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Kolumbien

Reiseberichte Ecuador

Von Wachspalmen, Kaffeeplantagen und einem zu tiefen Graben (#061)

10. September 2023

– Weitere Abenteuer aus Kolumbien –

Nachdem wir die Stadt Medellin verlassen haben, fahren wir weiter Richtung Süden. Nach ca. 134 Kilometern, was hier in Kolumbien gleich um die vier Stunden Fahrt bedeutet, erreichen wir das kleine Bergstädtchen Jardin. Jardin hat etwa 15.000 Einwohner und ist nur wenig touristisch. Alles wirkt sehr ursprünglich und traditionell. Von der Bauweise der Häuser erinnert es uns ein wenig an den Ort Barichara, den wir hier vor kurzer Zeit besucht haben (mehr dazu findest Du unter „Kolumbien…was ein schönes Land #059“) und was mittlerweile ca. 620 Kilometer (direkter Weg) hinter uns liegt.

Gemeinsam mit Zach, Rhuta und Shelly fahren wir zu unserem herausgesuchten Campingplatz, um dann schnell festzustellen, dass die Einfahrt für uns schlichtweg zu klein ist. Kurzerhand überlegen wir uns auf einem Parkplatz vor einer Lagerhalle, was zu tun ist, als wir an der Halle das Schild „Nespresso“ entdecken. Ja, mittlerweile befinden wir uns in DER Kaffeeregion Kolumbiens!

Kolumbien ist eines der traditionsreichsten und größten Kaffeeanbauländer weltweit. 1723 wurde Arabica-Kaffee von den Jesuiten nach Kolumbien gebracht und bis heute wird aufgrund der guten Anbaubedingung auch ausschließlich Arabica-Kaffee angepflanzt. Momentan liegt Kolumbien bei der Kaffeeproduktion weltweit an dritter Stelle (nach Brasilien und Vietnam), was daran liegt, dass die Produktion in Kolumbien von 2008 bis 2012 rückläufig war. Grund für den Rückgang war einerseits die Kaffeerost-Krankheit und andererseits die generell sinkende Produktivität, was vermutlich an den Folgen der Klimaerwärmung liegt. Seit 2013 steigen die Exporte allerdings wieder merkbar an. Es wird geschätzt, dass Kaffee derzeit die Haupteinnahmequelle für 500.000 Menschen in Kolumbien darstellt. Das Spannende an Kolumbien ist, dass die Landschaft und die Klimazonen, aufgrund der hohen Berge und den Ausläufern der Anden, sehr unterschiedlich ist, so dass es viele Kaffeeernte-Zonen mit ganz unterschiedlichen Geschmacksprofilen gibt. Und jetzt stehen wir tatsächlich hier in Kolumbien vor einem Nespresso-Lager, wo man doch sonst nur den fertig abgepackten Kaffee im Laden kennt.

Aber ich schweife ab. Wo waren wir stehengeblieben? Ach ja, wir brauchen einen Stellplatz für die Nacht! Wir bekommen einen Tipp für einen weiteren Campingplatz (ecoaventurax) am anderen Ende des Ortes…und der ist tatsächlich perfekt! Wir stehen auf einer großen Wiese mit Blick auf die Berge und Kaffeeplantagen und auch die sanitären Anlagen sind sauber und gepflegt. Noch dazu sind wir die einzigen Gäste, was ebenfalls sehr angenehm ist. Hier lässt es sich also aushalten!

In den letzten Tagen ist uns aufgefallen, dass der Druck unserer Wasserpumpe im Wagen immer weiter abnimmt…mittlerweile tröpfelt es nur noch. Alle bisher getätigten Maßnahmen waren nicht erfolgreich, also nutzen wir hier die Zeit und bauen eine neue Wasserpumpe ein. Glücklicherweise haben wir bei unserem Heimaturlaub im Mai (s. dazu Artikel „Heimaturlaub #052“) eine Neue aus Deutschland mitgebracht. Eingebaut haben wir die alte Pumpe damals vor gut drei Jahren. Wenn man überlegt, dass so eine Pumpe im „normalen“ Betrieb, bei dem man vielleicht vier Wochen im Jahr mit dem Fahrzeug im Urlaub unterwegs ist, gut 10 Jahre hält, so hat sie bei unserem tagtäglichen Betrieb die 10 Jahre quasi schon lange überschritten. Da wir unser Wasser nicht nur zum Spülen und Waschen, sondern auch zum Trinken (dank dreier Wasserfilter) nutzen, sind wir ohne funktionierende Wassserpumpe natürlich aufgeschmissen. Peter, der schlaue Fuchs, hat also gut mitgedacht und vorsorglich eine Ersatzpumpe aus Deutschland mitgebracht. Und was kann ich sagen? „Läuft!“ 🙂

Am nächsten Tag machen Peter und ich uns auf, das Städtchen und die Umgebung zu erkunden. Wir laufen in den niedlichen Ortskern und treffen dort zufällig die beiden Holländer Emmy und Anton wieder, die sich ihre Reise mit Freiwilligenarbeit finanzieren und die zuletzt auf unserem Campingplatz Guaimaro in Barichara gearbeitet haben. Mittlerweile treffen wir echt überall uns bekannte Menschen wieder. Hatte ich bereits erwähnt, dass die Reisewelt wirklich klein ist?!

Nachdem wir Jardin erkundet haben, machen wir uns auf und wandern in die umliegenden Berge. Wir befinden uns mittlerweile eh auf einer Höhe von ca. 1750 m über dem Meeresspiegel, da wird die Luft schon ein wenig dünner, was sich beim recht steilen Aufstieg durchaus bemerkbar macht. Aber wir genießen die Natur und die Ruhe und laufen inmitten von Bananen- und Kaffeeplantagen, vorbei an Limetten- und Mandarinenbäumen. Dabei erhalten wir eine immer bessere Aussicht auf das Tal und das Städtchen Jardin. Jardin bedeutet übrigens Garten…was passender nicht sein könnte! Auch kommen wir vorbei an kleinen Wasserfällen und bekommen Gesellschaft von einem freilaufenden Pferd…immer mal was Neues!

Dann erreichen wir ein kleines Häuschen, bei dem Getränke angeboten werden. Wir legen einen Zwischenstopp ein und entdecken dann, welch fantastische Aussicht man von hier oben hat. Umgeben von Schmetterlingen und umherfliegenden Kolibris sitzen wir auf der Terrasse und schauen bei unserem Kaltgetränk ins wunderschöne Tal und auf die dahinterliegenden Berge. Einfach toll! Kolumbien, was bist Du doch für ein schönes Fleckchen Erde!

Am folgenden Tag ziehen wir mit unserem „Colombian Convoy“, bestehend aus Zach und Rhuta in ihrem Toyota Tacoma, Shelly mit ihrem Hund Franklin in ihrem Ford Ranger und wir mit unserem Sprinti, weiter. Es kommt uns vor als ob wir an diesem Tag die ganze Welt bereisen, kommen wir doch an Orten wie Armenien, Montenegro, Sevilla, Verdun, Andalusien und Florida vorbei.

Dann aber erreichen wir das Cocora Tal, was für seine Wachspalmen bekannt ist. Die Quindio-Wachspalme wurde 1801 von Alexander von Humboldt entdeckt und ist in Kolumbien heimisch. Sie gilt als höchste Palmenart der Welt, denn die Stämme erreichen Wuchshöhen von 15 bis 50 Metern mit einem Durchmesser von 20 bis 40 Zentimetern. Die Quindio-Wachspalme hat ein sehr langsames Wachstum und kann mehrere hundert Jahre alt werden. Seit 1985 ist sie übringes der Nationalbaum Kolumbiens.

Ja und genau da wollen wir hin!

Wir erwischen einen zu einem Restaurant (das an diesem Tag im Übrigen keinen Strom hat) gehörenden Campingplatz (Donde Juan B Bosques de Cocora) inmitten von Wachpalmen und sind erneut die einzigen Campinggäste. Die Aussicht ist mal wieder herrlich!

Peter und ich machen uns am nächsten Tag auf, uns diese Wachspalmen mal genauer anzuschauen. Also rauf auf die Berge! Mittlerweile befinden wir uns auf einer Höhe von ca. 2500 m über dem Meeresspiegel, was körperliche Anstrengungen nicht unbedingt einfacher macht. Dann galoppiert plötzlich auch noch wie aus dem Nichts eine Herde Wildpferde an uns vorbei…alles klar, lasst Euch von uns nicht aufhalten! An verschiedenen Aussichtspunkten, an denen wir definitv nicht die Einzigen sind, die ein Foto von der spektakulären Aussicht erhaschen wollen, machen wir Halt. Als wir an einem gerade einen Zwischenstopp einlegen, um ein wenig Luft zu schnappen, kreist plötzlich ein riesiger Kondor über uns.

Kondore, genauer gesagt „Andenkondore“, sind mit bis zu 15 Kilogramm die schwersten Greifvögel und zählen zu den wenigen Vögeln, deren Spannweite über 300 Zentimeter betragen kann. Die Art ist in der Andenregion Südamerikas von Venezuela bis Feuerland verbreitet. Im Norden dieses großen, sich in Nord-Süd-Richtung über 8000 Kilometer erstreckenden Gebietes sind die Vorkommen gering, regional auch völlig erloschen, nach Süden hin wird die Art häufiger. Die IUCN schätzt den Gesamtbestand auf etwa 6.700 erwachsene Vögel und listet die Art als gefährdet. Vor allem durch intensive Bejagung seit der spanischen Conquista hat der Bestand der Art stark abgenommen. Insbesondere in den nördlichen Andenstaaten ist der Andenkondor weitgehend verschwunden oder nur mehr in kleinen, voneinander isolierten Restbeständen existent. Wie wir erfahren, gibt es in ganz Kolumbien nur noch 70 Exemplare dieser Art. Und einer davon kreist nun über uns, wobei das Kreisen eher einem majestätischen durch die Luft gleiten ähnelt.

Das rundet unseren Trip doch schön ab! Als wir von unserer Wanderung zurückkehren, gibt es erstmal einen heißen Kakao und ein Stückchen Kuchen in unserem Restaurant am Campingplatz (yippieh, der Strom dort ist auch wieder da!). Das haben wir uns jetzt auch verdient 🙂 ! Irgendwann fängt es an zu regnen und so ziehen wir uns in Sprinti zurück, gucken Serie und lassen den Tag dann noch ganz gemütlich ausklingen.

Dann geht es für uns weiter Richtung Süden (Kolumbien ist aber auch einfach ein riesiges Land!). Die Landschaft ändert sich ein wenig…es wird trockener und nun werden Unmengen an Zuckerrohr angebaut.

Kurz vor der Stadt Popayan haben wir uns einen kleinen Campingplatz herausgesucht. Als wir dort ankommen, sagt man uns allerdings harsch, dass wir nicht bleiben dürfen und drei knurrende und laut bellende Hunde machen erst kurz vor uns halt. Das hat uns nun gerade noch gefehlt! Nach einem langen Fahrtag mit schlechten Straßen, viel Verkehr und wieder einmal viel zu vielen neuen Eindrücken, wollen wir eigentlich nur noch ankommen und unser Lager aufschlagen. Also heißt es nun weiterfahren! Dann erhaschen wir in der IOverlander-App doch noch einen Platz (Villa Lolita) nicht all zu weit entfernt. Wir haben Glück, dort dürfen wir bleiben! Wenn auch gleich der Platz ein wenig anders ist, als wir uns das vorgestellt haben. Wir stehen mit unseren Fahrzeugen bei einer Familie schlichtweg im Garten. Links davon befindet sich ein kleines Toilettenhäuschen samt Dusche…kalt natürlich, aber mittlerweile sind wir abgehärtet. Wir werden von der Familie feundlich begrüßt und mit offenen Armen empfangen.

Am nächsten Morgen werden wir von Hundegebell (es gibt hier in Kolumbien übrigens unwahrscheinlich viele deutsche Schäferhunde) und Hahnengekrähe geweckt, aber auch das ist seit Mexiko Standard. Nach einer kalten Dusche sind wir topfit um weiterzufahren als Olga mit einem vollen Tablett selbstgemachter kolumbianischer Kekse und frischgepresstem Mangosaft aus dem Haus kommt und uns freudestrahlend einen guten Morgen wünscht. Sie bittet uns in ihr Gästebuch zu schreiben, denn Deutsche waren hier noch nie. Das machen wir doch gerne, liebe Olga!

Auch dieser Tag wird wieder ein langer Fahrtag…aber wir sind ja gestärkt von Olgas Verpflegung 🙂 ! Am späten Nachmittag sind wir allerdings froh, als wir unseren Stellplatz für diese Nacht erreichen. Leider befindet sich dieser direkt an einer viel befahrenen Straße und ist lediglich ein Parkplatz, der zu einem Hostal (Hostal Padua) gehört. Egal, wir machen es uns schön…holen unsere Lichterkette heraus, fahren unsere Markisen aus und machen uns mit Shelly, Zach und Rhuta unser eigenes kleines Camp an diesem Abend auf. Die Besitzer sind schon ganz nervös, soll doch am nächsten Tag der 80. Geburtstag der Oma hier stattfinden. Also wird bis in den späten Abend alles geschmückt und tonnenweise Luftballons werden aufgeblasen. Auch die steile Einfahrt ist mit Wimpeln geschmückt, die wir mit Sprinti fast abgerissen hätten, wäre der Besitzer beim Einfahren nicht zur Hilfe geeilt und hätte sie hochgehalten.

Um die Feierlichkeiten nicht zu stören, machen wir uns am nächsten Morgen früh wieder auf den Weg. Shelly ist mit Franklin eh schon früh auf den Beinen, hat sie doch einen Termin beim Tierarzt, um für Franklin alle erforderlichen Unterlagen ausgestellt zu bekommen…denn unsere nächste Grenze steht bereits unmittelbar bevor.

Ecuador wartet auf uns…oder vielleicht doch nicht?

Es ist der 19.08.2023 und am nächsten Tag sollen die Präsidentschaftwahlen in Ecuador stattfinden. Wenn man betrachtet, dass erst vor einigen Tagen ein Präsidentschaftskandidat, der den Kartellen im Land den Kampf angesagt hat, schlichtweg erschossen wurde, ein durchaus heikles Thema. Da wir nicht wissen, ob die Wahl also eventuell für weitere Eskalationen in Ecuador sorgen wird, entscheiden wir uns die Wahl abzuwarten und noch ein paar Tage länger in Kolumbien zu bleiben.

Daher ist es für uns heute nur ein sehr kurzer Fahrtag, hin zu einem Platz in der Nähe mit hoffentlich ein wenig mehr Ruhe. So legen wir nur einen Stopp am Supermarkt ein und freuen uns dann auf einen angenehmen Chill-Tag.

Wir sich Pläne manchmal doch innerhalb von kürzester Zeit ändern können! Gemeinsam mit Zach und Rhuta (Shelly ist mit Franklin noch beim Tierarzt), stehen wir vor einer sehr steilen ungepflasterten Auffahrt zu unserem nächsten Stellplatz (Villa Margarita). Per WhatsApp erfahren wir, dass die Besitzer Jose Fernando und Diana erst in einer Stunde zurück sind. Also warten wir mitsamt unserer Autos unten am seitlichen Rand der ebenfalls ungeteerten Straße. Dann endlich sind sie da und wir können die steile Auffahrt hochfahren. Wir setzen zurück…und dann passiert es! Das Auto von Zach und Rhuta rutscht seitlich in den kaum ersichtlichen, aber dennoch sehr tiefen Graben. Sie stecken fest! Es geht nichts mehr! Schnell holt Jose Fernando sein Auto (ein kleiner SUV) und versucht sie mit der Winsch (Schleppwinde) herauszuziehen. Doch Zachs Truck ist einfach zu schwer und rutscht weiter ab. Mittlerweile hängt der Wagen in einem ca. 20 Grad Winkel im Graben und liegt nur noch mit dem Differential unten auf dem Boden auf. Dies bohrt sich gefährlich in den harten Untergrund. Mit Sprinti haben wir ebenfalls keine Chance den Truck herauszuziehen. Für dieses Gewicht ist er definitiv nicht ausgelegt. Wir brauchen Shelly mit ihrem schweren Ford! Glücklicherweise ist sie 15 Minuten später da.

Mittlerweile kommen immer mehr Menschen an dieser, wie wir dachten, doch recht abgelegenen Straße vorbei und wollen helfen oder einfach nur die Straße passieren. Alle haben irgendwelche Ideen, die letztendlich nicht den gewünschten Erfolg bringen oder sich schlichtweg nicht umsetzen lassen. Die Stimmung ist zum zerbersten gespannt…besonders bei Zach und Rhuta, die schon befürchten, ihre Reise sei hier und jetzt beendet. Trägt das Differential derzeit doch das gesamte Gewicht des Wagens und wenn das zerstört wird, bewegt sich „Pete“, wie sie ihren Wagen nennen, danach keinen Zentimeter mehr. Dann war es das wohl mit der Weiterreise auf der Panamericana! Wir brauchen also ganz schnell eine Lösung! Wir haben die Hoffnung, dass Shelly den Wagen seitlich hochziehen kann, während Jose Fernando von vorne zieht. Aber vergebens! Das Differential gräbt sich immer weiter in den Boden ein, die Räder bekommen keinen Halt. Wir brauchen etwas, was den Wagen hochhebt…wir brauchen einen Kran! Plötzlich kennt jemand von den umherstehenden Einheimischen jemanden mit einem Kran. 30 Minuten später ist er da. Allerdings sieht dieser Kran hier ein wenig anders aus als erwartet…

Dann heißt es Schwerstarbeit für Kran und Fahrzeug…die Winsch qualmt, der Motor heult auf und der Wagen bewegt sich so sehr auf die Seite, dass ich Bedenken habe, der Kran liegt gleich neben Pete im Graben. Nach dem Hochheben kommt das nach hinten Herausziehen. Der Kran ist auch dabei so überfordert, dass bei seinem Wagen die beiden Vorderräder in der Luft stehen und es fühlt sich mal wieder wie bei der „Versteckten Kamera“ an. Das glaubt einem doch kein Mensch, was sich an diesem Nachmittag hier im Süden Kolumbiens so abspielt!

Aber es funktioniert…Zach und Rhutas Truck erhebt sich aus dem Graben und findet seinen Weg zurück auf die Straße. Das Differential bleibt heile, allerdings ist die Eisenhalterung für das Ersatzrad hinten am Fahrzeug komplett verbogen. Daran sieht man, welche Kräfte dort gewirkt haben.

Nach über drei Stunden ist es also geschafft und wir erreichen dann doch noch unseren Platz bei Diana und Jose Fernando. Es handelt sich überraschenderweise wieder um einen Garten eines Privathauses…nur dieses Mal ist es noch ein wenig enger…erst Recht, als tagsdrauf Anne und Christian (van.we.bike), zwei deutsche Reisende, die von Süd nach Nord unterwegs sind, eintreffen. Wir sitzen bei einem netten Grillabend zusammen und tauschen uns über unsere bisherigen Reiseerlebnisse aus. Besonders interessant ist es von Reisenden zu hören, die die Panamericana von der Gegenrichtung befahren. So wird das ein richtig schöner Abend und wir senden auf diesem Weg liebe Grüße an die Beiden!

Dann verabschieden wir uns kurzzeitig von Zach und Rhuta, die noch einen Tag länger bleiben, um die Halterung des Ersatzreifens wieder repariert zu bekommen…Jose Fernando kennt da wen. Gemeinsam mit Shelly und Franklin machen wir uns im „Zweier-Konvoy“ auf den Weg Richtung Grenze. Allerdings legen wir vorher noch einen Abstecher ein…Las Lajas (s. dazu auch unsere Route)! Hierbei handelt es sich um eine imposante Kirche, die mitten in eine Schlucht gebaut wurde. Wir halten an einem Parkplatz der Teleférico, zu deutsch „Seilbahn“, denn hier dürfen wir auch übernachten. Sehr praktisch!

Gemeinsam mit Shelly und Franklin steigen wir in die Seilbahn und fahren durch die Berge in das Tal. Wir kommen vorbei an einem Wasserfall und sehen wie die Menschen hier auf den Feldern per Hand das Gemüse ernten. Dann sehen wir aus der Ferne die Basilika. Das Gebäude ist echt atemberaubend, wie es da so aus der Schlucht emporsteigt. Das Santuario de Nuestra Señora de las Lajas ist eine römisch-katholische Pilgerstätte zu Ehren der Marienanrufung Nuestra Señora de las Lajas, einer auf einen Stein gemalten Rosenkranzmadonna. Dort angekommen, erkunden wir das Areal und bringen unsere Handykameras zum Glühen.

Zurück geht es dann ebenfalls per Seilbahn. Bei Sprinti und Dolly (so nennt Shelly ihr Fahrzeug) angekommen, ist auf dem Parkplatz kaum noch etwas los. Ein paar Schafe grasen noch dort, als plötzlich eine Fahranfängerin mit ihrem Freund um die Ecke kommt und anscheinend ihre Fahrkünste ein wenig verbessern möchte. Von „Fahrkünsten“ zu sprechen ist eventuell ein wenig zu hochgegriffen. Sagen wir mal so…der Nachbar bringt irgendwann seine Schafe in Sicherheit und wir haben bei so manchem Einparkmanöver auf dieser großen Wiese Angst um Dolly und Sprinti. Dazu sei gesagt, dass man bis vor wenigen Jahren in Kolumbien weder eine Theorie- noch eine Praxisprüfung benötigte, um seine Fahrerlaubnis zu erhalten, sondern sie lediglich gegen eine Bearbeitungsgebühr beim Amt kaufen konnte. Als die Dunkelheit eintritt, hat allerdings auch das Fahrtraining ein Ende und so lassen wir auch diesen Abend ganz ruhig ausklingen.

Denn am nächsten Morgen geht es schon früh weiter…wir erreichen Ecuador!

Reiseberichte Kolumbien

Medellin, die einst gefährlichste Stadt der Welt (#060)

3. September 2023

– Und warum das Drogengeschäft in Kolumbien immer noch eine große Rolle spielt –

Wir sind auf dem Weg nach Medellin (s. dazu auch unsere Route) und auf den Straßen begegnet uns mal wieder so einiges…von freilaufenden Pferden, die sich ganz doll lieb haben bis hin zu auf das Autodach geschnallte Schnittblumen…alles dabei!

Dann erreichen wir Medellin, die mit mehr als 2,6 Millionen Einwohnern (4,2 Mio. Einwohner in der Metropolregion) zweitgrößte Stadt Kolumbiens. Die Stadt ist aufgrund ihres ganzjährig sonnigen und warmen Klimas als „Stadt des ewigen Frühlings“ bekannt. Viele Jahre galt Medellin allerdings auch als gefährlichste Stadt der Welt. Die Statistik berichtet von mehr als 45.000 Tötungsdelikten im Zeitraum 1990–1999. Erst nachdem paramilitärische Milizen vertrieben und Ende 2003 auch entwaffnet wurden, sank die Zahl drastisch von 6.658 Fällen (1991) auf 778 Fälle (2004) und lag somit unter dem Durchschnitt anderer lateinamerikanischer Großstädte. Medellin erreichte seinen niedrigsten Stand an Morden im August 2007 und gilt heute tatsächlich als eine Vorzeigestadt Lateinamerikas. Gründe hierfür sind die erfolgreiche Integration der zuvor schwer zugänglichen städtischen Randbezirke, deren Anschluss an die Stadt mit preiswertem kommunalen Nahverkehr und Seilbahnen sichergestellt wurde, die Stärkung von Kunst, Kultur und Sport im öffentlichen Raum sowie breite Investitionen in Bildung und Hochschulen. 2012 wurde Medellin daher vom Wall Street Journal zur innovativsten Stadt der Welt ernannt.

Gemeinsam mit unseren amerikanischen Freunden Rhuta, Zach und Shelly fahren wir zu einem Campingplatz ein wenig außerhalb der Stadt. Hier werden wir von gleich acht Hunden begrüßt und die nächsten Tage stehen voll unter dem Motto: „Vorsicht, Tretminen!“ Nichtsdestotrotz können wir hier mal wieder Wäsche waschen, das ein oder andere erledigen und für Euch Artikel schreiben…Gesellschaft haben wir dabei immer!

Auf dem Platz treffen wir zufällig auch Franzi und Kay wieder, die wir zuletzt in Mexiko getroffen haben…ja, die Reisewelt ist klein! Abends wärmen wir uns am Lagerfeuer auf, denn es ist tatsächlich kalt geworden. Wir befinden uns noch immer in den Anden und mittlerweile auf einer Höhe von ca. 1600 m über dem Meeresspiegel. Da kommt so ein Feuerchen am Abend gerade recht!

Dann machen wir uns endlich auf auch die Stadt zu erkunden. Unweit unseres Campingplatzes startet eine Seilbahn, die uns bis mitten in die Innenstadt bringt…sehr praktisch und die Aussicht ist einfach der Hammer!

Nach der Seilbahn geht es noch kurz in die Metro und dann sind wir auch schon mittendrin im Geschehen. Als erstes erreichen wir den „Plaza Botero“, ein Platz mit 23 Skulpturen des Künstlers Fernando Botero. Wir finden, die ein oder andere ist ja ganz nett anzuschauen, der Rest ist dann wohl eher Geschmackssache. Wir schlendern weiter…durch diese bunte volle Stadt, die so voller Leben steckt und uns mit ihren vielen Eindrücken so manches Mal ein wenig überfordert.

Gemeinsam mit Shelly machen wir uns dann auf den Weg in den Stadtteil San Javier (Comuna 13). Über Jahre hinweg war die Comuna 13 Kriegsgebiet, in dem wechselnde Parteien um die Oberhand kämpften. Mit dem Terrorregime von Drogenkönig Pablo Escobar tobte in Medellin und ganz Kolumbien ein Bürgerkrieg zwischen Sicherheitskräften, rechten Paramilitärs und der linken Farc-Guerilla. Die Comuna 13 zählte mit rund 43,5 Einwohnern auf 1000 m² zu dem am dichtesten besiedelten Gebiet der Stadt Medellin. Die gesamte Anzahl der Bewohner in der Comuna liegt wahrscheinlich jedoch wesentlich höher, da nicht alle Personen amtlich gemeldet sind und registriert wurden. Auf einer Fläche von rund 7 km², die sich überwiegend an steilen Hängen befindet, lebten 2017, zum größten Teil in ärmlichen Verhältnissen, 161.000 Menschen. Heute zeichnet sich dieses Viertel durch seine Kunst und Kultur aus. Beeindruckende Graffitis zieren die Wände und kolumbianische Musik säumt die Straßen. Hier mal ein kleiner Eindruck…

Um in diesem Viertel die unterschiedlichen Höhenlagen einfach überwinden zu können, gibt es seit 2011 eine Riesen-Freiluftrolltreppe. Die Anlage mit einer gesamten Rolltreppenlänge von 348 Metern, die in sechs Abschnitte unterteilt ist, überwindet einen Höhenunterschied von umgerechnet rund 28 Stockwerken. Diese Rolltreppe nehmen wir doch dankend an und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Überall sind kleine Läden und Bars, hier wird tatsächlich jeder Quadratzentimeter genutzt und alles ist bunt, bunt und nochmals bunt.

Oben angekommen haben wir eine tolle Sicht über das Viertel und die gesamte Stadt. Der Wandel ist schon enorm, wenn man sich überlegt, wie viel Gewalt und welche Tragödien sich noch in den 90er-Jahren auf diesen Straßen abgespielt haben müssen und was für ein buntes und reges Treiben nun hier stattfindet. Wir legen einen Zwischenstopp in einer Bar ein, bei der wir über den Dächern der Stadt ein lokales Bierchen und die Aussicht genießen. Schnell kommen wir dabei auch mit Einheimischen ins Gespräch.

Nach einer schönen, aber auch recht wuseligen Zeit in Medellin geht es für uns weiter. Dabei kommen wir an den Häusern des Clans von Pablo Escobar, dem bekanntesten Drogenbaron der Welt, vorbei. Vielleicht ist dem ein oder anderen von Euch der Name ja ein Begriff. Pablo Emilio Escobar Gaviria (auch „El Doctor“, „El Patrón“ oder „Don Pablo“ genannt, * 1. Dezember 1949 in Rionegro; † 2. Dezember 1993 in Medellin) war ein kolumbianischer Drogenbaron, Drogenschmuggler und Terrorist. Durch groß angelegten und erstmals in der Kriminalgeschichte industrialisierten Drogenhandel, wurde er als Oberhaupt des sogenannten Medellín-Kartells zu einem der reichsten Menschen und auch der bisher mächtigsten und brutalsten Drogenbarone der Welt. Escobars Persönlichkeit und sein Verhalten zeichneten sich dabei stets durch Grausamkeit und Skrupellosigkeit aus, die ihn schnell an die Spitze des Medellín-Kartells brachten.

Mitte der 1970er-Jahre wurde der Marimba-Marihuanahandel durch die Modedroge Kokain abgelöst. Pioniere in diesem neuen Boom-Geschäft waren Escobar, die Ochoa-Brüder, Carlos Lehder und José Rodriguez Gacha. Der intelligente und geschäftstüchtige Escobar erkannte als einer der ersten allerdings das enorme wirtschaftliche Potential des Kokainhandels und begann damit, neuartige Vertriebsstrukturen aufzubauen, so daß diese Ware die Endabnehmer in den Vereinigten Staaten erreichen konnte.

Escobar nutzte diese ungeahnten Verdienstmöglichkeiten für seinen gesellschaftlichen Aufstieg und baute in den 1970er-Jahren ein riesiges Drogenimperium auf. Während seiner besten Jahre soll er bis zu 1,5 Millionen US-Dollar am Tag verdient haben und war als „der“ Drogenbaron Kolumbiens bekannt. Im Widerstand gegen ein von der kolumbianischen Regierung beabsichtigtes Gesetz zur Auslieferung von Drogenhändlern an die USA, führte Escobar an der Spitze der Los Extraditables („Die Auslieferbaren“) einen regelrechten Krieg gegen den Staat. Er ließ Hunderte von Polizisten, Richtern und Staatsanwälten ermorden und überzog die Hauptstadt Bogotá mit Bombenterror. Zahlreiche Entführungen von Angehörigen des öffentlichen Lebens in Kolumbien, häufig mit tödlichem Ausgang, gingen auf Escobars Konto.

Escobar war allerdings auch sozial engagiert. Er finanzierte Krankenhäuser, Sozialwohnungen und Schulen und genoss daher unter dem ärmsten Teil der Bevölkerung seiner Heimatstadt Medellin zum Teil sogar einen guten Ruf. Das Fußballstadion seines Heimatvereins in Envigado wurde mit seinen Geldern erbaut. Escobar gründete in Medellin Büro- und Apartmentkomplexe, Diskotheken und zahlreiche Restaurants, noch heute sind seine Spuren sichtbar.

Escobar starb, als eine US-amerikanisch-kolumbianische Elite-Einheit ihn 1993 bei einer Razzia in Medellin erschoss. Er hatte aus seinem Versteck heraus mit seinem Sohn telefoniert, wobei die Ermittler den Anruf zurückverfolgen konnten. An Escobars Beerdigung nahmen damals über 20.000 Menschen teil.

Jetzt stellt sich natürlich die Frage, was ist seitdem passiert? Gibt es in Kolumbien noch immer diesen immensen Drogenhandel, die Kartelle und unsagbare Gewalt? Die Antwort ist: „Ja, sicherlich!“ Haben wir als Touristen davon etwas mitbekommen? Nein!

Heutzutage werden 50-60% der gesamten Wirtschaftsleistung Kolumbiens tatsächlich durch den Drogenhandel erzielt. Auch große Unternehmen und Banken sind durch Geldwäsche etc. in diese Geschäfte verwickelt. Zwar wird jede/r Kolumbianer/in ab 18 Jahren mindestens einmal in seinem Leben von den Kartellen angesprochen, ob er/sie nicht für die Kartelle arbeiten möchte, aber dennoch ist ein wenig Frieden in den Alltag der Menschen hier eingekehrt. Ein Taxifahrer erklärt uns, dass man als „normaler“ Bürger ohne Angst und Schrecken leben kann, weil man von den Kartellen in Ruhe gelassen wird. Kolumbien ist seit den 90er-Jahren sicherer geworden und die Lebensqualität ist drastisch gestiegen.

Auch für uns als Tourist fühlt es sich so an. Wir erleben ein wunderschönes Kolumbien mit freundlichen Menschen, die sich, manchmal auch mit einfachen Mitteln, ihr Leben schön gestalten. Die Kolumbianer lieben es übrigens Billard zu spielen und Fahrrad oder Mountainbike zu fahren. Wir haben uns in diesem Land zu jedem Zeitpunkt sicher gefühlt ohne dabei leichtsinnig zu sein.

Immer mal wieder kommen wir auf der Straße auch an Polizeikontrollen vorbei (wie übrigens in den vorherigen Ländern auch), wurden in Kolumbien allerdings nie angehalten. Oft war das Fahrzeug vor oder hinter uns an der Reihe, wir glücklicherweise nicht. Vielleicht deshalb, weil man uns auch in Kolumbien oft für einen öffentlichen Bus hält, die ähnlich wie in Mittelamerika meist weiße Sprinter sind…sehr schön! Apropos Fahrzeug…hier in Kolumbien gibt es übrigens einige Mautstraßen. Wenn wir an den Stationen halten, schauen die Damen und Herren am Schalter gerne auf Sprintis „Hinterteil“. Wir sagen dann „sencilla“, was bedeutet, dass Sprinti hinten nur einfache Bereifung hat und wir somit nur Maut für einen PKW zahlen müssen. Viele der Sprinter-Busse haben nämlich Doppelbereifung und zahlen daher mehr. Ebenfalls sehr schön!

Wenn man all das nun mal zusammenfasst, können wir sagen, dass Kolumbien seine dunkelste Vergangenheit hinter sich gelassen hat, auch wenn es heute sicherlich noch Probleme im Land gibt. Allerdings läuft das Drogengeschäft auch nur so gut, weil es Abnehmer gibt und die sitzen vornehmlich in den USA und in Europa. Wir reden hier also nicht von einer kolumbianischen oder südamerikanischen Problematik, sondern von einer weltweiten. Und es beginnt bei uns vor der Tür…auch in Deutschland!

Wir können Kolumbien, dieses wunderschöne Land, als Urlaubsziel nur empfehlen und würden es jederzeit wieder bereisen.

In der nächsten Woche erfahrt Ihr dann wie unsere Reise weitergeht und was wir ansonsten noch so erleben…in Kolumbien!

Reiseberichte Kolumbien

Kolumbien…was ein schönes Land (#059)

27. August 2023

– Das hätten wir so nicht erwartet –

Wir erreichen das Örtchen Barichara, eine 7000 Einwohner Gemeinde im Bezirk Santander. Es liegt in den Anden auf einer Höhe von 1280 Metern und da es für die gut erhaltene koloniale Architektur aus dem achtzehnten Jahrhundert im Ortskern bekannt ist, gehört es seit 1978 zum nationalen Kulturerbe. Wir haben uns hier ein wenig abseits des Ortes einen kleinen Campingplatz (Guaimaro) herausgesucht, der von den beiden holländischen Auswanderern Julia und Joep geführt wird. Wir sind sofort verliebt in diesen Flecken Erde. So stehen wir mit Sprinti auf einem Berg mit einer traumhaften Aussicht in das Tal. Die Räumlichkeiten wie Küche und Bad sind offen und aus natürlichen Materialien gefertigt. Julia backt uns morgens frisches Brot und wir erhalten selbstgemachte Marmelade…so lecker! Auch unsere Freunde Shelly, Rhuta und Zach aus den USA und ebenso unser Container-Buddy Martin und seine Freundin Lea haben diesen Platz für sich entdeckt. Und so bleiben wir hier für ein paar Tage, erledigen mal wieder Dinge, die schon lange auf der To Do-Liste stehen, waschen Wäsche, schreiben Artikel, recherchieren für die weitere Reise und sitzen abends mit anderen Reisenden gemeinsam am Lagerfeuer. Peter erhält hier auch seinen neuen Spitznamen „Engineer of Fire“, weil seine Art des Feuermachens die ausgeklügeltste zu sein scheint…ist ja schließlich auch nicht sein erstes Feuer 🙂 !  Und so genießen wir hier die Zeit in dieser Abgeschiedenheit, der Ruhe und dieser traumhaften Kulisse.

Ein wenig Arbeit steht allerdings auch an und so widmen wir uns an einem Tag mal unserer hinteren Dachluke, genauer gesagt dem Maxxfan. Wir haben beide Maxxfans vor rund 3,5 Jahren selbst eingebaut und bisher hielt auch alles bombendicht. Jetzt ist uns allerdings an der hinteren Dachluke aufgefallen, dass sich an kleinen Stellen die Abdichtung beginnt zu lösen. Um langfristig einen größeren Schaden zu vermeiden, entschließen wir uns, diese besagte Luke einmal komplett aus- und wieder einzubauen, um sie dann auch völlig neu abzudichten. Zum Glück haben wir alles, was wir dafür benötigen mit an Bord. Der größte Aufwand dabei ist, die alte Abdichtung vollends zu beseitigen. Und so sind wir den ganzen Tag mit dieser Aktion beschäftigt und so viel sei gesagt…es kündigt sich Regen an, was natürlich äußerst unglücklich ist! Aber es passt! Im trockenen Zustand bekommen wir alles wieder dicht und spannen dann gerade noch rechtzeitig eine Plane (sehr praktisch übrigens immer eine Malerfolie dabei zu haben!) bevor es beginnt zu regnen. Es hat funktioniert…die hintere Dachluke ist wieder dicht! 🙂

An einem Tag machen wir uns auf in Richtung Barichara…und wie funktioniert das hier? Genau, mit dem Tuk-Tuk! Die Fahrt über die steinigen und steilen Feldwege gestaltet sich durchaus abenteuerlich. Unser Fahrer weiß hoffentlich was er da tut! Unseren ersten Stopp legen wir an einem schönen Aussichtspunkt ein…hach, was fein!

Anschließend geht es weiter in den Ortskern…mit dabei Zach, Rhuta und Shelly samt Hund Franklin. Wir schlendern durch Barichara, nehmen in einem Straßencafe eine Erfrischung ein und landen letztendlich in einem netten Restaurant. Was ein schöner Nachmittag!

Dann ist es an der Zeit weiterzuziehen, denn es gibt noch so viel zu entdecken hier in Kolumbien. Das Land ist nämlich dreimal so groß wie Deutschland und bevölkerungsmäßig (ca. 51,5 Mio. Einwohner) der zweitgrößte Staat Südamerikas. Es grenzt sowohl an den Pazifischen Ozean als auch an das Karibische Meer und auf dem Festland im Nordwesten an Panama, im Osten an Venezuela, im Südosten an Brasilien, im Süden an Peru und im Südwesten an Ecuador. Die westliche Hälfte Kolumbiens wird von den Anden dominiert, die in drei große Bergketten geteilt sind: die westliche, die zentrale und die östliche Kordillere. Wir befinden uns gerade in der zentralen Kordillere und sind überrascht von dieser landschaftlichen Schönheit…das hatten wir von Kolumbien ehrlich gesagt gar nicht erwartet! Diese Berge, diese vielen grünen Bäume, Palmen und Sträucher…einfach toll! Hinsichtlich der Artenvielfalt belegt Kolumbien in Südamerika den zweiten Platz: Zehn Prozent der weltweit vorhandenen Arten sind tatsächlich auf kolumbianischem Boden vertreten. Mit einer enorm hohen Biodiversität und aufgrund der großen Zahl von endemischen Arten, Gattungen und Familien sowie vielfältigen Ökosystemen gehört Kolumbien zu den Megadiversitätsländern dieser Erde. Der größte natürliche Reichtum des Landes ist seine Flora. Insgesamt gibt es in Kolumbien zwischen 45.000 und 55.000 Pflanzenarten, davon allein 3500 Orchideenarten (das sind immerhin 15 % aller auf der Welt existierenden Orchideenarten). Wir sind begeistert von all den Blumen, die wir hier auf natürlichem Boden zu Gesicht bekommen, kennen wir die meisten davon doch tatsächlich nur aus den Blumenläden zu Hause. Auch das Tierreich ist mit insgesamt 2890 Landwirbeltierarten sehr vielfältig. Mit 1721 Vogelarten sind 20 % und mit 358 Säugetierarten 7% aller der weltweit vorkommenden Arten vertreten. Die Zahl von 819 Amphibienarten ist dazu die weltweit zweitgrößte nach Brasilien. Aufgrund der Gefährdung für die Natur gehört diese Region zu den internationalen Hotspots der Vielfalt.

Dazu sind die meisten Orte sauber und gepflegt und versprühen mit ihren alten Gebäuden absolut ihren Charme. Die Menschen sind sehr offen und so was von freundlich. Und wir sind begeistert!

Nach einigen Stunden Autofahrt erreichen wir das Örtchen Villa de Leyva. Hier stehen wir mit Shelly, Zach und Rhuta in einem Garten eines Hostels. Recht eng, aber es gibt dort eine heiße Dusche, was hier bei weitem nicht selbstverständlich ist. Mittlerweile ist es nämlich doch äußerst frisch (was wir ja durchaus begrüßen), da tut so eine heiße Dusche doch mal ganz gut.

Der nächste Tag verläuft ganz nach meinem Geschmack…es ist mein Geburtstag und somit darf ich mir das heutige Programm aussuchen 🙂 . Wir starten mit einer Videotelefonie mit meinen Eltern und meiner Schwester, allerdings ist der Empfang nicht immer so ganz optimal. Danach machen wir uns auf Villa de Leyva zu erkunden. Die Entstehung des Ortes reicht bis in die erste Zeit der spanischen Eroberung zurück. Es wurde schon früh zum nationalen Denkmal ernannt und so von modernen Bauten wie Büro- und Wohnhochhäusern verschont. Deshalb gibt Villa de Leyva heute einen Eindruck von der Architektur und dem Ambiente der kolonialen Zeit. Die nur einstöckigen Häuser mit ihren Ziegeldächern, die Kirche mit ihren massigen und niederen Türmen und das jahrhundertealte Kopfsteinpflaster der riesigen Plaza waren deshalb immer wieder Kulisse für historische Filme. Und auch dieser Ort gefällt uns mit seinen fröhlichen Menschen, den engen Gassen und den vielen kleinen Läden, die Handwerkskunst verkaufen. Wir entdecken ein französisches Café, in dem wir uns das Gebäck schmecken lassen und finden zudem eine Bäckerei, die tatsächlich Sauerteigbrot verkauft, was unserem deutschen Brot glücklicherweise sehr nahe kommt. Was vermissen wir doch gutes deutsches Brot und „richtige“ Brötchen! Aber das nächste Frühstück ist schon mal gesichert! Tatsächlich erspähen wir an diesem Tag in einem Delikatessen-Geschäft auch noch Dinge wie Sauerkraut und deutsches Bier.

Gut gestärkt geht es für Peter und mich dann noch zu einer ganz bestimmten Sehenswürdigkeit des Ortes…dem Casa Terracotta. Wie der Name schon sagt, ist dieses Haus komplett aus Terracotta gebaut, entworfen vom kolumbianischen Architekten Octavio Mendoza Morales. Das Haus ist nicht nur die „größte Töpferei der Welt“ , sondern soll auch ein einzigartiger Ort sein, an dem Architektur, Design und Kunsthandwerk verschmelzen. Alles klar, das schauen wir uns an!

Dann lassen wir meinen Geburtstag in einem schönen „Freiluft-Restaurant“ ausklingen. Tolle Menschen, tolles Essen, tolle Atmosphäre…was will man mehr?!

Am nächsten Tag geht es für uns mal einmal nicht weiter Richtung Süden, sondern tatsächlich in den Westen (s. dazu auch unsere Route). Wir lassen also die Hauptstadt Bogota aus, da dort zum einen ein ziemliches Verkehrschaos herrschen soll und alleine das Durchqueren der Stadt um die acht Stunden in Anspruch nimmt und weil wir auf dieser Reise auch nicht jede Großstadt besuchen können. Wir fahren also über den Highway 60 Richtung Westen…wobei „Highway“ vielleicht nicht das richtige Wort ist, handelt es sich doch um eine zum Teil ungeteerte Straße mit Löchern, Steinen, weggespülten Abschnitten und engen Kurven. So gestaltet sich diese Fahrt durchaus abenteuerlich. Wir halten so manches Mal den Atem an, wenn wir an Wasserfällen vorbeikommen, die die Straße so weit unter- und überspülen, dass wir zum einen nicht wissen, ob die Straße tatsächlich unsere 3,5 Tonnen hält und zum anderen nicht, wie tief dieses Wasserloch wirklich ist, durch das wir nun fahren. Sprinti ist aufs Äußerste gefordert und wir werden mal wieder belohnt mit der sagenhaften Landschaft Kolumbiens. Stundenlang fahren wir durch diese Gegend und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus….soooo schön! Bei manch einer „LKW-Ladung“ fragen wir uns allerdings, ob der Fahrer weiß, was er so transportiert…

An diesem Tag übernachten wir auf einer großen Lichtung inmitten des Urwalds und teilen uns den Platz mit diversen Pferden und Ziegen. Die ganze Nacht über regnet es und Peter und ich haben schon Bedenken, dass die Straßen aufgeweicht und für uns unpassierbar sein werden. Wird schon irgendwie werden!

Am nächsten Morgen geht es früh weiter. Der Regen hat glücklicherweise aufgehört, die Straßen sind noch nass, aber Sprinti bekommt alles gut gemeistert. Unser Weg führt uns an diesem Tag zu einer ganz besonderen Attraktion…dem Piedra del Peñol, der Fels von Guatape. Der Fels ist ein auffälliger Inselberg, dessen Formation ca. 70 Millionen Jahre alt und der verbliebene Rest eines Erosionsprozesses ist. Bereits in den 1940er-Jahren wurde der Berg von der kolumbianischen Regierung zum Nationalmonument erklärt. Der Fels misst eine Höhe von 220 m, dazu kommt, dass wir uns bereits auf einer Höhe von 1915 m über dem Meeresspiegel befinden. Die Luft ist also schon um einiges dünner. Der Fels lässt sich mit sage uns schreibe 708 Stufen besteigen. Während sich Shelly, Zach und Rhuta dagegen entscheiden, machen Peter und ich uns auf nach oben…Stufe für Stufe! Während ich voll motiviert bin, ist Peter „schwer begeistert“. Nach rund 20 Minuten sind wir oben und, ich muss gestehen, auch ganz schön aus der Puste. Aber die Aussicht hat schon was…

Danach ist dann erstmal eine Stärkung fällig… 🙂

Bevor es dunkel wird fahren wir noch ein Stückchen weiter und erreichen Medellin, die Stadt, die einst die gefährlichste der Welt gewesen ist.

Wie es uns dort ergangen ist, erfahrt Ihr dann beim nächsten Mal!

Bis dahin macht’s gut!

Reiseberichte Kolumbien

Unterwegs in Kolumbien (#058)

13. August 2023

– Wir erreichen die Anden –

Nachdem wir Sprinti nach der Überfahrt im Container nun endlich wieder haben (s. dazu Artikel „Ein neues Kapitel beginnt…Südamerika! #057“), ist es für uns an der Zeit Kolumbien zu erkunden. So verlassen wir die Hafenstadt Cartagena und selbst das gestaltet sich schon abenteuerlich. Sind doch Unmengen an Motorrädern auf den engen und vollen Straßen unterwegs, die sich entlang der Autorreihen quetschen und waghalsige Manöver veranstalten, um voran zu kommen. Obwohl ich nur Beifahrerin bin, habe ich eine Herzfrequenz von mindestens 120 Schlägen pro Minute und gebe so manch einen Angstschrei von mir bei dieser doch speziellen Fahrweise in Kolumbiens Städten. Peter ist mal wieder der ruhigere Part von uns beiden, hat allerdings einen neuen besten Freund gefunden…die Hupe! Ohne die geht hier nämlich gar nichts! Es wird gehupt, um anderen mitzuteilen „ich komme“, „ich überhole“, „Vorsicht“, „hier bin ich“, „danke“, „bitte“, „ich habe gerade Lust auf die Straße abzubiegen, auch wenn ich Dich dabei schneide“, „ich lasse dich vor“, oder gefühlt auch einfach „was ein schöner Tag heute“…also quasi bei jeder Gelegenheit! Da passen wir uns doch einfach mal an und hupen was das Zeug hält.

Auch das Einkaufen gestaltet sich in Stadtnähe ein wenig kompliziert, gibt es doch kaum größere Geschäfte, in denen man eine gewisse Auswahl hat und Parkmöglichkeiten existieren quasi nicht. So sind wir froh, als wir am ersten Tag den Kühlschrank ein wenig gefüllt bekommen und dann einen Campingplatz in Santa Rosa unweit von Cartagena erreichen. Hierbei handelt es sich um eine große Wiese mit Obstbäumen und guten Sanitäranlagen. Dort treffen wir auch Martin, unseren Container-Buddy wieder und lernen andere Reisende aus Deutschland kennen. Allerdings ist bei Peter und mir erst noch Programm angesagt, denn wir müssen Sprinti erstmal noch wieder in den Ursprungszustand von vor der Verschiffung versetzen. Das bedeutet, wir müssen die Markise, die sich derzeit noch über das gesamte Fahrzeuginnere erstreckt, wieder außen anbringen, auch der Lüftungspilz vom Bad muss wieder aufs Dach und unsere zwei Dachluken erhalten wieder ihr „Haupt“ zurück, denn ansonsten fehlt uns gerade nachts eine entscheidende Möglichkeit der Luftzirkulation…denn es ist heiß, schätzungsweise um die 35 Grad. Allerdings zieht sich der Himmel zu und ein Gewitter kommt auf. Mit den ersten Regentropfen beenden wir unser letztes Projekt für diesen Tag…alles geschafft!

Am nächsten Tag entscheiden wir uns weiterzufahren, denn neben der Hitze quälen uns die Sandflies, kleine schwarze Stechviecher, die besonders Gefallen an uns gefunden haben. Nach über 120 Stichen allein an meinen Beinen, höre ich auf zu zählen und bin dankbar für jegliche räumliche Veränderung…wir fahren also weiter!

Und so verschlägt uns unser Weg Richtung „Santa Marta“ (s. dazu unsere Route), denn dort soll es eine Möglichkeit geben unsere kanadischen Gasflaschen aufzufüllen. Zwar haben wir jede Menge Adapter dabei, aber dennoch herrscht in Kolumbien nochmal ein ganz anderes System und manchmal scheitert es auch einfach an dem nicht ausreichenden Druck, der zum Befüllen benötgt wird. Aber hier Santa Marta soll es angeblich funktionieren, wie wir von anderen Reisenden gelesen haben. Aber auch das gestaltet sich wieder ein wenig „speziell“. So liegt diese kleine „Werkstatt“ inmitten einer Autobahnausfahrt, Parkplätze gibt es nicht und so halten wir auf dem ungeteerten Seitenstreifen, in der Hoffnung, dass uns beim Abfahren auch niemand übersieht. Vielleicht sollten wir unsere Hupe auf Dauereinsatz stellen?! Das Befüllen der Gasflaschen ist dann auch wieder ein Fall für sich. Das Gas ist nicht in einem Tank, sondern in einer anderen Gasflasche und fließt mittels Hochheben durch die Schwerkraft in unsere Gasflasche. Ok, es funktioniert!

Dann geht es weiter zu unserem Stellplatz, bei dem es sich dieses Mal um ein Hostel mit Zimmervermietung handelt, was aber auch ein paar Parkplätze für Camper bereithält. Aus den „paar Parkplätzen“ werden dann allerdings eher zwei kleine Abstellmöglichkeiten im Innenhof und weil Sprinti dafür zu groß ist, bietet man uns eine andere Option. Und so landen wir auf der anderen Seite des Innenhofes, direkt neben Pool und Outdoorküche. Die Inhaber sind sehr freundlich und laden uns abends erstmal auf ein traditionelles Getränk aus Guanabana (Stachelannone), die mit Wasser, Zucker und Zimt versetzt wurde und „Pan de Bono“, einem typisch kolumbianischen Brot aus Maniokstärke, Käse und Eiern (in einigen Regionen des Landes auch mit Guavenmarmelade). Hier bleiben wir zwei Tage, waschen unsere Wäsche, kühlen uns im Pool ab und nutzen das gute Internet, um für Euch Artikel zu schreiben.

Dann zieht es uns weg von der Küste Kolumbiens in Richtung Berge…denn wir sehnen uns mittlerweile definitiv nach kühleren Temperaturen. Der Weg dorthin gestaltet sich durchaus abwechslungsreich…von kleinen armen Fischersiedlungen am Meer, schönen gepflegten Dörfern in den Bergen, ebenen Straßen und riesigen Schlaglöchern, unzähligen Motorrädern und uralten Autos, kleinen Tuktuks und Pferdekarren, von Eseln, Rindern, Hühnern, Enten, Hunden und Pferden auf der Straße, einem heftigen Regenguss samt überschwemmter Straßen…alles ist dabei!

Wir erreichen den Ort „La Playa de Belen“ in den Anden. Wir befinden uns auf einer Höhe von 1450 m als Freude aufkommt…hier oben herrschen angenehme Temperaturen! Momentan sehnen wir uns tatsächlich danach, wohlwissend, dass sich das Blatt sicherlich schnell wieder wenden wird, sobald wir Richtung Süden kommen…denn da warten noch sehr häufig „unsere“ 8 Grad (und weniger!) auf uns. Aber momentan tut ein wenig Abkühlung ganz gut.

Auf einem Parkplatz eines netten kleinen Restaurants („El Portal“) können wir übernachten. Dort stehen wir sicher und ruhig mit dem schönen Nebeneffekt, dass das Essen im Restaurant gut und günstig ist.

Am nächsten Tag machen wir uns auf zu einer kleinen Wanderung in die Area Natural Unica Los Estoraques, ein Naturpark mit einer schönen Berglandschaft. Endlich wieder in der Natur ein wenig wandern…auch da nach sehnen wir uns nach so langer Zeit mal wieder. Der Park ist einer der kleinsten Naturparks Kolumbiens. Sein Höhenprofil reicht von 1400 m bis zu einer Höhe von 2100 m über dem Meer. Die Temperaturen liegen bei angenehmen 17 und 23 °C und das Landschaftsbild ist geprägt durch Erosion entstandene und durch Eisenoxid rötlich gefärbte Steinformationen…kurz gesagt, es sieht richtig schön aus! Zudem dienten diese Felsformationen als Inspiration für den Disney-Film „Encanto“ aus dem Jahr 2021.

Nach der Wanderung durch den Naturpark schlendern wir auch noch ein wenig durch das kleine Örtchen „La Playa de Belen“.

Am nächsten Morgen machen wir uns schon früh wieder auf den Weg, denn es steht eine lange Autofahrt bevor. Wir wollen weiter durch die Anden in Richtung Süden. Unser Ziel für diesen Tag, das 366 Kilometer entfernte „Barichara“. Jetzt mögen sich 366 Kilometer ja nach nicht viel anhören, hier in Kolumbien bedeutet das allerdings eine Fahrzeit von circa 9 Stunden. Ja genau, 9 Stunden! Enge kurvige Straßen, schlechter Straßenbelag, die Fahrt durch die Berge mit vielen langsamen LKWs…das braucht seine Zeit. Umso besser, dass wir bereits früh unterwegs sind! Und die Landschaft ist wirklich traumhaft! Die Berge, das viele Grün, das hätten wir in dieser Form von Kolumbien gar nicht erwartet.

Gegen 15 Uhr und circa 97 Kilometer vor unserem Ziel dann das…Stau inmitten der Berge! Es gibt kein vor und kein zurück mehr…und das für ganze 5,5 Stunden! Wir stehen eingereiht zwischen anderen PKWs und Unmengen an schweren LKWs. Wir bewegen uns kein Stück mehr! Einige Autos kapitulieren, weil der Motor oder die Bremsen zu heiß laufen…die Autos sind hier ja auch nicht im besten Zustand. Wo bekommt man hier in Kolumbien also auf die Schnelle Hilfe von einem Mechaniker? Nicht etwa, dass man ihn googelt, sondern man wählt eine Nummer eines Mechnikers, die schlichtweg auf eine Mauer gesprüht wurde. Ziemlich interessante Marketing-Masche, würde ich sagen. Zum Glück macht Sprinti aber alles einwandfrei mit, so dass wir keinen Gebrauch vom Mechniker machen müssen. Von Einheimischen erfahren wir, dass es wohl einen Unfall gegeben hat und wir hoffen, dass nicht all zu viel passiert ist und niemand zu Schaden gekommen ist. Bei dieser langen Wartezeit lässt das allerdings nichts Gutes vermuten. Immer wieder drängeln sich Autos und LKWs vor als sie die gesamte Schlange auf der Gegenfahrbahn überholen. Wirklich jemanden zu stören scheint das allerdings nicht und entgegengekommen ist uns eh schon lange niemand mehr. Wir bleiben brav in der Schlange stehen. Nach fast vier Stunden des Wartens werden auch wir nervös, denn langsam wird es dunkel. Was mit in diesen Ländern allerdings aus Sicherheitsgründen dringend vermeiden sollte, ist nachts zu fahren. In dem Stau zu übernachten ist wahrscheinlich auch keine sehr gute Idee! Mittlerweile haben wir unseren Plan verworfen Barichara noch an diesem Tag zu erreichen und haben uns einen freien Stellplatz ein wenig abseits der Straße rausgesucht, der sicher und ruhig sein soll. Wie der allerdings unter diesen Umständen aussieht und ob wir die einzigen mit dieser Idee sind, wissen wir zu diesem Zeitpunkt nicht. Dieser Platz ist lediglich 8 Kilometer entfernt. Also machen auch wir uns auf, wechseln auf die Gegenfahrbahn und fahren langsam an den anderen Fahrzeugen vorbei. Allerdings kommen wir nicht sehr weit. Bereits hinter der nächsten Kurve kommt uns ein Polizist auf dem Motorrad entgegen, der uns streng anweist auf dem linken Seitenstreifen anzuhalten und zu warten, andernfalls würde eine Strafe fällig. Ja super! Wo sind denn all die anderen Autos geblieben, die an uns vorbeigefahren sind? Na ja! Also parken wir ein wenig waghalsig auf dem linken Seitenstreifen, werden von umherlaufenden Bergziegen begrüßt und warten weiter. Man sagt uns, es dauere noch weitere zwei Stunden. Mittlerweile ist es dunkel…und wir bekommen Hunger. Eigentlich wollten wir uns etwas kochen, sobald wir angekommen sind, aber das wird nun nichts. Jetzt haben wir in Sprinti ja alles dabei, aber den Gasherd anzuwerfen wenn wir nicht wissen, ob es vielleicht doch plötzlich weitergeht, ist vielleicht nicht die beste Idee. Also gibt es an diesem Abend lediglich ein „Butterbrot“, was wir im Dunkeln sitzend, verspeisen. Wir wollen mit dem Licht im Wagen nämlich gar kein Aufsehen erregen. So gehen wir doch so manches Mal auch hier mit unserem weißen Sprinter als öffentliches Verkehrsmittel durch, weil viele Busse ebenfalls Sprinter sind. Dann nach zwei weiteren langen Stunden des Wartens geht es endlich langsam weiter und so erreichen wir gegen 21 Uhr endlich unseren Stellplatz für die Nacht. Glücklicherweise sind wir die einzigen, die hier übernachten und so wird es eine überraschend ruhige Nacht.

Am nächsten Morgen ist der Stau vom Vortag vergessen und wir werden an unserem Stellplatz mit einer tollen Aussicht belohnt. Denn die ist in der Dunkelheit ja nun nicht mehr wirklich zu erspähen gewesen.

Nach dem Frühstück machen wir uns dann wieder auf den Weg und an diesem Tag erreichen wir nun endlich auch Barichara!

Mehr dazu dann beim nächsten Mal…

Reiseberichte Kolumbien

Ein neues Kapitel beginnt…Südamerika! (#057)

6. August 2023

– Auch Sprinti erreicht den neuen Kontinent –

Da sind wir nun…in Südamerika…genauer gesagt in Kolumbien! Und damit beginnt ein neues Kapitel unserer Reise. Seit nunmehr 15 Monaten sind Peter und ich mit Sprinti unterwegs. Hinter uns liegen 53.695 Kilometer und 10 Länder. Wir haben den nordamerikanischen Kontinent nicht nur von Nord nach Süd, sondern auch von Ost nach West durchquert, haben unsere Füße ins Polarmeer gehalten, waren am Atlantik und am Golf von Mexiko, sind im Pazifik mit Walhaien geschnorchelt und in der Karibik mit Haien getaucht, sind bei 50 Knoten Wind über das offene Meer gesegelt, haben bei 8 Grad gefroren und bei fast 40 Grad geschwitzt. Jeden Tag galt es andere Herausforderungen zu meistern und sich auf neue Gegebenheiten einzustellen. Immer mit dabei…Sprinti! Unser 10 Jahre alter Mercedes Sprinter, der zwar überhaupt keine Lust auf das US-amerikanische Benzin hatte, sich aber ansonsten mehr als bewährt hat.

Vielen Dank auch an Euch „Mitreisende“, die jede Woche treu die neuesten Artikel lesen und jeden „“Pedena-Sonntag“ abfeiern. Wie toll, dass Ihr mit uns auf Reisen seid, wo auch immer in der Welt Ihr Euch gerade aufhaltet. Seitdem wir mit diesem Blog im Mai 2022 gestartet sind, gab es bereits rund 15.000 Aufrufe, was uns sehr freut und auch ein wenig stolz macht, war er doch als kleiner Blog für Familie und Freunde gestartet. Umso mehr Spaß macht es uns, all unsere Reiseerlebnisse auch weiterhin für Euch festzuhallten. Vielen lieben Dank also für Eure Treue und wir freuen uns, wenn Ihr auch weiter mit dabei seid…denn es gibt noch sooo viel zu erkunden!

Nun also ein neuer Kontinent! Südamerika ist der südliche Teil des amerikanischen Doppelkontinents, hat eine Bevölkerungszahl von über 441 Millionen Menschen und ist mit einer Fläche von 17.843.000 km² die viertgrößte kontinentale Landfläche der Erde. Diese gilt es nun für uns zu entdecken!

Nachdem Peter und ich mit dem Segelboot von Panama nach Kolumbien gereist sind (näheres zu unserer abenteuerlichen Fahrt findest Du unter „Ein Segelboot, ein Sturm und wir mittendrin #056“), warten wir nun auf Sprinti, der uns mit dem Containerschiff (auch das haben wir schriftlich unter „Wie kommen wir nach Südamerika? #055“ festgehalten) dicht auf den Fersen ist…hoffentlich!

Sprinti befindet sich in einem Container auf dem Schiff „Crystal A“

Zuerst gilt es aber noch auf die Ankunft Sprintis zu warten. Cartagena ist allerdings ein interessantes Städtchen, mit einer schönen Altstadt und so nutzen wir die Zeit, um schon mal einen ersten Eindruck von Kolumbien zu gewinnen. Wir wohnen in einem kleinen Hotel inmitten der Altstadt, bei dem Fenster und Türen durchaus ein gewisses Spaltmaß aufweisen, was dadurch aber auch seinen ganz eigenen Charme versprüht.

Am ersten Abend treffen wir uns mit unserer Segelcrew, da uns u.a. eins noch fehlt…unsere Reisepässe, denn um die Einreisestempel für Kolumbien hat sich unser Kapitän Yonatan gekümmert. So verleben wir einen schönen Abend zusammen und sind sofort positiv überrascht vom abendlichen Treiben in Cartagenas Altstadt. Es ist voll, es ist bunt und aus jeder Ecke ertönt Musik. Noch dazu ist es der Vorabend zu einem Feiertag…dem Unabhängigkeitstag Kolumbiens. Bei so vielen Farben und Motiven komme ich aus dem Fotografieren gar nicht mehr heraus…

In den folgenden Tagen erkunden wir weiter die Stadt. Cartagena hat ca. 1 Mio. Einwohner (1,4 Mio. in der Metropolregion) und ist benannt nach dem spanischen Cartagena. Die Stadt wurde im Zuge der Kolonialisierung Südamerikas am 1. Juni 1533 von Pedro de Heredia gegründet. Cartagena gilt in der Geschichte als eine der ersten spanischen Stadtgründungen im Norden Südamerikas und erlebte ein schnelles Wachstum als wichtiger Hafen für die Schifffahrt des Kontinents. Cartagena war somit auch eine wichtige Zwischenstation der spanischen Silberflotte, die zweimal jährlich von Sevilla (Spanien) hierher kam, um spanische Waren wie Waffen, Rüstungen, Werkzeuge, Textilien und Pferde zu vermarkten und um viele Schätze wie Gold, Silber, Perlen und Edelsteine aus Kolumbien mitzunehmen. Auch die niederländischen und englischen Sklavenschiffe, soweit sie überhaupt in spanische Häfen in Amerika einlaufen durften, mussten in Cartagena einen Stopp einlegen. Aus diesem Grund wurde die Stadt häufig von Piraten attackiert und geplündert.

Auch tagsüber versprüht Cartagena mit seinen alten Gebäuden, den vielen Straßenhändlern und bunten Wandmalereien seinen Charme. Allerdings ist es unsagbar heiß, so dass es im Freien kaum auszuhalten ist und schätzungsweise jedes Gebäude mit einer Klimaanlage ausgestattet ist.

Dann bekommen wir die Nachricht, dass das Containerschiff „Crystal A“ samt Sprinti (hoffentlich) in den Hafen von Cartagena eingelaufen ist. Die Abfahrt aus Panama City hatte sich nämlich ein wenig verzögert…womöglich ja auch aufgrund des Sturmes, den wir auf unserem Segeltrip ja voll mitgenommen haben. Ist ja vielleicht auch besser so, fallen doch jährlich um die 10.000 Container vom Schiff ins Meer. Das brauchen wir nun nicht unbedingt…dann also schon lieber so! Bevor wir Sprinti wiederbekommen, muss allerdings noch so einiges an Formalitäten für Zoll, Versicherung etc. geregelt werden und somit dürfen wir derzeit noch nicht aufs Hafengelände. Es ist Freitag und so hoffen wir, dass bereits am Montag dieser ganze Prozess starten kann.

Allerdings sind wir dann aber doch ein wenig neugierig und so machen wir uns auf den Weg zumindest in Richtung Hafen, um aus der Ferne vielleicht die Crystal A erspähen zu können…mit Erfolg! Zusätzlich entdecken wir, wie weitere Kriegsschiffe und große Segelyachten in den Hafen von Cartagena einlaufen, da an diesem Wochenende die Zweihundertjahrfeier der Marine stattfindet.

Wir nutzen die Tage des Wartens zudem, um uns mit unseren Reisefreunden Judith und Arthur (YODA travels) und unserem Container-Buddy Martin, die wir bereits alle aus Panama kennen und die nun ebenfalls auf ihr Fahrzeug warten, zu treffen und verleben einen sehr schönen Abend zusammen.

Und während wir so den Sonntag Abend mit Martin, Judith und Arthur genießen, erhalten wir plötzlich die Nachricht, dass es am Montag Morgen losgeht…der Container mit unseren beiden Fahrzeugen (von Martin und uns) wird geöffnet!

Also geht es am Montag Morgen für Peter und Martin auf zum Hafen. Ich halte währenddessen Stellung im Hotel, weil immer nur der Fahrzeughalter auf das Hafengelände darf. Im Hafen treffen sie auch auf Shelly und Zach, deren Fahrzeuge zeitgleich in Panama mit Sprinti in den Container verfrachtet wurden und die nun auch zur Öffnung ihres Containers kommen. Ausgestattet mit Warnweste, Helm und Zugangsausweis geht es ab aufs Hafengelände.

Nachdem die jeweiligen Plomben an den Containern geöffnet, die Spanngurte gelöst und die Blöcke entfernt sind, ist es an der Zeit Sprinti nach 12 Tagen aus dem Container zu „befreien“…

Allerdings dürfen wir Sprinti an diesem Tag noch nicht mitnehmen, weil erst noch weitere Formalitäten erledigt werden müssen. Aber wir können zumindest schon mal auf die Schnelle Sprintis Reifen wieder aufpumpen, die bei der Einfahrt ja bis auf 0,5 bar abgelassen wurden, damit der Wagen überhaupt in den Container passt. Dann wird Sprinti, wie die Fahrzeuge der Anderen auch, vor dem Container geparkt, wir müssen den Schlüssel an den Hafenmitarbeiter übergeben (der hoffentlich gut darauf aufpasst) und dann ist für diesen Tag am Hafen auch schon alles erledigt. Peter muss das Hafengelände vorerst also ohne Sprinti wieder verlassen.

Nachmittags geht es dann für Peter zum Zoll, wo die Dokumente unterschrieben und verglichen werden. Danach heißt es für uns „weiter warten“.

Zwei Tage später ist es dann endlich soweit! Wir checken früh am Morgen aus dem Hotel aus und fahren mit Sack und Pack zu Anas Büro (Cortes Rodriguez Asesores S.A.S.). Ana ist unsere Kontaktadresse hier in Kolumbien, die wir von der Overland Embassy in Panama erhalten haben. Sie hat sich hier um die gesamte Abwicklung samt neuer KFZ-Versicherung gekümmert und war uns daher eine große Hilfe. Danach geht es zum Hafen, wo wir Sprinti endlich und tatsächlich ausgehändigt bekommen…yippieh!

Nun sind wir wieder komplett…es kann also weitergehen!

Lasst uns den nächsten Kontinent erkunden!

Wir freuen uns drauf!

Reiseberichte Kolumbien Panama

Ein Segelboot, ein Sturm und wir mittendrin (#056)

30. Juli 2023

– Auf dem Weg nach Südamerika –

Nachdem wir Sprinti erfolgreich in den Container verfrachtet haben (s. dazu Artikel „Wie kommen wir nach Südamerika? #055“), bleiben uns noch drei Tage in Panama-Stadt. Also ziehen wir mit Sack und Pack ins Hotel, erledigen noch ein paar Besorgungen und erleben noch einmal live, was Regenzeit in Panama bedeutet als wir mitten in einen Starkregen geraten, der die Straßen innerhalb von Minuten überflutet und uns so mancher Weg plötzlich abgeschnitten wird.

Jetzt sind wir schon seit knapp zwei Monaten in Panama und was darf da natürlich auch nicht fehlen?! Genau, ein Besuch des Panamakanals! Und für Peter als Logistik-Ingenieur ist es erst Recht etwas ganz Besonderes. Schon oft hatten wir es vor, aber immer kam etwas dazwischen. Jetzt wird es also Zeit!

Der Panamakanal ist eine künstliche, rund 82 km lange Wasserstraße mit Schleusen, die die Landenge von Panama in Mittelamerika durchschneidet, den Atlantik mit dem Pazifik für die Schifffahrt verbindet und ihr damit die Fahrt um das Kap Hoorn oder durch die Magellanstraße an der Südspitze Südamerikas erspart. Der Kanal verläuft zwischen den Städten Colón an der Atlantikküste und Balboa, einem Vorort von Panama-Stadt an der Pazifikküste und wird von den Schiffen innerhalb von 10 Stunden durchquert. Die Arbeiten für den Panamakanal durch verschiedene Aktiengesellschaften und schließlich durch die Vereinigten Staaten begannen 1881 bzw. 1894. Der aufwendige Bau kostete rund 20.000 Menschen das Leben bis der Kanal schließlich 1914 eröffnet wurde. Allerdings wurde der Durchfahrt des ersten Schiffes kaum Aufmerksamkeit geschenkt, da es an dem Tag ein anderes Ereignis gab…der Beginn des ersten Weltkriegs. Durch einen weiteren Ausbau können seit 2016 auch die ganz großen Schiffe (13.000 Kontainer pro Schiff) den Kanal passieren. So werden jährlich über 300 Mio. Tonnen durch den Kanal transportiert, was ihn damit zu einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt macht. Das schauen wir uns doch jetzt einfach mal aus der Nähe an. Auch haben wir das Glück, live dabei zu sein als ein Schiff die Schleuse des Kanals passiert…

Dann ist es an der Zeit Panama und somit auch Nord- und Mittelamerika Lebewohl zu sagen. Da es zwischen Panama und Kolumbien keine Straßenverbindung gibt, muss Sprinti verschifft werden und wir steigen entweder ins Flugzeug oder ebenfalls auf ein Boot. Weil wir beide kleine Segler sind, entscheiden wir uns für den Segeltrip. Mit dem Boot durch die Karibik hat ja schließlich auch seinen Reiz! Schon früh am Morgen klingelt unser Wecker und bereits um 5 Uhr werden wir am Hotel von einem Fahrer abgeholt. Wir sammeln in der Stadt noch vier weitere Personen ein. Dabei passt all das Gepäck schon lange nicht mehr ins Auto und wird daher kurzerhand aufs Dach gebunden. Drei Stunden lang fahren wir über schlechte Straßen Richtung Nordosten und kommen dabei an merkwürdigen Kontrollen auf Feldwegen vorbei, an denen ernst dreinschauende Menschen unsere Pässe sehen wollen (wir machen also lieber keine Fotos). Andere Autos scheinen komplett beschlagnahmt zu werden und haben definitiv bessere Zeiten hinter sich. Dann erreichen wir die Gegend Barsukan (s. dazu auch unsere Route). Dort führt uns ein matschiger Feldweg zum „Hafen“, wobei das Wort Hafen eher etwas anderes vermuten lässt…reden wir doch hier eher von der Abbruchkante einer Uferböschung des Rio Grande de Carti („grande“ ist hier allerdings so gar nichts). Gemeinsam mit unseren zwei Mitseglern Jana aus Deutschland und Kieran aus England stehen wir nun mit Sack und Pack dort und werden von Mücken zerstochen.

Man hatte uns als Vorbereitung auf diesen Trip gesagt, dass wir unsere Kleidung in den Reisetaschen in Plastiktüten einpacken sollten, weil sie ansonsten bei der Überfahrt nass werden könnte. Als wir sehen, wie unsere Taschen ins Boot verfrachtet werden (bitte nicht fallenlassen!), hoffen wir das erste Mal, dass unsere Plastiktüten auch dicht sind. Dann springen auch wir galant (nicht wirklich) ins Boot und ich sehe mich schon im Rio Grande treiben. Unsere Boote sind übrigens auch ein Fall für sich und ihre Flaggen machen uns schon stutzig. Das was auf den ersten Blick an eine dunkle Zeit der deutschen Geschichte erinnern lässt, ist letztendlich das seit 1925 gebräuchliche Symbol dieser Gegend und der einheimischen Bewohner (Stamm der Kuna) und symbolisiert tatsächlich eine Krake (wer hätte das gedacht?!). Auch wenn es seit 2010 durch ein anderes Symbol abgelöst wurde, so ist das Alte noch immer sehr präsent. Dann geht es los mit unserem Bötchen, was tatsächlich unter die Kategorie „Speedboat“ fällt. Wir fahren den Fluß entlang bis wir auf das offene Meer gelangen. Allerdings scheint es dort einige Sandbänke zu geben…wir sitzen auf! Unsere zwei Bootsführer bringt allerdings gar nichts aus der Ruhe. Mit Stöckern und Brettern versuchen sie uns abzustoßen und irgendwann springt dann auch der Motor wieder an.

Auf dem Meer kommen wir an vielen kleinen Inseln vorbei, die von Angehörigen des Kuna Yala-Stammes bewohnt werden. Die Comarca Guna Yala (früherer Name: San Blas, danach Kuna Yala) ist ein Gebiet an der Nordküste Panamas am Atlantischen Ozean. Die Indigenen des Kuna-Stammes haben damals der Unterwerfung durch die Zentralregierung in blutigen Auseinandersetzungen getrotzt, die schließlich 1925 in einem Aufstand, der Dule-Revolution, gipfelte. Obwohl 1930 ein politischer Vergleich geschlossen wurde, mussten die Indigenen noch jahrzehntelang kämpfen bis schließlich das semiautonome Gebiet Kuna Yala etabliert war. Eine Kette aus etwa 365 Inseln (von denen nur etwa 50 dauerhaft bewohnt werden), die in der karibischen See vor der nördlichen Küste Panamas liegt und sich rund 180 km bis zur kolumbianischen Grenze erstreckt, bildet den Archipel San Blas. Wir erleben schnell, dass hier alles noch ein wenig anders abläuft als bei uns. Ein Einkauf z.B. geht so vonstatten, dass wir an verschiedenen Inseln kurz anlegen, man uns Eier in die Hand drückt, riesen Eisblöcke ins Boot geladen werden und die Tankstelle das Benzin einfach in Plastik-Saftflaschen zur Verfügung stellt. Dann geht es weiter zu unserem Treffpunkt mit unserem Segelboot, das uns in den nächsten Tagen nach Kolumbien bringen soll. Doch kein Segelboot ist bei unserer Ankunft in Sicht und so dümpeln wir eine ganze Zeit auf dem karibischen Meer umher. Auch unsere zwei Bootsführer schauen etwas ratlos aus der Wäsche. Wenn wir uns die letzten fünf Stunden mal Revue passieren lassen, so gebe es mindestens 10 Situationen, bei der jede einzelne eine abendfüllende Szene der Sendung „Die versteckter Kamera“ sein könnte. Alles ist so paradox, dass wir mal wieder nur darüber schmunzeln können.

Dann, am Horizont taucht endlich ein Mast auf…die Kontiki 3…unser Segelboot (eine Beneteau Oceanis 47.3)! Auf dem Boot empfängt uns unser Kapitän Yonatan (aus Kolumbien) mit seiner Crew Tiffany (aus Deutschland) und Lenny (ebenfalls aus Kolumbien). Dann nehmen die Kuriositäten weiter ihren Lauf. So müssen wir uns ja noch aus Panama ausklarieren, d.h. wir brauchen in unserem Pass einen Stempel, dass wir aus Panama ausgereist sind. Und wo macht man das hier? Auf einer kleinen Insel, auf der sich neben einer Landebahn nur drei Häuser befinden, eines davon ein Regierungsgebäude…auch stellt Ihr Euch wahrscheinlich etwas anderes unter einem Regierungsgebäude vor. Und wie macht man hier so einen Behördengang? Richtig, barfuß! Bereits auf dem Segelboot mussten wir unsere Schuhe abgeben und die bekommen wir bis Kolumbien auch nicht zurück. Hier „läuft“ wortwörtlich alles barfuß und so finden wir uns ohne Schuhe im Amt wieder…das ist ja was für mich! Nach einer halben Stunde ist der Vorgang erledigt und wir haben unsere Stempel. Aus Panama ausgereist, in Kolumbien noch nicht eingereist…die nächsten vier Tage befinden wir uns also irgendwie dazwischen.

Dann segeln wir weiter entlang der sogenannten San Blas-Inseln, bekommen von einigen Fischern „von Boot zu Boot“ frischen Hummer verkauft und ankern letztendlich zwischen zwei Inseln, die ein absolutes Karibik-Feeling versprühen. Den Nachmittag und Abend verbringen wir auf der größeren (etwa 3000 qm) Insel. Auf ihr lebt eine Familie in einer kleinen Hütte, die Bier verkauft. Wir treffen dort auch auf andere Segler, gehen schwimmen, spielen Volleyball, grillen und genießen die Atmosphäre…barfuß natürlich!

Nachts liegen Peter und ich in unserer Koje als wir von hellen Blitzen und starkem Donnern geweckt werden. Letzteres knallt in einer ohrenbetäubenen Lautstärke und lässt dabei das gesamte Boot vibrieren. Das Gewitter ist genau über uns und in diesem Ausmaß haben wir beide dieses Naturspektakel zuvor noch nicht erlebt. Im Sekundentakt wechseln sich Blitz und Donner ab und es ist beeindruckend zu spüren mit welcher Wucht die Natur zuschlägt, während wir hier machtlos in unserer kleinen Koje liegen. Dann irgendwann zieht das Gewitter glücklicherweise weiter und wir schlafen wieder ein.

Am nächsten Tag segeln wir ein Stück weiter und ankern erneut zwischen zwei der hunderten Insel…diese Mal allerdings andere als am Vortag. Hier befindet sich auch ein Riff, an dem man gut schnorcheln kann…so sagt man. In der Ferne kündigt sich bereits das nächste Gewitter an, aber Yonatan versichert uns, dass wir noch ausreichend Zeit haben und Lenny uns direkt zurück zum Boot bringt, sobald sich das Wetter verschlechtert. Alles klar! So fahren Lenny, Kieran, Jana, Peter und ich im Dingi (ein Schlauchboot, das übrigens Luft verliert und ständig nachgepumpt werden muss) zum Riff. Dann geht es mit Taucherbrille und Schnorchel gewappnet ins Wasser. Die Bedingungen sind allerdings wahrlich nicht die besten, zieht uns die Strömung doch immer wieder raus aufs Meer. Dann plötzlich schlägt das Wetter um…der Himmel ist dunkel, es stürmt, die Wellen schlagen hoch und es regnet in Strömen. Niemand außer uns ist im Wasser. Lenny versucht das Dingi zu erreichen. Als es ihm endlich gelingt und er uns schließlich einsammeln kann, springt der Motor nicht an. Der Sturm wird stärker. Dann klappt es und wir erreichen nach einiger Zeit wieder das Segelboot, wo Tiffany und Yonatan schon auf uns warten.

Im Laufe des Nachmittags beruhigt sich das Wetter wieder ein wenig, so dass wir bei Sonnenschein zu einer der beiden Inseln rüberfahren. Sie hat eine Größe, dass man sie innerhalb von 15 Minuten zu Fuß (auch barfuß natürlich) einmal umrundet hat und wieder beschleicht uns bei all den Palmen, dem weißen Sand und dem türkisfarbenen Meer das Karibik-Feeling. Hier lässt es sich definitiv aushalten!

Gegen Abend fahren wir rüber zur anderen Insel, treffen erneut andere Segler und schauen uns bei einem Bierchen und mit den Füßen im Meer den Sonnenuntergang an…der sich allerdings an diesem Abend ein wenig hinter den Wolken versteckt. Gut allerdings ist die Sicht auf ein riesiges Schiffswrack, was vor sechs Jahren auf dem Riff aufgelaufen ist und seitdem dort feststeckt. Weil es dem Besitzer zu teuer war es zu beseitigen, ist es dort geblieben…ja, so läuft das hier!

Am nächsten Tag segeln wir erneut ein Stück weiter und ankern an einer Stelle, die sich gut zum Schnorcheln eignet. Dieses Mal macht uns das Wetter auch keinen Strich durch die Rechnung und so können wir die Zeit unter der Wasseroberfläche schön genießen.

Für das Mittagessen steuern wir eine weitere der kleinen Inseln an, auf der sich eben nur dieses eine Restaurant befindet…und wir sind an diesem Mittag auch die einzigen Gäste.

Zurück auf dem Segelboot heißt es sich von den San Blas-Inseln zu verabschieden, denn nun steht die Überfahrt nach Kolumbien an. Je nach Wetterlage bedeutet das 30-50 Stunden auf dem offenen Meer, ohne Land in Sicht. Die Wettervorhersage lässt allerdings nichts Gutes erwarten, ist doch ein ordentlicher Sturm gemeldet. Schon draußen auf dem Meer merken wir schnell, dass hier wortwörtlich ein anderer Wind weht. Die Wellen werden höher, das Wasser unruhiger. Bei dieser Vorhersage hatte man uns empfohlen Tabletten gegen Seekrankheit einzunehmen. Gesagt, getan! Peter und ich besitzen beide einen Bootsführerschein und waren auch schon einige Male segeln. Glücklicherweise hat uns der Wellengang in der Magengegend noch nie etwas ausgemacht. Mal schauen, wie es bei diesen Wetterprognosen so aussehen wird?!

Gegen 2 Uhr in der Nacht werden wir wach, als wir im Bett hin und hergeschaukelt werden. Dinge fliegen umher und draußen peitscht der Wind. Unsere Luken werden zugeschlagen und wir hören, wie Yonatan, Lenny und Tiffany an Deck alle Hände voll zu tun haben, dass Boot unter Kontrolle zu bekommen. Wir fragen uns, was dort oben wohl abgehen mag, wir wissen aber, die Situation ist durchaus ernst. Da wir das Deck unter diesen Umständen nicht betreten dürfen, verharren wir in unserer Koje und sind dennoch mittendrin in diesem Geschehen, was erneut zeigt wie gewaltig die Natur sein kann und wie machtlos wir im Ernstfall sind.

Am nächsten Morgen, als der Sturm größtenteils abgeklungen ist, erfahren wir von Yonatan, dass dieser Sturm zu den drei schlimmsten in seiner 10-jährigen Karriere gehört. Die Messgeräte haben in der letzten Nacht 50 Knoten Wind angezeigt, das fällt unter die Kategorie „schwerer Sturm“, bildet auf der Beaufort-Skala eine 10 und bedeutet Windgeschwindigkeiten von 89-102 kmh. Auf offenem Meer ist das erst Recht kein Zuckerschlecken! Auf dem folgenden Bild seht Ihr unseren Streckenverlauf während des Sturms und wie unser Captain versucht hat, das Boot auf Kurs zu halten, aber vom Wind immer wieder deutlich versetzt wurde.

Auch am nächsten Tag sind Kieran und Jana magentechnisch noch ordentlich angeschlagen, Peter und mir geht es glücklicherweise noch immer gut. Wir verbringen den ganzen Tag mit der Überfahrt, noch immer ist kein Land in Sicht und nur selten zeigen sich andere Boote in weiter Ferne. Die nächste Nacht gestaltet sich ruhiger und langsam kommen wir unserem Ziel immer näher.

Um 2.15 Uhr werden Peter und ich von Yonatan geweckt und können so live miterleben, wie wir in die Bucht von Cartagena einlaufen. Alles ist still, die Lichter der Stadt leuchten und wir genießen einfach nur den Moment…da ist es…Kolumbien!

Ein neues Land…ein neuer Kontinent…ein neues Kapitel auf unserer Reise!

Jetzt fehlt nur noch Sprinti!