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Chaitén

Reiseberichte Chile

Von Chiloé durch den Norden Patagoniens (#078)

10. März 2024

– Berühmte Holzkirchen, Waldbrände und ein Geburtstag –

Nachdem Sprintis Reifen geflickt wurde, schaffen wir es in Chaitén rechtzeitig zum Fähranleger, von wo aus uns ein Schiff über den Golf von Corcovado zur Insel Chiloé bringen soll. Und während wir so warten, schwimmen kleine Delfine in der Bucht umher…die ehrlich gesagt mal wieder gar nicht so leicht mit der Kamera einzufangen sind.

Dann legt die Fähre an und wir haben Glück, dass wir recht am Anfang der Schlange stehen. Das Verladen fällt durchaus unter die Kategorie „speziell“, muss doch jedes Fahrzeug auf dem Schiff erst einmal wenden, um beim Anlegen auch in Fahrtrichtung zu stehen. Dass dieses Prozedere je nach Größe des Fahrzeugs ein nicht immer ganz so einfaches Unterfangen ist, ist hier Nebensache. Mit unserer Überfahrt verlassen wir nun auch die berühmte Carretera Austral, auf der wir die letzten 10 Tage unterwegs waren. Ganze 1000 Kilometer haben wir auf dieser Straße zurückgelegt, das meiste davon…Schotterpiste! Neben einem platten Reifen hat sie uns aber auch einfach tolle Landschaften bescherrt (s. dazu die beiden Artikel „Wie geht es jetzt weiter? #076“ und „Die Carretera Austral und ihre Abenteuer #077“). Jetzt ziehen wir also weiter!

Chiloé ist nach der Feuerland-Hauptinsel, die ja zur Hälfte zu Argentinien gehört, die zweitgrößte Insel Chiles. Viele ihrer rund 150.000 Einwohner stammen von dem indigenen Volk der Huilliche ab. Das Klima auf der Insel ist mild, aber außerordentlich feucht, was den Boden sehr fruchtbar macht. Und so gilt Chiloé neben Peru als eine der möglichen Urheimaten der Kartoffel. Noch heute werden dort circa zweihundert Kartoffelsorten angebaut.

Nach etwa drei Stunden erreichen wir mit unserer Fähre die Insel Chiloé und mit ihr den Ort Quellon. Da es mittlerweile schon Abend geworden ist, steuern wir ganz in der Nähe den „Hito Cero“ an, den sogenannten „Meilenstein Null“ und damit das chilenische Ende der Panamericana.

Praktischerweise können wir an dem dazugehörigen Parkplatz übernachten und machen es uns in Sprinti gemütlich als es draußen ordentlich anfängt zu schütten (die Kartoffeln hier wird’s freuen!). Auch am nächsten Tag erwischen wir einen Regentag, machen uns aber mit Sprinti dennoch auf den Weg, die Insel ein wenig zu erkunden. Chiloé ist bekannt für seine Holzbauten, insbesondere für seine hölzernen und zum Teil auch bunten Kirchen. So wurden ein Teil dieser typischen Gotteshäuser im Jahr 2000 in das UNESCO-Weltkulturerbe aufgenommen. Wir stellen fest, in einigen dieser Kirchen scheint auch Anfang Februar die Weihnachtszeit noch nicht beendet zu sein. Abends finden wir einen Stellplatz am Rande eines Ortes und direkt am Meer. So setzen wir uns in einer Regenpause auf die Steine an der Brandung und genießen den Sonnenuntergang.

Am nächsten Tag werden wir von der Sonne begrüßt (nach all dem Regen tut das den Kartoffeln sicherlich auch mal gut!) und so macht es umso mehr Spaß weiter auf Erkundungstour zu gehen.

Da in den nächsten Tagen ebenfalls wieder nur Regen gemeldet ist, haben wir die Insel im Schnelldurchlauf besucht und man hätte sicherlich noch mehr Zeit hier verbringen können. Für uns geht es nun im Norden Chiloés mit der Fähre zurück aufs Festland. Dieses mal ist die Passage nur sehr kurz und so haben wir nach rund 20 Minuten wieder festen Boden unter den Füßen.

Wir fahren weiter Richtung Norden und kommen vorbei an der Stadt Puerto Montt. Hier bestätigen sich die Warnmeldungen unserer Handys…Waldbrände! Vielleicht habt Ihr es auch aus den Medien entnommen, dass Chile derzeit (es ist zu diesem Zeitpunkt Anfang Februar) mit verheerenden Waldbränden zu kämpfen hat, wodurch mittlerweile mindestens 131 Menschen gestorben sind und mehr als 300 werden vermisst werden. Die Forstbehörde zählte im ganzen Land 153 Brände auf mehr als 28.000 Hektar, das sind etwa 0,3 Prozent der Landesfläche. Nach Angaben des Innenministeriums wurden 15.000 Häuser beschädigt oder zerstört. Die Brände werden als die schlimmste Katastrophe in Chile seit einem Erdbeben im Jahr 2010 eingestuft. Zwar befinden wir uns in Puerto Montt nicht in der „Hauptgegend“ der Brände (das ist weiter im Norden in „Valparaiso“), aber auch hier kreisen Löschhubschrauber in der Nähe, die ihre Wassermassen abwerfen, um den Bränden Herr zu werden. Und auch in den kommenden Tagen werden wir immer wieder Menschen begegnen, die Geld für die Feuerwehr sammeln.

Wir versuchen die Gegend also schnell wieder zu verlassen und checken regelmäßig die Warnmeldungen auf unseren Handys. Etwas weiter nördlich erreichen wir den Touristenort Puerto Varas. Es ist Samstag und zudem noch immer Hauptsaison in Chile. Somit genießen viele Chilenen das schöne Wetter und die wunderschöne Landschaft, umgeben von Vulkanen. Uns knurrt der Magen und es ist schon recht spät. Wir entscheiden uns also kurzerhand nicht selbst zu kochen, sondern eins von den sehr einladend aussehenden Restaurants zu testen. Wir landen den Jackpot…so lecker, sage ich Euch!

Am Ende des Ortes können wir an diesem Abend kostenfrei auf einem Parkplatz übernachten. Hier sind wir zwar nicht die einzigen, aber die Sicht auf den „Lago Llanquihue“ und den „Vulkan Osorno“ ist trotzdem schön.

Am nächsten Tage fahren wir zum Nationalpark Vicente Perez Rosales und laufen zu den „Saltos del Petrohue“ (eine Reihe von spektakulären Stromschnellen und Wasserfällen)…an einem Sonntag ein sehr beliebtes Ausflugsziel für Einheimische, wie wir feststellen. Somit sind wir recht fix mit unserer Besichtigung fertig und schlendern kurz durch den Souvenirladen. Da wir hier in einer Gegend sind, die früher von einigen Deutschen besiedelt wurde, gibt es in dem Laden sogar Kuckucksuhren…und mal wieder eine skurile Schreibweise meines Vornamens. Am Wegesrand finden wir neben deutschen Namen auch immer wieder Gastronomie, die „Kuchen“ anbieten, auch wenn es hier durch das Spanisch eher „Kutschen“ ausgesprochen wird.

Als wir am nächsten Morgen weiterfahren wollen, entdecken wir, dass in Sprintis rechtem Vorderreifen eine kleine Schraube steckt und er scheinbar auch ein wenig Luft verloren hat. Moment mal, wie viele Tage ist es noch gleich her, dass wir den anderen Reifen haben flicken lassen?! Jetzt zwar ein anderer Reifen…aber schon wieder? Eine weitere Parallele zum letzten Mal…es regnet auch heute ordentlich! Also heißt es mal wieder spontan umzuplanen und eine Werkstatt ausfindig zu machen. Die Schraube lassen wir vorerst drin, pumpen den Reifen wieder etwas auf und fahren weiter…immer mit dem Blick darauf, ob sich etwas verändert. Wir wollen heute Valdivia erreichen und das ist noch rund 160 Kilometer entfernt. Noch dazu haben wir heute einen Termin im Waschsalon für unsere Wäsche. Also Daumen drücken!

Der Reifen hält und wir erreichen Valdivia! In der dritten Werkstatt kann man uns dann auch weiterhelfen. Kurzerhand ist Sprintis Reifen abmontiert und die Schraube entfernt. Wie sich herausstellt, ist die aber so winzig, dass sie den Reifen nicht durchstoßen hat. Also gehen wir mit dem Werkstattangestellten weiter auf Fehlersuche…vergebens! Der Reifen scheint tatsächlich dicht zu sein! Langsam wird es knapp mit unserem Termin im Waschsalon. Also fix den Reifen wieder auf die Felge und angeschraubt. Wir verständigen uns mit der Werkstatt darauf, dass wir bei erneuten Luftentweichen wieder kommen können. Bezahlen brauchen wir netterweise heute für deren Hilfe nichts…ja, auch das ist Südamerika!

Wir schaffen es gerade pünktlich zur Wäscherei, bei der man seine Wäsche glücklicherweise selbst waschen darf, es aber feste Termine gibt, um unnötige Wartezeiten zu vermeiden. Kommt man zu spät, sind die Waschmaschinen gegebenenfalls besetzt. Vielleicht kommt Euch die Stadt Valdivia bekannt vor. Vor genau zwei Monaten waren wir auf unserem Weg in den Süden nämlich schon einmal hier. Hier in Valdivia, hier in dieser Wäscherei und auch damals ziemlich spät dran. Aber es klappt, unsere Wäsche ist in den Maschinen und wir nutzen die Zeit vor Ort womit? Na klar, um für Euch zu schreiben und um Sämtliches zu recherchieren und zu organisieren!

Mit sauberer Wäsche geht es dann für uns zu einem stadtnahen kleinen Campingplatz direkt an einem Fluss…auch hier waren wir schon einmal. Als wir alles fertig haben, ist es bereits Abend und so fallen wir totmüde ins Bett.

Tags darauf ist ein ganz besonderer Tag…es ist Peters 43. Geburtstag! Ist Peter doch sonst immer ein „Winterkind“, liegt sein Ehrentag hier auf der Südhalbkugel im Sommer. Erwartet uns heute also ein Geburtstag mit blauem Himmel und Sonnenschein? Nein, leider nicht, es schüttet wie aus Eimern und innerhalb von Sekunden ist man nass bis auf die Haut. Also werfen wir unsere Pläne kurzerhand um und fahren mit dem Taxi zur deutschen Brauerei Kunstmann. Auch hier waren wir zwar schon einmal, aber Gutes geht ja auch öfter 🙂 ! So genießen wir das deutsche Bier (es kommt dem zumindest sehr nahe), einen Jägermeister und den Apfelstrudel…und der ein oder andere Geburtstagsanruf darf natürlich auch nicht fehlen!

Und so erleben wir unseren insgesamt vierten Geburtstag in der Ferne. Auch wenn diese Tage natürlich anders sind, als wenn wir bei Familie und Freunde in der Heimat gewesen wären, so bleiben sie doch als besondere Erlebnisse in unseren Herzen.

Alles Weitere dann beim nächsten Mal!

P.S. Der Reifen hält! 🙂

Reiseberichte Chile

Die Carretera Austral und ihre Abenteuer (#077)

25. Februar 2024

– Von Marmorhöhlen, anstrengenden Wanderungen und einem platten Reifen –

Wie auch zum Teil schon im letzten Artikel („Wie geht es jetzt weiter? #076“) sind wir noch immer auf der Carretera Austral unterwegs und die Landschaft könnte schöner nicht sein…

Wir erreichen Puerto Rio Tranquillo, das dafür bekannt ist, Ausgangsort für einen besonderen Bootstrip zu sein. Und so reiht sich dort eine kleine Holzhütte an die nächste und alle verkaufen den Touristen diese besagte Tour…die Tour zu den hier sehr bekannten Marmorhöhlen! Auch wir wollen uns das nicht entgehen lassen und so stehen wir früh am nächsten Morgen bestens mit Regenkleidung und Schwimmweste ausgestattet am Hafen, von wo die Bootstour losgehen soll.

Und dann ist es soweit! Mit einigen anderen Touristen heizen wir in unserem Bötchen über den See. Apropos See…welcher mag das wohl sein? Genau, der Lago General Carrera…der zweitgrößte See Südamerikas ist mit seinen 1850 km² auch hier anzutreffen. Waren wir doch in den letzten Tagen über Stunden an ihm entlang gefahren (s. dazu unsere Route) und hatten seine Schönheit von Land aus bewundert, so kommen wir ihm nun ganz besonders nah als uns so manche Welle mitten ins Gesicht schwappt…dafür war also die Regenkleidung gedacht! Wir haben tatsächlich Glück mit dem Wetter, so war gestern noch ein recht verregneter Tag und heute hingegen strahlt die Sonne zwischen noch ein paar übrig gebliebenen Wolken hindurch und verleiht dem See damit seinen besonderen Glanz. Nachdem wir zwei alte Schiffswracks passiert haben, die hier früher für die Minenarbeit eingesetzt wurden, erreichen wir die Marmorhöhlen. Diese Marmorhöhlen sind durch Erosion über die letzten 6000 Jahre hinweg entstanden und bilden daher ein besonderes Naturschauspiel, wie es in dieser Form auf der Welt einmalig ist. Wir sind an diesem Morgen allerdings nicht das einzige Boot, was diesen außergewöhnlichen Ort erkunden möchte und so wird es so manches Mal ganz schön wuselig in den Höhlen. Ja genau…“in“ den Höhlen, denn zu unserem Erstaunen, fahren wir mit unserem Boot tatsächlich in die engen, sehr fragil wirkenden Höhlen hinein und so manches Mal ist „Kopfeinziehen“ angesagt.

Das türkisfarbene Wasser, die Sonnenstrahlen, der Marmor…all das lässt es an diesem Vormittag zu einem wunderbaren Farbenspiel werden lassen und so ist auch dieser Besuch ein besonderes Erlebnis.

Nach unserem Bootstrip geht es mit Sprinti weiter entlang der Carretera Austral und dann endlich ist es soweit….nach hunderten Kilometern Schotterpiste erreichen wir wieder geteerte Straße…yippieh! Schon so ein bisschen Asphalt kann uns Freude bereiten…und Sprinti erst! Also heißt es jetzt wieder…Reifen aufpumpen!

Nach einem Zwischenstopp in der Stadt Coyhaique mit Wäschewaschen, Recherchieren, Organisieren & Co erreichen wir den Nationalpark Queulat, einer der schönsten Nationalparks in ganz Chile. Bekannt ist er vor allem für seinen gewaltigen Hängegletscher Ventisquero Colgante. Kurz vor Mittag kommen wir dort an und legen gleich mit unserer Wanderung los, die uns zum besten Aussichtspunkt für den Gletscher bringen soll. Wir sehen zwar ein paar Hinweisschilder, dass der Wanderweg ab 13:30 Uhr geschlossen sein soll, aber der Weg ist ja nicht weit und so „übersehen“ wir die Schilder einfach mal dezent. Was wir allerdings nicht bedacht haben, dass der Trail nicht sehr gut ausgebaut und auch recht steil ist…somit dauert’s dann doch ein wenig länger. Es geht über Felsen und Baumwurzeln, was uns bei Temperaturen von rund 30 Grad ordentlich ins Schwitzen bringt. Irgendwann ist niemand mehr in unserer Richtung unterwegs, sondern es kommen uns immer mehr Leute entgegen, die sich bereits auf dem Rückweg befinden. Einige Wanderer sagen uns dann, der Aussichtspunkt wäre bereits geschlossen…och nö! Wir laufen weiter, schließlich sind wir kurz vor unserem Ziel. Als wir nur noch 300 Meter vom Aussichtspunkt entfernt sind (den Gletscher sehen wir allerdings vor lauter Wald noch nicht), kommt uns eine Rangerin (Nicole) entgegen, die uns mitteilt, dass wir zu spät dran sind und mit ihr den Weg wieder runter und zurück zum Ausgang müssen…aber so was von nö! Nach einigen Diskussionen müssen wir uns geschlagen geben und wandern ziemlich geknickt gemeinsam mit Nicole die 1,5 Stunden bergabwärts. Wie heißt es so schön: „Wer nicht hören will, muss fühlen!“ Also sind wir selbst Schuld und kommen letztendlich schnell mit Nicole ist Gespräch…jetzt haben wir ja Zeit auf unserem Weg nach unten. Am Ausgangspunkt angekommen erlaubt uns Nicole schnell noch einen Abstecher zu einem anderen Aussichtspunkt einzulegen und somit doch noch einen Blick auf den Hängegletscher werfen zu können. Wir verabschieden uns von ihr und laufen im Eiltempo zur besagten Plattform, die in nur wenigen hundert Metern erreichbar ist, allerdings etwas weiter entfernt vom Gletscher liegt als unser Ursprungsaussichtspunkt. Wir sind tatsächlich mutterseelenallein im Park, niemand ist mehr hier. Und dann plötzlich lichtet sich der Wald und vor uns liegt ein türkisfarbender See und hoch empor ragt der Gletscher, von dem sich ein Wasserfall in die Tiefe stürzt…einfach toll, sage ich Euch!

Dann heißt es allerdings schnell zurück zum Wagen, denn der Park schließt seine Tore in wenigen Minuten. Andere Menschen haben wir schon lange nicht mehr gesehen…wir sind die letzten Besucher im Nationalpark an diesem Tag. Und auch Sprinti steht mutterseelenallein auf dem Parkplatz…jetzt also nichts wie weg hier!

An diesem Abend finden wir einen Stellplatz direkt an einem See und werden am nächsten Tag vom Hahnengekrähe geweckt…was wir jetzt tatsächlich schon länger nicht mehr hatten.

Wir fahren weiter und erreichen Chaitén, eine kleine Hafenstadt mit rund 5000 Einwohnern. Dort stehen wir auf einem wunderschönen Campingplatz direkt am Meer. Und wie der Zufall es so will, treffen wir dort auch Maya und Adi wieder, ein Schweizer Pärchen, das wir in Panama kennengelernt und in Kolumbien ebenfalls zufällig wiedergetroffen haben. Auf diesem Platz lässt es sich aushalten…wenn auch gleich riesige Bremsen (in einigen Regionen Deutschlands auch Bliesen genannt) hier ihr Unwesen treiben.

Chaitén ist umgeben von vielen Vulkanen, einer davon ist der gleichnamige Chaitén. Und da wollen wir hoch! Also schlüpfen wir am nächsten Tag erneut in unsere Wanderschuhe und auf geht’s! Auch wenn wir hier nur über eine 4,83 Kilometer (insgesamt) lange Wanderung reden, hat die es wirklich in sich und fällt damit unter die Kategorie „schwer“. Es müssen auf dieser kurzen Strecke ordentlich Höhenmeter zurückgelegt werden…wir sind also gespannt. Direkt geht es mit der Überquerung eines kleinen Baches los, also eigentlich halb so wild. Galant läuft Peter über die Steine und steht im Nu auf der anderen Seite. Jetzt bin ich an der Reihe und wir wissen beide, dass das nicht zu meinen Top-Spezialitäten gehört. Dennoch betrete ich selbstbewusst den ersten Stein…jetzt noch zwei oder drei Schritte und ich bin ebenfalls auf der anderen Seite.

„Platsch“…und da liege ich! Bin ich doch nichts ahnend auf einen wackeligen Stein getreten, der heute anscheinend nicht so viel Lust auf mich hatte und sich dann spontan weggedreht hat. Peter eilt mir zur Hilfe und tritt dabei auf mein Handy, was ich zum einen umgebunden habe und was zum anderen im Wasser liegt. Ich komme dadurch nicht schnell genug wieder hoch…die Hose ist nass und das Handyband reißt. Ja, das fängt ja gut an! Der anstrengende Part kommt doch noch und ich habe bereits nach zweihundert Metern ’ne nasse Hose und ein abgerissenes Handy! Aber letzeres hat den Sturz und das Wasser zum Glück heile überstanden und die Hose wird bei diesen Temperaturen eh schnell wieder trocken sein. Peter und ich müssen beide ein wenig schmunzeln, ist das doch typisch ich! So kommt es durchaus vor, dass ich beim Wandern stolpere, ausrutsche, hinfalle oder mir einen Splitter in die Hand ramme beim Versuch mich noch irgendwo festzuhalten. Ja, das hat man davon, wenn man wild in der Weltgeschichte umherschaut, immer neugierig etwas Neues zu entdecken und plötzlich Steine oder Baumwurzeln den Weg kreuzen. Aber wie heißt das so schön: „Hinfallen, aufstehen, Krone richten und weiter geht’s!“ Also nehmen wir das heute mal wörtlich!

Und dann merken wir schnell, was „steil“ bedeutet! 621 Höhenmeter gilt es auf den nur knapp 2,4 Kilometern zu bewältigen und die Wege sind mehr schlecht als recht prepariert. Puh! Wir keuchen und schwitzen was das Zeug hält und so manches Mal kommt die Frage auf: „Warum machen wir das überhaupt?“ Aber genauso simpel ist auch die Antwort: „Weil es sich lohnt!“ Was zusätzlich ein wenig hilft, ist zu sehen, dass es allen Anderen genauso ergeht wie uns. Und so quälen wir uns Meter für Meter den Vulkan hoch und kämpfen zusätzlich mit den Unmengen an Bremsen, die auch hier noch nichts von „Abstandsregelung“ o.ä. gehört haben und in Scharen um uns fliegen. So besorgen auch wir uns kleine „Palmwedel“, nur um die Bremsen wenigstens ein wenig von uns abzuhalten…gestochen werden wir trotzdem…und das nicht nur einmal!

Dann endlich haben wir es geschafft! Wir sind am Krater des Vulkans angekommen! Der Krater bemisst sich auf einen maximalen Durchmesser von sagenhaften 3,53 Kilometern. Mittendrin befindet sich eine Lavakuppel, also ein Hügel der durch die Eruptionen entstanden ist. Am 2. Mai 2008 brach Chaitén, den man schon für erloschen gehalten hatte, überraschend wieder aus. Eine bis zu 20 Kilometer hohe Aschewolke erhob sich über dem Krater und innerhalb von vier Tagen wurden mehr als 60 vulkanische Erdbeben ausgelöst. Über 4000 Menschen in der Umgebung mussten damals evakuiert werden und eine ältere Dame verlor ihr Leben. Gemäß einer Radiokohlenstoffdatierung des letzten Lavastroms hatte die vorletzte Eruption vor ca. 9450 Jahren stattgefunden. Die letzten Eruptionen fanden dann von 2008 bis 2011 mehr oder minder kontinuierlich statt. Seit 2013 gilt die Eruption als beendet. Und dennoch sehen wir, wie auch an diesem Tag Rauch aus der Lavakuppel hervorsteigt. Die Aussicht hier oben ist zudem ganz fantastisch und lässt uns den beschwerlichen Aufstieg ein wenig vergessen…wenn sich auch gleich die Bremsen selbst in dieser Höhe immer wieder in Erinnerung rufen. Aber dafür ist meine Hose mittlerweile wieder getrocknet!