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Rodeo

Reiseberichte Uruguay

Uruguay (#082)

14. April 2024

– Strand, Wein, Regen und Rodeo –

An dem kleinen Grenzübergang Chuy verlassen wir Brasilien und betreten Uruguay.

Chuy ist dabei der Ort, der durch die Grenze getrennt ist. Der brasilianische Ortsteil schreibt sich dabei „Chui“, der uruguayische hingegen „Chuy“. So trennt lediglich eine Straße den Ort und somit auch die beiden Länder. Die Straße hat in jede Richtung nur eine Spur. Die eine liegt in Brasilien und heißt „Avenida Uruguay“ und die andere Spur liegt in Uruguay und heißt „Avenida Brasil“. Als wir durch den Ort fahren, um Geld zu wechseln und uns mal wieder neue SIM-Karten zu besorgen, überqueren wir fast versehentlich diese besagte Grenzstraße und hätten beinahe wieder in Brasilien gestanden. Die Einheimischen Chuys scheinen hier hingegen eine spezielle Regelung zu haben, denn auf dieser Straße mitten im Zentrum fährt und läuft alles hin und her…ein ziemliches Gewusel, sag ich Euch!

Uruguay ist mit seinen knapp 3,44 Mio. Einwohner das kleinste spanischsprachige Land in Südamerika. Mit einer Fläche von 176.215 Quadratkilometern (davon rund 2.600 Quadratkilometer Wasserfläche) ist es dabei etwa halb so groß wie Deutschland und grenzt im Norden an Brasilien, im Osten an den Atlantischen Ozean, im Süden an den Río de la Plata und im Westen (durch den Río Uruguay getrennt) an Argentinien. Die Küste Uruguays erstreckt sich über 660 km und genau die fahren wir erstmal entlang. Direkt im Nationalpark Santa Teresa begrüßt uns das Land mit traumhaften Stränden. So finden wir auch schnell ein schönes Plätzchen, an dem es sich gut aushalten lässt. Auch Capybaras, sogenannte Wasserschweine und die größten Nagetiere der Welt, sind in dieser Gegend mit von der Partie.

Und so hangeln wir uns in den nächsten Tagen immer weiter die Küste entlang und entdecken einen schönen Strand nach dem anderen. Dabei stellen wir fest, dass auch die Uruguayer ihre Strände lieben und sich gerade viele ältere Menschen unter der Woche am Strand aufhalten und ihre Zeit dort genießen. Auch das Surfen ist hier hoch im Kurs…das allerdings eher bei den jüngeren Menschen. Neben all den schönen Stränden ist bei uns auch Arbeit angesagt, denn irgendetwas fällt ja immer an und so greift Peter mal wieder zu seinem Lötkolben (ich muss gestehen, dass hört sich durchaus merkwürdig an, wenn ich das so schreibe). So zum Ende unserer Reise liegen auch viele organisatorische Dinge an, die es zu erledigen gilt. So ist es an der Zeit nun unseren Container, indem Sprinti per Schiff nach Hause transportiert werden soll, fest zu buchen. Noch immer suchen wir zwar nach Container-Buddys, aber somit haben wir den Container und damit auch den Termin für die Verschiffung schon einmal sicher. Danach können wir somit auch unsere Rückflüge buchen. All das ist durchaus zeitintensiv, weil viele Faktoren und Eventualitäten eine Rolle spielen und berücksichtigt werden müssen. Das allerdings in dieser Umgebung zu erledigen, entschädigt einfach für alles!

Nach einigen Tagen verlassen wir den Nationalpark Santa Teresa wieder, allerdings nicht ohne vorher noch unseren Wassertank bei der Park-Feuerwehr aufzufüllen.

Unser erster Eindruck von Uruguay ist wirklich positiv. Alle sind sehr freundlich und hilfsbereit, die Infrastruktur und die Straßen sind sehr gut und wir freuen uns, dass wir nun wieder Spanisch und nicht mehr Portugiesisch sprechen können. Nach der Ankunft europäischer Siedler (ab dem 17. Jahrhundert) entwickelten sich die von den Spaniern ausgesetzten Pferde und Rinder auf den weiten Grasfluren der Pampa (ja, hier im Südosten des Kontinents liegt sie wirklich, DIE Pampa) zu großen Herden, die die Grundlage für den wirtschaftlichen Reichtum des Landes bildeten. Die indianischen, Guaraní sprechenden Ureinwohner (Charrúas, Guanaes, Yaros, Chanaes), die als Jäger und Sammler lebten, sind seit Mitte des 18. Jahrhunderts innerhalb weniger Jahrzehnte ausgerottet worden. Das frühe 19. Jahrhundert war vor allem von Kämpfen gegen die Argentinier und Brasilianer geprägt, die das Land diverse Male annektieren wollten. Uruguay gehört heute zu den stabilsten, demokratischsten und wohlhabendsten Ländern in Lateinamerika. Die politische und wirtschaftliche Transformation hat in den letzten Jahren beträchtliche Fortschritte gemacht. Von lokalen Leuten erfahren wir allerdings auch, dass in den letzten Jahren die Preise im Land z.B. für Lebensmittel ziemlich angestiegen sind, nicht aber die Löhne, was es für die Menschen im Alltag schwieriger werden lässt. Auch uns fällt der Preisanstieg im Gegensatz zu den Ländern Argentinien und Brasilien beim Einkaufen auf, befinden wir uns doch fast auf dem deutschen Preisniveau. Auch der Sprit ist hier um einiges teuerer als in den vorherigen Ländern. Dennoch machen die Menschen hier einen glücklichen Eindruck und profitieren von einer politischen Stabilität.

In den nächsten Tagen fahren wir weiter die Küste entlang Richtung Südwesten (s. dazu unsere Route) und entdecken weitere Strände und Orte Uruguays. Wir stellen dabei fest, dass Uruguay ein sehr grünes Land ist…hier grasen die Kühe auf Wiesen unter Palmen und überall wächst tatsächlich Schilf. Letzteres erklärt auch, warum wir viele Häuser mit Reetdächern sehen. So langsam kommen wir Sprintis Ziel, Montevideo, immer näher. Glücklicherweise hat sich Sprintis Motorleuchte bislang nicht noch einmal gemeldet (s. dazu Artikel „Brasilien und die größten Wasserfälle der Welt #081“) und so sind wir ganz optimistisch, dass wir die restlichen Kilometer nun auch noch ohne weiteres gemeinsam schaffen! Die letzte Etappe unserer Reise hat begonnen!

Wir machen uns auf nach Atlantida, ein Ort etwa 50 Kilometer vor Montevideo. Etwas außerhalb fahren wir zum Platz La Chacra Holandesa, ein kleines Stück Land, auf dem sich zwei holländische Auswanderer niedergelassen haben. Neben Jan und Marieke, fünf Hunden, Rindern, Pferden und Hühnern, treffen wir auch auf deutsche Auswanderer und holländische Reisende. Hier auf dem Platz ist es an der Tagesordnung, dass um 17 Uhr Feierabend ist, d.h. dann lassen alle ihre Arbeit ruhen und setzen sich auf ein Weinchen zusammen. Nachdem wir den ganzen Tag über Wäsche gewaschen und erste Vorkehrungen für die Verschiffung getroffen haben, wohnen auch wir der geselligen Runde bei….und das Weinchen schmeckt auch ganz gut 🙂 .

Apropos Weinchen…Uruguay hat tatsächlich einige Weinanbaugebiete und gilt als „aufsteigender Stern im weltweiten Weinanbau“. Und so machen wir uns nach zwei Tagen bei Jan und Marieke auf zum Pizzorno Weingut nördlich von Montevideo. Es ist Montag und als wir das Weingut erreichen, schüttet es wie aus Eimern und alles sieht irgendwie geschlossen aus. Und ja, es ist tatsächlich montags geschlossen (auch hier kann man sich nicht so auf Google verlassen)! Aber wir treffen auf einen netten Mitarbeiter, der uns für den nächsten Tag eine Weintour bucht und uns erlaubt auf deren Parkplatz zu übernachten. Ja, das klingt doch perfekt! Allerdings regnet und gewittert es noch immer, so dass wir uns an diesem Montag tatsächlich nur in Sprinti verkriechen können.

Am nächsten Morgen ist es dann soweit. Wir sind die einzigen englischsprachigen Gäste an diesem Tag und so bekommen wir eine Einzelführung…Joaquin ist dabei unser Guide. Wir laufen durch die Weinkeller und erfahren neben der Geschichte des Weinguts auch viel über die Weinproduktion und Ernte an sich. Jetzt kennen wir uns also aus…im Weinbusiness 🙂 ! Und auch das dazugehörgige 3-Gänge-Menü lässt keine Wünsche offen…soooo lecker!

Noch immer regnet und gewittert es ununterbrochen. Was wir da noch nicht ahnen…es wird auch noch die nächsten vier Tage so weitergehen. Peter und ich haben beide noch nie Regen und Gewitter in diesem Ausmaß erlebt, die Blitze kommen im Sekundentakt und das stundenlang, bzw. tagelang.

Als wir tags darauf weiterfahren, sind viele Straßen wegen Überschwemmungen gesperrt und einige Flüsse treten über die Ufer. Auch unser nächster Platz (Posada Casa Vieja) in der Nähe der Stadt Colonia del Sacramento ist ordentlich durchgeweicht. Wir landen bei Ruedi und Susanna…zufällig wieder Auswanderer…dieses Mal aus der Schweiz. Ihr seht schon, viele Auswanderer hat es nach Uruguay verschlagen! Die beiden haben sich hier auf ihrem Grundstück ein Wohnhaus und Ferienwohnungen aufgebaut und haben so viel Platz, dass dort mittlerweile auch Camper stehen können. So treffen wir hier zufällig mit Sandra und Yannic auch alte Reisebekannte wieder, die wir zuletzt in Elvios Werkstatt in Paraguay getroffen haben (s. dazu Artikel „Paraguay und ein wenig Wellness für Sprinti #080“). Noch immer dieser extreme Regen, der in diesem Ausmaß absolut untypisch für die Region ist! Die dadurch entstehende hohe Luftfeuchtigkeit, lässt alles im Wagen klamm erscheinen. Lüften ist bei diesen Wetterbedingungen schlichtweg nicht möglich, weil wir aufgrund der Wassermassen die Fenster oder Dachluken einfach nicht öffnen können. Dieser Regen kommt uns mittlerweile echt ungelegen, weil wir Sprinti eigentlich eine Woche bei Ruedi und Susanna stehen lassen wollen, um mit der Fähre nach Buenos Aires überzusetzen und uns die Hauptstadt Argentiniens genauer anzuschauen. Es hilft nichts, Fähre und Hotel in Buenos Aires sind bereits gebucht! Also packen wir unsere Rucksäcke und hoffen, dass Sprinti dem Regen und der Luftfeuchtigkeit weiter standhält so lange wir nicht da sind. Am nächsten Morgen machen wir uns auf den Weg und lassen Sprinti bei Ruedi und Susanna zurück…“aber nur für eine Woche, Sprinti!“

Was wir während unserer Zeit in Buenos Aires alles erleben, werde ich Euch in einem separaten Artikel schreiben. Nur so viel sei gesagt: Buenos Aires ist echt eine tolle Stadt!

Nach einer Woche kehren wir zurück nach Uruguay…zurück nach Colonia del Sacramento…zurück zu Sprinti! Zwar hat es in unserer Abwesenheit noch heftigst geregnet, aber mittlerweile herrscht wieder Sonnenschein. Sprinti hat die Tage gut überstanden und trotz der hohen Luftfeuchtigkeit (und ohne eine Lüftungsmöglichkeit) ist im Wagen nichts feucht oder womöglich noch angeschimmelt. Sehr gut!

Und so geht es am nächsten Tag auch schon wieder weiter. Wir verlassen Ruedi und Susanna und fahren in das Zentrum von Colonia del Sacramento, denn die Altstadt fällt unter das UNESCO-Weltkulturerbe. Colonia, wie man hier kurz sagt, wurde bereits 1680 gegründet und ist damit die älteste Stadt Uruguays. Wir schlendern durch die mit Kopfstein gepflasterten Straßen und sind ganz angetan von diesem schönen Örtchen. Hier könnten wir glatt länger verweilen und die schöne Atmosphäre der zahlreichen Restaurants und Cafés genießen. Die Sonne scheint, der Himmel ist blau und von irgendwoher tönt südamerikanische Livemusik. Einfach herrlich!

Aber leider müssen wir weiter, denn an diesem Wochenende findet nördlich von Montevideo ein traditionelles Rodeo der urugayanischen Gauchos statt und das wollen wir uns nicht entgehen lassen. Gauchos nennt man in Argentinien, Bolivien, Brasilien, Paraguay und Uruguay vorwiegend Nachkommen iberischer Einwanderer und Indigenas, die ihren Lebensunterhalt als Arbeiter in der Viehhaltung verdienen. Eines der wichtigsten wirtschaftlichen Erzeugnisse der Gauchos war Rindsleder und später auch Trockenfleisch. Für die Kultur der Gauchos ist insbesondere die Pampasregion, das argentinische Patagonien und der Gran Chaco im zentralen Südamerika bekannt. Ihre Blütezeit hatten die Gauchos im 19. Jahrhundert. Die Folklore hat sie allerdings romantisiert, vergleichbar mit den nordamerikanischen Cowboys. Vor allem in Argentinien und Uruguay hat die „Gaucho-Kultur“ eine tragende Bedeutung für das Nationalgefühl und so nennen sich viele Land- und Viehbesitzer auch heute noch stolz „Gauchos“. Auf unserem Weg durch Uruguay ist uns bereits aufgefallen, wie viele Pferde es hier gibt. Tatsächlich sind es über 400.000 in diesem doch recht kleinen Land.

Oft finden an den Wochenenden in der Umgebung Rodeo-Veranstaltungen statt. Werbung dafür gemacht wird bewusst nicht, denn die Informationen werden unter den lokalen Leuten weitergegeben. So soll die Veranstaltung auch weiterhin ein geschützter Raum für die Einheimischen in der Umgebung bleiben. Daher verirren sich auch nur in den seltensten Fällen Touristen hierher. Wir haben von Jan und Marieke von diesem Wochenende erfahren, die uns zudem versichert haben, dass Touristen gern dort gesehen sind, so lange es keine Überhand nimmt. Und genauso ist es auch! Schon als wir auf dem Gelände ankommen, werden wir freudestrahlend begrüßt und man ist total interessiert daran, woher wir denn kommen. Allerdings fallen wir natürlich auch direkt auf, sind wir doch die einzigen nicht Einheimischen an diesem Wochenende. Auf den Wiesen stehen einige Zelte und auch wir dürfen mit Sprinti über Nacht bleiben. Sprinti ist umringt von Pferdestärken…wenn auch etwas anders als sonst.

Überall Pferde, Pferde und nochmals Pferde. Schnell wird klar, dass „Gaucho sein“ ein absolutes Lebensgefühl ist. Schon die ganz Kleinen sitzen in voller Montur auf den verhältnismäßig riesigen Pferden und galoppieren über die Wiesen.

Die gesamte Veranstaltung geht über zwei Tage und für die Menschen hier ist der Besuch ein normaler, aber traditioneller Familienausflug am Wochenende. Alle haben ihre Klappstühle und große Kühltaschen dabei und so wird sich die Zeit beim Rodeo vertrieben. Auch gibt es ein paar Stände, die Reitstiefel, Hemden oder Gaucho-Hüte verkaufen und auch Essens- und Getränkestände sind vertreten. Viele bringen aus Kostengründen aber auch ihre eigenen Speisen und Getränke mit. So ist es ein buntes und reges Treiben hier auf dem Gelände und wir spüren, was dieses Lebensgefühl für die Menschen hier bedeutet.

Für den Samstag steht als erstes ein Wettreiten auf dem Programm, bei dem zwei Reiter gleichzeitig im Slalom um Metalltonnen reiten. Hier treten auch durchaus Erwachsene gegen Kinder an…mit Leidenschaft sind alle dabei! Davor, dass man hier mit den Pferden nicht zimperlich umgeht, hatten Jan und Marieke uns bereits gewarnt und so wird das Tier mit so manchem Peitschenschlag noch weiter angetrieben.

Danach ist Rodeo auf Kühen und Rindern angesagt und auch hier sind alle mit Herzblut dabei. Der Moderator spricht dabei nicht seine Kommentare, er singt sie einfach.

Dann wird es Abend und wer meint, jetzt würde es ruhiger, der irrt! Nun beginnt der „Party-Teil“! Auf der Bühne geben nationale Künstler alles und schmettern voller Leidenschaft uruguayische Lieder und das bis nachts um 2 Uhr. Danach geht es mit Musik „vom Band“ weiter und das bis 5.30 Uhr. Wir verziehen uns schon deutlich früher in unseren Wagen und lauschen zum Einschlafen der uruguayischen Musik.

Am nächsten Morgen geht es schon früh weiter. Der Tag startet wieder mit einem Wettreiten um die Tonnen. Dann kommt das Pferde-Rodeo, für viele anscheinend das Highlight des Wochenendes. Dutzende junge Pferde werden auf Anhängern und einfachen Truck-Ladeflächen herangekarrt. Die jungen Pferde sind weder eingeritten noch haben sie je einen Menschen auf ihrem Rücken getragen. Das soll also heute passieren und wie wir feststellen, sorgt die Art und Weise womöglich eher für eine größere Hemmschwelle als dass sie diese abbaut…bei den Pferden zumindest. Jan und Marieke haben uns zuvor erzählt, dass selbst viele Einheimische die Vorgensweise aus Tierschutzgründen mittlerweile ablehnen und wir verstehen auch absolut warum. Es handelt sich bei diesem Rodeo-Spektakel um eine jahrelange Tradition, die bei den Gauchos absolut zum Kulturgut gehört und auch wir spüren ihre Leidenschaft für all dies. Vielleicht gibt es ja eine Möglichkeit gewisse Übungen nach heutigen Maßstäben ein wenig anzupassen, so dass Mensch und Tier dieses Event genießen können.

Als wir uns dann wieder auf den Weg machen wollen, stellen wir fest…man hat uns zugeparkt!

Irgendwie scheint das die Leute überhaupt nicht zu interessieren, parken sie doch einfach kreuz und quer. Außerdem werden ständig Autos ausgerufen, die anscheinend ebenfalls ungünstig geparkt haben und niemanden störts. Also bleiben wir einfach noch ein Weilchen, derjenige wird schon wegfahren. Doch nichts da, auch nach ein paar Stunden hat sich dieser PKW noch kein Stückchen wegbewegt! Ich bin schon fast auf dem Weg zur Bühne, um das entsprechende Nummernschild ebenfalls ausrufen zu lassen, als Peter plötzlich der Meinung ist, dass Sprinti zwischen das dunkle Auto und Baumstamm passen könnte.

Ich bin davon so gar nicht überzeugt und denke nur an neue Schrammen, wo wir doch gerade erst bei Elvio haben den Lack ausbessern lassen. Aber Peter hat meist ein besseres Raumgefühl als ich (typisch Mann und Frau halt!) und so liegt er auch heute richtig…es passt! Wir quetschen uns mit Sprinti durch die enge Lücke. Dann das nächste Problem…die Wiese ist so vollgeparkt, dass wir an entsprechender Stelle nicht zurück auf den Weg gelangen können. Außerdem parken auf dem Weg ebenfalls Fahrzeuge, die unseren Winkel so verkürzen, dass wir unten am Boden aufsetzen. Wie sollen wir nun hier raus kommen? Schnell entdecken auch ein paar Gauchos unser Problem und eilen uns zur Hilfe. Und wie macht man das hier in Uruguay? Man öffnet einfach die Tür des im Weg stehenden Autos (die scheinen hier alle nicht abgeschlossen zu sein), löst die Handbremse und eh ich mich versehe, schiebe ich gemeinsam mit den Gauchos das fremde Auto zur Seite. Das wäre bei dem silbernen PKW, der uns zugeparkt hat, vielleicht auch eine Variante gewesen. Na ja egal, wieder etwas dazugelernt! Was zählt ist, dass der Winkel nun passt und wir so von der Wiese auf den Weg gelangen können. So bedanken wir uns bei unseren Helfern und machen uns happy auf den Weg. Es war schön, dieses Wochenende hier zu erleben, denn mehr Tradition und Kultur in Uruguay geht glaube ich nicht.

Für uns geht es nun wieder zurück an die Küste, denn es bleibt uns noch eine Woche. Eine Woche bevor wir Sprinti für die Verschiffung vorbereiten müssen. Da es bei Sprintis Höhe ja durchaus wieder eine knappe Geschichte mit der Verladung in den Container wird, müssen wir also einige Vorkehrungen treffen. All das werden wir bei Jan und Marieke erledigen können. Somit bleibt uns jetzt noch eine Woche, um mit Sprinti frei am Strand stehen zu können und wir versuchen sie, trotz aller Vorbereitungen, zu genießen.

Es ist ein merkwürdiges Gefühl, dass unsere Reise sich nun dem Ende zuneigt und so ganz scheint es auch noch nicht bei uns angekommen zu sein.

Reiseberichte USA

Der Wilde Westen (#022)

9. Oktober 2022

– Von Rodeo bis Buffalo Bill –

Nach unserer Zeit im Yellowstone Nationalpark erkunden wir weiter den Wilden Westen und fahren durch Wyoming und Montana (siehe auch unter unsere „Route“). Die Landschaft wird wieder grüner und bergiger, es reiht sich eine riesige Ranch an die nächste…wir sind also angekommen im „Land der Cowboys“!

Und weil das so ist, wollen wir auch in das Leben eines „Cowboys“ eintauchen…also heißt das: wir gehen zum Rodeo! Da die meisten Rodeo-Veranstaltungen den ganzen Sommer über stattfinden, sind wir schon etwas spät dran, aber wir haben Glück. In Cody, DER Rodeo-Stadt schlechthin, findet sonst zwischen Juni und August tatsächlich jeden Abend Rodeo statt. Jetzt im September ist die Saison quasi vorbei…aber genau eine einzige Veranstaltung gibt es noch…das College-Rodeo. Und das soll ausgerechnet am nächsten Tag eben in Cody stattfinden. Um den Ort zu erreichen, müssen wir noch einige Kilometeter zurücklegen und machen dabei noch einen Schlenker über die Stadt Bozeman und den Süden Montanas. Aber wir schaffen es rechtzeitig. Wir treffen dort auch wieder auf Sandra und Sebastian, die wir am Abend zuvor zufällig auf einem abgelegenen und einsamen Stellplatz getroffen hatten. Wir waren gerade dort angekommen gewesen, als plötzlich ein lila Schulbus mit tatsächlich deutschem Kennzeichen um die Ecke bog…wie gesagt, „abgelegen und einsam“. So kamen wir direkt ins Gespräch und haben uns eine ganze Zeit über unsere Abenteuer ausgetauscht, die wir auf unseren Touren bereits erlebt haben. Wenn Ihr Lust habt, schaut doch gerne mal bei Sandras Blog „skooliemissionadventure“ vorbei. Somit kam dann auch die Idee mit dem Rodeo in Cody. Gesagt, getan! Also stehen an diesem Abend auf dem Parkplatz vor der Arena jede Menge Trucks, Pferdeanhänger und eben zwei deutsche Camper. Und glaubt mal nicht, dass die hier mit kleinen PKWs samt Anhänger, in den lediglich zwei Pferde hineinpassen, ankommen! Das sind Größenordnungen, da wird einem schwindelig…10 Pferde in einen Anhänger? Kein Problem!

Und was darf bei einer Veranstaltung, besonders in den Staaten, ansonsten nicht fehlen?

Genau, die Hymne…

Beim College-Rodeo treten verschiedene Kontrahenten aus unterschiedlichen Universitäten gegeneinander an. Während man bei uns an der Uni vielleicht einen Kurs im Badminton oder Schach belegt, entscheidet man sich hier für Bullenreiten, Barrel-Racing oder „wie bekomme ich am schnellsten eine Ziege eingefangen“. Auch wenn der Schein trügt und die Tribüne gegenüber etwas leer aussieht, weil dort nur die Angehörigen der Teilnehmer sitzen durften, so war die Besucher-Tribüne auf unserer Seite sehr gut gefüllt und die Stimmung war super.

Auch wenn man sicherlich darüber streiten kann, wie es sich bei so einer Rodeo-Veranstaltung mit dem Tierwohl verhält, so wurde hier sehr schnell deutlich, dass die Tiere durchaus im Vordergrund stehen und die Disziplinen nicht auf Kosten der Tiere ausgereitzt werden. So war es ein richtig schöner und besonderer Abend.

Am nächsten Morgen verabschieden wir uns von Sandra und Sebastian (liebe Grüße an dieser Stelle an die zwei) und fahren nur ein paar Meter weiter, denn in Cody stoßen wir auf das nächste Relikt vergangener Zeiten…die „Old Trail Town“. Dies ist eine Siedlung in Cody aus den 1890ern, die hier mit den Originalhäusern wieder aufgebaut wurde. So finden sich hier auch die Hütten der damals berühmt berüchtigen Gangster „Butch Cassidy and the Sundance Kid“ wieder (dem ein oder anderen Western-Fan könnten diese Namen evtl. bekannt zu sein). Auch sehen wir das Zuhause von Curley, einem Crow-Indianer, der bei der Schlacht von Little Bighorn 1876 den Oberbefehlshaber Lt Col. George A. Custer unterstützt hat (im unteren Teil des Artikels werde ich hierzu noch einmal näher eingehen). Außerdem befinden sich auf dem Areal Gräber einiger namenhafter Helden und Schurken, so auch von John Johnston, der 1972 von Robert Redford in dem Film „Jeremiah Johnston“ dargestellt wurde. Somit war Robert Redford auch an diesem Ort zu Gast, als das Grab Johnstons damals umgebettet wurde. Wir tauchen also auch hier wieder in die teils sehr tragische Geschichte des 19. Jahrhunderts ein und können ein wenig nachempfinden wie ein Leben unter diesen Umständen damals ausgesehen haben mag.

Auch unsere zweite Etappe ist nicht weit, weil sich unser nächstes Ziel ebenfalls in Cody befindet. Also statten wir noch am gleichen Tag dem „Buffalo Bill Center“ einen Besuch ab. Dieses Museum beleuchtet unter anderem das Leben von William Frederick Cody, genannt Buffalo Bill (* 26. Februar 1846 bei Le Claire, Iowa; † 10. Januar 1917 in Denver, Colorado), der ein berühmter Bisonjäger und einer der Begründer des modernen Showbusiness war.

Zwischen 1867 und 1868 versorgte Cody damals die Arbeiter der Kansas Pacific Railway mit Fleisch. Hierbei tat er sich als sehr erfolgreicher Bisonjäger hervor und erhielt seinen Spitznamen „Buffalo Bill“. Von 1868 bis 1872 beschäftigte ihn die US-Armee als Kundschafter und auch 1876 bei der Schlacht am Little Bighorn war er als Kundschafter für die US-Armee tätig (dazu im unteren Abschnitt mehr). Ned Buntline, ein US-amerikanischer Journalist aus New York, begann nach einer Begegnung mit Cody, Theaterstücke, Berichte und Groschenhefte über „Buffalo Bill“ zu veröffentlichen, die kommerziell sehr erfolgreich wurden. Etliche Episoden wurden damals erheblich übertrieben dargestellt und waren wesentlich an der Bildung der noch heute gültigen Klischees über den Wilden Westen beteiligt.

Cody, der sich 1872 bereits Künstlergruppen angeschlossen hatte und in den Stücken von Ned Buntline aufgetreten war, erkannte seine wirtschaftliche Chance, trennte sich von Buntline und gründete 1883 seine eigene „Buffalo Bill’s Wild West Show“, die ganz dem unrealistischen Stil der Veröffentlichungen von Ned Buntline und anderen entsprach. Die Show stellte ein riesiges Aufgebot an Menschen und Tieren dar und es gelang ihm, berühmte indianische Häuptlinge wie Sitting Bull als Mitwirkende zu engagieren. Cody exportierte seine Show auch nach Europa. Die „Buffalo Bill’s Wild West Show“ wurde erstmals am 19. April 1890 in München auf der Theresienwiese aufgeführt. In München wurde Buffalo Bill scherzhaft „Ochsen-Willi“ genannt. Für die Show wurde ein etwa 6.000 Zuschauer fassendes Zelt aufgebaut. Prinz Ludwig, der spätere König Ludwig III. von Bayern, und sein Hofstaat zählten zu den Ehrengästen. So bereiste Buffalo Bill mit seiner Entourage viele Städte in Deutschland und Europa (auch bei Queen Victoria (da ist sie wieder, die „Vicky“) in England war er zu Gast), was dafür sorgt, dass uns der Name „Buffalo Bill“ auch heutzutage noch ein Begriff ist. Später gründete er den Ort Cody (benannt nach seinem Nachnamen), in dem wir uns nun befinden und der heutzutage rund 9000 Einwohner hat. Damals eröffnete Buffalo Bill dort mit seiner Frau auch ein Hotel „The Irma“ (benannt nach seiner Tochter). An diesem Hotel (ja, es existiert immer noch) kommen wir auch vorbei, als wir an diesem Tag durch Cody fahren.

Fußnote: Wer sich in der folgenden Galerie die Bilder 27 & 28 (der Planwagen „Sheep-Wagon“ und sein Innenleben) genau anschaut und dazu unseren Sprinti von innen kennt, dem wird vielleicht auffallen, dass eine gewissen Ähnlichkeit bei der Inneneinrichtung bzw. deren Anordnung besteht. Peter und ich trauen unseren Augen kaum…haben wir doch alles selbst entworfen und gebaut…also bei Sprinti…und dieser Sheep-Wagon wurde ja bereits 1910 erbaut und war dann bis in den 50er Jahre im Einsatz! Das fällt dann wohl wieder unter die Kategorie „Sachen gibts’s…?!“

Dann verlassen wir Cody und fahren von Wyoming nach Montana, weiter zum Little Bighorn Battlefield National Monument. Der Begriff des Little Bighorn ist in diesem Artikel ja schon ein paar Mal gefallen. In der Schlacht am Little Bighorn am 25. Juni 1876 wurde das 7. US-Kavallerie-Regiment unter George Armstrong Custer von Indianern der Lakota– und DakotaSiouxArapaho und Cheyenne unter ihren Führern Sitting BullCrazy Horse und Gall am Little Bighorn River im heutigen Montana vernichtend geschlagen. Es war einer der wenigen größeren indianischen Siege gegen das US-Heer und ging daher in die Geschichtsbücher ein.

Wir fahren durch die Berge und das Tal, in dem die Schlacht stattgefunden hat, können erkennen, welche Vorteile, aber auch welche Tücken diese Landschaft im Kampf mit sich brachte. Die Stellen, an denen Indianer und Amerikaner gefallen sind, sind mit kleinen Grabsteinen markiert und nicht immer konnten sie mit einem Namen versehen werden. Auch kommen wir vorbei an den Gräbern von General Custer und seinem zweiten Befehlshaber Major Marcus A. Reno.

Bei der Geschichte dieser Schlacht treffen wir auch wieder, auf die oben bereits genannten Kundschafter Curley (in dessen Hütte wir in Cody bereits gestanden hatten) und auch auf Buffalo Bill, sowie auf den Indianer-Häuptling Sitting Bull (alle drei überlebten die Schlacht übrigens).

Weiter auf den Spuren der amerikanischen Geschichte verlassen wir Montana wieder und fahren über Wyoming nach South Dakota. South Dakota ist einer der nordwestlichen Prärie-Bundesstaaten der USA. Er umfasst 199.731 km² mit geradezu 886.600 Einwohnern. Die größte Stadt ist Sioux Falls, die Hauptstadt allerdings ist Pierre. South Dakota beheimatet mehrere Indianerreservate, insbesondere der Lakota und ist damit der Staat, der innerhalb der USA nach Alaska und New Mexico den dritthöchsten Bevölkerungsanteil von Indianern bzw. der First Nations aufweist.

Unser erstes Ziel ist das Crazy Horse Memorial, eine monumentale Skulptur zu Ehren des Oglala-Lakota-Indianers „Crazy Horse“ (auch von ihm haben wir bereits gehört, s.o.), die ähnlich wie das Mount Rushmore National Memorial in einen Berg gehauen wird, jedoch um ein Vielfaches größer. Der Bildhauer Korczak Ziolkowski, der auch schon am Mount Rushmore National Memorial mitgearbeitet hatte, wurde 1939 vom damaligen Häuptling der Sioux „Henry Standing Bear“ eingeladen, ein Indianer-Denkmal zu gestalten. Mit dem Bau wurde schließlich 1948 begonnen und rund 10 Millionen Tonnen Granit wurden seitdem aus der Felswand gesprengt. Trotzdem ist seit 1998 bisher nur das Gesicht fertiggestellt. Ein Termin zur Fertigstellung des kompletten Monuments ist noch nicht absehbar, es werden aber rund weitere 100 Jahre veranschlagt. Ziolkowski starb 1982. Seine Arbeit wird seitdem durch sieben seiner zehn Kinder fortgesetzt.

Viele Indianer stehen dem Projekt allerdings kritisch gegenüber. Sie beklagen die Entweihung ihrer heiligen Black Hills und weisen darauf hin, dass Crazy Horse sich nie fotografieren ließ, weil er nicht abgebildet werden wollte.

In fertiger Form soll die Skulptur Crazy Horse auf einem Pferd sitzend und mit ausgestrecktem Arm nach Osten weisend zeigen (s. auf den Fotos das weiße Modell). Alle Präsidentenköpfe am Mount Rushmore zusammen sind in etwa so groß wie der Pferdekopf. Nach Fertigstellung der Skulptur soll diese 195 m lang und 172 m hoch sein.

Und wo wir schon mal bei Felsskulpturen sind, geht es für uns auch gleich weiter zum 28 km entfernten Mount Rushmore…der Berg, in dem die Köpfe vier amerikanischer Präsidenten eingemeißelt sind.  Das Mount Rushmore National Memorial ist ein 1941 fertiggestelltes Denkmal, das aus monumentalen Porträtköpfen der vier, bis zur Zeit seiner Erstellung als am bedeutendsten und symbolträchtigsten geltenden US-Präsidenten, besteht. Jedes Porträt ist dabei 18 Meter hoch. Dargestellt sind von links nach rechts die Präsidenten George Washington (1. US-Präsident), Thomas Jefferson (3.), Theodore Roosevelt (26.) und Abraham Lincoln (16.). Das Mount Rushmore Nationaldenkmal wird auch als „Shrine of Democracy“ (Schrein der Demokratie) bezeichnet. Allerdings wurde es auch als eine Entweihung eines heiligen Berges der Lakota-Indianer betrachtet.

Die Idee, ein Monument für berühmte Persönlichkeiten in den Bergen von South Dakota zu erstellen, kam von dem Historiker Doane Robinson (1856–1946). Er wollte damit den Tourismus in der Region ankurbeln. Ursprünglich dachte er nicht an Präsidenten, sondern an bekannte Gestalten aus der Geschichte des Westens, wie Lewis and ClarkRed Cloud und Buffalo Bill Cody…zumindest letzterer kommt uns doch bekannt vor.

Die Idee von den vier Präsidentenköpfen kam von John Gutzon de la Mothe Borglum. Das Monument wurde von ihm in 14 Sommern zwischen 1927 und 1941 in den Granit des Mount Rushmore gesprengt, gehauen und gemeißelt. Bei den gesamten Arbeiten wurde Gutzon von fast 400 Arbeitern und Helfern unterstützt. Er selbst starb vor Vollendung des Kunstwerkes. Sein Sohn Lincoln Borglum setzte die Arbeiten noch einige Monate fort, bis sie im Oktober 1941 aus Geldmangel eingestellt wurden und das Monument am 31. Oktober 1941 für vollendet erklärt wurde. Eine geplante Erweiterung der Figuren bis auf Taillenhöhe wurde nie ausgeführt.

Und so schließt sich für uns wieder der Kreis und unser Puzzle über die Vergangenheit Amerikas im 19. & 20. Jahrhundert setzt sich weiter zusammen.