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Reiseberichte Kolumbien Panama

Ein Segelboot, ein Sturm und wir mittendrin (#056)

30. Juli 2023

– Auf dem Weg nach Südamerika –

Nachdem wir Sprinti erfolgreich in den Container verfrachtet haben (s. dazu Artikel „Wie kommen wir nach Südamerika? #055“), bleiben uns noch drei Tage in Panama-Stadt. Also ziehen wir mit Sack und Pack ins Hotel, erledigen noch ein paar Besorgungen und erleben noch einmal live, was Regenzeit in Panama bedeutet als wir mitten in einen Starkregen geraten, der die Straßen innerhalb von Minuten überflutet und uns so mancher Weg plötzlich abgeschnitten wird.

Jetzt sind wir schon seit knapp zwei Monaten in Panama und was darf da natürlich auch nicht fehlen?! Genau, ein Besuch des Panamakanals! Und für Peter als Logistik-Ingenieur ist es erst Recht etwas ganz Besonderes. Schon oft hatten wir es vor, aber immer kam etwas dazwischen. Jetzt wird es also Zeit!

Der Panamakanal ist eine künstliche, rund 82 km lange Wasserstraße mit Schleusen, die die Landenge von Panama in Mittelamerika durchschneidet, den Atlantik mit dem Pazifik für die Schifffahrt verbindet und ihr damit die Fahrt um das Kap Hoorn oder durch die Magellanstraße an der Südspitze Südamerikas erspart. Der Kanal verläuft zwischen den Städten Colón an der Atlantikküste und Balboa, einem Vorort von Panama-Stadt an der Pazifikküste und wird von den Schiffen innerhalb von 10 Stunden durchquert. Die Arbeiten für den Panamakanal durch verschiedene Aktiengesellschaften und schließlich durch die Vereinigten Staaten begannen 1881 bzw. 1894. Der aufwendige Bau kostete rund 20.000 Menschen das Leben bis der Kanal schließlich 1914 eröffnet wurde. Allerdings wurde der Durchfahrt des ersten Schiffes kaum Aufmerksamkeit geschenkt, da es an dem Tag ein anderes Ereignis gab…der Beginn des ersten Weltkriegs. Durch einen weiteren Ausbau können seit 2016 auch die ganz großen Schiffe (13.000 Kontainer pro Schiff) den Kanal passieren. So werden jährlich über 300 Mio. Tonnen durch den Kanal transportiert, was ihn damit zu einer der wichtigsten Wasserstraßen der Welt macht. Das schauen wir uns doch jetzt einfach mal aus der Nähe an. Auch haben wir das Glück, live dabei zu sein als ein Schiff die Schleuse des Kanals passiert…

Dann ist es an der Zeit Panama und somit auch Nord- und Mittelamerika Lebewohl zu sagen. Da es zwischen Panama und Kolumbien keine Straßenverbindung gibt, muss Sprinti verschifft werden und wir steigen entweder ins Flugzeug oder ebenfalls auf ein Boot. Weil wir beide kleine Segler sind, entscheiden wir uns für den Segeltrip. Mit dem Boot durch die Karibik hat ja schließlich auch seinen Reiz! Schon früh am Morgen klingelt unser Wecker und bereits um 5 Uhr werden wir am Hotel von einem Fahrer abgeholt. Wir sammeln in der Stadt noch vier weitere Personen ein. Dabei passt all das Gepäck schon lange nicht mehr ins Auto und wird daher kurzerhand aufs Dach gebunden. Drei Stunden lang fahren wir über schlechte Straßen Richtung Nordosten und kommen dabei an merkwürdigen Kontrollen auf Feldwegen vorbei, an denen ernst dreinschauende Menschen unsere Pässe sehen wollen (wir machen also lieber keine Fotos). Andere Autos scheinen komplett beschlagnahmt zu werden und haben definitiv bessere Zeiten hinter sich. Dann erreichen wir die Gegend Barsukan (s. dazu auch unsere Route). Dort führt uns ein matschiger Feldweg zum „Hafen“, wobei das Wort Hafen eher etwas anderes vermuten lässt…reden wir doch hier eher von der Abbruchkante einer Uferböschung des Rio Grande de Carti („grande“ ist hier allerdings so gar nichts). Gemeinsam mit unseren zwei Mitseglern Jana aus Deutschland und Kieran aus England stehen wir nun mit Sack und Pack dort und werden von Mücken zerstochen.

Man hatte uns als Vorbereitung auf diesen Trip gesagt, dass wir unsere Kleidung in den Reisetaschen in Plastiktüten einpacken sollten, weil sie ansonsten bei der Überfahrt nass werden könnte. Als wir sehen, wie unsere Taschen ins Boot verfrachtet werden (bitte nicht fallenlassen!), hoffen wir das erste Mal, dass unsere Plastiktüten auch dicht sind. Dann springen auch wir galant (nicht wirklich) ins Boot und ich sehe mich schon im Rio Grande treiben. Unsere Boote sind übrigens auch ein Fall für sich und ihre Flaggen machen uns schon stutzig. Das was auf den ersten Blick an eine dunkle Zeit der deutschen Geschichte erinnern lässt, ist letztendlich das seit 1925 gebräuchliche Symbol dieser Gegend und der einheimischen Bewohner (Stamm der Kuna) und symbolisiert tatsächlich eine Krake (wer hätte das gedacht?!). Auch wenn es seit 2010 durch ein anderes Symbol abgelöst wurde, so ist das Alte noch immer sehr präsent. Dann geht es los mit unserem Bötchen, was tatsächlich unter die Kategorie „Speedboat“ fällt. Wir fahren den Fluß entlang bis wir auf das offene Meer gelangen. Allerdings scheint es dort einige Sandbänke zu geben…wir sitzen auf! Unsere zwei Bootsführer bringt allerdings gar nichts aus der Ruhe. Mit Stöckern und Brettern versuchen sie uns abzustoßen und irgendwann springt dann auch der Motor wieder an.

Auf dem Meer kommen wir an vielen kleinen Inseln vorbei, die von Angehörigen des Kuna Yala-Stammes bewohnt werden. Die Comarca Guna Yala (früherer Name: San Blas, danach Kuna Yala) ist ein Gebiet an der Nordküste Panamas am Atlantischen Ozean. Die Indigenen des Kuna-Stammes haben damals der Unterwerfung durch die Zentralregierung in blutigen Auseinandersetzungen getrotzt, die schließlich 1925 in einem Aufstand, der Dule-Revolution, gipfelte. Obwohl 1930 ein politischer Vergleich geschlossen wurde, mussten die Indigenen noch jahrzehntelang kämpfen bis schließlich das semiautonome Gebiet Kuna Yala etabliert war. Eine Kette aus etwa 365 Inseln (von denen nur etwa 50 dauerhaft bewohnt werden), die in der karibischen See vor der nördlichen Küste Panamas liegt und sich rund 180 km bis zur kolumbianischen Grenze erstreckt, bildet den Archipel San Blas. Wir erleben schnell, dass hier alles noch ein wenig anders abläuft als bei uns. Ein Einkauf z.B. geht so vonstatten, dass wir an verschiedenen Inseln kurz anlegen, man uns Eier in die Hand drückt, riesen Eisblöcke ins Boot geladen werden und die Tankstelle das Benzin einfach in Plastik-Saftflaschen zur Verfügung stellt. Dann geht es weiter zu unserem Treffpunkt mit unserem Segelboot, das uns in den nächsten Tagen nach Kolumbien bringen soll. Doch kein Segelboot ist bei unserer Ankunft in Sicht und so dümpeln wir eine ganze Zeit auf dem karibischen Meer umher. Auch unsere zwei Bootsführer schauen etwas ratlos aus der Wäsche. Wenn wir uns die letzten fünf Stunden mal Revue passieren lassen, so gebe es mindestens 10 Situationen, bei der jede einzelne eine abendfüllende Szene der Sendung „Die versteckter Kamera“ sein könnte. Alles ist so paradox, dass wir mal wieder nur darüber schmunzeln können.

Dann, am Horizont taucht endlich ein Mast auf…die Kontiki 3…unser Segelboot (eine Beneteau Oceanis 47.3)! Auf dem Boot empfängt uns unser Kapitän Yonatan (aus Kolumbien) mit seiner Crew Tiffany (aus Deutschland) und Lenny (ebenfalls aus Kolumbien). Dann nehmen die Kuriositäten weiter ihren Lauf. So müssen wir uns ja noch aus Panama ausklarieren, d.h. wir brauchen in unserem Pass einen Stempel, dass wir aus Panama ausgereist sind. Und wo macht man das hier? Auf einer kleinen Insel, auf der sich neben einer Landebahn nur drei Häuser befinden, eines davon ein Regierungsgebäude…auch stellt Ihr Euch wahrscheinlich etwas anderes unter einem Regierungsgebäude vor. Und wie macht man hier so einen Behördengang? Richtig, barfuß! Bereits auf dem Segelboot mussten wir unsere Schuhe abgeben und die bekommen wir bis Kolumbien auch nicht zurück. Hier „läuft“ wortwörtlich alles barfuß und so finden wir uns ohne Schuhe im Amt wieder…das ist ja was für mich! Nach einer halben Stunde ist der Vorgang erledigt und wir haben unsere Stempel. Aus Panama ausgereist, in Kolumbien noch nicht eingereist…die nächsten vier Tage befinden wir uns also irgendwie dazwischen.

Dann segeln wir weiter entlang der sogenannten San Blas-Inseln, bekommen von einigen Fischern „von Boot zu Boot“ frischen Hummer verkauft und ankern letztendlich zwischen zwei Inseln, die ein absolutes Karibik-Feeling versprühen. Den Nachmittag und Abend verbringen wir auf der größeren (etwa 3000 qm) Insel. Auf ihr lebt eine Familie in einer kleinen Hütte, die Bier verkauft. Wir treffen dort auch auf andere Segler, gehen schwimmen, spielen Volleyball, grillen und genießen die Atmosphäre…barfuß natürlich!

Nachts liegen Peter und ich in unserer Koje als wir von hellen Blitzen und starkem Donnern geweckt werden. Letzteres knallt in einer ohrenbetäubenen Lautstärke und lässt dabei das gesamte Boot vibrieren. Das Gewitter ist genau über uns und in diesem Ausmaß haben wir beide dieses Naturspektakel zuvor noch nicht erlebt. Im Sekundentakt wechseln sich Blitz und Donner ab und es ist beeindruckend zu spüren mit welcher Wucht die Natur zuschlägt, während wir hier machtlos in unserer kleinen Koje liegen. Dann irgendwann zieht das Gewitter glücklicherweise weiter und wir schlafen wieder ein.

Am nächsten Tag segeln wir ein Stück weiter und ankern erneut zwischen zwei der hunderten Insel…diese Mal allerdings andere als am Vortag. Hier befindet sich auch ein Riff, an dem man gut schnorcheln kann…so sagt man. In der Ferne kündigt sich bereits das nächste Gewitter an, aber Yonatan versichert uns, dass wir noch ausreichend Zeit haben und Lenny uns direkt zurück zum Boot bringt, sobald sich das Wetter verschlechtert. Alles klar! So fahren Lenny, Kieran, Jana, Peter und ich im Dingi (ein Schlauchboot, das übrigens Luft verliert und ständig nachgepumpt werden muss) zum Riff. Dann geht es mit Taucherbrille und Schnorchel gewappnet ins Wasser. Die Bedingungen sind allerdings wahrlich nicht die besten, zieht uns die Strömung doch immer wieder raus aufs Meer. Dann plötzlich schlägt das Wetter um…der Himmel ist dunkel, es stürmt, die Wellen schlagen hoch und es regnet in Strömen. Niemand außer uns ist im Wasser. Lenny versucht das Dingi zu erreichen. Als es ihm endlich gelingt und er uns schließlich einsammeln kann, springt der Motor nicht an. Der Sturm wird stärker. Dann klappt es und wir erreichen nach einiger Zeit wieder das Segelboot, wo Tiffany und Yonatan schon auf uns warten.

Im Laufe des Nachmittags beruhigt sich das Wetter wieder ein wenig, so dass wir bei Sonnenschein zu einer der beiden Inseln rüberfahren. Sie hat eine Größe, dass man sie innerhalb von 15 Minuten zu Fuß (auch barfuß natürlich) einmal umrundet hat und wieder beschleicht uns bei all den Palmen, dem weißen Sand und dem türkisfarbenen Meer das Karibik-Feeling. Hier lässt es sich definitiv aushalten!

Gegen Abend fahren wir rüber zur anderen Insel, treffen erneut andere Segler und schauen uns bei einem Bierchen und mit den Füßen im Meer den Sonnenuntergang an…der sich allerdings an diesem Abend ein wenig hinter den Wolken versteckt. Gut allerdings ist die Sicht auf ein riesiges Schiffswrack, was vor sechs Jahren auf dem Riff aufgelaufen ist und seitdem dort feststeckt. Weil es dem Besitzer zu teuer war es zu beseitigen, ist es dort geblieben…ja, so läuft das hier!

Am nächsten Tag segeln wir erneut ein Stück weiter und ankern an einer Stelle, die sich gut zum Schnorcheln eignet. Dieses Mal macht uns das Wetter auch keinen Strich durch die Rechnung und so können wir die Zeit unter der Wasseroberfläche schön genießen.

Für das Mittagessen steuern wir eine weitere der kleinen Inseln an, auf der sich eben nur dieses eine Restaurant befindet…und wir sind an diesem Mittag auch die einzigen Gäste.

Zurück auf dem Segelboot heißt es sich von den San Blas-Inseln zu verabschieden, denn nun steht die Überfahrt nach Kolumbien an. Je nach Wetterlage bedeutet das 30-50 Stunden auf dem offenen Meer, ohne Land in Sicht. Die Wettervorhersage lässt allerdings nichts Gutes erwarten, ist doch ein ordentlicher Sturm gemeldet. Schon draußen auf dem Meer merken wir schnell, dass hier wortwörtlich ein anderer Wind weht. Die Wellen werden höher, das Wasser unruhiger. Bei dieser Vorhersage hatte man uns empfohlen Tabletten gegen Seekrankheit einzunehmen. Gesagt, getan! Peter und ich besitzen beide einen Bootsführerschein und waren auch schon einige Male segeln. Glücklicherweise hat uns der Wellengang in der Magengegend noch nie etwas ausgemacht. Mal schauen, wie es bei diesen Wetterprognosen so aussehen wird?!

Gegen 2 Uhr in der Nacht werden wir wach, als wir im Bett hin und hergeschaukelt werden. Dinge fliegen umher und draußen peitscht der Wind. Unsere Luken werden zugeschlagen und wir hören, wie Yonatan, Lenny und Tiffany an Deck alle Hände voll zu tun haben, dass Boot unter Kontrolle zu bekommen. Wir fragen uns, was dort oben wohl abgehen mag, wir wissen aber, die Situation ist durchaus ernst. Da wir das Deck unter diesen Umständen nicht betreten dürfen, verharren wir in unserer Koje und sind dennoch mittendrin in diesem Geschehen, was erneut zeigt wie gewaltig die Natur sein kann und wie machtlos wir im Ernstfall sind.

Am nächsten Morgen, als der Sturm größtenteils abgeklungen ist, erfahren wir von Yonatan, dass dieser Sturm zu den drei schlimmsten in seiner 10-jährigen Karriere gehört. Die Messgeräte haben in der letzten Nacht 50 Knoten Wind angezeigt, das fällt unter die Kategorie „schwerer Sturm“, bildet auf der Beaufort-Skala eine 10 und bedeutet Windgeschwindigkeiten von 89-102 kmh. Auf offenem Meer ist das erst Recht kein Zuckerschlecken! Auf dem folgenden Bild seht Ihr unseren Streckenverlauf während des Sturms und wie unser Captain versucht hat, das Boot auf Kurs zu halten, aber vom Wind immer wieder deutlich versetzt wurde.

Auch am nächsten Tag sind Kieran und Jana magentechnisch noch ordentlich angeschlagen, Peter und mir geht es glücklicherweise noch immer gut. Wir verbringen den ganzen Tag mit der Überfahrt, noch immer ist kein Land in Sicht und nur selten zeigen sich andere Boote in weiter Ferne. Die nächste Nacht gestaltet sich ruhiger und langsam kommen wir unserem Ziel immer näher.

Um 2.15 Uhr werden Peter und ich von Yonatan geweckt und können so live miterleben, wie wir in die Bucht von Cartagena einlaufen. Alles ist still, die Lichter der Stadt leuchten und wir genießen einfach nur den Moment…da ist es…Kolumbien!

Ein neues Land…ein neuer Kontinent…ein neues Kapitel auf unserer Reise!

Jetzt fehlt nur noch Sprinti!

Reiseberichte Panama

Wie kommen wir nach Südamerika? (#055)

16. Juli 2023

– Und was ist eigentlich der Darién Gap? –

So langsam beginnen unsere Vorbereitungen für einen neuen Kontinent…Südamerika! Es ist nämlich gar nicht so einfach dorthin zu kommen. Zwar verbindet das Land Panama Nord- und Südamerika, aber es gibt keine Straße! Ja, richtig gelesen! Es gibt keine Straße, die die beiden Kontinente miteinander verbindet…wir sprechen vom Darién Gap! Die Panamericana ist im Gebiet des Darién Gap tatsächlich unterbrochen.

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Es gibt verschiedene Gründe, warum die Strecke bisher noch nicht fertiggestellt wurde, schließlich reden wir hier lediglich von 100 km Straße, die fehlen. Zum einen erfordert die Durchführung des Baus in dieser Gegend einen relativ hohen finanziellen Aufwand, da das Terrain bergig ist und zudem von zahlreichen Wasserläufen und Sumpfgebieten durchzogen wird, was viele Brücken benötigen würde. Außerdem wäre der Bau einer Straßenverbindung schädlich für die Umwelt und Naturschützer fordern, das von Regenwald bedeckte Gebiet weiterhin als Wildnis zu erhalten. Eine Straßenverbindung würde demnach dazu führen, dass mehr Regenwald abgeholzt wird. Zudem wird eine Wiedereinschleppung der dort seit Jahrzehnten ausgerotteten Maul- und Klauenseuche nach Nord- und Mittelamerika befürchtet, wenn durch eine Straßenverbindung unkontrollierte Viehtransporte möglich werden.

Auch die Bewohner des Gebiets, zum großen Teil Chocó– und Kuna-Ureinwohner, lehnen den Bau einer Straße zum Großteil ab. Sie sehen ihre traditionelle Lebensweise gefährdet und befürchten eine „kulturelle Kolonisierung“ der Gegend. Durch das Fehlen einer Landverbindung zwischen Nord- und Südamerika wurde der Golf von Urabá in der Vergangenheit allerdings zum Hotspot des Drogenhandels. Mit Flugzeugen, Schnell- und U-Booten versuchen Schmuggler die Ware zu transportieren. In dieser Gegend gibt es zwar bis heute keine Straßenverbindung, dafür aber ein weitreichendes Netz von Wegen und Pfaden. Bis 2021 durchwanderten etwa 10.000 Menschen jährlich den Darién-Urwald in Richtung Norden, im Jahr 2022 waren es aufgrund einer Flüchtlingswelle sogar bis zu 90.000 Menschen. Auf ihrer Route werden die Migranten oft von Verbrecherbanden überfallen (Raub, Vergewaltigung, Mord). Da das nicht unser Plan ist, müssen wir Sprinti wohl oder übel ein weiteres Mal verschiffen lassen…nun nach Kolumbien. Es ist schon paradox, wenn man sich überlegt, dass Sprinti nur einen Tag auf See sein wird, wir aber fast genauso viel bezahlen (viele andere Reisende zahlen teilweise doppelt oder dreimal so viel) wie bei der zweiwöchigen Verschiffung von Hamburg nach Halifax/Kanada. Aber man ist nun mal darauf angewiesen, wenn man diese Reise von Nord nach Süd weiter durchführen möchte. Also Augen zu und durch!

Bereits einige Wochen vor unserer Ankunft in Panama City haben wir uns mit der Overland Embassy in Verbindung gesetzt, die die Verschiffung und alles weitere für uns organisieren sollen. Seitdem stehen uns Alejandro, Darwin und Maria mit Rat und Tat zur Seite und machen wirklich einen tollen Job!

Anfangs haben wir uns allerdings schon gewundert, warum wir von ihnen immer nur Angebote für eine Container-Verschiffung erhalten haben, denn da passt Sprinti mit seiner Höhe von 3 Metern (Container-Einfahrthöhe 2,56 m) nun mal nicht rein. Wir müssen also vor Ort mit Alejandro sprechen. Gesagt, getan! Mit einem Augenzwinkern bittet uns Alejandro mit Sprinti vorbeizukommen…jetzt wird gemessen! Mit einem Laser auf Container-Einfahrthöhe sehen wir, da fehlt noch einiges, dass es passt. Eins ist klar, die Markise, unsere Starlink-Kiste und auch die Dachluken müssten abgeschraubt werden. Das Solarpanel ist allerdings aufgeklebt und würde sich daher nicht so einfach entfernen, geschweige denn danach auch wieder anbringen lassen. Alejandros Antwort: „Lasst mal Luft aus den Reifen!“ Auch hier…gesagt, getan! Selbst mit lediglich 0,5 bar in den Reifen, sieht es zwar schon wesentlich besser aus, aber es ist zu knapp…Sprinti ist zu hoch! Dann plötzlich fällt bei mir der Groschen…unsere Luftfederung! Als wir auch dort die Luft ablassen, dann das Ergebnis…es passt! Sprinti kann tatsächlich um Haaresbreite im Container verschifft werden!

Aber warum denn überhaupt Container, schließlich ist Sprinti über den Atlantik auch via Roll on Roll off verschifft worden?! Zum einen ist eine Verschiffung im Container wesentlich sicherer. Wir fahren Sprinti hinein, der Container wird verschlossen und verplombt, kommt aufs Schiff und wird in Kolumbien wieder abgeladen. Bei der Öffnung des Containers sind wir dann vor Ort, so dass in der Zwischenzeit niemand an oder in den Wagen kommt…was schon einmal seeeeehr viel wert ist. Bei Roll on Roll off wird der Wagen von einem Hafenmitarbeiter auf das Schiff gefahren und steht dann während der Überfahrt für jeden „frei zugänglich“ dort. Also lieber Container!

Zum anderen kostet eine Container-Verschiffung weniger als pdie Hälfte…und wir reden hier immerhin von mehreren Tausend Euro. Zudem haben wir die Möglichkeit mit einem Container-Buddy zu verschiffen, d.h. wenn man andere Reisende findet, deren Fahrzeug die richtigen Maße hat, um mit Sprinti in einen Container zu passen, dann kann man sich auch hier die Kosten teilen.

Also yippieh, dass nun Container funktioniert!

Zu der Overland Embassy gehört auch ein kleiner Stellplatz mit sanitären Anlagen. Hier campen wir eine ganze Zeit lang, um alles zu organisieren. Sprinti konnte hier auch sicher stehen, als wir zuletzt in Deutschland und Ecuador waren. Auch können wir Räumlicheiten der Overland Embassy nutzen, um dort bei angenehmer Temperatur (dank Klimaanlage!) zu recherchieren, zu organisieren und um Artikel für Euch zu schreiben…sehr angenehm und praktisch obendrein. Auf dem Stellplatz hier ist unter den Reisenden ein ständiges Kommen und Gehen. Viele verschiffen wie wir zu unterschiedlichsten Terminen nach Kolumbien, andere Verschiffen zurück nach Europa oder in die ganze Welt. So treffen wir dort auf Schweizer, Österreicher, Italiener, Franzosen, Kanadier, US-Amerikaner, Brasilianer, Argentinier und andere Deutsche und sitzen oft abends gemeinsam bei einem Bierchen zusammen. Wir tauschen uns über Erlebnisse der Reise, Erfahrungen, Vorhaben und das Leben zu Hause aus und es ist so spannend und bereichernd all diese Geschichten zu hören. Zudem kennt es jeder Reisende, dass irgendetwas am Fahrzeug nicht funktioniert und so steht man sich hier mit Rat und Tat zur Seite.

Auch einen animalischen Kompagnon gibt es hier auf dem Platz…ein Huhn! Ja richtig, ein Huhn! Irgendwelche anderen Reisenden hatten es dabei (warum auch immer man ein Huhn dabei hat?!) und konnten es nicht weiter mitnehmen. So ist es letzendlich auf diesem kleinen Platz hier geblieben. Trotz der Schottersteine und einem nicht wirklich „huhngerechten“ Ambiente scheint es sich hier sehr wohl zu fühlen und entwischt auch nicht, selbst wenn es jederzeit die Gelegenheit dazu hat. Tagsüber stakt es durch die Gegend und abends sucht es sich einen geeigneten Schlafplatz…hoch im Kurs war zuletzt die Stoßstange eines VW-Bullis, mittlerweile ist es eines der Waschbecken im Bad. Vielleicht erinnert Ihr Euch, dass wir in Mexiko das Weltwunder „Chichén Itzá“ besucht haben (s. dazu auch Artikel „Wir besuchen ein Weltwunder #043“). Wir nannten dies unter uns immer „Chicken Itzá“. Dreimal dürft Ihr nun also raten, wir unser Chicken hier heißt…Itzá 🙂 ! Dann irgendwann musste doch ein besserer Platz für das Huhn gefunden werden und so hieß es Itzá Lebewohl zu sagen.

Und neben so manch einem Fahrzeug hier sieht Sprinti übrigens ganz schön klein aus…

Neben all den Vorbereitungen für die Verschiffung nutzen wir die Zeit weiter die Gegend zu erkunden. So statten wir „Panama Viejo“, dem Teil der Stadt, in dem sie ihren Ursprung fand, einen Besuch ab. Die archäologische Stätte, die zum Weltkulturerbe gehört, entspricht dem Sitz, an dem Panama City am 15. August 1519 von Pedrarias Dávila gegründet wurde und umfasst die Ruinen von der ersten europäischen Siedlung an der amerikanischen Pazifikküste sowie die Überreste der ersten indigenen Bewohner Panamas. Als wir durch die Ruinen wandern, brennt die Sonne wieder so dermaßen, dass wir uns sehr über das klimatisierte Museum freuen. Es ist sehr interessant, mehr über die Geschichte des Landes und seiner Hauptstadt zu erfahren und so sinken wir ein in die Vergangenheit der indigenen Völker, in die Besiedlung der Spanier, die Zerstörung durch den Piratenangriff unter Henry Morgan und den anschließenden Wiederaufbau. Nach dem Besuch im Museum genießen wir den Ausblick vom alten Kirchturm auf die heutige Stadt und freuen uns über jedes kleine Lüftchen, was dort oben weht.