– Unser Fazit –
Nach unseren Abenteuern in Alaska passieren wir die Grenze nach Kanada am Beaver Creek (das funktioniert auch wieder ganz reibungslos). Wir kehren noch einmal nach Whitehorse zurück (s. dazu Reisebericht „Auf geht’s Richtung Norden #013“), um dort zu zweit in meinen Geburtstag hineinzufeiern. Unsere Wäsche können wir dort waschen, unsere Tanks auffüllen bzw. ablassen und so geht es nach einigen Videoanrufen aus Deutschland weiter in Richtung Kanadas Süden…unser Ziel: die USA! Vor uns liegen knapp 2500 km bis zur nächsten Grenze und das heißt „fahren, fahren und nochmal fahren“! Wir benötigen dafür 2,5 Tage und sehen wieder Bären, Moose, Hirsche und traumhafte Landschaften. Was wir allerdings während dieser Zeit nicht haben, ist jeglicher Handyempfang. Und wer sich fragt, was wir nach so langen Fahrtagen abends noch so unternehmen (in diesem Fall um 22 Uhr), der schaue sich das letzte Foto an…schließlich geht es am nächsten Tag über die Grenze!
Und dann ist er gekommen, unser Abschied von Kanada! Nach 97 Tagen (plus weiteren 14 , die wir bereits ohne Sprinti in Halifax verbracht haben), 21.594 km, 7 Zeitzonen und 11 (von 13) Provinzen, vielen Malen 8 Grad und unzähligen Mücken ist es Zeit, „Goodbye“ zu sagen.
Kanada, dieses riesengroße Land mit seinen unfassbaren Weiten, einer abwechslungsreichen wie atemberaubenen Natur und einer so faszinierenden Tierwelt. Wir haben dieses Land von Küste (Atlantik) zu Küste (Pazifik) zu Küste (arktischer Ozean) oder wie man hier sagt: „from coast to coast to coast“ bereist. Wir sind Bisons, Bären, Elchen, Hirschen, Koyoten, Wölfen, Füchsen, Karibus, Rentieren, Moschusochsen, Dickhornschafen, Schneeziegen, Schlangen, Walen, Seehunden, Seelöwen, Weißkopfseeadlern, Kanada-Gänsen, Stachelschweinen, Murmeltieren, Streifenhörnchen und weiteren unzähligen Tieren wie z.B. Adlern, Bussarden und Habichten begegnet. Wir sind durch die Tundra, durch die Prärie, durch borealen Nadelwald, vorbei an Gletschern und Bergketten und durch endlose Wälder gefahren, haben dutzende Wasserfälle (wie z.B. auch die Niagarafälle) bestaunt und standen auf Berggipfeln und Permafrostboden. Wir sind vorbei an tausenden Seen, unzähligen Flüssen und drei Meeren. Wir waren in über 100 Städten und Orten und oft auf einem der längsten Highways der Welt unterwegs. Wir haben auch tausende Kilometer Schotterpisten und Straßenlöcher überstanden (danke Sprinti!), haben uns auch mal im Goldwaschen probiert und einige großartige Nationalparks bestaunt.
Kanada und seine Menschen haben uns den Start in unsere Reise so wunderbar einfach gemacht. Wir wurden mit offenen Armen empfangen und jeder hatte ein Lächeln für uns übrig. Wir haben die Kanadier als sehr offen, freundlich und hilfsbereit kennengelernt. Auch wenn in Kanada die Preise für Lebensmittel und Benzin ebenfalls stark angestiegen sind und viele sich in diesem Jahr keinen Urlaub leisten können, so hat niemand seine positive Einstellung verloren…“es ist dann halt so….im nächsten Jahr wird es schon wieder besser werden“! Der Kanadier ist ein pragmatischer Optimist, der lieber gibt als dass er nimmt…so war zumindest unser Eindruck. Auf einem Campingplatz z.B., bei dem man eine spezielle Münze brauchte, um die Duschen zu benutzen, fand ich eine dieser Münzen auf dem Münzeinwurfkasten in einer dieser besagten Duschen. Da ich mir bereits eine Münze besorgt hatte, hätte ich mit der zweiten doppelt so lange duschen können. Stattdessen habe ich mich daran erinnert, wie die Kanadier wohl damit umgehen würden und habe die gefundene Münze auf dem Einwurfkasten liegengelassen…es könnte schließlich jemand kommen, der keine hat und dem würde sie dann weiterhelfen. Genauso haben wir die Kanadier erlebt…immer hilfsbereit und herzlich im Miteinander. Wir können das Gerücht, dass Kanadier sich ständig und für alles entschuldigen, übrigens nur bestätigen. So haben wir im Straßenverkehr nicht einmal jemanden hupen oder sich streiten hören (was in Düsseldorf quasi an der Tagesordnung war). Auch wird wirklich jeder Fußgänger vorbeigelassen…selbst wenn man nur am Straßenrand steht und die Straße eigentlich gar nicht überqueren möchte, halten die Autos an…da ist man schon fast geneigt doch rüber zu gehen.
Die größten Hobbys der Kanadier sind Campen, Angeln und Jagen („huntin‘ and fishin'“ halt). Quasi neben jedem Wohnhaus steht ein Wohnwagen oder Wohnmobil, was teilweise der Größe des Hauses entspricht, gefühlt manchmal auch größer. Ein Boot ist auch oft zu finden…das macht das „fishin'“ ja auch einfacher. Wenn der Kanadier also quasi mit seinem „Haus“ auf Reisen geht, ist das oft schon ein lustiges Bild, denn, wenn es sich um ein Wohnmobil oder Bus handelt, wird der PKW einfach hinterhergezogen. Wir haben auch schon Varianten gesehen…Bus – Boot – Truck. Im Urlaub wird sich also wenig eingeschränkt, was man beim Camping ja schließlich vermuten könnte…selbst die Toiletten im Wagen sind richtige Spültoiletten wie zu Hause. Der Kanadier hat definitiv auch ein anderes Kälteempfinden als wir, d.h. ab 10 Grad Celsius ist es Zeit für kurze Hose und Flip Flops. Zudem liebt er es am Wochenende raus in die Natur zu fahren…ist ja schließlich auch reichlich davon da.
Viele Kanadier waren auch so interessiert an uns und unserer Reise, wenn sie das fremde Nummernschild gesehen oder unseren ausländischen Akzent gehört haben. Wir konnten spüren, wie sich selbst fremde Menschen für uns gefreut haben und mehr erfahren wollten über das, was wir vorhaben. Es gibt ja auch nichts leichteres als mit einem Kanadier ins Gespräch zu kommen…ein Blickkontakt und sie sprechen einen eh an :). So lernten wir z.B. auch Bobbie kennen, eine Frau Ende 50, die nach dem Tod ihres Mannes das Haus verkauft und sich eine kleine Wohnung und einen Bulli gekauft hat. Mit diesem Bulli fährt sie immer mal wieder durch British Columbia und hält einfach da an, wo es ihr gefällt. Sie stellt sich ans Meer und übernachtet einfach dort. Sie sprühte nur so vor Herzlichkeit und Lebensfreude. Einmal treffen wir auch Bo, ein Kerl Anfang 30, der vor einiger Zeit in seinen Camper gezogen ist, weil er beruflich immer wieder an anderen Orten eingesetzt wird und somit mit seinem „Zuhause“ und voller Enthusiasmus ganz Kanada bereist. Oder als wir am Polarmeer Inuits begegnet sind, die unter sehr einfachen Verhältnissen in dieser Natur leben, die absolut nichts verzeiht. Ich werde eine ältere Inuit-Dame nicht vergessen, die uns anstrahlt, als wir gerade mit unseren Füßen im arktischen Ozean stehen, und uns zuruft: „Welcome to our home!“
Natürlich beziehen sich unsere Schilderungen nur auf unseren eigenen, ganz persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen in den letzten vier Monaten, daher können wir auch nicht für die Allgemeinheit sprechen. Wir haben in dieser Zeit ein Land erlebt, in dem Menschen aus anderen Nationen willkommen sind. Ein Land, in dem Integration ein hohes Gut ist und man stolz auf das ist, was fremde Menschen in diesem Land beisteuern…gerade auch beruflich. Natürlich müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, um hier leben zu dürfen und an Regeln muss sich für ein gutes Miteinander gehalten werden. Wenn jemand in Kanada eingebürgert wird, so heißt es in der offiziellen Zeremonie: „Sie haben alle eine Heimat, heute bekommen Sie ein neues Zuhause!“ Mich hat dieser Satz sehr berührt, weil er ziemlich genau wiedergibt, wie hier miteinander umgegangen wird. Und so haben Peter und ich uns in Kanada auch als Reisende immer wohl, sicher und willkommen gefühlt.
Kanada…Du bist großartig!