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Anden

Reiseberichte Ecuador

Herzlich Willkommen auf 5100 Metern (#063)

1. Oktober 2023

– Cotopaxi, Chimborazo & Co. –

Heute erwartet Euch ein etwas längerer Bericht, denn wir haben einfach so viel erlebt. Also viel Spaß beim Lesen und „Miterleben“! 🙂

Wir verlassen die Hauptstadt Quito und fahren weiter Richtung Süden zum Cotopaxi Nationalpark. Der Cotopaxi ist mit 5897 m der zweithöchste Berg Ecuadors und einer der höchsten aktiven Vulkane der Erde. Obwohl er aktiv ist, ist er der am häufigsten bestiegene Berg des Landes und einer der meistbesuchten Gipfel Südamerikas. Schon aus der Ferne ist der Cotopaxi mit seiner vollen Pracht zu bewundern. Wir befinden uns bereits auf einer Höhe von 3900 m und entscheiden uns an diesem Tag für einen recht einfachen Wanderweg, um uns erstmal weiter zu akklimatisieren. Und so wandern wir entlang der „Laguna de Limpiopungo“ und schauen den Wildpferden beim Grasen zu. Einfach traumhaft!

Unweit des Wanderweges befindet sich auch unser Stellplatz (La Rinconada) für die Nacht. Und auch der kann sich sehen lassen. Mit wundervollem Blick auf den Cotopaxi stehen wir ganz alleine an diesem Ort…hach, was fein!

Wir verbringen gleich zwei Nächte dort und nutzen den „freien“ Tag dazu, um für Euch zu schreiben, die Reise weiter zu planen und zu recherchieren. Langweilig wird uns also noch lange nicht! Nachts wird es dann um die 2 Grad, also holen wir unsere dicke Bettdecke wieder aus der Versenkung und kuscheln uns in unser gemütliches Bettchen.

Ach ja, da war ja auch noch was mit dem „Akklimatisieren“

Was genau bedeutet das eigentlich?

Unter einer Akklimatisation oder auch Akklimatisierung versteht man die individuelle physiologische Anpassung eines Organismus innerhalb seiner genetischen Vorgaben an sich verändernde Umweltfaktoren, wobei diese Anpassung selbst reversibel (umkehrbar) ist. Soweit die Theorie!

Genauer gesagt bedeutet das, dass sich der Körper erstmal an die Höhenlagen gewöhnen muss, da es durch den geringeren Sauerstoffgehalt in der Atemluft anderen Gegebenheiten wir normal unterliegt. Legt man zu schnell zu viele Höhenmeter zurück, droht die Höhenkrankheit. Leitsymptom der Höhenkrankheit sind Kopfschmerzen, dazu kommen häufig Appetitverlust, Übelkeit, Erbrechen, Müdigkeit, Schwäche, Atemnot, Schwindel, Tachykardie, Benommenheit bis zur Apathie, Koma, Tinnitus und Schlafstörungen. Die Höhenkrankheit kann zudem in ein akutes und lebensbedrohliches Höhenhirnödem übergehen, oder auch kann sich ein ebenfalls lebensgefährliches Höhenlungenödem bilden. Die Höhe beim Auftreten erster Symptome ist individuell verschieden und stark konstitutionsabhängig, sehr selten kann eine Höhenkrankheit bereits zwischen 2000 und 2500 m auftreten. Neben der erreichten Höhe sind weitere starke Risikofaktoren für das Auftreten einer Höhenkrankheit ein Aufstieg von mehr als 625 Meter pro Tag ab 2000 Meter und eine fehlende vorherige Akklimatisation mit weniger als fünf Tagen über 3000 Meter in den vorausgegangenen zwei Monaten. Frauen sind häufiger betroffen, ebenso jüngere Menschen unter 46 Jahren sowie Menschen, die an Migräne leiden. Fehlende Fitness ist kein Risikofaktor für die Höhenkrankheit.

Um dies zu vermeiden, sind wir in den letzten Wochen langsam aber stetig höher gefahren und haben uns jeweils an die neue Höhenlage gewöhnen können. Dennoch sind wir aufgrund des geringeren Sauerstoffgehalts in der Atemluft bereits bei kleinen Anstrengungen wesentlich schneller außer Atem und haben in normalen Alltagssituationen immer wieder das Gefühl nicht genug Sauerstoff einzuatmen. Auch das Schlafen fällt uns schwerer. Besonders ich liege ab einer Höhe von ca. 3300 m nachts oft wach und habe das Gefühl von Atemnot. Also alles schööön laaangsaaam!

Wir sind mittlerweile so richtig in den Anden angekommen. So leben hier in den Bergen quasi ausschließlich Menschen der indigenen Bevölkerung und ihre Lebensweise ist eher einfach und tradtionell gehalten. Wir sind überrascht mit welch einfachen Mitteln und bis zu welcher Höhe (teilweise auch an so richtig steilen Abhängen) hier auf den Bergen Landwirtschaft betrieben wird. Hier werden u.a. auch Lamas und Alpakas als Nutztiere gehalten und in der Natur begegnen uns mittlerweile tatsächlich auch freilaufende Exemplare dieser beiden Gattungen. Wir sind also gespannt, was uns hier in der Höhe noch so erwarten wird.

Dann geht es für uns weiter nach Quilotoa, denn auch hier gibt es eine wunderschöne Lagune zu bewundern. Auf dem Weg entdecken wir, dass der Wind, den auch wir letzte Nacht bemerkt haben, anscheinend etwas mehr als nur ein „Windchen“ war, als wir an vielen umgestürzten Bäumen vorbeikommen. Dann erreichen wir Quilotoa. An einem Hostal dürfen wir über Nacht parken und wenn wir dort zu Abend essen, ist Parkplatz samt Dusche auch kostenlos. Alles klar, wird gemacht! Zuvor gilt es aber noch die Lagune zu erkunden. Und wir werden nicht enttäuscht…

Anschließend kehren wir für eine kleine Stärkung in ein tradtionelles Familienrestaurant ein und probieren landestypische Empanadas…auch sehr lecker und ganz anders als die Empanadas in Mexiko!

Nach einer wiederum recht windigen Nacht mit wenig Schlaf (ja, diese Höhe!) geht es am nächsten Morgen weiter auf unserer Route…noch immer die Panamericana, wohlgemerkt. Es gehört schon fast zur Normalität, dass wir Unmengen an Straßenhunden begegnen, die u.a. nur darauf warten, dass Autofahrer etwas zu fressen aus dem Auto werfen. Auch mit vielen weiteren Tieren machen wir hier am Straßenrand Bekanntschaft, ob Esel, Schafe, Schweine, Hühner, Gänse, Pferde, Rinder, Ziegen, Lamas, Alpakas…alles dabei! Und Fußgänger sind auch immer reichlich unterwegs.

Nachdem wir mit dem Cotopaxi am zweithöchsten Berg Ecuadors waren, ist nun der Höchste dran…der Chimborazo! Der inaktive Vulkan Chimborazo ist mit 6263 m Höhe über dem Meeresspiegel der höchste Berg in Ecuador. Dadurch ist der Gipfel des Chimborazo wegen seiner Nähe zum Äquator der am weitesten vom Erdmittelpunkt entfernte Punkt auf der Erdoberfläche. Zudem ist er der nördlichste Sechstausender Südamerikas und höher als alle nördlicheren Berge Amerikas. Also die Landschaft ist wieder einmal traumhaft und bereits von Weitem sehen wir diesen gewaltigen Vulkan emporragen. So was von schön, sage ich Euch! Wir erreichen wieder einen schönen Stellplatz, den „Volcano View Campground“, der seinem Namen alle Ehre macht.

Auch diese Nacht läuft schlaftechnisch eher wieder suboptimal ab, denn noch immer befinden wir uns auf einer Höhe von 3800 m. Aber davon lassen wir uns nicht abschrecken, denn heute wollen wir uns den Chimborazo mal aus der Nähe anschauen und das bedeutet, es geht noch weiter in die Höhe! Es gibt einen Parkplatz auf 4800 Metern. Da wollen wir mit Sprinti hin! Und wir hoffen, er schafft es! Denn es wird nicht nur für den Menschen die Luft hier oben dünn, sondern auch bei den Fahrzeugen macht sich das bermerkbar. Mit abnehmendem Luftdruck sinkt die Leistung, was dazu führen kann, dass das Auto in der Höhe einfach ausgeht oder auch nicht mehr anspringt. Bei einem Diesel-Fahrzeug soll dies noch gravierender sein als bei einem Benzin-Motor. Das war für uns auch ein triftiger Grund, warum Sprinti ein Benziner sein sollte. Und er schlägt sich tapfer! Der Himmel ist blau und berscherrt uns eine atemberaubene Sicht auf diesen riesigen Vulkan mit seiner schneebedeckten „Haube“…einfach toll! Die Landschaft hier oben wird immer karger, die Baumgrenze liegt schon lange hinter bzw. unter uns, die Straßen sind ebenfalls nicht mehr geteert und ein Schlagloch jagt das Nächste. Eine Herde Alpakas und ein Andenschakal säumen unseren Weg. Ansonsten herrscht hier Stille! Und wir schwitzen Blut und Wasser, ob wir ohne Zwischenfall oben ankommen. Dann ist es geschafft! Ganz souverän meistert Sprinti die 4800 Meter und hat damit quasi die Spitze des Mont Blancs erreicht. Meeega, Sprinti!

Nachdem Sprinti nun sein Soll erfüllt hat, sind nun Peter und ich an der Reihe! Wir wollen hoch auf 5000 m…und wenn es gut läuft schaffen wir vielleicht auch die 5100 m. Aber schon jetzt merken wir wie die dünne Luft uns zu schaffen macht, hat sie doch nur noch einen Sauerstoffgehalt von rund 50%. Langsam, Schritt für Schritt, machen wir uns auf. Und so handhabt es an diesem Tag jeder der anderen Wanderer, anders hat man auch keine Chance. Einige entscheiden sich sogar dafür den Weg hoch zu Ross zurückzulegen. Abgesehen davon, dass wir den Pferden auch nicht zu viel mit uns beiden zumuten wollen, Peters Beine würden bei den kleinen Andenpferden hier womöglich über den Boden schleifen, wollen wir das Ziel wie immer selbst und zu Fuß erreichen. Mit jedem Meter merken wir, wie der Druck im Kopf steigt. Wir legen viele Pausen ein, trinken viel Wasser und verschnaufen ein wenig. Dann haben wir unser erstes Etappenziel erreicht…die 5000 Meter! Wer allerdings nicht mitspielt, ist der Chimborazo, der sich mittlerweile hinter einer dicken Wolkendecke versteckt…hey Chimbo, was ist denn da los?!

Nun hat uns der Ehrgeiz gepackt! Auf 5100 Metern soll es eine schöne Lagune geben…also los, das schaffen wir jetzt auch noch! Gesagt, getan! Wir erreichen an diesem Tag ziemlich aus der Puste und mit müden Beinen tatsächlich die 5100 Meter und sind damit so weit vom Erdmittelpunkt entfernt wie noch nie. Dafür nehmen wir doch einfach mal sämtliche Schnappatmung in Kauf! Hat nicht jemand etwas von einer Langune hier oben erzählt?! Ja Pustekuchen, nicht an diesem Tag! Heute herrscht hier absolute Dürre…hey Chimbo, was ist denn da los?! Aber die Aussicht ist trotzdem der Knaller! Auch wenn weder Chimbo noch eine Lagune zu sehen sind. Wie heißt das so schön: „Egal, Carl!“ Wir genießen nichtsdestotrotz die mega Aussicht und freuen uns darüber, dass wir Chimbo bei der Fahrt hier hoch bei blauem Himmel bestaunen konnten. Ecuador, Du überrascht uns erneut mit Deiner atemberaubenen Landschaft!

Der Weg hinunter ist dann eine recht schnelle Geschichte und wir freuen uns atemtechnisch sehr über jeden Höhenmeter weniger. Unten an der Hütte schmeckt der heiße Kakao nach „getaner Arbeit“ besonders gut.

Wir fahren weiter…und plötzlich ruft Peter: „Guck mal!“ Und da sind wir wieder…an der ältesten Kirche Ecuadors! Genau hier hatten wir bereits im Juni einen Zwischenstopp eingelegt, als wir mit Peters Familie einen kleinen Roadtrip durch Teile Ecuadors gemacht haben (s. dazu Artikel „Ein Abstecher nach Ecuador… #053“). Und nun kreuzen sich genau hier unsere Wege. Und auch heute noch reiht sich hier eine Essensstand neben dem nächsten an dem Meerscheinchen gegrillt werden. Hier Tradiotion, unser Fall ist es allerdings nicht so…das lassen wir lieber!

An diesem Tag erreichen wir noch die Stadt „Alausi“, wo wir einen netten Platz am „Killa Wasi Hostel“ bekommen. Hatte ich erwähnt, dass es bereits seit Kolumbien wahnsinnig viele deutsche Schäferhunde gibt? Auch an diesem Platz sind zwei zu Hause…und ein Schaf mit Schlappohren gibt es auch. Wir befinden uns mittlerweile wieder auf 2300 m, was sich um einiges besser anfühlt und eine geruhsame Nacht verspricht. Yippieh!

Am nächsten Tag machen wir uns auf in den Ort, denn es ist Markttag und das meist bunte Treiben wollen wir uns mal genauer anschauen. Es ist Sonntag und das bedeutet für die Menschen hier, dass sie, nachdem sie die ganze Woche auf dem Feld gearbeitet haben, nun aus den Bergen hier in die Stadt kommen, um für ein paar Dollar ihre Waren zu verkaufen. Da dort Autos, die viel transportieren können rar gesäht sind, werden die Menschen mit sogenannten „Truck-Taxen“ abgeholt oder sitzen selbst gar auf der Ladefläche kleiner LKWs.

Wir sind weit und breit die einzigen Touristen und das, obwohl der Ort Alausi eigentlich für den Tourismus bekannt ist. Bekannt ist auch der historische Zug, der durch Alausi fährt, doch der ist gerade außer Betrieb. Der ganze Ort wirkt irgendwie traurig. Ist Covid der Grund? Wir kraxeln hoch auf einen Hügel mit einer großen Jesus-Statue und haben von oben einen weiten Blick über die Stadt. Und dann sehen wir den Grund für die gefühlte Traurigkeit…am Berg gegenüber hat es einen ziemlichen Erdrutsch gegeben. Wir finden heraus, dass es, aufgrund starker Regenfälle, bereits im März tatsächlich zu einem heftigen Erdrutsch gekommen ist. Dabei war ein riesiger Teil des Berges auf ein Wohnviertel der 45.000-Einwohner Stadt gestürzt. Die Schlammmassen erfassten mehr als 160 Häuser und nach Angaben der Katastropenschutzbehörde waren insgesamt 850 Menschen von dem Unglück betroffen. Die Bergungsarbeiten gestalteten sich äußerst schwierig. Unterstützt von Suchhunden durchsuchten Anwohner und Rettungskräfte die Trümmer. Dabei gruben sie teils mit bloßen Händen in den Schlammmassen. Bei dem Unglück kamen 27 Menschen ums Leben und viele werden auch heute noch vermisst.

Dann führt uns unser Weg weiter Richtung Süden und wieder fahren wir durch eine wunderschöne Berglandschaft. Das äußerst steile Auf und Ab fordert alles von Sprinti und wir sind uns sicher, diese Steigungen hätten in Deutschland keine TÜV-Prüfung bestanden. Glücklicherweise macht Sprinti das bisher super mit!

Dann erreichen wir die Stadt Cuenca, die mit rund 330.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt Ecuadors. Wir dürfen recht zentral auf einem Campingplatz, der eigentlich eher einer Einfahrt eines Hauses gleicht, parken und dürfen die Gästedusche nutzen. Wie offensichtlich zu erkennen ist, scheint der Besitzer zu der Kategorie „Sammler“ zu gehören. Auch hier werden wir wieder von einer ganz bestimmten Hunderasse begrüßt…dieses Mal sogar drei an der Zahl.

Ehrlich gesagt sind wir aber dieses Mal ein wenig unmotiviert eine große Tour durch die Stadt zu machen. Vielleicht liegt es daran, dass wir momentan mit neuen Eindrücken gefühlt einfach überladen werden. Also gibt es eine sehr abgespeckte Sightseeing-Variante. Wir fahren mit dem Taxi in die Stadt und erkunden die Hauptattraktionen. Dabei entdecken wir viele kleine schöne Innenhöfe und auch eine „Chocolateria“…für mich ja wie das Paradies 🙂 . Es fängt an zu regnen, für uns das Zeichen, wir sollten irgendwo einkehren…und das tun wir dann auch…und zwar in einer kleinen Brauerei mit Restaurant…na klar, in einem Innenhof!

Am nächsten Tag stehen ein paar Erledigungen und auch mal wieder eine Wäsche für Sprinti an. Egal ob man den Wagen selber wäscht oder ihn waschen lässt, seit Mexiko gibt es an Waschstationen (Waschstraßen wie in Deutschland gibt es nicht) tatsächlich keine Leitern, d.h. unser Auto wird immer nur bis zur Dachkante gewaschen…wenn die Personen, die so nett sind unseren Sprinti zu säubern, klein sind und das ist hier ja quasi jeder, ist selbst die Dachkante in weiter Ferne. Heute waschen wir selber, aber eine Leiter ist auch hier nicht in Sicht…also wieder nur bis zur Dachkante…sorry, Sprinti!

Dann zieht es uns wieder raus aus der Stadt, rein in den nächsten Nationalpark…den Cajas Nationalpark! Die hügelige Landschaft bietet eine Tundravegetation und besitzt ungefähr 270 Seen und Lagunen. Das klingt doch schon mal vielversprechend! Glücklicherweise liegt der Nationalpark nur wenige Kilometer von Cuenca entfernt, wenn auch die Straßenbedingungen innerhalb des Parks doch ein wenig Zeit schlucken. Aber die Landschaft ist schon mal traumhaft…

Auf 3197 Metern gibt es einen Parkplatz, auf dem wir übernachten dürfen. Sehr schön! Der Parkplatz gehört zu einer Lagune und die wollen wir an diesem Tag noch umwandern. Das Wetter spielt mit, also los geht’s! Und so wandern wir an diesem Nachmittag durch diese tolle Natur und bekommen lediglich Gesellschaft von einer Herde Lamas und einer Herde Wildpferde…so schön, sage ich Euch!

Das ist doch alles schon mal sehr nach unserem Geschmack und so geht es am nächsten Tag weiter zu einem weiterem Punkt im Park. Auch dieser Weg kann sich sehen lassen. Wir schauen auch nicht schlecht, als plötzlich eine Herde Lamas die Straße kreuzt…wir sind definitv in den Anden angekommen!

Vor dem Visitor Center können wir parken und dürfen auch über Nacht bleiben. Von hier startet auch unser Wanderweg…sehr praktisch. Wir befinden uns auf 4000 m Höhe und direkt an der Wasserscheide, d.h. an der einen Seite des Berges fließt das Wasser hier in den Atlantik, an der anderen in den Pazifik. Wir wandern los und sind sofort umgeben von einer traumhaften Landschaft, in der auch Pumas zu Hause sind und bei der sich eine Lagune an die andere reiht. Auch wenn es so schön hier ist, merke ich schnell, es ist heute einfach nicht „mein Wandertag“. Die 4000 m machen mir zu schaffen und die Beine sind schwer. Am liebsten würde ich kehrt machen und einen Chill-Tag einlegen. Allerdings sind wir nun mal nur jetzt hier, also heißt es „Zähne zusammenbeißen“ und weiter geht’s…auch wenn ich ehrlich gesagt an manchen steilen Stellen schimpfe wie ein Rohrspatz. Wir laufen über Stock und Stein, durchqueren einen dichten Wald mit Höhlen und Baumarten, die wir zuvor noch nie gesehen haben. Wir klettern auf Felsen und sehen in der Ferne dutzende Lagunen…eine schöner als die Andere.

Dann, mein Highlight! Als es wieder einmal bergauf geht, erreichen wir ein Plateau auf dem eine ganze Herde Lamas grast…direkt vor uns. Glaubt mir, auch sie sind überrascht uns zu sehen, ist hier doch außer uns keine Menschenseele unterwegs. Wir lassen die Herde erst ein wenig vorbeiziehen…schließlich wollen wir ja nicht, dass sie ihre Geheimwaffe gleich einsetzen und einen Spuckangriff auf uns starten…nee, bitte nicht! Allerdings scheinen sie gerade weit weg vom Spuckangriff zu sein, grasen sie doch ganz friedlich und entspannt. Ein Problem haben wir allerdings…mittlerweile versperren sie uns unseren kleinen Wanderpfad…eine Alternative haben wir nicht, wir müssen da entlang. Also heißt es quer durch die Herde…und zwar ganz nah! Das Filmen oder Fotografieren habe ich in dem Moment mal eingestellt, als Peter und ich mit Gänseschritten an den Lamas vorbeiwaten, immer vorbereitet auf…Ihr wisst schon…den Spuckangriff! Aber ich kann Euch beruhigen, wir bleiben verschont und ernten nur ein paar verwunderte, aber dennoch relaxte Lama-Blicke. Puuhh!

Dann endlich erreichen wir wieder unseren Ausgangspunkt…wir haben es geschafft! Wir legen noch einen kurzen Stopp am Visitor Center ein, in dem es eine Ausstellung über die Gegend und ihre Menschen gibt und dann ist erstmal eine Stärkung im angrenzenden Restaurant angesagt.

Dann endlich sind wir zurück bei Sprinti und glaubt mir, an diesem Tag bin ich besonders froh darüber 🙂 ! Die Nacht wird dann mit 0 Grad ganz schön frisch und auf dieser Höhe mal wieder nicht so sehr erholsam, aber was soll’s?! Dafür geht es am nächsten Morgen schon früh wieder los…raus aus den Bergen, hin nach Guayaquil, wo Peters Schwester Franziska und Ihr Mann Ronald schon auf uns warten.

Von da aus starten wir dann in ein neues, ganz besonderes Abenteuer.

Mehr dazu beim nächsten Mal!

Seid also gespannt…

Reiseberichte Kolumbien

Kolumbien…was ein schönes Land (#059)

27. August 2023

– Das hätten wir so nicht erwartet –

Wir erreichen das Örtchen Barichara, eine 7000 Einwohner Gemeinde im Bezirk Santander. Es liegt in den Anden auf einer Höhe von 1280 Metern und da es für die gut erhaltene koloniale Architektur aus dem achtzehnten Jahrhundert im Ortskern bekannt ist, gehört es seit 1978 zum nationalen Kulturerbe. Wir haben uns hier ein wenig abseits des Ortes einen kleinen Campingplatz (Guaimaro) herausgesucht, der von den beiden holländischen Auswanderern Julia und Joep geführt wird. Wir sind sofort verliebt in diesen Flecken Erde. So stehen wir mit Sprinti auf einem Berg mit einer traumhaften Aussicht in das Tal. Die Räumlichkeiten wie Küche und Bad sind offen und aus natürlichen Materialien gefertigt. Julia backt uns morgens frisches Brot und wir erhalten selbstgemachte Marmelade…so lecker! Auch unsere Freunde Shelly, Rhuta und Zach aus den USA und ebenso unser Container-Buddy Martin und seine Freundin Lea haben diesen Platz für sich entdeckt. Und so bleiben wir hier für ein paar Tage, erledigen mal wieder Dinge, die schon lange auf der To Do-Liste stehen, waschen Wäsche, schreiben Artikel, recherchieren für die weitere Reise und sitzen abends mit anderen Reisenden gemeinsam am Lagerfeuer. Peter erhält hier auch seinen neuen Spitznamen „Engineer of Fire“, weil seine Art des Feuermachens die ausgeklügeltste zu sein scheint…ist ja schließlich auch nicht sein erstes Feuer 🙂 !  Und so genießen wir hier die Zeit in dieser Abgeschiedenheit, der Ruhe und dieser traumhaften Kulisse.

Ein wenig Arbeit steht allerdings auch an und so widmen wir uns an einem Tag mal unserer hinteren Dachluke, genauer gesagt dem Maxxfan. Wir haben beide Maxxfans vor rund 3,5 Jahren selbst eingebaut und bisher hielt auch alles bombendicht. Jetzt ist uns allerdings an der hinteren Dachluke aufgefallen, dass sich an kleinen Stellen die Abdichtung beginnt zu lösen. Um langfristig einen größeren Schaden zu vermeiden, entschließen wir uns, diese besagte Luke einmal komplett aus- und wieder einzubauen, um sie dann auch völlig neu abzudichten. Zum Glück haben wir alles, was wir dafür benötigen mit an Bord. Der größte Aufwand dabei ist, die alte Abdichtung vollends zu beseitigen. Und so sind wir den ganzen Tag mit dieser Aktion beschäftigt und so viel sei gesagt…es kündigt sich Regen an, was natürlich äußerst unglücklich ist! Aber es passt! Im trockenen Zustand bekommen wir alles wieder dicht und spannen dann gerade noch rechtzeitig eine Plane (sehr praktisch übrigens immer eine Malerfolie dabei zu haben!) bevor es beginnt zu regnen. Es hat funktioniert…die hintere Dachluke ist wieder dicht! 🙂

An einem Tag machen wir uns auf in Richtung Barichara…und wie funktioniert das hier? Genau, mit dem Tuk-Tuk! Die Fahrt über die steinigen und steilen Feldwege gestaltet sich durchaus abenteuerlich. Unser Fahrer weiß hoffentlich was er da tut! Unseren ersten Stopp legen wir an einem schönen Aussichtspunkt ein…hach, was fein!

Anschließend geht es weiter in den Ortskern…mit dabei Zach, Rhuta und Shelly samt Hund Franklin. Wir schlendern durch Barichara, nehmen in einem Straßencafe eine Erfrischung ein und landen letztendlich in einem netten Restaurant. Was ein schöner Nachmittag!

Dann ist es an der Zeit weiterzuziehen, denn es gibt noch so viel zu entdecken hier in Kolumbien. Das Land ist nämlich dreimal so groß wie Deutschland und bevölkerungsmäßig (ca. 51,5 Mio. Einwohner) der zweitgrößte Staat Südamerikas. Es grenzt sowohl an den Pazifischen Ozean als auch an das Karibische Meer und auf dem Festland im Nordwesten an Panama, im Osten an Venezuela, im Südosten an Brasilien, im Süden an Peru und im Südwesten an Ecuador. Die westliche Hälfte Kolumbiens wird von den Anden dominiert, die in drei große Bergketten geteilt sind: die westliche, die zentrale und die östliche Kordillere. Wir befinden uns gerade in der zentralen Kordillere und sind überrascht von dieser landschaftlichen Schönheit…das hatten wir von Kolumbien ehrlich gesagt gar nicht erwartet! Diese Berge, diese vielen grünen Bäume, Palmen und Sträucher…einfach toll! Hinsichtlich der Artenvielfalt belegt Kolumbien in Südamerika den zweiten Platz: Zehn Prozent der weltweit vorhandenen Arten sind tatsächlich auf kolumbianischem Boden vertreten. Mit einer enorm hohen Biodiversität und aufgrund der großen Zahl von endemischen Arten, Gattungen und Familien sowie vielfältigen Ökosystemen gehört Kolumbien zu den Megadiversitätsländern dieser Erde. Der größte natürliche Reichtum des Landes ist seine Flora. Insgesamt gibt es in Kolumbien zwischen 45.000 und 55.000 Pflanzenarten, davon allein 3500 Orchideenarten (das sind immerhin 15 % aller auf der Welt existierenden Orchideenarten). Wir sind begeistert von all den Blumen, die wir hier auf natürlichem Boden zu Gesicht bekommen, kennen wir die meisten davon doch tatsächlich nur aus den Blumenläden zu Hause. Auch das Tierreich ist mit insgesamt 2890 Landwirbeltierarten sehr vielfältig. Mit 1721 Vogelarten sind 20 % und mit 358 Säugetierarten 7% aller der weltweit vorkommenden Arten vertreten. Die Zahl von 819 Amphibienarten ist dazu die weltweit zweitgrößte nach Brasilien. Aufgrund der Gefährdung für die Natur gehört diese Region zu den internationalen Hotspots der Vielfalt.

Dazu sind die meisten Orte sauber und gepflegt und versprühen mit ihren alten Gebäuden absolut ihren Charme. Die Menschen sind sehr offen und so was von freundlich. Und wir sind begeistert!

Nach einigen Stunden Autofahrt erreichen wir das Örtchen Villa de Leyva. Hier stehen wir mit Shelly, Zach und Rhuta in einem Garten eines Hostels. Recht eng, aber es gibt dort eine heiße Dusche, was hier bei weitem nicht selbstverständlich ist. Mittlerweile ist es nämlich doch äußerst frisch (was wir ja durchaus begrüßen), da tut so eine heiße Dusche doch mal ganz gut.

Der nächste Tag verläuft ganz nach meinem Geschmack…es ist mein Geburtstag und somit darf ich mir das heutige Programm aussuchen 🙂 . Wir starten mit einer Videotelefonie mit meinen Eltern und meiner Schwester, allerdings ist der Empfang nicht immer so ganz optimal. Danach machen wir uns auf Villa de Leyva zu erkunden. Die Entstehung des Ortes reicht bis in die erste Zeit der spanischen Eroberung zurück. Es wurde schon früh zum nationalen Denkmal ernannt und so von modernen Bauten wie Büro- und Wohnhochhäusern verschont. Deshalb gibt Villa de Leyva heute einen Eindruck von der Architektur und dem Ambiente der kolonialen Zeit. Die nur einstöckigen Häuser mit ihren Ziegeldächern, die Kirche mit ihren massigen und niederen Türmen und das jahrhundertealte Kopfsteinpflaster der riesigen Plaza waren deshalb immer wieder Kulisse für historische Filme. Und auch dieser Ort gefällt uns mit seinen fröhlichen Menschen, den engen Gassen und den vielen kleinen Läden, die Handwerkskunst verkaufen. Wir entdecken ein französisches Café, in dem wir uns das Gebäck schmecken lassen und finden zudem eine Bäckerei, die tatsächlich Sauerteigbrot verkauft, was unserem deutschen Brot glücklicherweise sehr nahe kommt. Was vermissen wir doch gutes deutsches Brot und „richtige“ Brötchen! Aber das nächste Frühstück ist schon mal gesichert! Tatsächlich erspähen wir an diesem Tag in einem Delikatessen-Geschäft auch noch Dinge wie Sauerkraut und deutsches Bier.

Gut gestärkt geht es für Peter und mich dann noch zu einer ganz bestimmten Sehenswürdigkeit des Ortes…dem Casa Terracotta. Wie der Name schon sagt, ist dieses Haus komplett aus Terracotta gebaut, entworfen vom kolumbianischen Architekten Octavio Mendoza Morales. Das Haus ist nicht nur die „größte Töpferei der Welt“ , sondern soll auch ein einzigartiger Ort sein, an dem Architektur, Design und Kunsthandwerk verschmelzen. Alles klar, das schauen wir uns an!

Dann lassen wir meinen Geburtstag in einem schönen „Freiluft-Restaurant“ ausklingen. Tolle Menschen, tolles Essen, tolle Atmosphäre…was will man mehr?!

Am nächsten Tag geht es für uns mal einmal nicht weiter Richtung Süden, sondern tatsächlich in den Westen (s. dazu auch unsere Route). Wir lassen also die Hauptstadt Bogota aus, da dort zum einen ein ziemliches Verkehrschaos herrschen soll und alleine das Durchqueren der Stadt um die acht Stunden in Anspruch nimmt und weil wir auf dieser Reise auch nicht jede Großstadt besuchen können. Wir fahren also über den Highway 60 Richtung Westen…wobei „Highway“ vielleicht nicht das richtige Wort ist, handelt es sich doch um eine zum Teil ungeteerte Straße mit Löchern, Steinen, weggespülten Abschnitten und engen Kurven. So gestaltet sich diese Fahrt durchaus abenteuerlich. Wir halten so manches Mal den Atem an, wenn wir an Wasserfällen vorbeikommen, die die Straße so weit unter- und überspülen, dass wir zum einen nicht wissen, ob die Straße tatsächlich unsere 3,5 Tonnen hält und zum anderen nicht, wie tief dieses Wasserloch wirklich ist, durch das wir nun fahren. Sprinti ist aufs Äußerste gefordert und wir werden mal wieder belohnt mit der sagenhaften Landschaft Kolumbiens. Stundenlang fahren wir durch diese Gegend und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus….soooo schön! Bei manch einer „LKW-Ladung“ fragen wir uns allerdings, ob der Fahrer weiß, was er so transportiert…

An diesem Tag übernachten wir auf einer großen Lichtung inmitten des Urwalds und teilen uns den Platz mit diversen Pferden und Ziegen. Die ganze Nacht über regnet es und Peter und ich haben schon Bedenken, dass die Straßen aufgeweicht und für uns unpassierbar sein werden. Wird schon irgendwie werden!

Am nächsten Morgen geht es früh weiter. Der Regen hat glücklicherweise aufgehört, die Straßen sind noch nass, aber Sprinti bekommt alles gut gemeistert. Unser Weg führt uns an diesem Tag zu einer ganz besonderen Attraktion…dem Piedra del Peñol, der Fels von Guatape. Der Fels ist ein auffälliger Inselberg, dessen Formation ca. 70 Millionen Jahre alt und der verbliebene Rest eines Erosionsprozesses ist. Bereits in den 1940er-Jahren wurde der Berg von der kolumbianischen Regierung zum Nationalmonument erklärt. Der Fels misst eine Höhe von 220 m, dazu kommt, dass wir uns bereits auf einer Höhe von 1915 m über dem Meeresspiegel befinden. Die Luft ist also schon um einiges dünner. Der Fels lässt sich mit sage uns schreibe 708 Stufen besteigen. Während sich Shelly, Zach und Rhuta dagegen entscheiden, machen Peter und ich uns auf nach oben…Stufe für Stufe! Während ich voll motiviert bin, ist Peter „schwer begeistert“. Nach rund 20 Minuten sind wir oben und, ich muss gestehen, auch ganz schön aus der Puste. Aber die Aussicht hat schon was…

Danach ist dann erstmal eine Stärkung fällig… 🙂

Bevor es dunkel wird fahren wir noch ein Stückchen weiter und erreichen Medellin, die Stadt, die einst die gefährlichste der Welt gewesen ist.

Wie es uns dort ergangen ist, erfahrt Ihr dann beim nächsten Mal!

Bis dahin macht’s gut!