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Peru

Reiseberichte Peru

Vom Machu Picchu bis zum Titicacasee (#067)

12. November 2023

– Und warum es manchmal ganz schön kompliziert sein kann –

Von Nazca führt uns unser Weg zurück in die Anden. Die Fahrt dorthin gestaltet sich äußerst idyllisch, fahren wir doch durch schöne Berglandschaften, vorbei an blauen Lagunen und unzähligen Lama-, Alpaka- und Vikunja-Herden. Vikunjas, die etwas zierlicher als ihre Artgenossen sind und im Gegensatz zu diesen nie domestiziert wurden, gehören wie Alpakas zu der Gattung der höckerlosen Neuweltkamele und ihre Wolle ist noch feiner als Kaschmirwolle.

Für die Nacht finden wir einen Stellplatz etwas abgelegen vom Straßenrand. Wir stehen einsam neben einer kleinen Ruine und außer uns und einem Esel ist hier niemand (abgesehen von mal wieder jeder Menge Müll), so dass wir ungestört an diesem Ort stehen können.

Am nächsten Tag erreichen wir die Stadt Cusco. Sie liegt in 3416 m Höhe und hat etwa 112.000 Einwohner im Stadtgebiet sowie rund 428.000 Einwohner im Ballungsraum. Cusco war damals die Hauptstadt des Inkareichs und ihr Name stammt von dem Wort „Quechua“, dessen Bedeutung oft „Nabel der Welt“ oder „Mitte der Welt“ zugeschrieben wird. Also ein interessanter Ort, den es zu entdecken gilt. Auf dem Campingplatz („Quinta Lala“) hoch über der Stadt treffen wir auch unsere Freunde Shelly, Zach, Rhuta, Judith und Arthur wieder. Na klar, muss dann zur Feier des Tages auch ein Lagerfeuer her, was wir kurzerhand in einer alten Wanne einer Schubkarre entzünden dürfen. In dieser Runde schmeckt das Bierchen umso besser, auch wenn es hier in der Höhe wieder ordentlich kalt ist.

Am nächsten Tag erkunden wir die Innenstadt Cuscos und lassen den „Inka-Vibe“ mal auf uns wirken. Wir sind tatsächlich positiv überrascht, gefällt uns Cusco mit seiner Architektur und seinem Charme in Peru als Stadt bisher am besten.

Typisch für die Bauten der Inka-Zeit sind die exakt aufeinander passenden Steine, zwischen die kein Grashalm passt. Man weiß bis heute nicht, wie und mit welchen Hilfsmitteln die Inkas diese Steine so exakt formen konnten. Fakt ist allerdings, dass sie ohne jeglichen Zement, Lehm oder Mörtel gehalten und im Gegensatz zu anderen Gebäuden auch bis heute jegliche Erdbeben überdauert haben. Auch wir finden in der Stadt immer wieder alte Inka-Mauern. Oft wurden von den Spaniern auf den alten Gebäuden der Inkas zur Machtdemonstration neue Häuser errichtet und damit alte zerstört.

Tags darauf sind wir ebenfalls auf den Spuren der Inkas unterwegs als wir nur ein paar Meter von unserem Campingplatz entfernt die historische Stätte der Saqsaywaman besuchen. Die Ruine der Inka-Festung Saqsaywaman, ist heute eine der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten aus der Inkazeit. Sie sollte als Repräsentationsort und als militärische Befestigung dienen, um die Stadt zu schützen. Während der 70-jährigen Bauzeit in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts sollen nach Angaben von Pedro Cieza de León rund 20.000 Menschen daran gearbeitet haben. Zum Bau der Mauern wurden riesige Steine von 20 km entfernten Steinbrüchen herantransportiert und dann bearbeitet, bis sie fugenlos aneinander passten. Der größte Stein ist 9 m hoch, 5 m breit, 4 m dick und wiegt über 200 Tonnen…da fragt man sich schon, wie so ein Bau damals überhaupt möglich war?!

Wir bleiben noch ein paar Tage in Cusco, allerdings halten wir uns lediglich am Campingplatz auf. Peter kränkelt ein wenig und insgesamt fühlen wir uns etwas erschöpft…Peru zerrt tatsächlich ganz schön an unseren Nerven…befindet sich hier doch gefühlt alles außerhalb unserer Komfortzone.

Dann geht es aber weiter…unser Weg führt uns nach Ollantaytambo (s. dazu unsere Route). Dort stellen wir Sprinti auf einem kleinen bewachten Parkplatz ab, packen unsere Rucksäcke, nehmen noch ein hervorragendes Mittagessen zu uns und machen uns dann auf zum Bahnhof. Von dort aus bringt uns ein Zug ins fast zwei Stunden entfernte Aguas Calientes. Auf der Fahrt werden wir Zeuge einer traditionellen musikalischen Darbietung mit ganz viel Herz-Schmerz…das Zugpersonal muss hier also vielseitig begabt sein.

Warum wir eigentlich nach Aguas Calientes fahren? Wir wollen zum berühmten Machu Picchu, eines der neuen Weltwunder! Das Prozedere zum Ticketverkauf gestaltet sich, typisch peruanisch, sehr abenteuerlich, aber dazu gleich mehr! Da man nicht direkt zum Machu Picchu hinkommt, sondern das nur mit Bussen von Aguas Calientes funktioniert, haben wir uns dort für drei Tage ein Hotelzimmer gebucht. Als wir am Abend dort ankommen, regnet es in Strömen und wir erreichen das Hotel ziemlich durchnässt. Der Herr an der Rezeption ist sehr freundlich und gibt uns den Tipp, dass, wenn wir in den nächsten Tagen zum Machu Picchu wollen, was hier im Ort das Ziel eines jeden Touristen ist, sollten wir jetzt noch zum Touristenamt gehen und uns für eine Nummer anstellen. Ja, das mit den Tickets hier ist tatsächlich so eine Sache…wo fange ich an? Wenn man lange im Voraus weiß, an welchem Tag genau man zum Machu Picchu möchte, kann man online Tickets reservieren, was mal mehr mal weniger gut funktioniert. Weiß man das nicht genau, so wie wir und hunderte andere Touristen pro Tag, muss man sich bereits morgens um 6 Uhr für eine Nummer am Touristenamt anstellen. Hat man die nach einigen Stunden Wartezeit erhalten, ist man seinem Eintrittsticket zwar ein Stückchen näher gekommen, aber noch lange nicht am Ziel. Mit dieser Nummer erhält man zudem eine Uhrzeit, wann man nachmittags oder am Folgetag wiederkommen darf, um sich dann für das Ticket anzusstellen. Es gibt in Machu Pichhu vier verschiedene Routen, die man besichtigen kann, es gibt allerdings nur eine begrenzte Anzahl an Tickets für jede Route, um so die Besucherzahlen pro Tag ein wenig zu regulieren. So kann es also sein, dass man stundenlang ansteht und dann keine Nummer, keine Tickets oder nur Tickets für die nicht favourisierte Tour bekommt. Zudem stellt sich die Frage, für welchen Tag man die Tickets erhält. Also alles etwas kompliziert und seeeehhr umständlich, sage ich Euch! Wir erhalten von unserem Herrn an der Hotelrezeption also die Info, dass wir für die Nummer nicht bis morgen früh um 6 Uhr warten sollen, sondern uns heute Abend (es ist mittlerweile 19 Uhr, es ist dunkel und regnet immer noch in Strömen) noch anstellen sollen. Also bringen wir nur schnell das Gepäck auf unser Zimmer und laufen dann zum Touristenamt. Dort herrscht absolutes Chaos. In langen Schlangen stehen die Menschen an, aber niemand weiß, ob er in der richtigen Schlange etwa für die Tickets oder lediglich für die Nummern ansteht. Für alles gibt es nur einen Eingang, man darf das Gebäude aber nur nacheinander betreten. Alles gerät ein wenig außer Kontrolle, als keiner mehr weiß wer wann dran ist. Eine Frau spricht durch ein Megafon, das allerdings ausschließlich auf Spanisch und so schnell und leise, dass sie niemand versteht. Wir stehen in der Schlange und es scheint auch die Richtige zu sein. Es regnet noch immer und so sind wir froh, dass der Hotelportier uns noch einen Schirm mitgegeben hat. Da es hier an den Häusern keine Regenrinnen gibt, klatscht das Wasser nur so von den Häusern herunter. Aber wir kommen der Sache näher, die Schlange vor uns verkürzt sich regelmäßig. Jetzt hoffen wir nur, dass wir noch drankommen, eine Nummer erhalten, die uns ein Ticket für übermorgen verspricht und idealerweise auch noch für die Routen 1 & 2, unsere Wunschrouten. Langsam erreichen wir den Eingang und das Chaos spitzt sich zu. Irgendwelche Leute drängeln sich von hinten an uns vorbei und stecken Angestellten Geld zu, die dann im Gebäude verschwinden. Mich wundert echt, wie ruhig die Menschen hier bleiben, ich glaube so viel Geduld hätte man in Deutschland nicht. Und auch mein Geduldsfaden ist zum zerbersten gespannt, fällt es uns doch schwer zu glauben, dass man sich für diese Vorgehensweise bezüglich des Ticketverkaufs entschieden hat…für uns echt nicht nachvollziehbar. Alles ist so kurios, dass man sich mal wieder fragt, wo die versteckte Kamera abgeblieben ist…die dürfte sich ganau jetzt zu erkennen geben!

Dann erreichen wir endlich den Eingang. Dort sitzt ein junger Mann auf seinem Klappstuhl an einem kleinen Holztisch und verteilt nach Vorlage des Reisepasses pro Person je einen kleinen Zettel mit einer Nummer darauf, auf den er handschriftlich eine Uhrzeit hinzufügt. Wir erhalten die Nummern 384 und 385 und dürfen am Folgetag um 16.30 Uhr erneut wiederkommen, um uns dann für das Ticket anzustellen. Welche Route wir erhalten, erfahren wir erst morgen, je nachdem, wie viele Tickets dann noch übrig sind.

Nach gut einer Stunde halten wir die Nummern also in unseren Händen und freuen uns, dass es „so schnell“ gegangen ist, stehen einige doch durchaus vier oder fünf Stunden an…auch wenn sich so ein Chaos nervlich durchaus nach dieser Zeitspanne angefühlt hat. Wir laufen zurück zum Hotel und fallen an diesem Abend todmüde ins Bett. Zum Glück brauchen wir uns am nächsten Morgen ja nun nicht mehr um 6 Uhr anstellen, sondern können ein wenig länger schlafen…wobei das Frühstücksbuffet im Hotel endet bereits um 9 Uhr.

Bevor wir wieder zum Touristenamt laufen, gehen wir noch am Busschalter vorbei, denn für die Fahrt zum Machu Picchu brauchen wir Busfahrkarten, die man nur erhält, wenn man bereits Machu Picchu-Tickets oder zumindest die Nummer dafür hat. Das klappt alles relativ reibungslos und somit fehlen jetzt nur noch die Eintrittstickets.

Zu 16 Uhr stehen wir dann bereits erneut am Touristenamt, um darauf zu warten, dass unsere Nummern aufgerufen werden. Und na klar, auch heute erleben wir wieder Chaos pur! Warum sollte es auch anders sein?! Es gibt wieder diverse Schlangen, an denen Leute anstehen…für was auch immer! Dieses Mal spricht eine andere Dame durch das Megafon, allerdings genauso leise und undeutlich wie am Tag zuvor. Sie sagt die Nummern durch…natürlich nur auf Spanisch und so dass sie niemand versteht. Wir drängeln uns also an den Eingang und somit nah an die Megafon-Dame, um unsere Nummern nicht zu verpassen. Mittlerweile regnet es wieder und wir werden nass…was das generelle Chaos nur verschlimmert. Ganze Gruppen drängen sich in das Gebäude, nur um dann wieder abgewiesen zu werden. Dann ist es soweit…Nummer 384 und 385 sind an der Reihe! Bekommen wir jetzt endlich unser Ticket? Man schickt uns allerdings am Ticketschalter vorbei, die Treppe hoch…wo tatsächlich noch eine weitere Schlange auf uns wartet. In einem großen Raum stehen allerhand Stühle nebeneinander…auf ihnen sitzen wartende Leute, die alle paar Minuten aufstehen, um sich der Reihe nach einen Stuhl weiterzusetzen, wenn es mal wieder ein Stückchen voran geht. Zwischendurch kommen immer wieder Leute, die laut ihrer Nummer ein wenig zu spät gekommen sind, aber nun dazwischen in die Reihe wollen. Nach dem Raum zieht sich die Reihe durch die Vorhalle und dann die Treppe runter zum Ticketschalter am Eingang. In der Vorhalle sind einige Stühle nicht benutzbar, weil es durch das Dach reinregnet und alles nass ist. Fragt nicht nach meinem Geduldsfaden! Wir versuchen uns beide ein wenig abzulenken und daddeln am Handy herum, ich nutze die Zeit, um ganz unkonventionell am Mobiltelefon meinen Artikel für Euch weiterzuschreiben, aber so wirklich konzentriert funktioniert das hier auch nicht. Während wir warten, sehen wir auf einem Bildschirm (wir fragen uns, warum man nicht auch die Nummern auf einem Bildschirm anzeigt), wie die Anzahl der Tickets (besonders für unsere Wunschroute 1 & 2) immer weiter abnimmt. Die Route 3 ist derzeit übrigens gesperrt, so dass es uns nicht weiterhilft, dass dafür noch 300 Tickets zu haben sind. Werden wir also noch welche abbekommen?

Nach über 2,5 Stunden des erneuten Wartens stehen wir endlich am Ticketschalter und erhalten unsere Eintrittskarten für Route 1 & 2. Auch die Uhrzeiten für den Besuch sind genau geregelt, so dürfen wir am Folgetag um 10 Uhr zum Machu Picchu. Hoffentlich regnet es dann noch nicht, ziehen doch derzeit ab Mittag gerne mal die Wolken auf.

Egal…erstmal haben wir nun die Tickets für den darauffolgenden Tag und da so langsam auch unser Magen knurrt, gönnen wir uns auf dieses Chaos erstmal eine leckere Pizza. Die soll hier nämlich nah an das italienische Original herankommen und diesen Umstand hatten wir auf unserer Reise quasi noch gar nicht. Und wir können sagen: „Lecker war’s!“

Es ist mittlerweile 19.30 Uhr als wir zufällig entdecken, dass der Ticketschalter für unseren Zug zurück nach Aguas Calientes (übermorgen soll es ja zurück gehen) noch geöffnet hat. Da wir ja morgen unterwegs sind, ist es vielleicht ganz praktisch das jetzt noch eben zu erledigen. Wir laufen also zum Bahnhof. Dort gibt es zwei unterschiedliche Züge von unterschiedlichen Gesellschaften, mit unterschiedlichen Preisen und unterschiedlichen Abfahrtszeiten…auch hier würde ich ein wenig Chaos nicht ausschließen. Zum Glück ist es leer, als wir am Schalter ankommen und schnell finden wir unsere gewünschte Zugverbindung. Die Dame lockt alles ein, wir bezahlen per Handy und warten auf unsere ausgedruckten Tickets. Zu früh gefreut! Plötzlich scheint das System abgestürzt zu sein, man könne keine Tickets ausdrucken…in 30 Minuten funktioniere es vielleicht wieder. Hatte ich Euch eigentlich schonmal von meinem Geduldsfaden erzählt?! Lange Rede kurzer Sinn…wir erhalten an diesem Abend (weil auch nach 30 Minuten noch nichts wieder funktioniert) keine Tickets mehr von der Dame, sie storniert unsere Buchung und damit auch unsere Zahlung (was hoffentlich auch funktioniert). Letztendlich buchen wir unsere Tickets dann online, was vielleicht auch direkt der bessere Weg gewesen wäre.

Am nächsten Tag ist es dann endlich soweit…es geht zum Machu Picchu! Schon früh stehen wir wiedermal in einer Schlange…dieses Mal für den Bus. Es gibt je nach Uhrzeit für den Eintritt verschiedene Busschlangen, aber nirgendwo steht die entsprechende Uhrzeit angeschlagen. Während wir warten, werden wir (mal wieder) von einem Guide angesprochen, der uns durch das besagte Weltwunder führen und uns dazu einiges erklären möchte. Eugenia macht einen freundlichen und kompetenten Eindruck und weil wir möglichst viel über Machu Picchu erfahren möchten (Informationstafeln o.ä. gibt es dort nämlich nicht), sagen wir zu. So fahren wir gemeinsam mit Eugenia im Bus hoch auf die auf 2430 m Höhe erbaute Bergstadt. Machu Picchu ist eine gut erhaltene Ruinenstadt, die die Inka im 15. Jahrhundert auf einem Bergrücken zwischen den Gipfeln des Huayna Picchu („junger Berg“) und eben des gleichnamigen Bergs Machu Picchu („alter Berg“) erbauten.

Die Stadt umfasste 216 steinerne Bauten, die auf Terrassen gelegen und mit einem System von Treppen verbunden waren. Die meisten Terrassen sind mit ihren in die Mauern eingebauten kleinen Wasserablauföffnungen und etwa 3000 Stufen ebenso bis heute erhalten, wie auch die Kanalverbindung von der außerhalb der Stadtanlage befindlichen Wasserquelle zu den kaskadenförmig gestaffelten Brunnenbecken, dazu die Außenmauern der Tempel und die zum Teil mehrgeschossigen Wohnbauten. Sie sind voll funktionsfähig und zum Teil in den letzten Jahren nach und nach in inkatypischer Bauweise rekonstruiert worden.

Durch diese clever angelegte Stadt mit ihren Terrassen, die der Landwirtschaft dienten und dem damit verbundenen Wassersystem, geht die Forschung heute davon aus, dass die Stadt in ihrer Hochblüte bis zu 1000 Menschen beherbergen und versorgen konnte. Über den Sinn und Zweck von Machu Picchu wurden verschiedene Theorien entwickelt. Tatsächlich existieren über sie keine Überlieferungen, weshalb auf der Grundlage archäologischer Funde nur mehr oder weniger gut begründete Vermutungen angestellt werden können. Da sich die Stadt schwer zugänglich in den Bergen befindet, wurde sie offiziell erst 1911 von dem Amerikaner Hiram Bingham wiederentdeckt. Im Juli 2007 wurde Machu Picchu dann in die Liste der neuen sieben Weltwunder aufgenommen.

Diese Stätte live zu erleben, umgeben von dieser wundervollen Landschaft, ist schon beeindruckend. Und so genießen wir die wunderbare Aussicht und lassen uns von ein paar wenigen Regentropfen nicht stören. Die Wolken, die sich um die Berggipfel legen, verleihen dem Ganzen sogar noch etwas Mystisches.

Als wir mit dem Bus wieder in die Stadt zurückkommen, knurrt unser Magen und so kehren wir noch in ein Restaurant ein, denn hier gibt es oft für wenig Geld sehr leckeres Essen. Peter probiert das erste Mal das hier sehr typische Alpaka-Fleisch und beschreibt es als äußerst schmackhaft. Wir lassen den Tag noch einmmal Revue passieren…natürlich waren die Anreise, die Übernachtungen im Hotel, die Ticketbeschaffung usw. ein ganz schöner Aufwand und nervenaufreibend dazu, aber wir würden all das noch einmal in Kauf nehmen, um dieses Weltwunder aus der Nähe bestaunen zu können.

Am nächsten Tag geht es dann mit dem Zug (und unserem Online-Ticket) wieder zurück nach Ollantaytambo, wo Sprinti glücklicherweise wohlbehalten auf uns wartet 🙂 . So schlendern wir noch ein wenig durch den niedlichen Ort, indem es ebenfalls historische Inka-Stätten zu bestaunen gibt, und machen uns dann mit Sprinti wieder auf den Weg.

Wir bleiben weiter auf den Spuren der Inkas und so fahren wir in das Urubamba-Tal („das heilige Tal der Inkas“). Dort stehen wir auf einem kleinen Campingplatz, bei dem eine Mitarbeiterin auch Touren vermittelt und so werden wir am nächsten Morgen von unserem Taxifahrer Dino abgeholt, der uns an diesem Vormittag zu den Sehenswürdigkeiten des Tals fährt. Wir starten an der historischen Inka-Stätte von Moray. Die Anlage, bestehend aus mehreren Terrassen in verschiedenen Höhen, wurde in drei größeren natürlichen Dolinen verschiedener Tiefe errichtet. Bis vor 50 Jahren wurden auf dem Gelände sogar noch Kartoffeln und Gerste angebaut. Durch die Terrassierung und die Anordnung in runder Form ergibt sich eine Überlagerung des Makroklimas mit etlichen, für jede Terrasse verschiedenen, Mikroklimaten. Möglicherweise diente Moray den Inka als Agrarversuchsfeld zum Studium des Einflusses dieser Mikroklimate auf den Pflanzenwuchs. Und wieder einmal wird uns bewusst, wie intelligent und für diese Zeit besonders fortschrittlich die Inka agiert und ihren Lebensraum nahezu perfekt genutzt haben. So sind z.B. die Steine, die aus den Mauern herausragen, nichts anderes als Stufen, um bequem die nächste Ebene zu erreichen. An diesem Tag ist auch eine peruanische Schulklasse vor Ort, die sich freuen, als der „große weiße Mann“, ich nenne ihn mal Peter, auf ihr Bitten hin ein Foto von ihnen schießt.

Wir fahren weiter in die Inka-Stadt Chinchero…als Dino plötzlich vor einem Gebäude anhält und sagt, wir sollen uns das mal von innen anschauen. Es handelt sich dabei, um eine der vielen Textilfabriken, die traditionelle Kleidung herstellen. Wobei „Fabrik“ nicht das richtige Wort ist, findet doch alles eher im kleineren Rahmen statt und die Textilien werden ausschließlich per Hand hergestellt. Am Eingang befindet sich ein Tisch mit den typischen Produkten, die in dieser Gegend angebaut werden…jede Menge Kartoffeln und Mais in den buntesten Varianten. Direkt daneben befindet sich ein kleiner Stall mit Meerschweinchen…ja, wir sind noch immer in einer Gegend, in der diese Tiere als günstiges Fleisch zum Verzehr dienen, brauchen sie doch von der Geburt nur 8 Wochen bis sie „verzehrfertig“ sind. Wir gehen lieber weiter…und werden von einer netten jungen Dame begrüßt, die uns in der nächsten halben Stunde zeigt, wie hier Wolle mit natürlichen Materialien gefärbt und verarbeitet wird, wie Stoffe gewebt und ein natürlicher Lippenstift hergestellt werden. Sie zeigt uns ihre Handarbeit und was sie alles hergestellt hat und freut sich natürlich als Peter davon einen neuen Pullover und ich eine neue Mütze kaufen…beides aus Baby-Alpaka-Wolle…und sehr flauschig. Und zum Abschluss muss natürlich auch noch ein traditionelles Foto her…

In Chinchero laufen wir dann durch enge Gassen, vorbei an kleinen Läden bis hoch zu einer alten Kirche, die von den Spaniern auf den Ruinen der Inkas gebaut wurde.

Unsere letzte Station mit Dino führt uns zu den Salinen von Maras…auf 3380 Metern Höhe die höchstgelegene Salzfarm der Welt. Hierbei handelt es sich um 4000 Salzfelder, alle terrassenförmig angeordnet. Dieses Labyrinth aus Salzbecken und Salzterrassen wurde von den Inkas mit Menschenhand erschaffen und ist inzwischen ca. 1.000 Jahre alt. Das wertvolle Salz wurde als weißes Gold der Inkas oder weißes Gold der Anden gehandelt. Im 16. Jahrhundert plünderten jedoch die spanischen Eroberer die Silber- und Salzvorkommen Perus. Auch heute noch erfolgt die Salzgewinnung wie zu Zeiten der Inkas. Das stark salzhaltige Wasser kommt dabei aus dem umliegenden Gebirgsmassiv und fließt in extra dafür angelegten und ausgeklügelten Kanalsystemen in kleinen Rinnsalen in sehr flache Becken. Die Sonne und die trockene Luft sorgen dafür, dass der Großteil des Wassers schnell verdunstet und so bleiben in den Becken eine breiige Salzmasse, die Sole und die kostbare Kruste mit weißen Salzkristalle zurück.

Nach dem Trip mit Dino machen wir uns mit Sprinti auf in Richtung Grenze, allerdings nicht ohne noch einen Stopp an einer weiteren Besonderheit einzulegen…am Titicacasee! Der Titicacasee ist mit einer Fläche von 8372 Quadratkilometern der größte Süßwassersee Südamerikas. Er befindet sich auf der Altiplano-Hochebene in den Anden, wobei rund 60% des Titicacasees zu Peru gehören, während die anderen 40% zu Bolivien zählen. Gemessen an seiner Fläche ist er der achtzehntgrößte natürliche See der Welt…seine Fläche ist etwa 15,5-mal so groß wie die des Bodensees und fast so groß wie Korsika. Noch dazu ist der Titicacasee das höchstgelegene kommerziell schiffbare Gewässer der Erde. Er liegt auf einer Höhe von 3812 m über dem Meeresspiegel, ist 178 km lang und bis 67,4 km breit und hat eine durchschnittliche Tiefe von 107 m. Wir übernachten an einem Hotel, direkt am See, wo wir den Parkplatz nutzen dürfen. Am nächsten Morgen machen wir uns zu Fuß auf den Weg zum Ufer des Titicacasees. Dort empfängt uns Yordi, bei dem wir eine Tour gebucht haben. Gemeinsam mit ihm besteigen wir ein kleines Boot, was uns auf den See bringt. Yordi lebt mit seiner Familie tatsächlich auf dem Tititcacasee…auf schwimmenden Inseln. Diese Inseln bestehen aus mehreren Schichten Schilf, was wöchentlich neu aufgelegt werden muss, während es unten zerfällt. Auf dem Titicacasee leben tatsächlich 2500 Menschen auf 120 künstlich hergestellten Inseln und das seit rund 200 Jahren. Yordi zeigt uns die diverse Inseln, darunter auch seine Heimatinsel, auf der er mit seinen vier Kindern, seiner Frau und seine Schwiegermutter in kleinen Hütten lebt. Ehe wir uns versehen, sitzen wir in der Hütte der Oma und man bittet uns auf ihrem Bett Platz zu nehmen, während sie uns von ihrem Leben erzählt. Stolz zeigt man uns auch ihre Webereien, die sie natürlich auch verkaufen wollen. Das alles passiert allerdings ohne Druck oder dass wir uns genötigt fühlen, etwas zu kaufen. Natürlich leben sie von den Einnahmen der Touristen und ebenfalls natürlich gab es während Covid enorme Einbußen und so lassen wir uns mit gutem Gewissen hinreißen das ein oder andere zu kaufen. So haben wir für zu Hause Erinnerungen an diesen Tag auf dem Titicacasee und zum anderen dieser Familie weitergeholfen, die unter einfachsten Bedinugungen hier lebt. Stolz zeigt uns Yordi die Schule, die die Kinder hier auf dem See von der ersten bis zur vierten Klasse besuchen. Yordi erzählt uns auch, dass die Mädchen hier mit 12 bereits Mutter werden und Peter und ich wissen beide, dass ihr Leben damit vorbestimmt ist und es keine Alternative zu dem Leben auf dem Titicacasee gibt. Yordi zeigt uns mit voller Hingabe und Stolz seine Heimat und wir sind dankbar an diesem Vormittag in dieses Leben eintauchen zu dürfen.

Als wir zurück sind, schnappen wir uns Sprinti und machen uns auf den Weg entlang des Titicacasees bis wir schließlich die Grenze erreichen…

…die Grenze nach Bolivien!

Reiseberichte Peru

Lima, ein wackeliger Flug und die älteste Siedlung Amerikas (#066)

29. Oktober 2023

– Und dazu ein paar Pisco Sour –

Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden in die Stadt Huaraz und auf unserem Campingplatz (Marian Wahi) treffen wir erneut bekannte Gesichter…das ist mittlerweile echt an der Tagesordnung. Da wir dringend neue SIM-Karten benötigen, machen wir uns mit dem Colectivo auf in die Stadt. Ein Colectivo ist hier eine Mischung aus kleinem Bus und großem Taxi, die hier zu hauf umherfahren und Leute einsammeln. Diese Colectivos sind wirklich ein Fall für sich…meist pfeiffen die Autos selbst aus dem letzten Loch, sie halten wenn sie halten…es gibt nicht immer eine Haltestelle (manchmal reicht es auch einfach am Straßenrand die Hand zu heben) und neben dem Fahrer arbeitet meist eine weitere Person im Fahrzeug, die die Schiebetür schon aufreißt, wenn der Wagen noch nicht steht, das Geld einsammelt und alles im Griff zu haben scheint. In den Colectivos sitzt man meist dicht gedrängt, so wie auch wir an diesem Nachmittag, dafür zahlen wir aber auch nur wenige Soles und sind innerhalb kürzester Zeit an unserem Ziel.

Allerdings ist unser SIM-Karten-Kauf an diesem Tag wenig erfolgreich…schickt man uns doch bei sieben Geschäften des Handyanbieters wieder weg, weil man dort nur SIM-Karten auflädt, nicht aber neue verkauft…so lernt man südamerikanische Geduld…zugegebenermaßen ist meine Lernkurve da noch ausbaufähig.

Dann machen wir einen Abstecher durch die Markthallen, die immer ein reges Treiben versprechen. Auch hier gibt es wieder alles…von Lebensmitteln bis hin zu Damen an ihren Nähmaschinen, die einem textiltechnisch alles reparieren können. Wir werden hier tatsächlich fündig für neue Nähnadeln, die wir seit geraumer Zeit nicht in normalen Geschäften gefunden haben. Wenn schon keine SIM-Karte, dann wenigstens Nadeln! Es ist mal wieder interessant zu sehen, wie hier das Leben so abläuft. Wie die Frauen in ihrer traditionellen Kleidung mit den hohen Hüten alles in bunt verzierten Tüchern auf dem Rücken transportieren und wie die Menschen ihren Alltag gestalten. Die Hygienemaßnahmen auf diesen Märkten sind für uns meist ein wenig gewöhnungsbedürftig, wenn z.B. das Fleisch ungekühlt auf der Theke liegt oder Hunde das Tierblut vom Boden lecken. Wir entscheiden uns an diesem Tag lieber für einen Abstecher in ein Restaurant…in der Hoffnung, dass in deren Küche andere Gegebenheiten herrschen.

Am nächsten Tag geht es für uns auch schon weiter…wir fahren nach Caral, der ältesten bekannten Stadtsiedlung auf dem amerikanischen Kontinent. Wir fahren zurück aus den Bergen Richtung Küste und schon auf dem Weg verändert sich die Landschaft. So liegt Caral an der einen Seite umgeben von Sanddünen und an der anderen Seite schlängelt sich ein grünes Flußbett.

Die Siedlung Caral wird auf die Zeit 2500-2000 Jahre v. Chr. datiert und ist daher mit knapp 4500 Jahren nach Mesopotamien die erste Siedlung weltweit. Das schauen wir uns also mal genauer an! Gemeinsam mit unserem Guide laufen wir über die Anlage und bestaunen die alten Pyramiden. Im Jahr 1905 war der deutsche Archäologe Max Uhle der erste Forscher, der das Caral-Tal untersuchte und erst seit dem Jahr 1994 erforscht die peruanische Archäologin Ruth Shady Solís das Caral-Tal. Daher liegt noch so vieles aus der alten Geschichte im Verborgenen und gibt weiterhin Rätsel auf. Ruth Shady Solís vermutet, dass die Küstengebiete durch das Wetterphänomen El Niño regelmäßig von verheerenden Überschwemmungen heimgesucht und die Einwohner hierdurch in das Wüstengebiet getrieben wurden. Das gesamte Tal ist von Bewässerungskanälen durchzogen und ermöglichte so den Anbau von Kürbis, Bohnen und anderem Gemüse. Getreidesamen wurden bislang nicht ermittelt, dafür aber Baumwollsamen, die zur Herstellung von Fischernetzen benötigt wurden. Weil Caral nur ca. 25 km von der Küste entfernt lag, wurden als Nahrungsmittel Meeresfische verwendet. Wahrscheinlich tauschten die Bewohner von Caral die Fische gegen von ihnen hergestellte Netze aus Baumwolle ein. Bei den Ausgrabungen fanden sich auch Fischgräten, Schneckenhäuser und Muscheln von Tieren, die auch im Amazonasgebiet vorkommen. Auch Überreste des Annattostrauchs und Cocasamen wurden gefunden, daraus schloss Shady Solís auf weitverzweigte Handelsverbindungen Carals bis in den Andenraum. Die Einwohnerzahl von Caral war eher gering, sie wird auf dem Höhepunkt seiner Entwicklung mit ungefähr 1.000 geschätzt und man vermutet, dass die Besiedlung der Stadt etwa um 1600 v. Chr. endete. Die genauen Gründe hierfür sind derzeit noch nicht bekannt.

Wir hatten zuvor gelesen, dass man auf dem Parkplatz der historischen Stätte kostenfrei übernachten kann, wenn man dem Wachposten Bescheid gibt. So bleiben wir als der Parkplatz sich leert und die Sonne hinter den Bergen verschwindet. Ein Wachposten taucht allerdings nicht auf. Und so übernachten wir hier mutterseelenallein vor den Toren der ältesten Siedlung Amerikas.

Die Nacht ist ruhig und frisch, aber wir sind gut ausgestattet, so dass uns die Kälte nichts anhaben kann. Und wenn am nächsten Morgen, die aus dem Kühlschrank kommende Butter einfach nicht weich werden möchte, muss man sich halt anders behelfen…

Unser Weg führt uns an diesem Tag weiter durch das Tal von Caral. Über eine Stunde lang fahren wir durch diese wüstenartige Hügellandschaft und das einzige, was zu sehen ist, ist eine riesengroße Hühnerfahrm, bei der sich hunderte Gebäude durch das gesamte Tal schlängeln.

Dann erreichen wir Lima, die Hauptstadt Perus. Lima ist mit Abstand die größte Stadt des Landes, in der ca. 8,5 Mio. Menschen leben (10,4 Mio. im Ballungsraum). Und diese Massen bekommen wir auch direkt zu spüren, läuft der Straßenverkehr doch ein wenig chaotisch ab…ohne eine funktionierende Hupe läuft hier mal wieder gar nichts!

Unser erster Weg führt uns zu einem deutschen Country Club, denn dort dürfen deutsche Camper ein paar Tage kostenfrei auf deren Mitgliederparkplatz übernachten. Dieser Country Club ist bereits als „Turnverein Germania“ im Jahre 1863 von Deutschen gegründet worden, um sich zu treffen, Kontakte zu knüpfen und gemeinsam Sport zu treiben. So gehört zu der gesamten Anlage unter anderem ein 50 Meter langes Schwimmbad, Fußball- und Tennisplätze, ein Fitnessraum, Kursangebote, eine Kita und sogar noch eine typisch deutsche Kegelbahn…und das alles mitten in der Stadt. Unser erster Anlaufpunkt ist Willi, ein Deutsch-Peruaner, der in Deutschland aufgewachsen und nun Vorstandsvorsitzender dieses Country Clubs ist. Schnell bittet uns Willi in sein Büro und wir kommen ins Gespräçh. Voller Leidenschaft erzählt er uns von der Geschichte des Clubs, von Peru, von Lima und seiner Familie und zieht uns damit voll in seinen Bann. Drei Stunden und einen Pisco (berühmter peruanischer Traubenschnaps) später, sind wir bestens informiert und haben richtig Lust Lima zu erkunden.

Am nächsten Morgen geht es dann los…mit im Gepäck Willis Liste mit den Sehenswürdigkeiten schlechthin samt den ältesen Bars und dem besten Pisco Sour der Stadt. Wir erkunden die historische Altstadt Limas, die zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört und uns mit ihren Gebäuden ein wenig an Mexiko City erinnert. Viele Häuser sind mit aufwendigen Balkonen verziert. Natürlich wollten die Menschen auch früher das Treiben auf den Straßen beobachten, aber nicht jeder durfte sehen, was im Gabäude vor sich ging. Je dichter also die Holzverkleidung und je weniger einsehbar der Balkon samt Haus war, desto geheimer waren die Dinge, die sich dort abgespielt haben. Aha, so ist das also! Wir besichtigen unter anderem auch den Hauptplatz Limas, der an diesem Tag aus irgendeinem politischen Grund abgesperrt ist und finden uns plötzlich in der Kathedrale in dem Saal wieder, in dem 1821 die Unabhängigkeit Perus von Spanien unterzeichnet wurde.

Das Wetter ist an diesem Tag nicht das Allerbeste, scheint in Lima doch während der gesamten Regenzeit durchschnittlich nur an zwei Tagen die Sonne und so kommen unsere Zwischenstopps in den Bars gerade recht. So kehren wir ein im „Hotel Maury“, das die älteste Bar der Stadt beherbergt. Bereits das Ambiente versetzt uns in eine andere Zeit und wir können den Flair des 19. und frühen 20. Jahrhunderts spüren. Ein netter alter Herr, der zu Fuß nicht mehr ganz so gut unterwegs ist und wahrscheinlich auch so manch eine Geschichte aus dem Nähkästchen erzählen kann, bedient uns und glaubt mir…dieser Barkeeper versteht sein Handwerk! Wir testen uns durch den „Pisco Sour“, ein Cocktail aus dem Traubenschaps Pisco, Zitronen- oder Limettensaft, Zuckersirup und Eiklar und den „Algarrobina“, ebenfalls ein traditionell perunanischer Cocktail aus Pisco, Johannisbrot, Kondensmilch, Eigelb (optional) und Zimt. Letzterer hat einen schokoladigen Touch und schmeckt mir daher besonders gut.

Auch der zweiten Bar, die Willi uns empfohlen hat, statten wir einen Besuch ab, handelt es sich doch um das „Gran Hotel Bolivar“, das erste moderne Hotelgebäude der Stadt, eingeweiht 1924. In der dazugehörigen Bar saßen bereits Charles de Gaulle, Richard Nixon, Robert Kennedy, Ernest Hemingway oder Ava Gardner. Letztere tanzte barfuß und von zu viel Pisco Sour angeheitert auf der Theke und wurde letztendlich von einem angeblich nüchternen John Wayne zurück aufs Zimmer gebracht. Diesem Herren begegnen wir auf unserer Reise ja auch nicht zum ersten Mal… (s. dazu Artikel „Auf den Spuren von John Wayne #035“). Und auch hier testen wir uns weiter durch die „Pisco-Karte“, aber keine Angst, zum Tanz auf der Theke kam es an diesem Nachmittag von unserer Seite aus nicht! 🙂

Am nächsten Tag stehen für uns noch ein paar Erledigungen in Lima an, so machen wir einen Abstecher in eine Einkaufsmall und zum Baumarkt, füllen unseren Kühlschrank mal wieder auf, erhalten nach mehreren Systemabstürzen im Handyladen endlich unsere peruanischen SIM-Karten und decken uns mit dem Höhenmedikament „Dexametasona 4mg“ ein, das uns Willi empfohlen hat. Abends gehen wir noch einmal ganz traditionell peruanisch essen und verschätzen uns ein wenig bei der Größe der Portionen…

Dann verlassen wir Lima und machen uns weiter auf den Weg die Küste entlang Richtung Huacachina. Der Ort liegt in einer Oase, umgeben von unzähligen Sanddünen, die mit ihrer Höhe von ca. 100 Metern zu den höchsten des Landes zählen. Direkt an den Dünen finden wir einen kleinen Campingplatz („Ecocamp Huacachina“)…sehr praktisch! Da wir ja wieder an der Küste sind, ist es vorbei mit den kalten Temperaturen der Anden und so stapfen wir in der Sonne die Dünen hoch…und ja, es ist seeeeehhhrr anstrengend! Es werden hier auch typische Touristentouren angeboten, bei denen man mit Offroad-Fahrzeugen durch die Dünen heizt oder mit dem Sandboard die Dünen wieder herunterrutscht. „Nix“ für uns, wir stapfen hoch und so manches Mal frage ich mich mit trockener Kehle: „Warum eigentlich?“ Dann sind wir oben und genießen den Ausblick auf die Oase. So ist es dann doch schön 🙂 !

Herunter geht es dann natürlich wieder ganz fix, auch wenn der Sand in jeder Pore unseres Körpers steckt. Wie gut, dass es an unserem Campingplatz eine Dusche und einen Pool gibt. Letzeres mitsamt einer Bar, bei der man das Getränk gleich im Wasser verzehren kann. Das ist definitiv eine gute Belohnung für die Kraxelei!

Auch am nächsten Tag machen wir uns wieder auf den Weg, es geht nach Nazca…ein Ort bzw. eine Umgebung, die für ihre sogenannten „Nazca-Linen“ bekannt ist. Dies sind über 1500 riesige, nur aus der Luft und von umliegenden Hügeln aus erkennbare Bodenlinen, sogenannte Geoglyphen, bennant nach der unweit der Ebene liegenden Stadt Nazca. Als Urheber der Linien gelten die Paracas-Kultur und die Nazca-Kultur in der Zeit von 800-200 v. Chr. Die Nazca-Ebene zeigt auf einer Fläche von 500 km² schnurgerade, bis zu 20 km lange Linien, Dreiecke und trapezförmige Flächen sowie Figuren mit einer Größe von etwa zehn bis mehreren hundert Metern, z. B. Abbilder von Menschen, Affen, Vögeln und Walen. Oft sind die figurbildenden Linien nur wenige Zentimeter tief. Durch die enorme Größe sind sie nur aus großer Entfernung zu erkennen, von den Hügeln in der Umgebung oder aus Flugzeugen. Alles klar, das schauen wir uns doch einmal an! Direkt an der Straße liegt ein hoher Turm, von dem aus man schon die ersten Figuren ganz gut erkennen kann.

Dann geht es zum nahegelegenen Campingplatz („Nazca Lodge“), bei dem wir auch zufällig Manfred und Susanne aus Deutschland wiedertreffen, die wir bei unserem ersten peruanischen Stellplatz am Strand kennengelernt haben. Auch an diesem Platz hier lässt es sich sehr gut aushalten und der Besitzer Enrique und seine Familie empfangen uns mit offenen Armen. Beim Thema Nazca-Linien ist Enrique zudem voll in seinem Element und so vermittelt er uns eine Tour mit einem Propeller-Flugzeug für den nächsten Tag, um die Linien aus der Luft noch besser bewundern zu können. Gesagt, getan! Am nächsten Morgen sind wir schon früh auf den Beinen und erhalten erstmal eine private einstündige Info-Veranstaltung von Enrique, der uns mit voller Leidenschaft von seiner Heimat und den Linien erzählt. Es ist tatsächlich bewunderswert, wie diese Linien und Bilder fast 2800 Jahre, trotz aller der Witterungsverhältnisse, überdauern konnten und erst in den 1920er Jahren entdeckt wurden. Wie die Menschen damals diese komplexen und symetrischen Figuren in dieser Größenordnung mit denen ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln kreieren und herstellen konnten, ist tatsächlich enorm. Nachdem uns ein Shuttle (der Fahrer hat übrigens einen sehr besonderen Fahrstil) vom Campingplatz abgeholt hat, erreichen wir einen kleinen Flughafen, der anscheinend nur dazu dient, Touristen über die Linien zu fliegen.

Mit zwei Piloten und drei weiteren Touristen besteigen wir die Maschine…dann heben wir ab und ich muss sagen, dieses wackelige Gefühl ist durchaus gewöhnungsbedürftig. Normalerweise machen Peter und mir weder eine unruhige See noch ein paar Luftlöcher magentechnisch etwas aus, an diesem Morgen allerdings haben wir beide ganz schön viel damit zu tun, uns abzulenken, wenn unser Frühstück sich die Nazca-Linien nicht auch aus der Nähe anschauen soll. Dadurch, dass jeder Passagier die Figuren gut erkennen können soll, fliegen wir so manche extra Schleife. Hinter mir sitzt eine junge Touristen, die zuvor noch fleißig vor der Propeller-Maschine für Fotos gepost hat und jetzt aber hinter ihrem Sitz nicht mehr hervorkommt, weil ihr so schlecht ist. Ok, wir konzentrieren uns mal auf die Linien! Wir fliegen hinweg über eine wirklich schöne Landschaft und können die Linien von oben gut erkennen, was dieses geschichtliche Ereignis noch unglaublicher macht. Auch sehen wir von oben den Turm, auf dem wir am Vortag gestanden und die ersten Figuren erblickt haben. Nach rund 40 Minuten haben wir dann wieder festen Boden unter den Füßen und Peter und ich sind durchaus froh darüber…die Dame im Sitz hinter mir, glaub ich auch! Zu guter Letzt können wir ein weiteres Zertifikat zu unserer Sammlung hinzufügen (s. dazu Artikel „Wir sind im Goldrausch #015“). 🙂

Zurück am Campingplatz brauchen wir erstmal eine Weile, um uns magentechnisch wieder zu akklimatisieren. Dann irgendwann können wir Pool, etwas zu essen und den ein oder anderen Pisco-Cocktail wieder genießen!

Und auch am nächsten Tag geht es wieder für uns weiter.

Wohin?

Seid gespannt!

Reiseberichte Peru

Abenteuerliche Straßen, eine sehr heikle Brücke und ein ordentlicher „Wumms“ (#065)

22. Oktober 2023

– Und leider auch sehr viel Müll –

Wir befinden uns an der Grenze von Ecuador nach Peru und abgesehen davon, dass der Grenzbeamte auf der peruanischen Seite uns kurzzeitig weismachen will, dass Peter mit seinem Führerschein ja gar nicht so ein „großes“ Fahrzeug fahren darf, ist das Grenzprozedere glücklicherweise schnell erledigt.

Jetzt sind wir also in Peru, das nach Brasilien und Argentinien flächenmäßig drittgrößte Land Südamerikas. Peru hat ca. 33,7 Millionen Einwohner und ist neben Bolivien und Guatemala eines der drei Länder Lateinamerikas mit einem großen Anteil indigener Bevölkerungsgruppen. Im Oktober 2015 tagten die Weltbank und der IMF in Lima, der Hauptstadt Perus. Auf diesen Anlass hin erstellte die Weltbank eine Analyse der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung des Landes, welches als Vorzeigeland bei Entwicklungsorganisationen gilt. So ist die Wirtschaft während der letzten zehn Jahre durchschnittlich um 6,4 % gewachsen, das zweitbeste Resultat aller Länder in Lateinamerika und der Karibik. Im selben Zeitraum verdoppelte sich das Pro-Kopf-Einkommen pro Jahr auf 6370 USD. Dabei sind die Einkommen der ärmsten 40 % aller Haushalte stärker gestiegen als der Durchschnitt. 

Doch dann kam Covid! Im August 2020 war Peru der Flächenstaat, der, gemessen an der Bevölkerungszahl, die meisten Toten in Verbindung mit COVID-19 zu beklagen hatte: 90 Tote pro 100.000 Einwohner registrierte das südamerikanische Land zu Beginn. Am 22. September 2020 hatte Peru die weltweit höchste Infektionsrate. Im Dezember 2020 begann eine neue Welle mit hohen Neuinfektionszahlen, wodurch der Flüssigsauerstoff knapp wurde. Vermutet wurde, dass die brasilianische Variante mit für den Anstieg verantwortlich war, die im März 2021 zunehmend dominant wurde. Auf dem Höhepunkt der Pandemie ließen zahlreiche Politiker Impfstoffe für ihre Familien und ihre ”Günstlinge” reservieren. Als das bekannt wurde, mussten mehrere Minister zurücktreten. Am 1. Juni 2021 korrigierte das Land seine Todeszahlen deutlich nach oben. Anstatt mit bisher 70.000 Toten wurde die Zahl nun mit mehr als 180.000 angegeben, wodurch Peru die weltweit mit Abstand höchste Sterberate aufweist, denn mit 5.500 Toten auf 1 Million Einwohner übertrifft dieser Wert den von Ungarn (um 3.000 Tote je Million Einwohner) bei weitem.

Unser erster Weg führt entlang der Küste, vorbei an Reis- und Zuckerrohrfeldern und wir merken schnell, dass es hier wieder etwas wuseliger vonstatten geht. Viele Straßen sind ungeteert oder haben große Schlaglöcher. Und mag die Straße auch noch so schlecht sein, Bodenschwellen (wir sagen „Drempels“) zur Geschwindigkeitsbegrenzung gibt es dennoch…und zwar zuhauf und gerne auch mal ohne Ankündigung! Ich frage mich tatsächlich warum, erlauben es die Straßenverhältnisse doch eh nicht, auch nur annähernd schnell zu fahren. In Peru kommen auf 1000 Einwohner lediglich 70 Autos, was sich auch im Straßenverkehr bemerkbar macht…Tuktuks soweit das Auge reicht. Von vorne, von hinten, von links von rechts…wir sind regelmäßig umzingelt von diesen kleinen, wendigen Fahrzeugen, die sich in jede noch so kleine Lücke quetschen.

Am ersten Tag fahren wir bis nach Zorritos, wo wir einen kleinen Campingplatz („Swiss Wassi“) finden, bei dem wir direkt am Meer stehen können. Das brauchen wir jetzt auch erstmal…ein paar Tage abschalten (und das auf Meeresspiegelhöhe…sooo angenehm, sage ich Euch!), denn in der letzten Zeit war einiges los. Langweilig wird uns hier dennoch nicht, so gibt es doch immer etwas zu tun. Unser Kühlschrank macht seit ein paar Tagen merkwürdige Geräusche und wird daher von uns mal genauer unter die Lupe genommen. Die Bits von unserem Akkuschrauber, die in Panama aufgrund der hohen Luftfeuchtigkeit einiges an Rost angesetzt haben, freuen sich auch über eine Spezialbehandlung. Dann gilt es die Reise weiter zu recherchieren und zu planen, ein Kassensturz ist auch mal wieder fällig und für Euch zu schreiben gibt es auch immer etwas. Aber es bleibt auch Zeit mal ins Meer (wir sind am Pazifik und der hat hier ordentlich Wellen und Strömung) oder in den Pool zu hüpfen und im Sonnenuntergang die Wale zu beobachten…ich weiß, das klingt ganz schön kitschig, ist aber sooo schön 🙂 .

Dann geht es für uns weiter die Küste entlang Richtung Süden und leider bestätigt sich auch hier unser erster Eindruck von vor ein paar Tagen….Müll, Müll und nochmals Müll! Die Straßen, die Städte, die Natur…alles ist voll davon. Wir sind geschockt! Bereits in Mittelamerika hatten wir, je nach Reichtum des Landes, vermüllte Straßenränder vorgefunden, aber das toppt hier leider alles! Teilweise befinden sich ganze LKW-Ladungen mit Schutt und Müll bergeweise am Straßenrand und auch in Flüssen, in der Natur und selbst als wir durch die Wüste fahren, sehen wir nichts als Plastik. Oft wird der Müll auch schlichtweg angezündet…einfach am Straßenrand, unmittelbar neben Büschen und Bäumen und vernebelt uns so manches Mal die Sicht…vom Gestank mal ganz zu schweigen!

Wir erreichen den westlichsten Punkt Südamerikas. Wie wir gehört haben, kann man dort ruhig und kostenlos am Meer stehen…nicht so an diesem Wochenende, findet doch dort ein Surfevent statt. Wir müssen Eintritt bezahlen und es ist einiges los. Wir sind zugegebenermaßen nur semi begeistert, fahren aber aufs Gelände. Als die Dame, die am Eingang die Parkgebühr einsammelt, absolut kein Wechselgeld hat, vermisse ich gerade mal wieder ein wenig die deutsche Struktur. Das ist mir echt schleierhaft, läuft doch seit geraumer Zeit sehr vieles nur mit Bargeld, aber die Damen und Herren an der Kasse können nie wechseln. Nach einigen Diskussionen, schießen wir schnell unser Foto vom westlichsten Punkt Südamerikas und machen uns dann wieder auf den Weg…dann wird das heute also noch ein längerer Fahrtag!

Und wie wir so durch die Einöde fahren, vorbei an unzähligen Ölfeldern, befinden wir uns mal einmal auf einer scheinbar gut geteerten Straße, die einfach nur geradeaus führt. Es kehrt bei uns ein wenig Ruhe ein, als es plötzlich knallt und wir mit einem riesen „Wumms“ (nur dieses Wort beschreibt es annähernd!) etwa 30 cm herunterknallen, nur um Sekunden später wiederum 30 cm wieder hochzuwemmsen (ja, auch nur dieses Wort beschreibt es!)…und das bei einer Geschwindigkeit von rund 70 kmh! In der Zwischenzeit mutiert Sprinti vom Fahrzeug zum Flugzeug, frei nach dem Motto: „Halten Sie sich fest, wir heben ab!“ Zur Erklärung…es fehlt plötzlich Teer auf der Straße, besser gesagt ein Teil der Straße ist einfach um 30 cm abgesackt, was weder zu erkennen, noch was irgendwie markiert oder abgesperrt ist. Wie in Zeitlupe fliegt gefühlt alles im Wagen umher und wir kommen uns vor wie diese Crash-Test-Dummies, die bei den Autotests eingesetzt werden. Wir sind zum Glück wie immer angeschnallt, so passiert uns nichts, aber was ist mit Sprinti? Ich springe auf und laufe in den „Südflügel“ unseres Wagens. Alles liegt auf dem Boden verstreut…selbst Dinge, die eigentlich gesichert sind. Es riecht nach Benzin und direkt geht auch unser Warnmelder los, der gefährliche Gase meldet. Im Kofferraum erkennen wir dann auch den Grund…unser extra Benzinkanister ist am Boden aufgerissen und Benzin tritt aus. Zum Glück ist ein Handtuch darumgeschlagen, so dass nicht sofort alles überallhin oder gar in die gesamte Technik gelaufen ist. Schnell füllen wir das übrige Benzin in Sprintis großen Tank, wickeln den Kanister in einen großen Müllbeutel und packen ihn bis zum nächsten Mülleimer in unser Badezimmer, das sich leicht säubern lässt, falls doch nochmal was austreten sollte. Stinken tut es dennoch ordentlich. Dann gilt es den Innenraum aufzuräumen und Sprinti zu checken…wenn sich da nach diesem „Wumms“ nicht mal alles verzogen hat! Das können wir gerade so gar nicht gebrauchen! Auf den ersten Blick scheint alles in Ordnung, aber wir stehen auch mitten auf der Straße, da ist genaueres Hinschauen auch gerade nicht möglich. Wir fahren erstmal weiter, aber der Schock steckt uns in den Knochen. So sind wir doch schon sehr aufmerksam und fahren immer mit vier Augen statt nur mit zweien, weil die Straßenbedingungen dies bereits seit Mexiko erfordern. Wie konnte das nur passieren? Zukünftig also noch ’ne Nummer vorsichtiger!

Dann erreichen wir einen kleinen Campingplatz („Conzulado96“), besser gesagt einen Innenhof, bei dem wir mit offenen Armen von einem netten Herren namens Carlos begrüßt werden. Wir sind an diesem Tag die einzigen Gäste. Wir drücken Carlos unseren kaputten Kanister in die Hand und selbst den nimmt er freudestrahlend entgegen. Auch das „Benzinhandtuch“ können wir bei ihm waschen. Stolz führt Carlos uns über sein Grundstück und als er uns einen schmalen Gang am Haus entlangführt (wir denken, es geht zu den Toiletten), öffnet er eine quieschtende Tür und direkt vor uns liegt tatsächlich der Pazifik. Schnell holt er von irgendwoher zwei Plastikstühle samt Tisch, „pflanzt“ uns dorthin, öffnet uns zwei Bier und ist auch schon wieder verschwunden. So sitzen wir recht verdattert allein auf Carlos‘ Terrasse, mit dem Bier in der Hand. Die Terrassentür zum Haus ist geöffnet und drinnen sitzt ein alter Mann schlafend auf dem Sofa, bei dessen Anblick wir zuerst vermuten, dass er nicht nur schläft. Wir versuchen unser Bier und den Ausblick zu genießen und den Geruch zu verdrängen…es stinkt nämlich, wie an vielen Küstenabschnitten Perus, nach altem Fisch. Was ist das bitte für ein absurder Moment?!

Auch am nächsten Tag nehmen die Absurditäten ihren Lauf. Unser Weg führt uns weiter Richtung Süden, weiter durch die Wüste Perus. Das Land ist karg und der starke Wind peitscht den Sand und den Staub über die Straßen. Neben wieder einmal viel Müll staunen wir nicht schlecht, als wir plötzlich diesen Gegenstand auf dem Seitenstreifen im absoluten Nichts vorfinden…einen offenen Sarg! Der Moment ist viel zu kurz, um zu erspähen, ob da auch jemand drinliegt, aber vielleicht wollen wir das auch einfach gar nicht wissen! Und nein, wir haben davon natürlich kein Foto gemacht!

An diesem Abend übernachten wir im Garten eines Hostals („Casa de Campo Aramburu“), bei dem die Besitzerfamilie sehr gerne Musik hört und wir mit Sprinti inmitten von Truthähnen, Pfauen, Hunden, Hühnern, Katzen und Pferden stehen. Alles gackert und kräht…aber uns schockt in diesen Tagen auch gar nichts mehr!

Unser Weg führt uns nun wieder ins Landesinnere, es geht zurück in die Anden, genauer gesagt zur Cordillera Blanca (s. dazu auch unsere Route). Die Cordillera Blanca ist mit einer Länge von 180 km und mit über 50 Bergen über 5700 m die höchste Gebirgskette des amerikanischen Kontinents und zugleich die höchste in den Tropen. Ein großer Teil der Cordillera Blanca wurde 1975 zum Huascarán-Nationalpark und 1985 wegen seiner besonderen landschaftlichen Schönheit und seiner geologischen Merkmale zum UNESCO-Welterbe erklärt und steht komplett unter Schutz. Der Weg dorthin gestaltet sich allerdings mal wieder abenteuerlich. Im März dieses Jahres ist der Zyklon Yaku über Peru gefegt und hat für sintflutartige Regenfälle gesorgt, die zu schweren Überschwemmungen, Erdrutschen und Schäden an Häusern und der Infrastruktur führten. Dabei kamen mehrere Menschen ums Leben. Auch wir bekommen an diesem Tag die Zerstörungen zu spüren, als wir mit Sprinti durch die Berge fahren, die eh schon nur sehr schlechte Straßen säumen. So legen wir in 8 Stunden lediglich 275 Kilometer Schotterpiste zurück. Steine, Steine und nochmals Steine, sag ich nur! Teilweise muss ich die Straße freiräumen, damit wir weiterkommen, teilweise ist die Straße auch schlichtweg weggespült oder verschüttet. Wir fahren an steilen Abhängen entlang, an denen das Geröll nur so herunterrieselt, fahren durch Tunnel, die einfach in den Berg geschlagen wurden, stehen vor Kurven an denen man hupen muss, damit der Gegenverkehr Bescheid weiß, weil unmöglich Platz für ein entgegenkommendes Fahrzeug ist. Wir fahren stundenlang an Felsen vorbei und an Überhängen drunterher, an denen die Risse schon deutlich zu erkennen sind…kurzum, an diesem Tag halten wir beide so manches Mal die Luft an.

So auch an dieser Brücke, die nun wirklich schon bessere Tage gesehen hat!

Die Brücke besteht aus einem Eisengestell, auf das lediglich ein paar Bretter gelegt sind. Ein Mann und ein Polizist legen immer wieder Bretter nach und geben uns das Gefühl, alles im Griff zu haben…oder doch nicht?! Vor uns fährt ein amerikanischer Truck, der die gesamte Ladefläche voll hat mit Wassermelonen hat. Ok, denken wir uns, der wird mit seiner Ladung auch auf die 3,5 Tonnen Gewicht kommen, genau wie wir mit Sprinti. Wenn der da also gut rüber kommt, dann schaffen wir das auch! Bei dem Truck klappt es und zum Dank erhalten der Mann und der Polizist zwei Wassermelonen. Jetzt sind wir an der Reihe! Ich steige aus, um das Ganze mal zu checken und stelle schnell fest, dass meine Birkenstock-Latschen, nicht das beste Schuhwerk für diese Brücke sind. Die Bretter wackeln, ich schaue durch sie hindurch und sehe den Fluß unter mir herrauschen. Ich bin zwar absolut schwindelfrei, sehe mich aber schon im Fluß treiben. Mit einer Hand halte ich mich am Geländer fest, mit der anderen umklammere ich mein Handy…das fehlt mir jetzt auch noch, dass mir das runter in den Fluß fällt! Und dann geht es los…Peter und Sprinti starten den Weg über die Brücke…man beachte das Knacken am Reifen hinten rechts…

An meinem „lieblichen und engelsgleichen“ Lachen im Video (ich weiß schon, dass mein Vater das imitieren wird) lässt sich erkennen, dass mir durchaus ein Stein vom Herzen fällt. Erst später sehen wir Fotos von Autos, die in diesen Tagen an der Brücke komplett eingebrochen sind und mit den Reifen im Eisengestänge festhängen. Gut, dass uns das erspart geblieben ist!!!

Wir schaffen an diesem Tag nur den ersten Teil der gesamten Strecke durch die Berge und das bedeutet, wir benötigen einen Stellplatz für die Nacht. In unserer App IOverlander finden wir einige wenige Plätze, an denen vor uns bereits Reisende an Ausbuchtungen am Straßenrand übernachtet haben. So etwas suchen wir nun auch. Unsere Kriterien dabei sind: Nicht zu nah am Berg, nicht am Abhang, möglichst ebenerdig und idealerweise so, dass unsere Starlink-Antenne noch Internet-Empfang hat. Es schadet ja nicht, wenn der Kontakt zur Außenwelt hier nicht ganz abbricht…wer weiß was uns heute Nacht hier noch so blüht?! Wir finden einen Platz, der alle Kriterien zu erfüllen scheint und so kochen wir uns noch schnell etwas zu essen, bevor die Sonne untergeht und wir ins Bettchen hüpfen. Und während wir einschlafen, hören wir draußen die Steine vom Berg rieseln…

Auch der zweite Fahrtag durch die Berge gestaltet sich ähnlich abenteuerlich, aber irgendwie bekommen wir es mit Sprinti hin.

Dann erreichen wir endlich den Ort Caraz und damit auch unseren Campingplatz (”Guadalupe Jaime Veliz Caraz”). Dort treffen wir auch Franzi und Kay wieder, die wir das erste Mal in Mexiko getroffen haben und die uns seitdem immer wieder zufällig über den Weg laufen. Da wir mittlerweile wieder auf einer Höhe von 2263 m angekommen sind, ist nun erstmal wieder Akklimatisieren angesagt (s. dazu auch Artikel „Herzlich Willkommen auf 5100 Metern #063“).

Also nutzen wir den kommenden Tag mal wieder für allerhand Erledigungen, bevor wir uns am darauffolgenden Tag aufmachen, die „Laguna Paron“ auf über 4000 m zu erkunden. Da sich auch dieser Weg wieder sehr abenteuerlich gestaltet, lassen wir Sprinti dieses Mal am Campingplatz stehen und teilen uns mit Kay und Franzi samt ihrem Hund Bonny ein Taxi. Und das ist auch definitv die richtige Entscheidung, handelt es sich doch um eine steile Buckelpiste, bei der mir selbst das Fahrzeug unseres Taxifahrers (der übrigens absolut kein Erbarmen kennt), leid tut. Kurz vorm Erreichen der Lagune heißt es dann: Aussteigen! Ja, dann fehlt halt einfach mal wieder ein Stück Straße, weggespült von einem Wasserfall, der sich hier in die Tiefe stürzt. Und das sollen wir jetzt zu Fuß überqueren? Durch den Fluß? Ohne dass man sieht, wo man hintritt? Ab Abhang? Ja, genau das…herzlich willkommen in Peru! Langsam tasten wir uns vor ohne zu sehen, wo wir unter Wasser hintreten. Die Steine wackeln und sind rutschig. Links geht es steil bergab…

Irgendwie klappt es dann aber doch…zum Glück!

Also so viel Nervenkitzel brauchen wir eigentlich nicht. Peter und ich haben glücklicherweise unsere Wanderschuhe an und so kommen wir mit leicht feuchten Füßen davon! Wenn man sich überlegt, dass das eine der Haupttouristenattraktionen hier im Nationalpark ist, fragt man sich schon, warum die gesamte Strecke nicht in einem besseren Zustand ist, aber da ist meine Sichtweise vielleicht zu sehr deutsch und zu wenig peruanisch. Die Lagune kann sich auf jeden Fall sehenlassen, auch wenn uns das Hochstapfen auf die Felsen ganz schön Puste kostet…denn auch hier machen sich die über 4000 m wieder einmal bemerkbar. Dafür ist die Aussicht dann wirklich traumhaft!

Erst als wir zurück sind am Campingplatz (auf 2263 m), bekomme ich Kopfschmerzen und fühle mich unwohl. Schnell ist klar, das ist die Höhenkrankheit! Die zwei Tage Fahrt vom Meer hier in die Berge plus einen Tages Pause haben anscheinend nicht ausgereicht, um sich anständig zu akklimatisieren. Das Gute ist, dass wir uns nicht mehr auf den über 4000 m vom Vormittag befinden und so geht es mir von Stunde zu Stunde besser. Vorsichtshalber bleiben wir aber auch am nächsten Tag noch an diesem Platz, bevor es dann für uns weitergeht. Es gibt noch zwei weitere Lagunen, die wir aber nur mit Sprinti erkunden können. Wieder geht es auf einer Schotterpiste steil berghoch. Die Straße ist schmal, die Kurven sind eng und der nasse Grund ist rutschig und matschig. Sprinti läuft auf Hochtouren bis irgendwann die Lampe fürs Kühlmittel aufleuchtet. Auf dieser Strecke anzuhalten ist gar nicht so leicht, aber es macht einfach keinen Sinn…wir stellen den Motor ab. Nach ein paar Minuten, der erneute Versuch…die Lampe leuchtet noch immer! Wir stellen den Motor wieder ab. Nach weiteren Minuten dann Versuch Nummer zwei…die Lampe ist aus! Wir entscheiden uns dennoch umzukehren, denn einen Motorschaden können wir jetzt gar nicht gebrauchen! Es gibt noch einen zweiten Weg. Auch den probieren wir aus, stellen aber auch hier fest, dass das für uns und für Sprinti keinen Sinn macht. Der Preis wäre einfach zu hoch!

Und nach dem ordentlichen „Wumms“ in dieser Woche, nach der abenteuerlichen Fahrt durch die Berge und der doch recht heiklen Brücke, streichen wir die zwei weiteren Lagunen von unserer Liste und gönnen Sprinti und uns etwas seichtere Straßen…

…wenn es die hier in Peru überhaupt gibt!