Browsing Tag

Veracruz

Reiseberichte Mexiko

Im Regenwald (#042)

26. März 2023

– Von Veracruz bis Campeche –

Wie im letzten Artikel („Eine Woche voller Aufs und Abs #041“) erwähnt, haben wir nach einigen Abenteuern nun den tropischen Regenwald erreicht. Nach einer langen Autofahrt, bei der Sprinti zum Glück gut mitgemacht hat, landen wir in „San Juan Bautista Tuxtepec“. In der App „IOverlander“ (absolute Empfehlung übrigens wenn man diesen Kontinent bereist!) haben wir herausgefunden, dass man hier an einem „Balneario“ übernachten kann. Genau übersetzt bedeutet dies „Spa“ bzw. „Heilbad“, auch wenn es meilenweit davon entfernt ist das zu sein, was man darunter verstehen könnte. Nennen wir es also in diesem Fall lieber „Freibad“! Die recht kleinen Schwimmbecken sind noch ordentlich gefüllt, als wir ankommen und viele Eltern sitzten am Beckenrand und schauen ihren Kindern beim Planschen zu. Bereits nach wenigen Sekunden fragen wir uns, wie sie das aushalten, sind wir doch nach kürzester Zeit komplett zerstochen von diversem Stechgetier als wir nur ein paar Schritte zum Betreiber gehen, um die Stellgebühr für die Nacht zu bezahlen. Peters „Ausbeute“ 20 Stiche (ja, dieses Mal hat es auch ihn erwischt), meine „Ausbeute“ 25 Stiche (nur an einem Unterschenkel wohlbemerkt). Ja gut, wir sind hier halt im Regenwald! Demnach müssen wir auf unserer Reise allerdings schon einige Male im Regenwald gewesen sein! Egal, das ist Meckern auf hohem Niveau! Wir verleben eine zwar sehr schwüle (Luftfeuchtigkeit von über 70%), aber dennoch recht ruhige Nacht auf unserem Stellplatz, den außer uns niemand nutzt.

Am nächsten Morgen sind wir früh auf den Beinen, schließlich wollen wir heute „ordentlich Strecke machen“. Der Plan ist, nach der verschwitzten Nacht nur noch schnell unter die Dusche zu springen, Butterbrote zu schmieren und los kann es gehen. Wir haben ja bei Weitem nicht jeden Tag die Möglichkeit zu duschen (abgesehen von unserer Dusche in Sprinti, die wir aber nur in Ausnahmefällen nutzen), aber wenn es sich anbietet, nehmen wir das natürlich gerne mit. So früh morgens schläft das Drumherum noch und nur ein paar Poolboys kommen im Balneario ihrer Arbeit nach. Nur mit einem Handtuch umgeschwungen stapfen wir also zu den dazugehörigen Duschen und können uns nur kurze Zeit später das Lachen kaum verkneifen. „Die“ Duschen sind eigentlich nur „eine“ Dusche und zwar im Vorraum der Damen-Toiletten. Der gesamte Bereich (inkl. der Toiletten) ist hingegen nur mit einem (ja genau, EINEM) Duschvorhang abgetrennt. An der Wand prankt ein Duschkopf, etwas darunter, da wo man einen Duschknauf vermuten könnte, befindet sich lediglich ein „Nippel“ in der Wand (ja mehr ist es wirklich nicht). So stehen wir da und überlegen uns, wie wir unsere stählernen Körper denn nun gereinigt bekommen sollen, als plötzlich einer der Poolboys ankommt und uns eine Zange durch den Vorhang reicht…ah ja, ist klar! Mit der Zange bekommen wir den Nippel gedreht und einem kalten (mittlerweile sind wir da recht schmerzfrei) „Duschvorgang“ steht nichts mehr im Wege. Viva Mexico!

Ja, der Tag beginnt doch schon einmal mit der richtigen Portion Humor und so erleben wir während der Fahrt an diesen beiden Tagen jede Menge Dinge, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern und uns manches Mal aber auch verdutzt zurücklassen. So kommen wir vorbei an unzähligen Zuckerrohrfeldern und den dazugehörigen LKWs, die ihre Ernte voll beladen und ungesichert transportieren und uns somit immer zum schnellen Überholen zwingen, da der herunterfliegende Zuckerrohr auch gerne mal Scheiben und Außenspiegel demoliert (wir hatten da mal in Australien so ein Erlebnis). Neben dem Zuckerrohr sind hier auch jede Menge Palmöl- und Bananenplantagen anzutreffen. Die werden gerne mit Hilfe von herüberfliegenden Propellermaschinen gespritzt, allerdings nehmen die Piloten es mit dem „Spritz-Start“ und „Spritz-Ende“ nicht so genau und so wird Sämtliches im Dorf und der Umgebung durchaus mal mitgespritzt. Wir können von Glück reden, dass wir mit Sprinti knapp davonkommen als das Flugzeug so manches Mal die Straße kreuzt.

Auch wird auf der Straße mal wieder transportiert, was das Zeug hält…und Brückengeländer werden übrigens absolut „überbewertet“. Wer braucht schon Brückengeländer?!

An diesem Tag passieren wir die Bundesstaaten Veracruz und Tabasco und erreichen letztendlich im Staat Chiapas den Ort Palenque (s. dazu unsere Route). Dort steuern wir das etwas abseits gelegene Restaurant „La Chiapaneca“ an, das umgeben von einem großen Garten (an den Bäumen wachsen reihenweise Jackfruits) auch ein paar Wohnmobil-Stellplätze beherbergt. Zusätzlich gibt es einen Pool und eine Dusche und wir können bei Außentemperaturen von fast 40 Grad dringend ein wenig Abkühlung gebrauchen. Apropos Dusche…auch diese Variante hat es wieder in sich! Sagen wir mal so, mit Privatsphäre ist auch hier nicht so viel am Start…dieser Duschvorhang macht aufgrund seiner Breite tatsächlich mal gar keinen Sinn!

Am nächsten Morgen werden wir von Hahnengekrähe (willkommen in Mexiko!) und den Rufen eines anderen Tieres geweckt…Brüllaffen! Gar nicht weit von uns entfernt scheinen einige Exemplare in den Bäumen des Regenwaldes zu sitzen. Brüllaffen leben auf dem amerikanischen Kontinent vom südlichen Mexiko über das Amazonasbecken bis in das nördliche Argentinien. Sie haben ihren Namen aufgrund ihres lauten Gebrülls (ist ja auch naheliegend), das beide Geschlechter ausstoßen und das über mehrere Kilometer hinweg hörbar ist, womit sie weithin als die lautesten Landtiere überhaupt gelten. Laut des „Guinness-Buchs der Rekorde“ sind ihre Rufe sogar über eine Entfernung von 4,8 km deutlich zu hören. Das Gebrüll dient vor allem der Kommunikation verschiedener Gruppen untereinander. Alle Männchen der Gruppe stimmen ein, zusammen mit dem Antwortgebrüll anderer Tiere ergibt sich dadurch ein lautes Spektakel. Brüllaffen machen damit ihre Anwesenheit deutlich, um andere Gruppen vor ihrem Kernbereich zu warnen. Ein zweiter Grund für das Gebrüll kann darin liegen, dass Einzeltiere Anschluss an eine Gruppe suchen. Dazu kann ich sagen: „Es tut mit leid, liebe Affen, mit diesem Gebrüll können Peter und ich euch leider nicht in unsere Gruppe mitaufnehmen! Sorry!“ 

Also sind wir auch an diesem Tag früh auf den Beinen…was letztendlich aber eh so geplant war, denn wir wollen zu den nahegelegenen Ruinen, für die Palenque bekannt ist. Denn schließlich handelt es sich hierbei neben Chichén Itzá , Calakmul und Tikal um eine der wichtigsten Stätten der Maya-Kultur und gehört ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe. Und da ist es besonders sinnvoll, früh vor Ort zu sein, weil es dann noch nicht so voll und auch noch nicht so heiß ist. So gehören wir an diesem Morgen zu den ersten Besuchern auf diesem Areal, umgeben von Tempeln und Händlern, die dabei sind ihre Verkaufsstände für den Tag aufzubauen und liebevoll zu drapieren…und das alles inmitten des Regenwaldes.

Die ersten Spuren der Besiedelung hier in Palenque lassen sich im vierten Jahrhundert nach Christus nachweisen, also zu einer Zeit, in der der Aufstieg vieler wichtiger Zentren der Klassik im südlichen Tiefland begann. Über diese Frühzeit Palenques ist bislang nur wenig bekannt, da die archäologischen Erkenntnisse aus dieser Epoche äußerst spärlich sind und es praktisch keine authentischen zeitgenössischen Texte gibt. Im 6. Jahrhundert allerdings entwickelte sich Palenque dann zu einer lokalen Großmacht und erhielt enormen Einfluss auf einige Nachbarstädte. Die letzte bekannte kalendarische Inschrift in Palenque ist für das Jahr 799 auf einer Tonscherbe verzeichnet und berichtet von der Thronbesteigung von Janaab Pakal III.. Da es danach keine Anzeichen einer weiteren Besiedelung gibt und eine letzte mögliche Erwähnung des Reiches auf das Jahr 814 datiert ist, scheint die Stadt Palenque eines der ersten großen Zentren der klassischen Periode gewesen zu sein, das dem allgemeinen Kollaps der Maya im südlichen Tiefland zum Opfer fiel.

Während wir entlang der Ruinen schlendern, sind auch wieder einige Brüllaffen mit von der Partie. Allerdings lediglich akustisch, zu sehen bekommen wir sie leider nicht. Einen Abstecher in den Dschungel wollen wir allerdings dennoch machen und so wandern wir im Anschluss durch die Tiefen des Regenwaldes. Es sind um die 35 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von knapp 90% und auch wenn die Bäume uns ein wenig Schatten spenden, so läuft uns der Schweiß nur so am Körper herunter. Sich dagegen zu wehren…zwecklos! Dennoch genießen wir die Abgeschiedenheit des Urwaldes und die Natur mit all ihren exotischen Geräuschen (die Brüllaffen halten sich ein wenig zurück, so dass wir auch viele andere Tiere wahrnehmen können). Wir sind überrascht über die ein oder andere Ruine, die auch hier plötzlich zwischen all diesem Gestrüpp auftaucht und die der Regenwald fast zu verschlingen droht. So genießen wir unseren kleinen Ausflug an diesem Vormittag sehr!

Den restlichen Tag verbringen wir am Stellplatz und kühlen uns im Pool ab, bevor am Abend der Regen einsetzt, der tatsächlich auch die ganze Nacht anhält und uns temperaturmäßig eine weitere Abkühlung bescherrt. Am nächsten Morgen soll es für uns dann weitergehen und dank der Brüllaffen starten wir auch wieder recht früh in den Tag…zum Glück aber vor allen anderen Gästen, so dass wir auch bei diesen „diskreten“ Duschen hier keine Überraschungen erleben…lediglich die freilaufenden Enten und Hühner schauen uns bei der Körperreinigung zu.

Unser Weg führt uns an diesem Tag in den Bundesstaat Campeche, besser gesagt in dessen Hauptstadt. Und wie mag die wohl heißen? Na klar…“Campeche“. Als wir die Grenze zum Bundesstaat erreichen, kommen wir durch eine Polizeikontrolle, von denen wir schon sämtliche Storys anderer Reisenden gehört haben. In den letzten fünf Monaten in Mexiko hatten wir bisher immer Glück und sind nicht von korrupten Polizisten gestoppt worden, die einem z.B. die Ausweispapiere nur gegen Bargeld wieder aushändigen. Sollte sich das nun ändern? Das Erste was sie von uns sehen wollen bzw. vom Fahrer (das ist in diesem Fall Peter) ist sein Ausweis. Ja super…innerhalb von Sekunden schrillen meine Alarmglocken und alle Warnungen und Ratschläge, die wir für solche Situationen erhalten haben, schnellen mir durch den Kopf. Jetzt bloß alles richtig machen! Schließlich sind die guten Herren auch noch bewaffnet bis in die Haarspitzen. Peter zeigt dem Polizisten lediglich eine Schwarz-Weiß-Kopie seines Reisepasses und als jenem das nicht ausreicht, eine einlaminierte Farbkopie (in Scheckkartengröße) des besagten Reisepasses, bei denen viele bisher gedacht haben, es handle sich um das Original. Doch auch das reicht dem Polizisten nicht…wir sollen rechts ranfahren. Bei Peter und mir steigt die Anspannung und ich merke, wie mir das Herz bis zum Hals pocht. Der Polizist wird ernster und bittet uns mit durchdringender Stimme erneut um den Ausweis. So lassen wir uns breitschlagen…ich hole also die Reisepässe aus dem Safe und Peter hält sie ihm bei geöffnetem Fenster mit so viel Abstand hin, dass der Polizist nicht danach greifen kann. Sofort hellt sich das Gesicht des Polizisten auf, er lächelt uns an und wir dürfen weiterfahren. Echt jetzt? Das war’s? Puh, Glück gehabt, das hätte auch anders laufen können!

Es ist immer noch ein verregneter bzw. bewölkter Tag als wir letztendlich die Stadt Campeche erreichen und so wirkt das Meer, als wir an ihm vorbeifahren, heute eher so wie die Ostsee als der Golf von Mexiko. Das letzte und einzige Mal, dass wir den Golf auf unserer Reise „gestreift“ haben, war tatsächlich Ende September in New Orleans. Dazwischen liegen nun ganze 6 Monate und rund 2890 km (auf direktem Weg!)…und gefühlt ist seitdem schon wieder so wahnsinnig viel passiert auf unserer Reise.

Für die Nacht bleiben wir in Campeche und steuern einen Campingplatz am Stadtrand an, zu dem auch ein paar Bungalows gehören. Gegenüber liegt ein Wasserpark, dessen Eintritt im Übernachtungspreis mitinbegriffen ist. Die Becken des Wasserparks sind allerdings leer, den vollen Preis für den Campingplatz bezahlen müssen wir dennoch. Um die Bungalows befindet sich eine Großbaustelle, hier wird anscheinend alles kernsaniert. Glücklicherweise ist heute Sonntag und somit ruhen die Arbeiten. Beschallung bekommen wir dennoch, denn der Platz liegt direkt an einer viel befahrenen Straße. Wir sind an diesem Tag die einzigen Gäste und können uns so unseren Platz frei aussuchen…sollte uns das vielleicht zu denken geben?! Vorne im kleinen Wachhäuschen sitzt ein junger Mexikaner, der sich vom Bett erhebt als wir ankommen und uns freundlich den Weg zur Rezeption zeigt. Diese befindet sich in einem weiteren, etwas zurückliegenden Häuschen und der Herr dort verrät uns, dass sich das Badezimmer im Raum nebenan befindet…ah ja, mit Duschen, haben wir in dieser Woche ja so unsere Erfahrungen gemacht…immerhin gibt es hier eine Tür zwischen Rezeption und Badezimmer! Am nächsten Morgen wollen wir das auch gleich in Anspruch nehmen, aber siehe da…Wachhäuschen leer, Rezeption leer und beides abgeschlossen. Wir befinden uns also ganz alleine auf diesem Campingplatz und alles ist dicht. Das Wasser, um unseren Tank aufzufüllen ist übrigens auch abgestellt. Dann wird uns klar, warum…es ist „mal wieder“ Feiertag…denn heute wird der Geburtstag des früheren mexikanischen Präsidenten Benito Juarez gefeiert. Nachdem wir eine ganze Zeit lang den Campingplatz abgesucht und die Baustelle inspiziert haben, taucht plötzlich aus dem Nichts ein Mexikaner auf, der uns kurzerhand die Rezeption aufschließt und danach wieder ins Nichts verschwindet. Auch diese Dusche lässt uns mal wieder Schmunzeln, setzt man doch mit ihr das gesamte Badezimmer und die halbe Rezeption unter Wasser. Aber wir sind froh, über die kalte Abkühlung am Morgen und starten somit frisch in den Tag.

Die Stadt Campeche soll ein schönes historisches Stadtzentrum besitzen, also schauen wir uns das mal näher an und schlendern ein wenig durch die Gassen. Und auch hier prägen der Kolonialstil und die vielen bunten Häuschen das Stadtbild, so dass es durch das Wetter (es ist noch immer bewölkt) gar nicht mehr so grau aussieht.

Dann verlassen wir Campeche und machen uns auf zu neuen Abenteuern…aber dazu dann in der nächsten Woche mehr!

Macht’s gut, Ihr Lieben!