– Quebec, Montreal, Ottawa und ganz viel Wald –
Während ich hier sitze und den nächsten Artikel für unseren Blog schreibe, knistert vor mir das Lagerfeuer, der Wind rauscht durch die Bäume, wir haben strahlend blauen Himmel und 23 Grad, die Vögel zwitschern und um uns herum keine Menschenseele….wir sitzen irgendwo im Nirgendwo…östlich von Ottawa im Wald direkt an einem See.
Peter ist eifrig damit beschäftigt das Feuer am Laufen zu halten und geht voll in seiner Aufgabe auf, neues Holz heranzuschaffen, es passend zu zersägen (natürlich haben wir eine 1A-Klappsäge dabei und Peter ist von ihr begeistert…also von der Säge, nicht von mir) und er sorgt dafür das Holz sorgfältig auf dem Feuer zu drapieren, damit dies auch optimal abbrennt. „Denise, guck mal wie das lodert!“ Falls Ihr Euch fragt, warum wir am hellichten Tag bei so schönem Wetter schon Feuer anhaben…ganz einfach, es dient dem Fernhalten sämtlicher mückenartiger Geschöpfe, die, wie wir heute erfahren haben, im Mai/Juni ihrer Hochsaison frönen und man sagte uns, dass dieses Wochenende diesbezüglich wohl eines der schlimmsten der Saison werden wird. Wir haben uns also die richtige Zeit hier ausgesucht. Aber es soll in den nächsten Monaten besser werden, weil es den Mücken hier zu heiß werden wird. Wir spielen mit unserm Feuer quasi schon mal Sommer für die Viecher. Hier wird übrigens zwischen Black Flies, Deer Flies, Horse Flies, Stable Flies, Midges, Ticks und Mosquitos (von letzterem übrigens über 80 verschiedene Arten) unterschieden..eins haben sie aber alle gemeinsam…sie stechen oder beißen….meist übrigens mich, während Peter unversehrt bleibt und mich mit einem schelmischen Lächeln dafür belohnt. Mit Mückenspray und dem Feuer können wir sie bislang ganz gut in Schacht halten…so feiert unser Insektennetz am Sprinti nun auch seine Premiere.
Aber hey, haben wir uns das nicht selber ausgesucht? Ja, das haben wir!
Nachdem wir weiter durch New Brunswick gefahren waren, haben wir die Provinz und auch die Stadt Quebec erreicht. Die Stadt Quebec ist die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz und liegt am Nordufer des Sankt-Lorenz-Stroms. Gegründet wurde sie bereits 1608 und hat mittlerweile rund 549.000 Einwohner, womit sie zur elftgrößten Stadt Kanadas gehört. Da 93,8% der Bevölkerung französischsprachig sind, krame ich mein Schulfranzösisch heraus, aber das ist und bleibt leider miserabel. Wir wundern uns, wie viele Menschen dort, in einem eigentlich englischsprachigen Land, kein Wort Englisch können. Wir erwischen einen schönen Campingplatz nahe der Stadt (und trotzdem in einem Wald gelegen) und nutzen vor Ort die Wasch- und Duschgelegenheiten wohlwollend. Auch WLAN ist mal wieder schön, leider ist dies nur vorne an der Rezeption zu haben. Als wir ankommen regnet es, am Folgetag ist es trocken und langsam zeigt sich auch die Sonne wieder. Perfektes Timing für einen Besuch in der Stadt.
Kleine Info am Rande: Peter ist gerade wieder im Wald verschwunden auf der Suche nach neuem Feuerholz, während ich hier das Feuer hüten soll…also mache ich jetzt hier einen auf Multitasking. Hatte ich erwähnt, dass es auch in dieser Gegend wieder Bären, Koyoten und Luchse gibt? Ah, da kommt Peter wieder…wo hat er denn den kompletten Baum nun wieder her? Er strahlt wie ein Honigkuchenpferd und ich glaube, unser Feuer ist auch die nächsten Tage noch gesichert.
Jetzt aber mal weiter im Text:
Quebec ist ein sehr schönes Städtchen mit vielen alten Gebäuden. Das historische Viertel der Altstadt gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und dessen umgebene Befestigungsanlagen machen die Stadt Quebec zur einzig befestigten Stadt in Amerika nördlich von Mexiko.
Am Folgetag fahren wir weiter Richtung Südwesten. Wir sehen Präriehunde, Schildkröten, viele Greifvögel, Pfauen und auch unseren zweiten Schwarzbären. Dann erreichen wir Montreal. Montreal ist mit rund 2 Mio. Einwohnern (nur im Stadtgebiet) die zweitgrößte Stadt der Welt, nach Paris, in der Französisch als Muttersprache gesprochen wird…Peter, das ist „unsere“ Stadt :)! Der Name Montreal leitet sich vom Mont Royal ab, einem 233 Meter hohen Hügelzug vulkanischen Ursprungs im Zentrum der Insel. Insel deshalb, weil die Stadt vom Sankt-Lorenz-Strom und den Mündungsarmen des Flusses Ottawa umschlossen wird. Auch hier fahren wir wieder auf einen Campingplatz, um näher an die Stadt heranzukommen und somit einen besseren Ausgangspunkt für unsere morgige Besichtigungstour zu haben. Das Wort „näher“ ist relativ. Die Dame an der Rezeption schaut mich mit großen Augen an, als ich sie frage, wie man nun am besten ins City Center kommt. Sie fragt mich glatt, welche City ich denn meine. Unser Plan war eigentlich, wie auch schon in Quebec, Sprinti am Campingplatz stehen zu lassen und mit einem Taxi, einem Uber oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln in die Stadt hineinzufahren. Hier in Montreal waren die Dimensionen nun so enorm, dass ein Uber zur ersten Metrostation pro Fahrt 70CAD (ca. 52€) gekostet hätte. Stundenlang recherchieren wir und überlegen hin und her, wie wir es nun machen können. Ende vom Lied, wir sind am Folgetag (nach einem Regentag nun wieder das passende Wetter und strahlender Sonnenschein) mit Sprinti in die Stadt auf den Mont Royal gefahren und haben da die Aussicht über die Stadt genossen.
Anschließend sind wir mit Sprinti auf einen zentrumsnahen Walmart-Parkplatz (nur da darf man mit einem „großen“ Fahrzeug stehen) gefahren, haben Sicherheitsvorkehrungen, die wir am und im Sprinter treffen konnten, getroffen und sind dann mit der Metro in die Stadt gefahren. Und ich muss sagen, dass war auch der optimalste Weg für uns. Wir hatten erst ein mulmiges Gefühl, den Sprinter dort so stehen zu lassen, aber ich denke, da wird es noch ganz andere Orte geben, an denen wir Sprinti mal zurücklassen müssen. Aber man muss ja auch erstmal ein Gefühl für solche Situation bekommen.
Montreal ist eine richtige Großstadt, hat aber auch irgendwie seinen Charme. In einer urigen Lokalität essen wir draußen bei Sonnenschein eine Poutine (kanadisches Nationalgericht) und ein Philly Cheese Steak Sandwich (angeblich das beste „in town“)….ich muss aber gestehen, das Original in Philadelphia vor ein paar Jahren hat noch besser geschmeckt. Auf diesem Wege liebe Grüße an meine Eltern, die damals mit uns dort waren.
Am nächsten Tag ist wieder Regen angesagt, das heißt für uns „Fahrtag“. Nach zwei Großstädten sehnen wir uns nach Natur und Abgeschiedenheit. Daher und aufgrund des schlechten Wetters, erleben wir die Hauptstadt Kanadas „Ottawa“ nur in dem wir durch sie hindurch fahren und einen kurzen Stop am Parlamentsgebäude einlegen. Ottawa liegt im östlichen Teil der Provinz Ontario (für uns nun Provinz Nr. 5) und am Fluss Ottawa, was in der Sprache der Algokin (einem Stamm der nordamerikanischen Ureinwohner und somit auch den First Nations zugehörig) „Händler“ bedeutet. Ottawa selbst zählt rund 935.000 Einwohner und ist damit die sechstgrößte Stadt Kanadas. Die Bevölkerung ist zu 63% englisch- und zu 15% französischsprachig (Yippieh!!!!).
Am 31.12.1857 wurde Königin Victoria aufgefordert eine Hauptstadt für die Provinz Kanada auszuwählen. Es ranken sich mehrere Legenden, warum es ausgerechnet Ottawa geworden ist. So soll die Königin ihre Hutnadel auf einer Landkarte etwa zur Hälfte zwischen die Städte Toronto und Montreal gesteckt haben, der nächste Ort sei Ottawa gewesen. Tatsächlich dürfte die Wahl auf die Stadt gefallen sein, weil Ottawa zum einen an der Sprachgrenze lag und im Gegensatz zum nahe an den USA gelegenen Toronto (und somit im Kriegsfall leichter angreifbar), mehr im Hinterland angesiedelt war.
Da die Stadt angeblich an Sehenswürdigkeiten nicht all zu viel zu bieten hat und es ununterbrochen regnet, heißt unser kurzer Stop in Ottawa nur, dass ich an den Parlamentsgebäuden eben aussteige, Peter mit dem Sprinter schaut, wo er keine zu große Straßenblockade bildet und ich wieder in den Wagen hereinspringe, nachdem ich fix ein paar Fotos geschossen habe…die aber ganz ehrlich bei diesen Wetterverhältnissen, aus diesem Winkel und dann auch noch mit Baugerüst (wie auch schon in Quebec und Montreal wird auch hier an alles Ecken gebaut) nur wenig Sinn machen. Aber wenn Frau sich mal was in den Kopf gesetzt hat.
Und somit sind wir weitergefahren, weiter Richtung Westen…weg von der Stadt, rein in die Natur. Und hier sind wir nun, im Wald an unserm Feuer. Hier die aktuelle Brandlage:
O-Ton Peter: „Das ist ne feine Sache, wie das hier brennt!“ Kurz darauf folgt dann: „Denise, ich glaube, wir haben zu wenig Feuerholz!“ Und schon wird weitergesägt….ich bin ja nur froh, dass er nur bereits umgestürzte Bäume nimmt und hier nicht noch einen Kahlschlag veranstaltet und wir für die Abholzung von Kanadas Wäldern verantwortlich gemacht werden können. Schließlich sind wir hier jetzt „best friends“ mit den Rangern, nachdem wir eben schon einen 120l Müllsack voll Müll hier im Wald gesammelt und ihnen mitgegeben haben. Leider wissen einige Leute, die sich hier aufhalten, die Natur nicht zu schätzen. So haben wir dem Wald etwas Gutes getan und dürfen nun hier stehen. Die Ranger haben nämlich ihr Schild, dass man hier nicht campen darf, nun HINTER unserem Plätzchen aufgestellt. Heute ist Freitag und am Montag ist Feiertag in Kanada („Victoria Day“ – zu Ehren von Königin Victoria), d.h. viele Kanadier nutzen nun das lange Wochenende, um in die Natur zu fahren. Boote, Kanus, Camper, Squads…alles wird gepackt und los geht’s! Umso mehr genießen wir es nun hier alleine zu stehen.
Also macht’s gut Ihr Lieben und genießt die Natur!
P.S. Feuer brennt, Peter happy…und Denise auch!