung zu haben, denn auf dieser Straße mitten im Zentrum fährt und läuft alles hin und her…ein ziemliches Gewusel, sag ich Euch!

Uruguay ist mit seinen knapp 3,44 Mio. Einwohner das kleinste spanischsprachige Land in Südamerika. Mit einer Fläche von 176.215 Quadratkilometern (davon rund 2.600 Quadratkilometer Wasserfläche) ist es dabei etwa halb so groß wie Deutschland und grenzt im Norden an Brasilien, im Osten an den Atlantischen Ozean, im Süden an den Río de la Plata und im Westen (durch den Río Uruguay getrennt) an Argentinien. Die Küste Uruguays erstreckt sich über 660 km und genau die fahren wir erstmal entlang. Direkt im Nationalpark Santa Teresa begrüßt uns das Land mit traumhaften Stränden. So finden wir auch schnell ein schönes Plätzchen, an dem es sich gut aushalten lässt. Auch Capybaras, sogenannte Wasserschweine und die größten Nagetiere der Welt, sind in dieser Gegend mit von der Partie.

Und so hangeln wir uns in den nächsten Tagen immer weiter die Küste entlang und entdecken einen schönen Strand nach dem anderen. Dabei stellen wir fest, dass auch die Uruguayer ihre Strände lieben und sich gerade viele ältere Menschen unter der Woche am Strand aufhalten und ihre Zeit dort genießen. Auch das Surfen ist hier hoch im Kurs…das allerdings eher bei den jüngeren Menschen. Neben all den schönen Stränden ist bei uns auch Arbeit angesagt, denn irgendetwas fällt ja immer an und so greift Peter mal wieder zu seinem Lötkolben (ich muss gestehen, dass hört sich durchaus merkwürdig an, wenn ich das so schreibe). So zum Ende unserer Reise liegen auch viele organisatorische Dinge an, die es zu erledigen gilt. So ist es an der Zeit nun unseren Container, indem Sprinti per Schiff nach Hause transportiert werden soll, fest zu buchen. Noch immer suchen wir zwar nach Container-Buddys, aber somit haben wir den Container und damit auch den Termin für die Verschiffung schon einmal sicher. Danach können wir somit auch unsere Rückflüge buchen. All das ist durchaus zeitintensiv, weil viele Faktoren und Eventualitäten eine Rolle spielen und berücksichtigt werden müssen. Das allerdings in dieser Umgebung zu erledigen, entschädigt einfach für alles!

Nach einigen Tagen verlassen wir den Nationalpark Santa Teresa wieder, allerdings nicht ohne vorher noch unseren Wassertank bei der Park-Feuerwehr aufzufüllen.

Unser erster Eindruck von Uruguay ist wirklich positiv. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit, die Infrastruktur und die Straßen sind sehr gut und wir freuen uns, dass wir nun wieder Spanisch und nicht mehr Portugiesisch sprechen können. Nach der Ankunft europäischer Siedler (ab dem 17. Jahrhundert) entwickelten sich die von den Spaniern ausgesetzten Pferde und Rinder auf den weiten Grasfluren der Pampa (ja, hier im Südosten des Kontinents liegt sie wirklich, DIE Pampa) zu großen Herden, die die Grundlage für den wirtschaftlichen Reichtum des Landes bildeten. Die indianischen, Guaraní sprechenden Ureinwohner (Charrúas, Guanaes, Yaros, Chanaes), die als Jäger und Sammler lebten, sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte ausgerottet worden. Das frühe 19. Jahrhundert war vor allem von Kämpfen gegen die Argentinier und Brasilianer geprägt, die das Land diverse Male annektieren wollten. Uruguay gehört heute zu den stabilsten, demokratischsten und wohlhabendsten Ländern in Lateinamerika. Die politische und wirtschaftliche Transformation hat in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht. Von lokalen Leuten erfahren wir allerdings auch, dass in den letzten Jahren die Preise im Land z.B. für Lebensmittel ziemlich angestiegen sind, nicht aber die Löhne, was es für die Menschen im Alltag schwieriger werden lässt. Auch uns fällt der Preisanstieg im Gegensatz zu den Ländern Argentinien und Brasilien beim Einkaufen auf, befinden wir uns doch fast auf dem deutschen Preisniveau. Auch der Sprit ist hier um einiges teuerer als in den vorherigen Ländern. Dennoch machen die Menschen hier einen glücklichen Eindruck und profitieren von einer politischen Stabilität.

In den nächsten Tagen fahren wir weiter die Küste entlang Richtung Südwesten (s. dazu unsere Route) und entdecken weitere Strände und Orte Uruguays. Wir stellen dabei fest, dass Uruguay ein sehr grünes Land ist…hier grasen die Kühe auf Wiesen unter Palmen und überall wächst tatsächlich Schilf. Letzteres erklärt auch, warum wir viele Häuser mit Reetdächern sehen. So langsam kommen wir Sprintis Ziel, Montevideo, immer näher. Glücklicherweise hat sich Sprintis Motorleuchte bislang nicht noch einmal gemeldet (s. dazu Artikel „Brasilien und die größten Wasserfälle der Welt #081“) und so sind wir ganz optimistisch, dass wir die restlichen Kilometer nun auch noch ohne weiteres gemeinsam schaffen! Die letzte Etappe unserer Reise hat begonnen!

Wir machen uns auf nach Atlantida, ein Ort etwa 50 Kilometer vor Montevideo. Etwas außerhalb fahren wir zum Platz La Chacra Holandesa, ein kleines Stück Land, auf dem sich zwei holländische Auswanderer niedergelassen haben. Neben Jan und Marieke, fünf Hunden, Rindern, Pferden und Hühnern, treffen wir auch auf deutsche Auswanderer und holländische Reisende. Hier auf dem Platz ist es an der Tagesordnung, dass um 17 Uhr Feierabend ist, d.h. dann lassen alle ihre Arbeit ruhen und setzen sich auf ein Weinchen zusammen. Nachdem wir den ganzen Tag über Wäsche gewaschen und erste Vorkehrungen für die Verschiffung getroffen haben, wohnen auch wir der geselligen Runde bei….und das Weinchen schmeckt auch ganz gut 🙂 .

Apropos Weinchen…Uruguay hat tatsächlich einige Weinanbaugebiete und gilt als „aufsteigender Stern im weltweiten Weinanbau“. Und so machen wir uns nach zwei Tagen bei Jan und Marieke auf zum Pizzorno Weingut nördlich von Montevideo. Es ist Montag und als wir das Weingut erreichen, schüttet es wie aus Eimern und alles sieht irgendwie geschlossen aus. Und ja, es ist tatsächlich montags geschlossen (auch hier kann man sich nicht so auf Google verlassen)! Aber wir treffen auf einen netten Mitarbeiter, der uns für den nächsten Tag eine Weintour bucht und uns erlaubt auf deren Parkplatz zu übernachten. Ja, das klingt doch perfekt! Allerdings regnet und gewittert es noch immer, so dass wir uns an diesem Montag tatsächlich nur in Sprinti verkriechen können.

Am nächsten Morgen ist es dann soweit. Wir sind die einzigen englischsprachigen Gäste an diesem Tag und so bekommen wir eine Einzelführung…Joaquin ist dabei unser Guide. Wir laufen durch die Weinkeller und erfahren neben der Geschichte des Weinguts auch viel über die Weinproduktion und Ernte an sich. Jetzt kennen wir uns also aus…im Weinbusiness 🙂 ! Und auch das dazugehörgige 3-Gänge-Menü lässt keine Wünsche offen…soooo lecker!

Noch immer regnet und gewittert es ununterbrochen. Was wir da noch nicht ahnen…es wird auch noch die nächsten vier Tage so weitergehen. Peter und ich haben beide noch nie Regen und Gewitter in diesem Ausmaß erlebt, die Blitze kommen im Sekundentakt und das stundenlang, bzw. tagelang.

Als wir tags darauf weiterfahren, sind viele Straßen wegen Überschwemmungen gesperrt und einige Flüsse treten über die Ufer. Auch unser nächster Platz (Posada Casa Vieja) in der Nähe der Stadt Colonia del Sacramento ist ordentlich durchgeweicht. Wir landen bei Ruedi und Susanna…zufällig wieder Auswanderer…dieses Mal aus der Schweiz. Ihr seht schon, viele Auswanderer hat es nach Uruguay verschlagen! Die beiden haben sich hier auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus und Ferienwohnungen aufgebaut und haben so viel Platz, dass dort mittlerweile auch Camper stehen können. So treffen wir hier zufällig mit Sandra und Yannic auch alte Reisebekannte wieder, die wir zuletzt in Elvios Werkstatt in Paraguay getroffen haben (s. dazu Artikel „Paraguay und ein wenig Wellness für Sprinti #080“). Noch immer dieser extreme Regen, der in diesem Ausmaß absolut untypisch für die Region ist! Die dadurch entstehende hohe Luftfeuchtigkeit, lässt alles im Wagen klamm erscheinen. Lüften ist bei diesen Wetterbedingungen schlichtweg nicht möglich, weil wir aufgrund der Wassermassen die Fenster oder Dachluken einfach nicht öffnen können. Dieser Regen kommt uns mittlerweile echt ungelegen, weil wir Sprinti eigentlich eine Woche bei Ruedi und Susanna stehen lassen wollen, um mit der Fähre nach Buenos Aires überzusetzen und uns die Hauptstadt Argentiniens genauer anzuschauen. Es hilft nichts, Fähre und Hotel in Buenos Aires sind bereits gebucht! Also packen wir unsere Rucksäcke und hoffen, dass Sprinti dem Regen und der Luftfeuchtigkeit weiter standhält so lange wir nicht da sind. Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg und lassen Sprinti bei Ruedi und Susanna zurück…“aber nur für eine Woche, Sprinti!“

Was wir während unserer Zeit in Buenos Aires alles erleben, werde ich Euch in einem separaten Artikel schreiben. Nur so viel sei gesagt: Buenos Aires ist echt eine tolle Stadt!

Nach einer Woche kehren wir zurück nach Uruguay…zurück nach Colonia del Sacramento…zurück zu Sprinti! Zwar hat es in unserer Abwesenheit noch heftigst geregnet, aber mittlerweile herrscht wieder Sonnenschein. Sprinti hat die Tage gut überstanden und trotz der hohen Luftfeuchtigkeit (und ohne eine Lüftungsmöglichkeit) ist im Wagen nichts feucht oder womöglich noch angeschimmelt. Sehr gut!

Und so geht es am nächsten Tag auch schon wieder weiter. Wir verlassen Ruedi und Susanna und fahren in das Zentrum von Colonia del Sacramento, denn die Altstadt fällt unter das UNESCO-Weltkulturerbe. Colonia, wie man hier kurz sagt, wurde bereits 1680 gegründet und ist damit die älteste Stadt Uruguays. Wir schlendern durch die mit Kopfstein gepflasterten Straßen und sind ganz angetan von diesem schönen Örtchen. Hier könnten wir glatt länger verweilen und die schöne Atmosphäre der zahlreichen Restaurants und Cafés genießen. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und von irgendwoher tönt südamerikanische Livemusik. Einfach herrlich!

Aber leider müssen wir weiter, denn an diesem Wochenende findet nördlich von Montevideo ein traditionelles Rodeo der urugayanischen Gauchos statt und das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Gauchos nennt man in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vorwiegend Nachkommen iberischer Einwanderer und Indigenas, die ihren Lebensunterhalt als Arbeiter in der Viehhaltung verdienen. Eines der wichtigsten wirtschaftlichen Erzeugnisse der Gauchos war Rindsleder und später auch Trockenfleisch. Für die Kultur der Gauchos ist insbesondere die Pampasregion, das argentinische Patagonien und der Gran Chaco im zentralen Südamerika bekannt. Ihre Blütezeit hatten die Gauchos im 19. Jahrhundert. Die Folklore hat sie allerdings romantisiert, vergleichbar mit den nordamerikanischen Cowboys. Vor allem in Argentinien und Uruguay hat die „Gaucho-Kultur“ eine tragende Bedeutung für das Nationalgefühl und so nennen sich viele Land- und Viehbesitzer auch heute noch stolz „Gauchos“. Auf unserem Weg durch Uruguay ist uns bereits aufgefallen, wie viele Pferde es hier gibt. Tatsächlich sind es über 400.000 in diesem doch recht kleinen Land.

Oft finden an den Wochenenden in der Umgebung Rodeo-Veranstaltungen statt. Werbung dafür gemacht wird bewusst nicht, denn die Informationen werden unter den lokalen Leuten weitergegeben. So soll die Veranstaltung auch weiterhin ein geschützter Raum für die Einheimischen in der Umgebung bleiben. Daher verirren sich auch nur in den seltensten Fällen Touristen hierher. Wir haben von Jan und Marieke von diesem Wochenende erfahren, die uns zudem versichert haben, dass Touristen gern dort gesehen sind, so lange es keine Überhand nimmt. Und genauso ist es auch! Schon als wir auf dem Gelände ankommen, werden wir freudestrahlend begrüßt und man ist total interessiert daran, woher wir denn kommen. Allerdings fallen wir natürlich auch direkt auf, sind wir doch die einzigen nicht Einheimischen an diesem Wochenende. Auf den Wiesen stehen einige Zelte und auch wir dürfen mit Sprinti über Nacht bleiben. Sprinti ist umringt von Pferdestärken…wenn auch etwas anders als sonst.

Überall Pferde, Pferde und nochmals Pferde. Schnell wird klar, dass „Gaucho sein“ ein absolutes Lebensgefühl ist. Schon die ganz Kleinen sitzen in voller Montur auf den verhältnismäßig riesigen Pferden und galoppieren über die Wiesen.

Die gesamte Veranstaltung geht über zwei Tage und für die Menschen hier ist der Besuch ein normaler, aber traditioneller Familienausflug am Wochenende. Alle haben ihre Klappstühle und große Kühltaschen dabei und so wird sich die Zeit beim Rodeo vertrieben. Auch gibt es ein paar Stände, die Reitstiefel, Hemden oder Gaucho-Hüte verkaufen und auch Essens- und Getränkestände sind vertreten. Viele bringen aus Kostengründen aber auch ihre eigenen Speisen und Getränke mit. So ist es ein buntes und reges Treiben hier auf dem Gelände und wir spüren, was dieses Lebensgefühl für die Menschen hier bedeutet.

Für den Samstag steht als erstes ein Wettreiten auf dem Programm, bei dem zwei Reiter gleichzeitig im Slalom um Metalltonnen reiten. Hier treten auch durchaus Erwachsene gegen Kinder an…mit Leidenschaft sind alle dabei! Davor, dass man hier mit den Pferden nicht zimperlich umgeht, hatten Jan und Marieke uns bereits gewarnt und so wird das Tier mit so manchem Peitschenschlag noch weiter angetrieben.

Danach ist Rodeo auf Kühen und Rindern angesagt und auch hier sind alle mit Herzblut dabei. Der Moderator spricht dabei nicht seine Kommentare, er singt sie einfach.

Dann wird es Abend und wer meint, jetzt würde es ruhiger, der irrt! Nun beginnt der „Party-Teil“! Auf der Bühne geben nationale Künstler alles und schmettern voller Leidenschaft uruguayische Lieder und das bis nachts um 2 Uhr. Danach geht es mit Musik „vom Band“ weiter und das bis 5.30 Uhr. Wir verziehen uns schon deutlich früher in unseren Wagen und lauschen zum Einschlafen der uruguayischen Musik.

Am nächsten Morgen geht es schon früh weiter. Der Tag startet wieder mit einem Wettreiten um die Tonnen. Dann kommt das Pferde-Rodeo, für viele anscheinend das Highlight des Wochenendes. Dutzende junge Pferde werden auf Anhängern und einfachen Truck-Ladeflächen herangekarrt. Die jungen Pferde sind weder eingeritten noch haben sie je einen Menschen auf ihrem Rücken getragen. Das soll also heute passieren und wie wir feststellen, sorgt die Art und Weise womöglich eher für eine größere Hemmschwelle als dass sie diese abbaut…bei den Pferden zumindest. Jan und Marieke haben uns zuvor erzählt, dass selbst viele Einheimische die Vorgensweise aus Tierschutzgründen mittlerweile ablehnen und wir verstehen auch absolut warum. Es handelt sich bei diesem Rodeo-Spektakel um eine jahrelange Tradition, die bei den Gauchos absolut zum Kulturgut gehört und auch wir spüren ihre Leidenschaft für all dies. Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit gewisse Übungen nach heutigen Maßstäben ein wenig anzupassen, so dass Mensch und Tier dieses Event genießen können.

Als wir uns dann wieder auf den Weg machen wollen, stellen wir fest…man hat uns zugeparkt!

Irgendwie scheint das die Leute überhaupt nicht zu interessieren, parken sie doch einfach kreuz und quer. Außerdem werden ständig Autos ausgerufen, die anscheinend ebenfalls ungünstig geparkt haben und niemanden störts. Also bleiben wir einfach noch ein Weilchen, derjenige wird schon wegfahren. Doch nichts da, auch nach ein paar Stunden hat sich dieser PKW noch kein Stückchen wegbewegt! Ich bin schon fast auf dem Weg zur Bühne, um das entsprechende Nummernschild ebenfalls ausrufen zu lassen, als Peter plötzlich der Meinung ist, dass Sprinti zwischen das dunkle Auto und Baumstamm passen könnte.

Ich bin davon so gar nicht überzeugt und denke nur an neue Schrammen, wo wir doch gerade erst bei Elvio haben den Lack ausbessern lassen. Aber Peter hat meist ein besseres Raumgefühl als ich (typisch Mann und Frau halt!) und so liegt er auch heute richtig…es passt! Wir quetschen uns mit Sprinti durch die enge Lücke. Dann das nächste Problem…die Wiese ist so vollgeparkt, dass wir an entsprechender Stelle nicht zurück auf den Weg gelangen können. Außerdem parken auf dem Weg ebenfalls Fahrzeuge, die unseren Winkel so verkürzen, dass wir unten am Boden aufsetzen. Wie sollen wir nun hier raus kommen? Schnell entdecken auch ein paar Gauchos unser Problem und eilen uns zur Hilfe. Und wie macht man das hier in Uruguay? Man öffnet einfach die Tür des im Weg stehenden Autos (die scheinen hier alle nicht abgeschlossen zu sein), löst die Handbremse und eh ich mich versehe, schiebe ich gemeinsam mit den Gauchos das fremde Auto zur Seite. Das wäre bei dem silbernen PKW, der uns zugeparkt hat, vielleicht auch eine Variante gewesen. Na ja egal, wieder etwas dazugelernt! Was zählt ist, dass der Winkel nun passt und wir so von der Wiese auf den Weg gelangen können. So bedanken wir uns bei unseren Helfern und machen uns happy auf den Weg. Es war schön, dieses Wochenende hier zu erleben, denn mehr Tradition und Kultur in Uruguay geht glaube ich nicht.

Für uns geht es nun wieder zurück an die Küste, denn es bleibt uns noch eine Woche. Eine Woche bevor wir Sprinti für die Verschiffung vorbereiten müssen. Da es bei Sprintis Höhe ja durchaus wieder eine knappe Geschichte mit der Verladung in den Container wird, müssen wir also einige Vorkehrungen treffen. All das werden wir bei Jan und Marieke erledigen können. Somit bleibt uns jetzt noch eine Woche, um mit Sprinti frei am Strand stehen zu können und wir versuchen sie, trotz aller Vorbereitungen, zu genießen.

Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dass unsere Reise sich nun dem Ende zuneigt und so ganz scheint es auch noch nicht bei uns angekommen zu sein.

Reiseberichte Chile

Eine neue Windschutzscheibe und der lange Weg eines Stoßdämpfers (#079)

17. März 2024

– Wir verlassen Chile –

Am Tag nach Peters Geburtstag verlassen wir Valdivia wieder und damit quasi auch die wunderschöne Gegend Patagonien, in der wir die letzten zwei Monate zu Gast sein durften. Aus den Nachrichten erfahren wir, dass der ehemalige Präsident Chiles, Sebastián Piñera, bei einem Hubschrauberabsturz in Lago Rancho (rund 100 Kilometer von Valdivia entfernt) ums Leben gekommen ist. Neben den Waldbränden ein weiterer Schicksalschlag für das Land, was hier die Fahnen auf Halbmast hängen lässt.

Wir fahren weiter Richtung Norden und legen in diesen Tagen viele Kilometer zurück. An einem Abend übernachten wir alleine an einem Fluss, den Einheimische tagsüber gerne mit ihren Familien zum Schwimmen nutzen. Wir holen unsere Campingstühle heraus und genehmigen uns ein Feierabendbierchen, was uns namenstechnisch an zu Hause erinnert. Als es dämmert, werden wir von dutzenden Mücken begrüßt und so machen wir es uns den Rest des Abends in Sprinti gemütlich.

Am nächsten Tag erreichen wir die Wasserfälle Salto del Laja, bei denen sich gleich vier Fälle 35 Meter in die Tiefe stürzen. Dieses Schauspiel gilt hier als ziemliche Touristenattraktion und so legen auch wir hier einen kurzen Stop ein.

Tags darauf erreichen wir mit Colchagua die Weinregion Chiles, durch die wir auf dem Weg Richtung Süden vor zwei Monaten nur durchgefahren sind. Dieses Mal ist auch hier Zeit für einen Zwischenstop. Und nachdem wir auf einem Weingut in Mendoza bereits den argentinischen Wein getestet haben, steht heute eine Verkostung auf dem chilenischen Weingut Viu Manent an. Zu dem Gut gehört ein hervorragendes Restaurant und so sitzen wir an einem sommerlichen Nachmittag unter Weinranken, die uns Schatten spenden und genießen das Essen und den Wein…beides sehr köstlich, kann ich Euch sagen!

Was übrigens außerordentlich praktisch ist, ist, dass wir mit Sprinti direkt am Weingut übernachten dürfen. Als Peter und ich am Abend mit unseren Stühlen vor Sprinti sitzen, den lauen Sommerabend genießen (bevor die Mücken kommen) und unseren Wein vom Weingut verkosten, kommt plötzlich eine deutsche Familie, bestehend aus Thomas und Susanne mit ihren Töchtern Stina und Smilla, vorbei. Auch sie reisen derzeit mit ihrem Truck-Camper durch Südamerika und so kommen wir sofort ins Gespräch…verquatschen uns regelrecht. Die Chemie stimmt sofort! Von ihnen erhalten wir auch den Tipp für einen schönen Stellplatz direkt am Meer. Alles klar, den probieren wir dann doch mal aus!

Am nächsten Morgen trennen sich unsere Wege und so müssen wir uns schon wieder von Thomas und Susanne samt ihrer Töchter verabschieden. Wir folgen deren Ratschlag und machen uns auf zum Meer. So erreichen wir La Boca, ein Ort direkt am Pazifik. Hier finden wir tatsächlich einen ruhigen Platz mit Blick auf diesen wunderschönen Ozean…hier lässt es sich definitiv aushalten! Es ist schon unglaublich, dass wir vor rund einem Monat noch bei 0 Grad Celsius in der Antarktis waren und nun hier bei sommerlichen Temperaturen an dem Meer sitzen, dass quasi aus der Antarktis kommt. Und sich vorzustellen, dass Ushuaia schon wieder über 3400 Kilometer von uns entfernt liegt, zeigt einfach nur wir unglaublich groß und abwechslungsreich dieser wunderschöne Kontinent ist.

Nach zwei Tagen am Meer, in denen wir viel für die letzten Wochen auf dieser Reise recherchieren und organisieren konnten, verlassen wir diesen schönen Ort und sagen damit auch dem Pazifik für diese Reise Lebewohl. Es geht nun für uns erneut nach Santiago. Vielleicht fragt Ihr Euch, warum wir nun ein drittes Mal die Hauptstadt Chiles besuchen?! Die Antwort: Wir haben einen Termin! Zur Erklärung hole ich ein wenig aus. Als wir im letzten Frühjahr auf Heimaturlaub in Deutschland waren, haben wir uns von einer sehr renommierten Firma dort neue Stoßdämpfer mitgebracht. Zwar haben wir uns auf dieser Reise schon zweimal neue einbauen lassen, aber die waren entweder gebraucht und nur neu aufgearbeitet (was wir dann erst im Nachhinein erfahren haben) oder sie waren qualitativ nicht so gut, als dass sie Sprintis Karosserie mit all seinem Gewicht bei den nicht immer guten Straßen auch ausreichend abfedern. Also haben wir uns gedacht, nutzen wir den Heimaturlaub doch auch, um uns neue Stoßdämpfer mitzubringen. Ehrlich gesagt waren wir uns gar nicht so sicher, ob man uns die beim Flug nicht konfisziert, sahen sie beim Durchleuchten unserer Reisetaschen doch eher nach Waffenmaterial als nach einem Autoersatzteil aus. Aber abgesehen vom Gewichtsproblem (s. dazu Artikel „Heimaturlaub #052“) hat alles gut funktioniert. Als wir dann circa 8000 Kilometer später in Lima (Peru) neue Bremsklötze angebracht haben, ist uns aufgefallen, dass der Stoßdämpfer vorne rechts ziemlich leckt und Öl verliert.

Daraufhin haben wir Kontakt mit der deutschen Firma aufgenommen, die dies gleich als Produktionsfehler eingestuft und uns kostenlos einen neuen Stoßdämpfer zugeschickt hat. Doch wohin lässt man sich so ein Paket schicken, wenn man auf Reisen ist? Wie lange braucht das Paket und wo sind wir zu dem Zeitpunkt? Viele Unbekannte, die es schwer abzuschätzen gilt. Es ist zu diesem Zeitpunkt Anfang November und wir sind in Chile, genauer gesagt in Santiago…bei Milenko in der Werkstatt, wo Sprinti einen Ölwechsel etc. erhält. Wir sprechen also mit Milenko und der bietet uns an, die Stoßdämpfer zu ihm schicken zu lassen. Perfekt! Mit DHL Express dürfte es ja nur maximal eine Woche dauern und unser „Waffenmaterial“ müsste aus Deutschland hier in Santiago ankommen. Viele Reisende nutzen DHL Express, um sich Ersatzteile aus Europa innerhalb weniger Tage schicken zu lassen und das funktioniert eigentlich immer sehr gut. So bleiben wir im November ein paar Tage in Santiago und warten auf die Stoßdämpfer. In der Sendungsverfolgung sehen wir, dass das Paket umgehend auf die Reise geschickt wurde und nun am Flughafen in Frankfurt zur Prüfung liegt. Nach einigen Tagen, in denen sich laut Sendungsverfolgung so gar nichts getan hat, entscheiden wir, Santiago zu verlassen und unsere Reise schon mal fortzusetzen…mit dem Plan, Santiago einen erneuten Besuch abzustatten. Und so waren wir erstmal in Argentinien und haben dort Mendoza und einige Nationalparks besucht. Zwei Wochen später sind wir dann nach Santiago zurückgekehrt…allerdings lagen unsere Stoßdämpfer noch immer in Frankfurt. Nach mehrmaligem Nachhaken erfahren wir, dass unser Paket nicht mit DHL Express, sondern als DHL Postpaket verschickt wurde…was prioritätenmäßig nicht ganz oben auf der Versandliste steht. Noch immer tut sich nichts bei unserem Paket! Was machen wir jetzt? Es ist Ende November und uns läuft die Zeit davon, wollen wir doch Ende des Jahres unser Reiseziel Ushuaia erreichen! Vor uns liegen noch knapp 4.000 Kilometer und rund fünf Wochen. Die Straßen werden auch hier herausfordernd sein…und das mit dem kaputten Stoßdämpfer? Geht dadurch womöglich auch der Zweite kaputt? Wir haben keine Wahl und so lassen wir Santiago erneut hinter uns…wieder ohne neuen Stoßdämpfer…dieses Mal Richtung Süden.

Ihr als aufmerksame Pedena-Leser wisst, wir haben es geschafft und Ushuaia rechtzeitig erreicht…auch mit dem alten Stoßdämpfer! Quasi täglich haben wir dabei auf unserem Weg in den Süden den Sendungsstatus unseres Pakets überprüft. Und so bekamen wir am Ende der Welt am Ende des Jahres (es war tatsächlich der 31.12.2023) die Nachricht, dass unser Stoßdämpfer Frankfurt nach über sieben Wochen verlassen und Chile erreicht hat…ENDLICH! Jetzt muss das „Waffenmaterial“ nur noch durch den chilenischen Zoll…Moment, sagte ich „nur noch“?

Dieser Prozess dauert weitere vier Wochen bis wir am 31.01.2024 endlich die Mitteilung erhalten, dass unser Paket abholbereit in Santiago in der Postfiliale liegt…und das nach „lediglich“ 11 Wochen!

Das ist der Grund, warum es für uns nun ein drittes Mal in die chilenische Hauptstadt geht. Wir haben erneut einen Termin bei Milenko. Vorher ist es allerdings an der Zeit den Staub und Dreck seit Ushuaia loszuwerden und so gönnen wir Sprinti mal wieder eine Wäsche…

Dann geht es in die Werkstatt…und man glaubt es kaum…der Stoßdämpfer ist da! Wie wir an den beigelegten Dokumenten im Paket erkennen können, hat sowohl der deutsche als auch der chilenische Zoll das Paket geöffnet und den Inhalt überprüft…die dachten wahrscheinlich auch eher an eine Waffenlieferung! Aber nix da…lediglich ein ganz harmloser Stoßdämpfer! 🙂

Und so bekommt Sprinti an diesem Tag nicht nur einen neuen Stoßdämpfer, sondern auch eine neue Windschutzscheibe und einen neuen Scheinwerfer. Die Windschutzscheibe hat auf der Reise so manchen Steinschlag abbekommen, angefangen in Kanada auf unserem Weg zum Polarmeer (s. dazu Artikel „Reifenpanne auf dem Dempster Highway #014“). Da die Preise hier in Südamerika für eine neue Scheibe um einiges günstiger sind als in Deutschland, erledigen wir das gleich mit. Aus diesem Grund lassen wir auch den Scheinwerfer erneuern, der über die Jahre ein wenig blind geworden ist und trotz unserer Aufarbeitung in Mexiko nicht mehr so leistungsstark ist, wie er sein sollte. Bei unserem ersten Besuch bei Milenko hier in Santiago im letzten November haben wir neben einem Filter- auch einen Ölwechsel machen lassen. Jetzt, nur wenige Monate später liegen bereits weitere 10.000 Kilometer hinter uns und es wird wiederum Zeit Sprinti mit neuem Öl etwas Gutes zu tun. Des weiteren hören wir momentan beim Fahren ein merkwürdiges Geräusch…auch diese Ursache ist schnell gefunden…eine Halterung am Auspuff hat sich gelöst. Also schickt man uns kurzerhand in eine benachbarte Werkstatt, die mal eben zum Schweißgerät greift und so ist nach fünf Minuten auch dieses Problem gelöst.

Weil die neue Scheibe eingeklebt wurde und das Ganze erstmal trocknen muss, sollen wir zwei Tage mit Sprinti nicht schnell fahren und schlechte Straßen meiden. Bei den Bedingungen hier heißt das dann wohl…Auto nicht bewegen! Also fahren wir quasi im Schneckentempo weg von der Werkstatt hin zu Matias und seinem Campingplatz, auf dem wir auch bei unserem ersten Besuch in Santiago schon waren. Auch die Hunde dort erkennen uns wieder und freuen sich über Spielkameraden.

Am nächsten Tag nutzen wir die Zeit und fahren mit dem Taxi in das Stadtzentrum, denn so richtig Sightseeing haben wir in Santiago noch immer nicht gemacht, also wird das jetzt mal Zeit! Santiago ist nicht nur die Hauptstadt, sondern mit 5,2 Mio. Einwohnern (7,1 Mio. im Ballungsraum) auch die größte Stadt des Landes. Damit leben etwa 44 Prozent aller Chilenen in der Hauptstadt oder in ihrer direkten Umgebung. Die Stadt ist das unbestrittene politische Zentrum Chiles, auch wenn das chilenische Parlament, der Congreso Nacional, in Valparaíso tagt. An dem ein oder anderen Regierungsgebäude kommen wir hier allerdings auch vorbei. Die Innenstadt ist sehr geprägt von alten Gebäuden, was ihr durchaus einen Charme verleiht, der uns gefällt. Die Mischung aus alt und neu erinnert uns dabei sehr an Panama City.

Zwei Tage später ist Sprintis Scheibe hoffentlich genug getrocknet. Dazu gilt es zu sagen, dass wir andere Reisende getroffen haben, denen ist tatsächlich die neue Windschutzscheibe auf einer ungeteerten Straße wieder herausgefallen…was aber eventuell auch an der falschen Montage gelegen hat. Wir sind also mal ganz zuversichtlich, lassen die blauen Klebestreifen, die zusätzlich dafür sorgen sollen, dass die Scheibe nicht abrutscht, aber vorsichtshalber nochmal ein paar Tage dran. Für uns ist es nun an der Zeit Chile Lebewohl zu sagen…auf dieser Reise nun endgültg! Und so kreuzen wir nun zum neunten und letzten Mal die Grenze von Chile und Argentinien. Chile ist ein tolles Land und gehört neben Kolumbien zu unseren Lieblingsländern hier in Südamerika. Nach Peru und Bolivien, die für uns persönlich anstrengende Länder waren, hat uns Chile quasi ein wenig aufgefangen (wenn man es so nennen mag) und uns ein wenig Ordnung und Struktur zurückgegeben, was uns sehr gutgetan hat, weil es vieles im Alltag erleichtert. Wir haben hier sehr nette und hilfsbereite Menschen kennengelernt und haben uns nie unsicher gefühlt. Die Landschaft in diesem Land ist einfach fantastisch, daher können wir Chile als Reiseland absolut empfehlen!

Und so fahren wir ein drittes und letztes Mal über den 3.000 Meter hohen Pass, der hier Chile und Argentinien verbindet. Es ist mit knapp 40 Grad sehr heiß und auf der Serpentinenstraße quälen sich die LKWs im Schneckentempo den Berg hoch. Auch Sprinti ist bei diesen Temperaturen und dem extremen Anstieg nicht begeistert. Umso mehr freut er sich bei jedem Stillstand über ein wenig Motorkühlung, in dem wir die Motorhaube aufstellen, damit die heiße Luft auch nur irgendwie entweichen kann. Zusätzlich läuft unsere Heizung im Innenraum auf Hochtouren, um auch so dem Motor ein wenig Kühlung zu ermöglichen. Somit bringen uns nicht nur die 40 Grad ordentlich ins Schwitzen, sondern zudem auch noch die Hoffnung, dass die Scheibe hält.

Es klappt…Sprinti und Scheibe halten durch! 🙂

Und so sagen wir mit einem lachenden und einem weinenden Auge: „Adios Chile, Du schönes Land!“

Reiseberichte Argentinien

Jetzt also Argentinien… (#071)

24. Dezember 2023

– Wein, Vollmond und ein ziemlich dicker Ast –

Nun sind wir also in Argentinien und erreichen damit das 16. Land auf unserer Reise. Der Landesname Argentinien leitet sich von der lateinischen Bezeichnung für Silber („argentum“) ab und stammt aus der spanischen Kolonialzeit, als man hier Edelmetalle zu finden hoffte. Bis zu seiner Unabhängigkeit 1816 war Argentinien Teil des spanischen Kolonialreiches. Mit einer Fläche von knapp 2,8 Mio. km² ist Argentinien der achtgrößte Staat der Erde und der zweitgrößte des südamerikanischen Kontinents. Im Hinblick auf die Einwohnerzahl steht es mit rund 45 Millionen Einwohnern in Südamerika an dritter Stelle (nach Brasilien und Kolumbien), wobei knapp 87% von ihnen in Städten leben. Mehr als 90 % der Bevölkerung stammen nach der offiziellen Statistik zumindest teilweise von eingewanderten Europäern, mehrheitlich Italienern, ab. Die hohe Anzahl von Personen, die zumindest einen europäischen Vorfahren haben, haben einen Mythos des „weißen Argentiniens“ hervorgebracht. Neuere Untersuchungen ergaben zwischen 53 % und 65 % europäisches, 31-40 % indigenes und 4 % afrikanisches Erbgut. Und auch wir nehmen direkt war, dass es hier alles ein wenig mehr „europäisch“ abläuft. Viele Menschen unterscheiden sich tatsächlich in Größe, Körperform, Haar- und Hautfarbe von anderen Südamerikanern und das Spanisch, was hier gesprochen wird, hat in unseren Ohren durchaus einen italienischen Einfluss genossen. Auch bemerken wir, dass hier mehr Freizeitaktivitäten stattfinden. Die Menschen treffen sich z.B. mit Freunden, gehen aus, treiben Sport oder fahren Motorrad. Was uns ebenfalls auffällt, hier wird so viel geraucht, wie in keinem anderen Land auf der Reise. In allen anderen Ländern findet der „Verzehr eines Glimstengels“ quasi nicht mehr statt, so dass wir uns bei unserem Heimaturlaub im Mai in Deutschland tatsächlich gewundert haben, wie viel in Deutschland und Europa noch geraucht wird. Und auch diesbezüglich hat Europa hier in Argentinien Einzug gehalten. Ähnlich ist es mit Tätowierungen, so waren Einheimische bislang nur in den seltensten Fällen tätowiert, hier tragen viele Menschen diesen Körperschmuck. Auch was die Automarken anbelangt, wird es hier wieder eurpäischer, so säumen viele Fiats, aber auch wieder mehr Audi, Mercedes oder Volkswagen die Straßen, letztere vermehrt mit dem Modell „Suran“ (ein etwas kleinerer Tiguan auf Basis eines Fox).

Unser erstes Ziel ist die Stadt Mendoza, bekannt für DIE Weinregion Argentiniens….also genau das Richtige für uns! Wir landen auf einem schönen Campingplatz, der uns ebenfalls an europäische Campingplätze erinnert und umgeben ist von unzähligen gewaltigen Bäumen. Hier lässt es sich aushalten, haben wir doch mittlerweile sommerliche 25-30 Grad Celsius. Nachts kühlt es auf angenehme 15 Grad ab…auch das ist perfekt. Die ersten zwei Tag nutzen wir, um einiges zu erledigen und etwas zur Ruhe zu kommen.

Dann erkunden wir ein wenig die Stadt und lassen uns vom Lebensgefühl der Argentinier anstecken. Mendoza ist die etwa 120.000 Einwohner zählende Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Westen Argentiniens. Es gilt zudem als das Tor zu Chile und ist daher eine wichtige Handelsmetropole.

Der dominierende Wirtschaftszweig in Mendoza ist der Weinanbau und die daraus resultierende verarbeitende Industrie. Die Kellereien generieren 50 % der Exporterlöse Mendozas und stehen für 80 % des gesamten argentinischen Weinexports. Und was heißt das für uns? Na klar…wir müssen uns mal ganz persönlich von der Qualität des Weins überzeugen lassen! Und wo geht das besser als direkt auf einem Weingut?! Wir starten allerdings mit dem Besuch des „Weinmuseums“ der Stadt, was genau genommen zwei alte Wohnhäuser (besser gesagt Villen), der berühmten ersten Weinanbauer Mendozas, sind…umgeben von einer wunderschönen Parklandschaft. Der Schweizer Baptist Geronimo Gargantini und der Italiener Juan Giol gründeten 1896 ein Unternehmen, das zum Stolz des Weinbaus in Mendoza werden sollte. Sie kauften 44 Hektar Land und bauten die ersten Teile des Weinguts. Das Wachstum der Produktion war schwindelerregend und so beschlossen sie, zwischen 1908 und 1910 diese prächtigen Häuser an jenem Ort zu bauen. Nur ein Haus kann heute noch betreten werden, das andere hätte leider eher ein wenig Handwerkerliebe nötig. Vorsichtig betreten wir den Eingangsbereich. Es handelt sich um eine alte Villa mit knarrenden Holzdielen, hohen Decken und einer herrschaftlichen Treppe. Wir scheinen die einzigen Besucher zu sein und so ist niemand dort als wir das alte Haus betreten, was es ein wenig unheimlich macht. Wir wandern von Zimmer zu Zimmer, die teilweise noch einzelne Möbelstücke beheimaten. Einige Zimmer sind leer und durch die schmalen Schlitze der geschlossenen Fensterläden fällt nur ein wenig Sonnenlicht. Es ist merkwürdig an diesem Tag alleine in diesem Haus zu sein, in dem man die Geschichte wortwörtlich spüren kann.

Dann geht es für uns weiter zum Weingut „Bodegas Lopez“, bei dem wir eine Tour gebucht haben. Weil wir früh dran sind, dürfen wir schon mal ein wenig probieren. Aufgrund der enormen Inflation von rund 140% in Argentinien allein im letzten Jahr, sind die Preise hier natürlich auch demensprechend. So zahlen wir pro Glas Wein lediglich 80 Cent, eine Flasche sehr guten Wein bekommt man tatsächlich bereits ab 1,50 Euro.

Dann geht es auf zur Tour. Weil hier die meisten Menschen ausschließlich spanisch sprechen, sind wir gemeinsam mit einer australischen Touristin die einzigen Teilnehmer der englischsprachigen Tour. So werden wir in die Weinkeller und Produktionshallen geführt und erfahren viel über die lange Geschichte des Familienunternehmens. Natürlich darf im Anschluss auch eine kleine Weinprobe nicht fehlen…

Anschließend geht es für uns mit dem Taxi zurück in die Stadt, denn was ist ebenfalls typisch argentinisch? Genau…Steaks! So werden wir in einem der vielen Restaurants fündig und auch wenn ich gar nicht mal sooo der Fleischesser bin, schmeckt es auch mir sehr gut. Allerdings ist es schon ein wenig speziell zu sehen, was für riesige Platten Fleisch an all die Tische gebracht werden. Beilagen sind tatsächlich Nebensache…hier stellt sich nur die Frage…Fleisch, Wurst oder beides?!

In dieser Nacht stürmt es ordentlich und wir werden in Sprinti ganz schön hin und hergeschaukelt…aber was soll’s?! Am nächsten Morgen allerdings wird uns ganz schön mulmig zumute, als wir sehen, was in der Nacht passiert ist! Rund drei Meter neben Sprinti, also genau da, wo wir bis vor zwei Tagen noch geparkt hatten, liegt es riesiger Ast, besser gesagt eine gesamte Baumkrone auf dem Boden. Der Sturm hat also ordentliche Arbeit geleistet und um ein Haar hätte das Ganze auch anders ausgehen können. Auch wir stehen direkt unter dicken Bäumen und als wir die an diesem Morgen genauer unter die Lupe nehmen, sehen wir, dass ein tiefer Spalt durch den Stamm bis hoch in die Baumkrone geht und das bei dem Baum, der sich genau über uns befindet. Eigentlich wollten wir noch einen weiteren Tag auf diesem Platz bleiben, entscheiden uns spontan allerdings weiterzufahren. Man soll sein Glück ja nicht all zu doll herausfordern!

Jetzt noch schnell Sprinti von all dem Vogeldreck befreien…wo Bäume sind, sind oft auch Vögel und die hatten an unserem Campingplatz eine sehr gute Verdauung…sehr zum Leidwesen von Mensch und Wagen.

Von der Stadt geht es dann wieder in die Natur. Wir fahren Richtung Norden. Auf dem Weg versuchen wir noch an Bargeld zu gelangen, das ist nämlich in Argentinien gar nicht so einfach. Die argentinische Wirtschaft hat in den vergangenen Jahrzenten extreme Schwankungen erlebt und dass, obwohl es Anfang des 20. Jahrhunderts zu den reichsten Ländern der Welt gehörte. Die letzte Regierung hat versucht, die Wirtschaft zu stabilisieren, in dem sie einen bestimmten Wechselkurs für den Dollar festgelegt hat. So wollte es die Theorie. In der Praxis hat sich allerdings ein zweier Wechselkurs für den Dollar entwickelt, der sogenannten „Blue-Dollar“, den die Menschen im alltäglichen Leben nutzen. Dieser ist mittlerweile dreimal so hoch wie der von der Regierung gewünschte Kurs, was zur Folge hat, dass der argentische Peso im Verhältnis zum Dollar immer mehr an Wert verliert. Für uns bedeutet das, dass wir versuchen, so viel wie möglich mit Kreditkarte zu bezahlen, da Visa und Mastercard nach dem Blue-Dollar abrechnen. Das funktioniert allerdings nur zu ca. 80%. Wir benötigen also auch Bargeld. Würden wir es am Geldautomaten abheben, würde der offizielle Kurs zu Grunde gelegt, was für uns ein sehr schlechtes Geschäft wäre. Uns bleiben also zwei Möglichkeiten: 1. Wir haben aus den USA, Panama und Ecuador (die alle den Dollar als Zahlungsmittel nutzen) US-Dollar mitgebracht und können den hier in den Wechselstuben in argentinische Pesos tauschen. Dazu sei gesagt, dass 50er und 100er Banknoten einen besseren Kurs bringen als kleinere Scheine. Zudem wird penibel darauf geachtet, dass die Scheine weder beschädigt noch bekritzelt sind, ansonsten werden die dann nämlich gar nicht angenommen. 2. Man kann den weltweiten Bargeldservice der Western Union Bank nutzen, der allerdings sehr kostspielig ist und man eine Ausgabestelle finden muss. Diese Ausgabestelle muss dann zum einen den entsprechenden Betrag in Pesos vorliegen haben (daher besser nicht mehr als 100 Dollar wechseln) und zum anderen auch gewillt sein an Ausländer auszuzahlen. Also alles gar nicht so einfach!

Durch die Präsidentschaftswahl am Tag unserer Einreise haben viele Argentinier die Hoffnung, dass sich dieses wirtschaftliche Auf und Ab beruhigt und der Staat zu seiner wirtschaftlichen Stärke zurückkehrt. Auch wenn wir uns freuen, dass wir für 10 Brötchen lediglich 1 Euro und für einen Liter Benzin (der zudem von der Regierung subventioniert wird) nur 36 Cent bezahlen, so haben wir doch auch Mitleid mit den hart arbeitenden Menschen, die enorm unter dem ständigen Wertverlust ihrer Währung und somit auch ihrer Arbeit leiden.

Dann erreichen wir unser Ziel, den Ischigualasto Provincial Park. Das Naturreservat liegt im Nordwesten Argentiniens und wird wegen seiner extremen Trockenheit auch „Valle de la Luna“ (Mondtal) genannt. Es liegt in unmittelbarer Nähe des Nationalparks Talampaya und wurde gemeinsam mit diesem im Jahr 2000 von der UNESCO zum Weltnaturerbe erklärt. Geologisch gesehen gehören das Naturreservat und der Nationalpark Talampaya zur Ischigualasto-Formation, die sich durch gut erhaltene, etwa 230 Millionen Jahre alte Fossilien auszeichnet. Unter anderem entstammen dieser Formation einige der ältesten bekannten Dinosaurierfunde. Und so statten wir dem Park-Museum als erstes einen Besuch ab.

Dann haben wir Glück, dass kurzerhand auch eine Tour durch den Park stattfindet, den man nämlich nur mit Guide und seit Corona auch nur mit dem eigenen Auto befahren darf. Die argentinische Variante sieht dann so aus, dass der Guide einfach zu dem ersten Privatwagen mit in das Auto steigt und sich die kleine Blechlawine dann durch den Park schängelt. So auch wir mit Sprinti. Das Reservat umfasst 8.000 Quadratkilometer und ist zum Schutz einer wüstenhaften Landschaft eingerichtet worden. Es existieren viele von der Erosion geschaffene skulpturartige, kuriose Gesteinsformationen, die oft an bekannte Objekte erinnern, wie das U-Boot, die Bocciabahn, der Pilz und die 1989 eingestürzte Wunderlampe Aladins, die bis dahin das Wahrzeichen des Parks war. Das Gebiet liegt etwa 1300 Meter über dem Meeresspiegel und beherbergt eine typische Wüstenvegetation, die aus Kakteen und Büschen besteht. Darüber hinaus gibt es starke Temperaturschwankungen von −10 °C bis +45 °C. Wir bekommen an diesem Tag die extreme Hitze zu spüren, zeigt das Thermostat doch „angenehme“ 40 Grad. So ist jeder Windzug herzlich willkommen. Wir legen auf unserer Route verschiedene Zwischenstopps ein und erhalten diverse Erklärungen von unserem Guide. So kommen wir z. B. an Steinformationen vorbei, die durch die Erosion aussehen wir präzise geschliffene Kugeln, die auf der Welt in dieser Form einzigartig sind. Landschaftlich erinnert uns die Gegend total an die USA mit seinen Canyons und bunten Felsen. Besonders beeindruckt sind wir als plötzlich 8 Kondore über uns kreisen, die auf dem Boden sitzend tatsächlich eine Größe von 1,40 m aufweisen und dadurch wirklich majestätisch durch den Himmel gleiten.

Jeden Monat, immer zum Vollmond, ist der Park drei Tage lang auch nachts geöffnet und man kann mit einem Guide eine Nachtwanderung im Mondschein durch diese besondere Landschaft machen. Wir schauen im Kalender nach…der nächste Vollmond ist…HEUTE! Alles klar, das nehmen wir mit! Glücklicherweise bekommen wir noch Karten und so geht es für uns um 23 Uhr noch einmal mit Sprinti los durch den Park. Allerdings sind wir nicht die einzigen mit diesem Plan und so schlängeln sich nun mehr als 50 Autos entlang der staubigen Straßen. Uns beschleicht das schlechte Gewissen, warum man die Landschaft nicht wenigstens in der Nacht in Ruhe lässt oder zumindest statt der vielen einzelnen PKWs besser einen Bus einsetzt. Die Autos werden an einem zentralen Ort geparkt und wir machen uns zu Fuß auf durch den Park. Lampen…Fehlanzeige! Lediglich der Mond schenkt uns gerade genug Licht, um über Stock und Stein zu laufen. Dass man auf den Fotos überhaupt etwas erkennen kann, liegt wohl eher an der Nachtsicht-Einstellung unserer Handy-Kamera. Einen Weg oder Trampelpfad gibt es hier gerade nicht. Und so verleiht es uns auch in dieser großen Gruppe schon das Gefühl ganz allein mit der Natur zu sein und nur der Mond beobachtet uns dabei…

Gegen 2 Uhr in der Nacht kehren wir zurück zum Parkeingang. Der sich dort befindliche Campingplatz ist momentan allerdings geschlossen, weil sich derzeit ein Puma in der Gegend umhertreibt. Gut, dass wir gerade noch durch den Park gewandert sind, sag ich nur! Peter und ich machen uns also mitten in der Nacht auf den Weg, um den ca. eine Stunde entfernten Talampaya Nationalpark zu erreichen, da wir dort übernachten dürfen. Normalerweise vermeiden wir es nachts zu fahren, weil es aufgrund schlechter Straßen, fehlender Beleuchtung, einfach aus Sicherheitsgründen oder auch weil gerne mal Tiere auf der Straße stehen, durchaus gefährlich werden kann. In dieser Nacht kommt zudem die Müdigkeit hinzu, die uns beide mittlerweile quält. Anfangs sind wir nicht die einzigen, die hier auf diesen Straßen noch unterwegs sind, aber immer mehr verlassen unsere Route und so sind wir irgendwann allein unterwegs auf dieser Landstraße, umgeben von dunklem Nichts. Daher sind wir froh und erleichtert, als wir gegen 3 Uhr den Parkplatz erreichen und fallen nur noch todmüde ins Bett.

Rund 3,5 Stunden später werden wir allerdings schon wieder vom Wecker geweckt, denn auch den Talampaya Park wollen wir erkunden. Das Reservat umfasst 215.000 Hektar und schützt die wüstenhafte Landschaft im Tal des „Rio Talampaya“, in der die Erosion vielfarbige Gesteinsformationen hervorgebracht hat. Zudem gibt es auch hier mehrere archäologische Fundstätten in der Gegend. Das im Park anzutreffende, fossilführende Gestein entstand aus Sedimenten, die während der Trias, dem ältesten System des Erdmittelalters, auf dem Festland abgelagert worden sind. Zusammen mit den Gesteinen im nur wenige Kilometer weiter südlich gelegenen Naturreservat Ischigualasto wurde dies dokumentiert. Deshalb ist der darin enthaltene Fossilbericht weltweit einmalig. Zudem sind hier auch frühe Spuren des Menschen sichtbar, was sich unter anderem durch uralte Wandmalereien zeigt.

Auch diesen Park darf man nur mit einem Guide betreten und so startet unsere gewünschte Tour bereits um 9 Uhr. Dieses Mal nicht mit dem eigenen Auto, sondern in einem Bus werden wir durch den Park gefahren und halten an besonders eindrucksvollen Punkten. Auch dieser Park ist faszinierend und beeindruckt uns mit seinen gewaltigen Felsen fast noch mehr als wir durch die Schlucht fahren und im Verhältnis wohl eher der Größe einer Ameisen entsprechen. An einer Stelle werden wir aufgefordert als Gruppe einige Schreie abzulassen, die tatsächlich Sekunden später ein so beeindruckendes Echo wiedergeben, als würde uns eine Gruppe im Tal nebenan antworten. In diesem extremen Ausmaß haben weder Peter noch ich das je erlebt. Echt der Wahnsinn, sage ich Euch! So verleben wir auch hier einen schönen Vormittag, bevor es für uns mal wieder weitergeht…

Jetzt, wo ich hier sitze und diese Zeilen für Euch schreibe, sind bereits ein paar Wochen vergangen und Weihnachten steht vor der Tür. Daher möchten wir das zum Anlass nehmen Euch die liebsten Weihnachtsgrüße nach Hause zu schicken. Habt eine schöne Zeit mit Euren Lieben und genießt ein wenig die Ruhe zum Jahresende. Wir tun dies…am südlichsten Punkt des amerikanischen Kontinents, der mit einem Auto befahren werden kann, ohne das Wasser überqueren zu müssen (schaut dazu gerne mal unter unserer Route).

In diesem Sinne frohe Weihnachten und eine dicke Umarmung aus dem windigen Südchile!