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Nordwesten

Reiseberichte USA

Wir erreichen den Nordwesten der USA (#019)

18. September 2022

– Washington State, Oregon und Nordkalifornien –

Nachdem Alaska hinter uns liegt, heißt es für uns nun: „Hallo, ihr 49 weiteren Staaten der USA!“ Wir werden sehen, wie viele wir davon bereisen werden. Die Vereinigten Staaten von Amerika sind sowohl flächenmäßig als auch von der Einwohnerzahl der drittgrößte Staat der Erde. Ihre Ausdehnung von 9,83 Millionen Quadratkilometern wird nur von Russland und Kanada und ihre Bevölkerung von 331,4 Millionen Einwohnern lediglich von China und Indien übertroffen.

Wir überschreiten die Grenze von Kanada in die USA südlich von Vancouver am Peace Arch und das ist schon mal ein anderes Kaliber als unsere bisherigen Grenzübertritte zwischen Kanada und Alaska (s. dazu auch Reisebericht „Alaska…Teil 1 #016“). Wir stehen sage und schreibe 2,5 Stunden in der Warteschlange und das, obwohl es in dieser Gegend dutzende weitere Grenzübergänge gibt. Wir hoffen ja noch, dass wir einen erneuten „frischen“ Einreisestempel für die USA bekommen, da somit unser 90 Tage-Visum wieder neu starten würde und unsere Zeit in Alaska und die Rückreise über Kanada, dann nicht mitgezählt werden würden. Dieses Prozedere hängt nämlich vom jeweiligen Grenzbeamten ab. Unser werter Herr war an diesem Tag (wahrscheinlich auch sonst nicht) so gar nicht zu Scherzen aufgelegt und schaute uns nur mit einer versteinerten Miene an. Nach ein paar strengen Fragen und einer Nummernschildkontrolle (er hat da irgendetwas in seinem Schnellhefter nachgeschlagen), riss er ohne ein Wort unsere Schiebetür auf und warf einen Blick ins Innere von Sprinti. Dann bekamen wir glücklicherweise unsere Pässe zurück (leider ohne neuen Stempel) und durften die Grenze passieren. Viele wurden zur weiteren Fahrzeugkontrolle zu einem benachbarten Parkplatz gebeten. Das blühte uns zum Glück nicht.

Also hier sind wir…Washington State!

Wir kaufen ein (man weiß ja zuvor nie genau, welche Lebensmittel man mit über die Grenze nehmen darf), besorgen für Peter eine US-amerikanische SIM-Karte und machen uns auf nach Fidalgo Island, einer Halbinsel nördlich von Seattle. Dort relaxen wir erstmal auf einem Campingplatz mitten im Wald. Das Wetter ist schön, auch wenn wir durch die Bäume nicht all zu viel Sonne abbekommen (hätte man sich auch vorher denken können!). Nachts kommen wir wieder auf 8 Grad…das kann ja wohl nicht wahr sein! In Deutschland herrscht sein Wochen Hitzewelle und wir hatten hier tatsächlich noch gar keinen richtigen Sommer!

Nach ein paar Tagen benötige auch ich eine neue SIM-Karte für die USA. Es ist ein Sonntag, als wir in den Ort Anacortes fahren und den Verizon-Shop (Internet-Anbieter in den USA) aufsuchen. Laut unserer Recherche hat der Laden auch sonntags geöffnet. Von außen ist allerdings alles dunkel und der Shop sieht eindeutig geschlossen aus. Umso mehr wundern wir uns, als sich die Eingangstür öffnen lässt. Auch drinnen sind alle Lampen und Werbebanner ausgeschaltet, keine Handys oder elektrischen Geräte liegen in der Auslage, alle PC bzw. Laptops sind von den Tischen verschwunden, alle Kabel hängen daneben. Eine hintere Tür ist geöffnet, dort brennt Licht…aber nirgends eine Menschenseele. Auf unser Rufen hin erhalten wir keine Antwort. Dann kommt ein weiterer Kunde und wundert sich ebenfalls über das, was er hier vorfindet. Daraufhin folgt eine nächste Kundin, die ganz aufgebracht den Laden betritt. Sie war nach ihren Angaben zuvor schon einmal hier gewesen und als ihr die Situation auch merkwürdig vorgekommen war, hatte sie die Polizei gerufen. Dann fällt ihr auf, dass die hintere Tür offen steht, die sei zuvor angeblich verschlossen gewesen. Langsam wird es auch mir ein wenig unheimlich, Peter ist mal wieder die Ruhe selbst. Dann erscheint der erste Polizist („Officer Faber“) im Laden, dicht gefolgt von Cop Nr. 2 (keine Ahnung wie der hieß). Wir schildern beiden die Situation und so gehen sie mit Hand an der Waffe zu der besagten offenen Tür, hin zu dem Raum, in dem Licht brannte. Auch sie rufen und erhalten keine Antwort. Peter und ich haben schon Bedenken, dass da hinten jemand liegen könnte und auch die aufgebrachte Frau wird immer nervöser. Sie schaut mich an und sagt mit halberstickter Stimme: „It’s like a movie!“ Ich komme mir auch schon vor wie bei „CSI sonstwas“. Dann kommen die beiden Officer zurück in den Verkaufsraum und geben Entwarnung, dass sich im hinteren Bereich keine Person, ob tot oder lebendig, aufhalten würde. Man bittet uns zu gehen, sie würden sich mit dem Management des Ladens in Verbindung setzen. Und so verlassen wir den Laden, ohne SIM-Karte und vor allem ohne zu wissen wie die Geschichte ausgegangen ist. Als wir einige Tage später wieder an dem Verizon-Shop vorbei fahren, ist noch immer alles dunkel und kein Verkäufer zu sehen. Wir sind dann übrigens noch zu drei weiteren Verizon-Läden gefahren, nur um dann gesagt zu bekommen, dass dieser Anbieter mein deutsches Handy nicht unterstützt und es somit nicht funktioniert…ja super! Also hallo T-Mobile!

Dann machen wir uns auf nach Seattle, nicht ohne zuvor an einem der riesigen amerikanischen Outlet-Malls vorbeizufahren und sich kleidungstechnisch wieder ein wenig einzudecken. Wir hatten unsere Hosen schon etliche Male mit der Hand flicken müssen…jetzt wurde es Zeit!

Seattle ist mit rund 737.000 Einwohnern (4.018.000 Einwohner in der Metropolregion) die größte Stadt im Nordwesten der Vereinigten Staaten. Der Hafen von Seattle ist ein bedeutender Knotenpunkt für den Handel mit Asien, Alaska und Hawaii. Die wichtigsten ansässigen Industrien sind die Luft- und Raumfahrt (Boeing), Eisen- und Stahlindustrie sowie die Holzverarbeitung. Als bauliches Wahrzeichen von Seattle gilt der für die Weltausstellung 1962 errichtete Turm „Space Needle“. Die Stadt wurde benannt nach Noah Sealth, Häuptling der Duwamish und Suquamish, besser bekannt unter dem Namen Häuptling Seattle. Seattle ist wirklich eine schöne Stadt mit einer entspannten Atmosphäre…das scheinen Städte am Meer so an sich zu haben. Schließtlich wurde Seattle schon mehrfach zur „lebenswertesten Stadt“ der USA gewählt. Auch wenn wir beide keine großen Kaffeetrinker sind (ich eigentlich gar nicht), besuchen wir den weltweit allerersten Starbucks (für mich gab es dann eine heiße Schokolade) und schlendern dann weiter über den Pike Place Market, der 1907 eröffnet wurde und somit einer der ältesten und ohne Unterbrechung betriebenen Märkte der Vereinigten Staaten ist. Natürlich machen wir auch einen Abstecher zum Space Needle und schauen uns Seattle mal von oben an. Den restlichen Tag schlendern wir durch Cafès und Geschäfte und lassen uns von der Stadt treiben bis wir am Abend ziemlich kaputt zu Sprinti zurückkehren…der übrigens recht zentral am Zoo auf uns wartet. Hier konnten wir auch ganz unkompliziert übernachten. Sehr praktisch!

Am nächsten Tag machen wir einen Abstecher ins Landesinnere. Wir fahren entlang der Columbia River Gorge, einer Felsschlucht, die in weiten Teilen die Grenze zwischen den Bundesstaaten Washington und Oregon bildet. Wir erreichen eine Gegend, in der sehr viel Obst angebaut wird und schließlich verändert sich die Landschaft auf dieser Strecke erneut und wird immer wüstenähnlicher. Die Temperaturen schnellen in die Höhe. Plötzlich zeigt das Thermometer 45,2 Grad Celsius…draußen…im Schatten! Also in Sachen Temperatur können wir echt nur die extremen Varianten! Da Sprinti keine Klimaanlage besitzt, haben wir vorne extra weitere Ventilatoren eingebaut, aber die pusten auch nur noch heiße Luft aus und wir schwitzen was das Zeug hält…an diesen Temperaturunterschied muss man sich ja auch erstmal gewöhnen! Aber wir wollten Sonne…bitteschön, da haben wir den Salat! Wir treffen die Entscheidung: Wir wollen an die Küste und ins Meer springen. Vorher überschreiten wir aber noch die Grenze nach Oregon, halten an einem Kriegerdenkmal, das in Anlehnung an Stonehenge gebaut wurde, fahren vorbei an Portland und genießen einen leicht abgekühlten Abend auf einem Berg mit toller Aussicht.

Am nächsten Tag erreichen wir dann endlich die Küste…allerdings wird aus dem „ins Meer springen“ nichts…wir haben 17 Grad Lufttemperatur und es ist diesig…läuft bei uns, würde ich sagen! Also werden die Badesachen wieder weggepackt und wir fahren weiter die Küste entlang Richtung Süden. Zuerst kommen wir zufällig bei „Tillamook“ vorbei, einer sehr bekannten (zumindest in den USA und in Kanada) Molkerei (da müssen wir natürlich anhalten :)), die sich auf die Herstellung von Käse und Eis spezialisiert hat. Und wie weitere 1,3 Mio. Besucher pro Jahr, schauen auch wir bei der Käseproduktion zu und gönnen uns ein dickes Eis…lecker! Dann geht es weiter südlich entlang des Highways 101, der sich am Meer entlangschlängelt und uns traumhafte Landschaften offenbart. Einen treuen Begleiter haben wir…Nebel. Aber immer wieder lugt die Sonne hervor bescherrt uns eine wunderschöne Kulisse.

Dann überqueren wir die Grenze nach Kalifornien und wechseln vom Highway 101 auf den Highway 1, der sich bis nach San Diego erstreckt und zu den schönsten Straßen der Welt gehört. Vor 5 Jahren sind wir diesen Highway bereits von San Francisco bis nach Los Angeles gefahren und konnten die Schönheit bei blauem Himmel genießen. Daher ist es auch nicht so tragisch, dass dieses Mal der Nebel wieder mit von der Partie ist. Wir übernachten unter anderem auch auf einem Campingplatz in Mendocino, was Peter und mir tagelang den Ohrwurm des gleichnamigen Liedes von Michael Holm bescherrt…ich bin gespannt, wer von Euch nun auch dieses Lied im Kopf hat und es unter Umständen auch nur schwer wieder los wird :).

Als nächstes erreichen wir den Redwood-Nationalpark, in dem hunderte Redwoods, sogenannte Mammutbäume, beheimatet sind. Der Küstenmammutbaum z.B. ist der Staatsbaum (was es alles gibt?!) des Staates Kalifornien und zu seiner Art gehören die höchsten lebenden Bäume der Welt. Im Redwood-Nationalpark befindet sich auch das höchste bekannte, lebende Exemplar mit einer Stammlänge von 115,85 m, der „Hyperion“, womit er der höchste bekannte Baum der Welt ist. Der Küstenmammutbaum ist generell wenig anfällig für Krankheiten. Insekten spielen mit Ausnahme der Borkenkäfer keine Rolle. Wapitis können starke Verbissschäden verursachen, Schwarzbären schälen die Rinde von jungen Bäumen, wohl um an den Phloemsaft zu gelangen. Unter den abiotischen Einflüssen (Umweltfaktoren, an denen Lebewesen nicht erkennbar beteiligt sind) ist das Feuer von großer Bedeutung. Jungbestände sind wegen ihrer dünnen Rinde besonders empfindlich, regenerieren sich jedoch über Wurzelbrut. Erwachsene Exemplare sind aufgrund ihrer dicken Rinde und des sehr hoch liegenden Astansatzes recht unempfindlich gegenüber Bränden. Vor dem Eingreifen des Menschen gab es in den Küstenmammutbaum-Wäldern alle 20 bis 50 Jahre Feuer, die auch die Konkurrenz der Mammutbäume durch andere Bäume verringerten. Deshalb werden sie zu den Pyrophyten gezählt, die durch Feuer gefördert werden.

Redwood ist eines der wertvollsten und dauerhaftesten Nutzhölzer auf dem Weltmarkt. Obwohl die Baumbestände rasch abnehmen, wird die Art weiter genutzt. Die kommerzielle Nutzung setzte bereits um 1850 ein und schon ab den 1860er Jahren wurden die Redwood-Wälder großflächig gefällt. Das Holz wurde vor allem für Häuser, aber auch für Eisenbahnschwellen, Schiffsplanken und im Bergbau verwendet. Bis zu den 1960er Jahren wurden rund 90 Prozent der Bestände abgeholzt, auch danach ging die Nutzung weiter. Knapp 10 Prozent des ursprünglichen Areals der Art steht heute unter Schutz. Nur rund drei Prozent der heutigen Fläche sind noch Urwald. Aufgrund dieser geringen Fläche an Urwald, werden auch Aufforstungsflächen vermehrt unter Schutz gestellt, um den Bestand der Art zu sichern. Die nicht unter Schutz stehenden Wälder werden nach wie vor kommerziell genutzt. Einer der wichtigsten Parks zum Schutz dieser einzigartigen Bäume ist der Redwood-Nationalpark, der 1968 gegründet wurde und rund 50 Prozent des gesamten verbliebenen Bestandes innehat. Neben diesem Park besuchen wir auch den „Trees of Mystery“-Park, der sich ebenfalls dem Schutz dieser Bäume widmet. Es ist beeindruckend wie klein die Welt plötzlich wird, wenn man neben solchen Bäumen steht. Auch entdecken wir ein Exemplar, dass über 1500 Jahre alt ist…da fühlt man sich nicht nur klein, sondern auch verdammt jung :). Und wieder staunen wir, welche Schätze die Natur alles so hervorbringt.

Und dann machen wir uns auf nach San Francisco…