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Strand

Reiseberichte Uruguay

Uruguay (#082)

14. April 2024

– Strand, Wein, Regen und Rodeo –

An dem kleinen Grenzübergang Chuy verlassen wir Brasilien und betreten Uruguay.

Chuy ist dabei der Ort, der durch die Grenze getrennt ist. Der brasilianische Ortsteil schreibt sich dabei „Chui“, der uruguayische hingegen „Chuy“. So trennt lediglich eine Straße den Ort und somit auch die beiden Länder. Die Straße hat in jede Richtung nur eine Spur. Die eine liegt in Brasilien und heißt „Avenida Uruguay“ und die andere Spur liegt in Uruguay und heißt „Avenida Brasil“. Als wir durch den Ort fahren, um Geld zu wechseln und uns mal wieder neue SIM-Karten zu besorgen, überqueren wir fast versehentlich diese besagte Grenzstraße und hätten beinahe wieder in Brasilien gestanden. Die Einheimischen Chuys scheinen hier hingegen eine spezielle Regelung zu haben, denn auf dieser Straße mitten im Zentrum fährt und läuft alles hin und her…ein ziemliches Gewusel, sag ich Euch!

Uruguay ist mit seinen knapp 3,44 Mio. Einwohner das kleinste spanischsprachige Land in Südamerika. Mit einer Fläche von 176.215 Quadratkilometern (davon rund 2.600 Quadratkilometer Wasserfläche) ist es dabei etwa halb so groß wie Deutschland und grenzt im Norden an Brasilien, im Osten an den Atlantischen Ozean, im Süden an den Río de la Plata und im Westen (durch den Río Uruguay getrennt) an Argentinien. Die Küste Uruguays erstreckt sich über 660 km und genau die fahren wir erstmal entlang. Direkt im Nationalpark Santa Teresa begrüßt uns das Land mit traumhaften Stränden. So finden wir auch schnell ein schönes Plätzchen, an dem es sich gut aushalten lässt. Auch Capybaras, sogenannte Wasserschweine und die größten Nagetiere der Welt, sind in dieser Gegend mit von der Partie.

Und so hangeln wir uns in den nächsten Tagen immer weiter die Küste entlang und entdecken einen schönen Strand nach dem anderen. Dabei stellen wir fest, dass auch die Uruguayer ihre Strände lieben und sich gerade viele ältere Menschen unter der Woche am Strand aufhalten und ihre Zeit dort genießen. Auch das Surfen ist hier hoch im Kurs…das allerdings eher bei den jüngeren Menschen. Neben all den schönen Stränden ist bei uns auch Arbeit angesagt, denn irgendetwas fällt ja immer an und so greift Peter mal wieder zu seinem Lötkolben (ich muss gestehen, dass hört sich durchaus merkwürdig an, wenn ich das so schreibe). So zum Ende unserer Reise liegen auch viele organisatorische Dinge an, die es zu erledigen gilt. So ist es an der Zeit nun unseren Container, indem Sprinti per Schiff nach Hause transportiert werden soll, fest zu buchen. Noch immer suchen wir zwar nach Container-Buddys, aber somit haben wir den Container und damit auch den Termin für die Verschiffung schon einmal sicher. Danach können wir somit auch unsere Rückflüge buchen. All das ist durchaus zeitintensiv, weil viele Faktoren und Eventualitäten eine Rolle spielen und berücksichtigt werden müssen. Das allerdings in dieser Umgebung zu erledigen, entschädigt einfach für alles!

Nach einigen Tagen verlassen wir den Nationalpark Santa Teresa wieder, allerdings nicht ohne vorher noch unseren Wassertank bei der Park-Feuerwehr aufzufüllen.

Unser erster Eindruck von Uruguay ist wirklich positiv. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit, die Infrastruktur und die Straßen sind sehr gut und wir freuen uns, dass wir nun wieder Spanisch und nicht mehr Portugiesisch sprechen können. Nach der Ankunft europäischer Siedler (ab dem 17. Jahrhundert) entwickelten sich die von den Spaniern ausgesetzten Pferde und Rinder auf den weiten Grasfluren der Pampa (ja, hier im Südosten des Kontinents liegt sie wirklich, DIE Pampa) zu großen Herden, die die Grundlage für den wirtschaftlichen Reichtum des Landes bildeten. Die indianischen, Guaraní sprechenden Ureinwohner (Charrúas, Guanaes, Yaros, Chanaes), die als Jäger und Sammler lebten, sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte ausgerottet worden. Das frühe 19. Jahrhundert war vor allem von Kämpfen gegen die Argentinier und Brasilianer geprägt, die das Land diverse Male annektieren wollten. Uruguay gehört heute zu den stabilsten, demokratischsten und wohlhabendsten Ländern in Lateinamerika. Die politische und wirtschaftliche Transformation hat in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht. Von lokalen Leuten erfahren wir allerdings auch, dass in den letzten Jahren die Preise im Land z.B. für Lebensmittel ziemlich angestiegen sind, nicht aber die Löhne, was es für die Menschen im Alltag schwieriger werden lässt. Auch uns fällt der Preisanstieg im Gegensatz zu den Ländern Argentinien und Brasilien beim Einkaufen auf, befinden wir uns doch fast auf dem deutschen Preisniveau. Auch der Sprit ist hier um einiges teuerer als in den vorherigen Ländern. Dennoch machen die Menschen hier einen glücklichen Eindruck und profitieren von einer politischen Stabilität.

In den nächsten Tagen fahren wir weiter die Küste entlang Richtung Südwesten (s. dazu unsere Route) und entdecken weitere Strände und Orte Uruguays. Wir stellen dabei fest, dass Uruguay ein sehr grünes Land ist…hier grasen die Kühe auf Wiesen unter Palmen und überall wächst tatsächlich Schilf. Letzteres erklärt auch, warum wir viele Häuser mit Reetdächern sehen. So langsam kommen wir Sprintis Ziel, Montevideo, immer näher. Glücklicherweise hat sich Sprintis Motorleuchte bislang nicht noch einmal gemeldet (s. dazu Artikel „Brasilien und die größten Wasserfälle der Welt #081“) und so sind wir ganz optimistisch, dass wir die restlichen Kilometer nun auch noch ohne weiteres gemeinsam schaffen! Die letzte Etappe unserer Reise hat begonnen!

Wir machen uns auf nach Atlantida, ein Ort etwa 50 Kilometer vor Montevideo. Etwas außerhalb fahren wir zum Platz La Chacra Holandesa, ein kleines Stück Land, auf dem sich zwei holländische Auswanderer niedergelassen haben. Neben Jan und Marieke, fünf Hunden, Rindern, Pferden und Hühnern, treffen wir auch auf deutsche Auswanderer und holländische Reisende. Hier auf dem Platz ist es an der Tagesordnung, dass um 17 Uhr Feierabend ist, d.h. dann lassen alle ihre Arbeit ruhen und setzen sich auf ein Weinchen zusammen. Nachdem wir den ganzen Tag über Wäsche gewaschen und erste Vorkehrungen für die Verschiffung getroffen haben, wohnen auch wir der geselligen Runde bei….und das Weinchen schmeckt auch ganz gut 🙂 .

Apropos Weinchen…Uruguay hat tatsächlich einige Weinanbaugebiete und gilt als „aufsteigender Stern im weltweiten Weinanbau“. Und so machen wir uns nach zwei Tagen bei Jan und Marieke auf zum Pizzorno Weingut nördlich von Montevideo. Es ist Montag und als wir das Weingut erreichen, schüttet es wie aus Eimern und alles sieht irgendwie geschlossen aus. Und ja, es ist tatsächlich montags geschlossen (auch hier kann man sich nicht so auf Google verlassen)! Aber wir treffen auf einen netten Mitarbeiter, der uns für den nächsten Tag eine Weintour bucht und uns erlaubt auf deren Parkplatz zu übernachten. Ja, das klingt doch perfekt! Allerdings regnet und gewittert es noch immer, so dass wir uns an diesem Montag tatsächlich nur in Sprinti verkriechen können.

Am nächsten Morgen ist es dann soweit. Wir sind die einzigen englischsprachigen Gäste an diesem Tag und so bekommen wir eine Einzelführung…Joaquin ist dabei unser Guide. Wir laufen durch die Weinkeller und erfahren neben der Geschichte des Weinguts auch viel über die Weinproduktion und Ernte an sich. Jetzt kennen wir uns also aus…im Weinbusiness 🙂 ! Und auch das dazugehörgige 3-Gänge-Menü lässt keine Wünsche offen…soooo lecker!

Noch immer regnet und gewittert es ununterbrochen. Was wir da noch nicht ahnen…es wird auch noch die nächsten vier Tage so weitergehen. Peter und ich haben beide noch nie Regen und Gewitter in diesem Ausmaß erlebt, die Blitze kommen im Sekundentakt und das stundenlang, bzw. tagelang.

Als wir tags darauf weiterfahren, sind viele Straßen wegen Überschwemmungen gesperrt und einige Flüsse treten über die Ufer. Auch unser nächster Platz (Posada Casa Vieja) in der Nähe der Stadt Colonia del Sacramento ist ordentlich durchgeweicht. Wir landen bei Ruedi und Susanna…zufällig wieder Auswanderer…dieses Mal aus der Schweiz. Ihr seht schon, viele Auswanderer hat es nach Uruguay verschlagen! Die beiden haben sich hier auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus und Ferienwohnungen aufgebaut und haben so viel Platz, dass dort mittlerweile auch Camper stehen können. So treffen wir hier zufällig mit Sandra und Yannic auch alte Reisebekannte wieder, die wir zuletzt in Elvios Werkstatt in Paraguay getroffen haben (s. dazu Artikel „Paraguay und ein wenig Wellness für Sprinti #080“). Noch immer dieser extreme Regen, der in diesem Ausmaß absolut untypisch für die Region ist! Die dadurch entstehende hohe Luftfeuchtigkeit, lässt alles im Wagen klamm erscheinen. Lüften ist bei diesen Wetterbedingungen schlichtweg nicht möglich, weil wir aufgrund der Wassermassen die Fenster oder Dachluken einfach nicht öffnen können. Dieser Regen kommt uns mittlerweile echt ungelegen, weil wir Sprinti eigentlich eine Woche bei Ruedi und Susanna stehen lassen wollen, um mit der Fähre nach Buenos Aires überzusetzen und uns die Hauptstadt Argentiniens genauer anzuschauen. Es hilft nichts, Fähre und Hotel in Buenos Aires sind bereits gebucht! Also packen wir unsere Rucksäcke und hoffen, dass Sprinti dem Regen und der Luftfeuchtigkeit weiter standhält so lange wir nicht da sind. Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg und lassen Sprinti bei Ruedi und Susanna zurück…“aber nur für eine Woche, Sprinti!“

Was wir während unserer Zeit in Buenos Aires alles erleben, werde ich Euch in einem separaten Artikel schreiben. Nur so viel sei gesagt: Buenos Aires ist echt eine tolle Stadt!

Nach einer Woche kehren wir zurück nach Uruguay…zurück nach Colonia del Sacramento…zurück zu Sprinti! Zwar hat es in unserer Abwesenheit noch heftigst geregnet, aber mittlerweile herrscht wieder Sonnenschein. Sprinti hat die Tage gut überstanden und trotz der hohen Luftfeuchtigkeit (und ohne eine Lüftungsmöglichkeit) ist im Wagen nichts feucht oder womöglich noch angeschimmelt. Sehr gut!

Und so geht es am nächsten Tag auch schon wieder weiter. Wir verlassen Ruedi und Susanna und fahren in das Zentrum von Colonia del Sacramento, denn die Altstadt fällt unter das UNESCO-Weltkulturerbe. Colonia, wie man hier kurz sagt, wurde bereits 1680 gegründet und ist damit die älteste Stadt Uruguays. Wir schlendern durch die mit Kopfstein gepflasterten Straßen und sind ganz angetan von diesem schönen Örtchen. Hier könnten wir glatt länger verweilen und die schöne Atmosphäre der zahlreichen Restaurants und Cafés genießen. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und von irgendwoher tönt südamerikanische Livemusik. Einfach herrlich!

Aber leider müssen wir weiter, denn an diesem Wochenende findet nördlich von Montevideo ein traditionelles Rodeo der urugayanischen Gauchos statt und das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Gauchos nennt man in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vorwiegend Nachkommen iberischer Einwanderer und Indigenas, die ihren Lebensunterhalt als Arbeiter in der Viehhaltung verdienen. Eines der wichtigsten wirtschaftlichen Erzeugnisse der Gauchos war Rindsleder und später auch Trockenfleisch. Für die Kultur der Gauchos ist insbesondere die Pampasregion, das argentinische Patagonien und der Gran Chaco im zentralen Südamerika bekannt. Ihre Blütezeit hatten die Gauchos im 19. Jahrhundert. Die Folklore hat sie allerdings romantisiert, vergleichbar mit den nordamerikanischen Cowboys. Vor allem in Argentinien und Uruguay hat die „Gaucho-Kultur“ eine tragende Bedeutung für das Nationalgefühl und so nennen sich viele Land- und Viehbesitzer auch heute noch stolz „Gauchos“. Auf unserem Weg durch Uruguay ist uns bereits aufgefallen, wie viele Pferde es hier gibt. Tatsächlich sind es über 400.000 in diesem doch recht kleinen Land.

Oft finden an den Wochenenden in der Umgebung Rodeo-Veranstaltungen statt. Werbung dafür gemacht wird bewusst nicht, denn die Informationen werden unter den lokalen Leuten weitergegeben. So soll die Veranstaltung auch weiterhin ein geschützter Raum für die Einheimischen in der Umgebung bleiben. Daher verirren sich auch nur in den seltensten Fällen Touristen hierher. Wir haben von Jan und Marieke von diesem Wochenende erfahren, die uns zudem versichert haben, dass Touristen gern dort gesehen sind, so lange es keine Überhand nimmt. Und genauso ist es auch! Schon als wir auf dem Gelände ankommen, werden wir freudestrahlend begrüßt und man ist total interessiert daran, woher wir denn kommen. Allerdings fallen wir natürlich auch direkt auf, sind wir doch die einzigen nicht Einheimischen an diesem Wochenende. Auf den Wiesen stehen einige Zelte und auch wir dürfen mit Sprinti über Nacht bleiben. Sprinti ist umringt von Pferdestärken…wenn auch etwas anders als sonst.

Überall Pferde, Pferde und nochmals Pferde. Schnell wird klar, dass „Gaucho sein“ ein absolutes Lebensgefühl ist. Schon die ganz Kleinen sitzen in voller Montur auf den verhältnismäßig riesigen Pferden und galoppieren über die Wiesen.

Die gesamte Veranstaltung geht über zwei Tage und für die Menschen hier ist der Besuch ein normaler, aber traditioneller Familienausflug am Wochenende. Alle haben ihre Klappstühle und große Kühltaschen dabei und so wird sich die Zeit beim Rodeo vertrieben. Auch gibt es ein paar Stände, die Reitstiefel, Hemden oder Gaucho-Hüte verkaufen und auch Essens- und Getränkestände sind vertreten. Viele bringen aus Kostengründen aber auch ihre eigenen Speisen und Getränke mit. So ist es ein buntes und reges Treiben hier auf dem Gelände und wir spüren, was dieses Lebensgefühl für die Menschen hier bedeutet.

Für den Samstag steht als erstes ein Wettreiten auf dem Programm, bei dem zwei Reiter gleichzeitig im Slalom um Metalltonnen reiten. Hier treten auch durchaus Erwachsene gegen Kinder an…mit Leidenschaft sind alle dabei! Davor, dass man hier mit den Pferden nicht zimperlich umgeht, hatten Jan und Marieke uns bereits gewarnt und so wird das Tier mit so manchem Peitschenschlag noch weiter angetrieben.

Danach ist Rodeo auf Kühen und Rindern angesagt und auch hier sind alle mit Herzblut dabei. Der Moderator spricht dabei nicht seine Kommentare, er singt sie einfach.

Dann wird es Abend und wer meint, jetzt würde es ruhiger, der irrt! Nun beginnt der „Party-Teil“! Auf der Bühne geben nationale Künstler alles und schmettern voller Leidenschaft uruguayische Lieder und das bis nachts um 2 Uhr. Danach geht es mit Musik „vom Band“ weiter und das bis 5.30 Uhr. Wir verziehen uns schon deutlich früher in unseren Wagen und lauschen zum Einschlafen der uruguayischen Musik.

Am nächsten Morgen geht es schon früh weiter. Der Tag startet wieder mit einem Wettreiten um die Tonnen. Dann kommt das Pferde-Rodeo, für viele anscheinend das Highlight des Wochenendes. Dutzende junge Pferde werden auf Anhängern und einfachen Truck-Ladeflächen herangekarrt. Die jungen Pferde sind weder eingeritten noch haben sie je einen Menschen auf ihrem Rücken getragen. Das soll also heute passieren und wie wir feststellen, sorgt die Art und Weise womöglich eher für eine größere Hemmschwelle als dass sie diese abbaut…bei den Pferden zumindest. Jan und Marieke haben uns zuvor erzählt, dass selbst viele Einheimische die Vorgensweise aus Tierschutzgründen mittlerweile ablehnen und wir verstehen auch absolut warum. Es handelt sich bei diesem Rodeo-Spektakel um eine jahrelange Tradition, die bei den Gauchos absolut zum Kulturgut gehört und auch wir spüren ihre Leidenschaft für all dies. Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit gewisse Übungen nach heutigen Maßstäben ein wenig anzupassen, so dass Mensch und Tier dieses Event genießen können.

Als wir uns dann wieder auf den Weg machen wollen, stellen wir fest…man hat uns zugeparkt!

Irgendwie scheint das die Leute überhaupt nicht zu interessieren, parken sie doch einfach kreuz und quer. Außerdem werden ständig Autos ausgerufen, die anscheinend ebenfalls ungünstig geparkt haben und niemanden störts. Also bleiben wir einfach noch ein Weilchen, derjenige wird schon wegfahren. Doch nichts da, auch nach ein paar Stunden hat sich dieser PKW noch kein Stückchen wegbewegt! Ich bin schon fast auf dem Weg zur Bühne, um das entsprechende Nummernschild ebenfalls ausrufen zu lassen, als Peter plötzlich der Meinung ist, dass Sprinti zwischen das dunkle Auto und Baumstamm passen könnte.

Ich bin davon so gar nicht überzeugt und denke nur an neue Schrammen, wo wir doch gerade erst bei Elvio haben den Lack ausbessern lassen. Aber Peter hat meist ein besseres Raumgefühl als ich (typisch Mann und Frau halt!) und so liegt er auch heute richtig…es passt! Wir quetschen uns mit Sprinti durch die enge Lücke. Dann das nächste Problem…die Wiese ist so vollgeparkt, dass wir an entsprechender Stelle nicht zurück auf den Weg gelangen können. Außerdem parken auf dem Weg ebenfalls Fahrzeuge, die unseren Winkel so verkürzen, dass wir unten am Boden aufsetzen. Wie sollen wir nun hier raus kommen? Schnell entdecken auch ein paar Gauchos unser Problem und eilen uns zur Hilfe. Und wie macht man das hier in Uruguay? Man öffnet einfach die Tür des im Weg stehenden Autos (die scheinen hier alle nicht abgeschlossen zu sein), löst die Handbremse und eh ich mich versehe, schiebe ich gemeinsam mit den Gauchos das fremde Auto zur Seite. Das wäre bei dem silbernen PKW, der uns zugeparkt hat, vielleicht auch eine Variante gewesen. Na ja egal, wieder etwas dazugelernt! Was zählt ist, dass der Winkel nun passt und wir so von der Wiese auf den Weg gelangen können. So bedanken wir uns bei unseren Helfern und machen uns happy auf den Weg. Es war schön, dieses Wochenende hier zu erleben, denn mehr Tradition und Kultur in Uruguay geht glaube ich nicht.

Für uns geht es nun wieder zurück an die Küste, denn es bleibt uns noch eine Woche. Eine Woche bevor wir Sprinti für die Verschiffung vorbereiten müssen. Da es bei Sprintis Höhe ja durchaus wieder eine knappe Geschichte mit der Verladung in den Container wird, müssen wir also einige Vorkehrungen treffen. All das werden wir bei Jan und Marieke erledigen können. Somit bleibt uns jetzt noch eine Woche, um mit Sprinti frei am Strand stehen zu können und wir versuchen sie, trotz aller Vorbereitungen, zu genießen.

Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dass unsere Reise sich nun dem Ende zuneigt und so ganz scheint es auch noch nicht bei uns angekommen zu sein.

Reiseberichte Brasilien

Brasilien und die größten Wasserfälle der Welt (#081)

7. April 2024

– Iguazú, Blumenau und Caipirinhas am Strand –

Wir befinden uns an der Grenze von Paraguay nach Brasilien und es herrscht absolutes Chaos. Beide Länder werden durch den Fluss Paraná (in dem wir vor ein paar Tagen noch schwimmen waren) getrennt und über eine Brücke miteinander verbunden. Am jeweiligen Ende der Brücke befinden sich die Grenzstädte Ciudad del Este, die zweitgrößte Stadt Paraguays, und Foz do Iguaçu auf der brasilianischen Seite. Und weil die Brücke eng und schmal ist und wir an diesem Tag nicht die Einzigen sind, die sie passieren wollen, herrscht absolutes Chaos…sowohl vor ihr, auf ihr und auch nach ihr. Alles staut sich, niemand scheint zu wissen wohin, überall wird gehupt und nicht ganz so vertrauenswürdig aussehende Menschen laufen umher. Nirgends ist ausgeschildert, wo wir hinmüssen, um uns aus Paraguay abzumelden. In dieser Gegend Sprinti zu parken und auszusteigen, gehört ebenfalls gerade nicht zu unserer Lieblingsaufgabe, aber uns bleibt nichts anderes übrig. In all dem Gewusel und Gehupe quetschen wir uns rechts an den Rand, ich springe aus dem Auto und verstelle einfach die Verkehrshütchen, so dass Peter Sprinti irgendwie am Rand hinquetschen kann. Hauptsache da fährt uns in diesem Chaos niemand dran! Wenn wir auf der Reise eins gelernt haben, dann ist es zu improvisieren. Und so stellen wir Sprinti schnell ab, nehmen weiteres Gehupe anderer Fahrzeuge in Kauf und fragen uns bei einem Polizisten durch, bis wir letztendlich da sind, wo wir hinmüssen.

Glücklicherweise funktioniert die bürokratische Ausreise dann schnell und reibungslos. Jetzt nichts wie hin zurück zu Sprinti und hoffen, dass er noch heile und unaufgebrochen dort steht. Wir haben Glück…alles ist gutgegangen! Jetzt nur noch über die Brücke und dann auf der anderen Seite nach Brasilien einreisen. Wie gesagt, die Brücke ist eng und so dauert der Weg ebenfalls ein Weilchen, aber dann ist auch das geschafft! Jetzt also noch der brasilianische Papierkram. Seit über einem Jahr sind wir nun in spanischsprachigen Ländern unterwegs, in denen man mit Englisch nur selten weiterkam. So haben wir immer mehr Spanisch dazugelernt und kommen, trotz verschiedenster Dialekte in den unterschiedlichen Ländern, in unserem Reisealltag mittlerweile sprachlich ganz gut klar. Das ist nun allerdings vorbei, spricht man hier in Brasilien doch Portugiesisch! Und schon hier an der Grenze war es das zum größten Teil mit Spanisch! Zwar sind beide Sprachen ja durchaus miteinander verwandt, aber dann doch irgendwie unterschiedlich. Und so kommt es wie es kommen muss…bereits mit der Einreise entsteht auch gleich das erste Missverständnis als wir ein Formular ausfüllen müssen. Wir tragen in einem Feld den monetären Wert Sprintis ein, die brasilianische Behörde allerdings denkt, wir wollen diesen Betrag bar in das Land einführen. Und so finden wir uns in einer Halle wieder, in denen Mitarbeiter beschlagnahmte Kartons und haufenweise Müllsäcke durchkramen. Fotos mache ich hier mal lieber nicht, denn da sind die Beamten ganz empfindlich und ich denke, dass wäre kein besonders guter Start in einem neuen Land. Die Zeit verstreicht und wir warten. Irgendwann können wir dann einem Mitarbeiter in einem Kauderwelsch aus Englisch, Spanisch und Portugiesisch verdeutlichen, dass es sich um ein Missverständnis handelt und wir nicht so viel Bargeld mit uns führen. Also muss unser Vorgang abgeändert werden, was die Zustimmung der Vorgesetzten bedarf und die ist…gerade in der Mittagspause! So warten wir weiter! Das fängt ja schon mal gut an, hier in Brasilien! Zum Glück sind aber alle sehr freundlich und als die entsprechende Vorgesetzte die Änderung endlich genehmigt, geht auch alles ganz fix und wir können weiter.

Jetzt noch ab zum Supermarkt und den Kühlschrank auffüllen und in einem Handyladen brasilianische SIM-Karten besorgen. Auch dies dauert hier in Südamerika immer ein wenig länger, aber irgendwann ist das ebenfalls erledigt und wir erreichen unseren Campingplatz inmitten des brasilianischen Dschungels. Direkt neben uns steht ein Baum mit seltsamen Früchten und wir finden heraus, dass es sich dabei um die südamerikanische Pomelo handelt, die sich doch ein wenig von der Pampelmuse, wie wir sie in Deutschland kennen, unterscheidet. Auch begrüßen uns wieder Affen in den Bäumen und spätestens nach Sonnenuntergang auch wieder jede Menge Moskitos. Da es durch ihre Stiche hier in Südamerika auch gerne zu Dengue-Infektionen kommt (momentan sind die Zahlen besonders hoch), versuchen wir uns bestmöglichst davor zu schützen, was nicht so wirklich funktioniert. Dengue ist eine durch Mücken übertragbare Virusinfektion, die sich oftmals als akute fiebrige Erkrankung äußert und einen tödlichen Verlauf nehmen kann. Durch den Klimawandel ist die weltweite Verbreitung von Dengue-Fieber in den letzten Jahrzehnten dramatisch angestiegen und auch wir hören von einigen Fällen anderer Reisender.

Am nächsten Morgen machen wir uns schon früh zu Fuß auf den Weg, denn direkt neben unserem Campingplatz liegt eine der Hauptattraktionen Südamerikas, die unter anderem zu den Sieben Weltwundern der Natur gehört…die Iguazú-Wasserfälle…das größte Wasserfallsystem der Welt! Die Wasserfälle erstrecken sich über fast 3 km entlang der Grenze zwischen Argentinien und Brasilien und bestehen aus etwa 275 verschiedenen vertikalen Abstürzen mit Höhen zwischen 60 und 82 Metern. Dadurch sind die Iguazú-Wasserfälle höher als die Niagarafälle, die wir ja bereits in Kanada besucht haben (s. dazu Artikel „Die Niagarafälle und weiter geht’s in den Nordwesten #006“), und auch doppelt so breit. Die Wassermenge an den Fällen schwankt von 1.500 m³ bis 10.500 m³ pro Sekunde. Durch die Wasserfälle verläuft in Längsrichtung die Grenze zwischen Argentinien und Brasilien. Da die meisten Fälle in Argentinien liegen, ist der größere Panoramablick von der brasilianischen Seite aus möglich. Und genau deshalb sind wir hier! Was wir dabei zu Gesicht bekommen, ist tatsächlich der absolute Wahnsinn, sage ich Euch!

Wir spazieren durch den Urwald und können den Wasserfällen auf verschiedenen Ebenen näher kommen…natürlich auch nicht, ohne von der Gischt klatschnass zu werden, aber das gehört bei diesem Besuch auch einfach dazu!

Nachdem wir die Wasserfälle bestaunt haben, geht es für uns in den benachbarten Tierpark, der hauptsächlich die hier in Brasilien lebenden Vögel zeigt und kranke Tiere wieder aufpeppelt. Da viele von ihnen nicht mehr ausgewildert werden können, finden sie hier ihre neue Heimat. Auch wenn es etwas Gutes ist, wenn man den Tieren hilft, so ist es doch für uns immer eher bedrückend, Tiere eingesperrt zu sehen. Mittlerweile ist es Mittag und das Thermometer zeigt über 35 Grad…noch dazu kommt eine Luftfeuchtigkeit von fast 100 %, da ist es gar nicht so leicht, so viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen, wie man ausschwitzt. Besonders Peter ist schwer begeistert!

So geht es am nächsten Tag auch schon weiter für uns…wir wollen nach Rio de Janeiro! Lange haben wir hin und her überlegt, ob wir die zusätzlichen 3000 Kilometer kurz vorm Ende der Reise noch auf uns nehmen wollen, oder ob das vielleicht einfach alles ein wenig zu viel wird. Aber hey, ein paar Wochen bleiben uns noch und Rio ist doch auf jeden Fall eine Reise wert! Also auf geht’s!

So war zumindest der Plan! Doch als wir gerade erst ein paar Kilometer gefahren sind, leuchtet plötzlich Sprintis Motorleuchte auf. Sofort kommen alte Erinnerungen an unsere Abschleppabentuer in den USA (s. dazu die Artikel „Liegengeblieben…#023“ und „Das war anders geplant…#026“) wieder hoch. Das fehlt uns jetzt ja noch so kurz vorm Ende der Reise! Noch dazu ist heute Sonntag, da hat jegliche Werkstatt geschlosssen. Wir fahren rechts ran und schließen erstmal unser Fehlerlesegerät an. Dann schauen wir mal weiter! Es stellt sich heraus, dass es sich um eine Fehlzündung der ersten Zündkerze handelt…auch das kommt uns bekannt vor! Was nun? Anscheinend hat Sprinti keine Lust auf Rio und vielleicht wollen wir auch gerade einfach wieder zu viel?! Wir planen also um! Als erstes löschen wir den Fehler aus dem System und ändern unsere Route. Wir fahren nicht nach Rio, sondern machen uns auf Richtung Osten, um dann an der Küste entlang südwärts den Weg nach Montevideo zu nehmen, denn von dort aus wird Sprinti zurück nach Hause verschifft werden. Also lieber keine Umwege mehr! Auf der Fahrt lesen wir weiter Sprintis Werte aus…alles einwandfrei! Wir hangeln uns auf dem Weg von Stadt zu Stadt und recherchieren nach Mercedes-Werkstätten. Zusätzlich gucken wir jede Menge Youtube-Videos darüber, wie man Zündkerzen selber austauschen kann, denn die haben wir als Ersatz tatsächlich dabei. Allerdings nicht all das Spezialwerkzeug, was man dafür benötigt, um nicht noch mehr beschädigen zu wollen. Nach einigen Stunden Fahrt läuft Sprinti noch immer einwandfrei und die Motorlampe ist nicht erneut angegangen. Haben wir vielleicht nur schlechten Sprit erwischt? Uns fällt ein kleiner Stein vom Herzen, angespannt sind wir allerdings immer noch. Die Nacht verbringen wir auf einem Parkplatz eines Hostals, bei dem wir an diesem Tag die einzigen Gäste sind und sofort umringt werden von freilaufenden Hühnern. Dann zieht ein Gewitter auf und ein tropischer Regenschauer setzt alles unter Wasser. Wir sitzen hinten im Wagen und recherchieren und planen weiter bis wir irgendwann todmüde einschlafen.

Am nächsten Tag fahren wir weiter und erreichen nach einigen Stunden die Stadt Blumenau, in der es ebenfalls eine Mercedes-Werkstatt gibt…zu Sicherheit! Aber Sprinti schlägt sich weiter wacker…keine Motorleuchte…keine Fehlzündung! Dafür gehen uns die Autofahrer hier in Brasilien ganz schön auf den Keks, denn deren Fahrstil ist nichts für schlechte Nerven und so begegnen uns hier nicht gerade wenig brenzlige Situationen auf den Straßen. So können wir Sprinti gut verstehen, dass er keine Lust auf Rio und weitere tausende Kilometer auf Brasiliens Straßen hatte. „Alles klar, Sprinti, wir haben den Hinweis verstanden!“

Nach Hohenau in Paraguay (s. dazu Artikel „Paraguay und ein wenig Wellness für Sprinti #080“) erreichen wir nun mit Blumenau in Brasilien erneut eine Stadt mit einer deutschen Geschichte hier in Südamerika. Blumenau hat rund 310.000 Einwohner und liegt etwa 50 Kilometer von der Atlantikküste entfernt. Die Stadt wurde 1850 von deutschen Einwanderern unter Leitung des Apothekers Hermann Blumenau in der damaligen Provinz Santa Catarina gegründet. Sie ist neben Joinville und Brusque eines der drei Zentren der deutschen Kolonisation in Santa Catarina.