– Louisiana –
Dann erreichen wir den Bundesstaat Louisiana und somit den Süden der USA. Louisiana liegt an der Mündung des Mississippi River in den Golf von Mexiko und hat eine Fläche von 134.264 km², davon 21.440 km² Gewässerflächen. Louisiana hat zwei Beinamen: „Pelican State“ wegen des Wappenvogels und „Bayou State“ wegen der Sümpfe. Vor 250 Millionen Jahren, als es den Golf von Mexiko noch nicht gab, gab es nur einen großen Kontinent, Pangaea. Als Pangaea langsam auseinanderdriftete, entstand der Golf von Mexiko und verband sich mit dem Atlantischen Ozean. Louisiana entwickelte sich nun langsam über Millionen von Jahren von Wasser zu Land und wuchs in der Ausdehnung. Das Flussdelta des Mississippi River ist durch Sedimente immer größer geworden und heute eines der größten Flussdeltas der Welt.
Unser erstes Ziel ist New Orleans, was mit rund 384.000 Einwohnern (1,2 Mio. Einwohner in der Metropolregion) die größte Stadt in Louisiana ist. Wir machen dort eine Stadtrundfahrt und sind überrascht von diesem bunten Stadtbild mit farbigen Häusern und unzähligen Wandmalereien und erleben Stadtteile, die vor Kreativität nur so sprühen.
Die Stadt liegt ebenfalls im Delta des Mississippi River und hat eine Fläche von 907 km², wovon 48,45 % auf Wasser entfallen. Ein Drainagesystem von mehreren hundert Kilometern Länge durchzieht heute New Orleans und entwässert mit Hilfe von 22 Pumpstationen bei starkem Regen die gesamte Stadt. Durch die Trockenlegung konnte New Orleans um erhebliche Flächen erweitert werden, sie führte jedoch auch zu einer ausgedehnten Absenkung des Terrains. Heute ist die Stadt im Norden von einem 5 bis 6 Meter hohen Deich sowie im Süden von einem 9 Meter hohen Deich gegen Wassereinlauf geschützt. New Orleans liegt zudem im Einzugsgebiet von Hurrikanen. Der bisher verheerendste, Hurrikan Katrina (vielleicht erinnert Ihr Euch noch), traf die Stadt am 29. August 2005 und sorgte im Zusammenhang mit einer auf den Hurrikan zurückgehenden Flutkatastrophe für die fast vollständige Verwüstung der Stadt. Wenn man es genau nimmt, war gar nicht der Hurrikan das Problem, sondern viel mehr die anschließende Flut, die die Menschen innerhalb von kürzester Zeit und zum Teil auch in der Nacht überrascht hat. Aufgrund von fahrlässigen Sparmaßnahmen waren zuvor Dämme und Deiche nicht ausreichend gewartet worden, so dass sie den Wassermassen letztendlich nicht standhalten konnten. Durch die schnelle Entwicklung der Ereignisse, konnten die Menschen nicht rechtzeitig gewarnt werden und so verloren 1,3 Mio. Menschen durch Katrina und der anschließenden Flutkatastrophe Ihr Zuhause, 1836 gar ihr Leben. Auch als wir durch die Stadt fahren, sehen wir noch Häuser, die von dieser Flut gezeichnet sind oder auch Grundstücke in Häuserreihen, die nun mehr einfach leer sind, weil das ehemalige Haus dort nicht mehr existiert. So sehen wir auch mehrere Häuser, auf deren Außenfassade ein Datum gesprüht wurde. Dieses Datum besagt, wann die Nationalgarde zum erstem Mal die Möglichkeit hatte, die Häuser nach Überlebenden zu durchsuchen. Wir lesen dabei „15.09.“ oder auch „16.09.“, was bedeutet, dass die Menschen zum Teil erst zwei Wochen nach der Katastrophe aus ihren Häusern gerettet bzw. geborgen werden konnten. Da läuft es einem schon kalt den Rücken herunter.
Ein Großteil der Gebäude und der Infrastruktur ist nach 2005 aber wieder renoviert und aufgebaut worden. Ungefähr 300.000 Menschen sind nach der Flut allerdings nie mehr wieder nach New Orleans zurückgekehrt, aus Angst vor neuen Katastrophen.
Auch der besondere Umgang der Menschen mit solchen Schicksalsschlägen zeichnet die Gegend aus. So werden z.B. Beerdigungen als eine Art Parade abgehalten, bei der die Menschen mit Musik durch die Stadt ziehen…anfangs mit trauriger, am Ende aber mit freudiger Musik, bei der getanzt und das Leben gefeiert wird. Auch die Bestattungskultur ist eine Besondere. Die Gräber befinden sich meist in überirdischen Mausoleen, die aus dem 18. und 19. Jahrhundert stammen. Zunächst wurden die Gräber auch unterirdisch angelegt. Nachdem um 1830 allerdings eine Serie von Seuchen ausbrach, ausgelöst durch die durch den hohen Grundwasserspiegel im Wasser schwimmenden Leichen, durfte nur noch überirdisch „beerdigt“ werden. Aufgrund der aufkommenden Hitze im Sommer, agieren diese Grabkammern wie Öfen, die so im Laufe des Jahres zum Verbrennen des Leichnams sorgen. Nach einem Jahr wird das Grab erneut göffnet und die Asche in die untere Ebene umgelagert. So ist wieder Platz für den nächsten Verstorbenen der Familie bzw. der Grabgemeinde. Mehrere hundert Menschen finden so in einem Mausoleum ihr letzte Ruhestätte.
Von seinen frühen Tagen an war New Orleans bekannt für seine kosmopolitische und polyglotte Bevölkerung und die zahlreichen Kulturen, die dort existierten. Die Stadt wuchs schnell mit Einflüssen aus Frankreich, Amerika und der kreolischen Karibik. Bis heute ist New Orleans auch für seine kreolische und seine Voodoo-Kultur bekannt, die mit dem Sklavenhandel aus Afrika nach Amerika gekommen war. New Orleans war immer dafür bekannt, den damaligen Sklaven eine Seele anerkannt und ihnen damit mehr Rechte eingeräumt zu haben, was z.B. ein freier Sonntag für einen Kirchenbesuch bedeutete. So leben in der Stadt heute ca. 67,25% Afroamerikaner, 28,05% Weiße, 0,20% Ureinwohner, 2,26% Asiaten und 3,06% Hispano-Amerikaner.
Ebenso bekannt ist die Stadt für ihre vielfältigen Musikrichtungen und wird auch die „Wiege des Jazz“ genannt. So entstand hier als Synthese aus verschiedenen Musiktraditionen (auch den damals das Straßenbild prägenden „Street Bands“) seit der Jahrhundertwende der Jazz, der hier vor allem in den frühen 1920ern seine große Blüte erlebte…ebenso haben der Blues oder die Cajun-Musik hier ihre Wurzeln. Auch wir lassen uns anstecken von Live-Musik jeglicher Art, die bereits nachmittags aus unzähligen Kneipen auf die Straßen hallt. Zwar sind Peter und ich beide keine besonderen Jazz oder Blues-Fans, aber hier kommt man wirklich auf den Geschmack und wird gepackt von der Atmosphäre der Stadt.
So kommen wir auch an der Preservation Hall vorbei, ein Gebäude, was bereits 1750 erbaut wurde und seit 1961 als Veranstaltungsort für klassischen, traditionellen Jazz dient und letztendlich DER Ort für bekannte Jazz-Größen ist. Vor der Tür reiht sich bereits eine Schlange an Gästen und wir erfahren, dass in 20 Minuten ein Auftritt der legendären „Preservation Hall Jazz Band“ stattfinden soll. Wir kaufen uns kurzerhand Eintrittskarten (die wir nur noch bekommen, weil kurzfristig eine Gruppe von Gästen abgesprungen ist) und betreten ein paar Minuten später einen kleinen Raum, eingerichtet im Stile der 20er Jahre, mit Holzdielen und kleinen Holzbänken. Vor uns sind die Instrumente für die sieben Musiker aufgebaut und warten nur darauf bespielt zu werden. Dann betritt die Band den Raum und es geht direkt los. Wir werden mitgenommen durch eine Reise des Jazz und werden überrascht von qualitativ so hervorragenden Musikern, dass wir im Anschluss ganz hin und weg sind und es für uns ein absolutes Highlight unseres Besuchs in New Orleans darstellt. Leider durfte man die Musiker weder fotografieren noch filmen, aber ich habe zumindest ein Foto der Kulisse schießen können. Dann schlendern wir weiter durch die Nacht von New Orleans, besuchen ein paar Bars, genießen dort weitere Live-Musik und bekommen auch hautnah mit, wie ein Polizeieinsatz abläuft, wenn sich Leute mal nicht so gut vertragen.
Dann verlassen wir New Orleans und besuchen die Whitney Plantage in Edgard. Die Plantage wurde 1752 von den deutschen Einwanderern Ambroise Haydel und seiner Frau gegründet und von Sklaven aufgebaut. Aufgrund vieler deutscher Einwanderer wird die Gegend „German Coast“ genannt, in der sich eine Plantage an die andere reiht. Heute dient die Whitney Plantage als Museum und gilt als Symbol der Sklaverei im 16.-19. Jahrhundert, die zu Massen auf diesen Plantagen stattgefunden hat. Wir laufen über das Gelände, was noch immer die Originalbauten sämtlicher Häuser, wie das Herrenhaus, die Küche, die Hütten der Sklaven oder das Gefängnis enthält. Schon die Atmosphäre ist erdrückend und wir können nachempfinden unter welchen unwürdigen und unmenschlichen Bedingungen die Sklaven hier „gehalten“ wurden. So wurde ein Sklave mit einem Lilien-Emblem auf der Schulter gebranntmarkt und ihm wurden die Ohren abgeschnitten, wenn er fliehen wollte. Wollte er dann das zweite Mal ausreißen, erhielt er eine zweite Lilie auf der Schulter und seine Achillessehnen wurden durchtrennt. Beim dritten Fluchtversuch drohte dann die Todesstrafe. Als sich bei einer Revolte im Jahr 1811 mehrere Sklaven der German Coast zusammenschlossen, wurden alle beteiligten Sklaven enthauptet und ihre Köpfe wurden zur Abschreckung auf Pfeiler aufgespießt und zur Schau gestellt. Auch hunderte Kinder lebten und starben auf der Whitney Plantage. Ihnen zu Gedenken sind ihre Namen in großen Marmorwänden eingraviert, gemeinsam mit dem Namen ihrer Mutter und dem Alter in dem sie gestorben sind. Oft war allerdings weder der Name des Kindes, wenn es denn einen hatte, noch der Name der Mutter oder das Alter bekannt und so steht auf der Tafel dann nur „a negro boy“ oder „a little slave“. Es rührt uns sehr so in die Geschichte der Sklaverei einzutauchen.
Dann führt uns unser Weg weiter zum Atchafalaya Basin, was den westlichen Teil des Mississippi-Deltas bildet und tatsächlich das größte Sumpfgebiet der USA ist. Dort haben wir etwas ganz Besonderes vor. Nachdem wir auf unserer Reise ja schon diverse Tiere live bestaunt haben, wollen wir nun wildlebende Alligatoren besuchen. Und wo geht das besser als in so einem Sumpfgebiet?! Schon als wir an der Location ankommen, werden wir von einem riesigen Exemplar begrüßt…auf einer Landefläche eines Trucks…häh, wie jetzt? Erst beim zweiten Hinsehen, erkennen wir, dass das Tier verstorben ist…Moment mal, wie wollten wilde und vor allem lebendige Tiere sehen! Wie wir erfahren, ist dieses Tier kurz zuvor erschossen worden. Dieses Sumpfgebiet und seine Tierwelt steht zwar unter besonderem Schutz, aber aufgrund einer gewissen Überbevölkerung (in dieser Gegend leben 1-2 Mio. Alligatoren) muss leider das ein oder andere Tier zum Abschuss freigegeben werden. Ja das fängt ja schon mal gut an! Dann machen wir uns auf und fahren mit dem Propellerboot raus ins Sumpfgebiet. Und wieder entdecken wir eine neue Landschaft, die wir so in dieser Form noch nicht kannten. Wir sehen viele Bäume einer Zypressenart, die von Wasser umgeben sind. Viele von ihnen sind allerdings nicht mehr in ihrer vollen Pracht vorhanden, was damit zu tun hat, dass diese Bäume bis 1950 großflächig abgeholzt wurden, um dieses robuste und wasserfeste Holz zu verarbeiten. Seitdem ist dies nun glücklicherweise verboten. Im hinteren Teil des Sumpfes begegnen wir dann tatsächlich auch freiLEBENDEN Alligatoren und erfahren viel über ihre Lebensweise. Da wird es einem schon etwas mulmig, wenn so ein riesiger Alligator direkt am Boot entlang schwimmt…können Alligatoren eigentlich auch springen? An diesem Tag tun sie es glücklicherweise nicht und so ist auch dieses ein ganz besonderes Erlebnis.
Alles Weitere dann in der nächsten Woche…