– Gestrandet in South Dakota –
Nachdem wir uns zuletzt viel mit der amerikanischen Geschichte im 19. Jahrhundert auseinandergesetzt haben (s. dazu Artikel „Der Wilde Westen #022“), steht uns nun der Sinn nach Natur. Wir wollen zum Badlands Nationalpark. Dafür machen wir uns weiter auf Richtung Westen, um South Dakota letztentlich von West nach Ost zu durchqueren…das ist zumindest der Plan! Doch kurz hinter Rapid City und noch vor den Badlands dann das…
Nach einigem Hin und Her ist Sprinti dann abschleppbereit…die bauen hier tatsächlich vor dem Abschleppen die Kurbelwelle aus. Peter und mir war das aus Deutschland nicht bekannt, aber vielleicht täuschen wir uns da ja auch. Wir haben auf jeden Fall nicht schlecht geschaut, als plötzlich auch noch dieses Rohr unterm Wagen lag. Dann ging’s los. Weil der Abschlepper nur ein Zweisitzer war, mussten wir vorne ein wenig „improvisieren“ und ich hab ja nur darauf gewartet, dass Officer Brown nun Theater bezüglich unserer Sitzordnung macht…aber das hat ihn mal so gar nicht interessiert. Also auf zur Werkstatt…eine, die sich angeblich mit Sprintern auskennen soll…davon gibt es hier nicht sooo viele und zu weit entfernt sein sollte sie auch nicht…da bleibt also nur noch genau EINE…schließlich sind wir hier im Land der amerikanischen Autos.
Nach einer Viertelstunde und um 280 Dollar ärmer erreichen wir dann die besagte Werkstatt. Vielleicht ist Euch aufgefallen, welche Prognose ich im Video aufstelle, was Sprintis Problem angeht…und tatsächlich liege ich richtig, es ist die Einspritzpumpe! Vielleicht sollte ich eine Karriere als Orakel starten…oder vielleicht doch als KFZi :)?
Dann ergibt sich vor Ort aber folgendes Problem: Auf dem ganzen nordamerikanischen Markt ist angeblich keine Mercedes-Einspritzpumpe für einen Sprinter (Benziner) zu bekommen. Mercedes hätte Lieferschwierigkeiten und sie würden auf manche Ersatzteile schon 5 Monate warten…so sagte man uns. Und nun? Die Zeit haben wir ja definitiv nicht! Aber ohne Pumpe bewegt sich Sprinti halt auch keinen Zentimeter. Wir überlegen hin und her. Aufgrund der Zeitverschiebung können wir auch keine Mercedes-Werkstatt in Deutschland erreichen. Am nächsten Tag gibt es ebenfalls keine besseren Nachrichten. Dann entscheiden wir uns John, den KFZ-Meister, der uns in San Francisco mit neuen Bremsen weitergeholfen hat, anzurufen. Und John ist unsere Rettung! Er setzt alle Hebel in Bewegung und besorgt uns eine neue Pumpe…zwar keine original Mercedes, aber besser als nichts! Er lässt sie via Express („katsching“…weitere 150 Dollar für den Express-Versand) nach South Dakota schicken und zwei Tage später ist sie da…an einem Freitag. Da die Werkstatt uns leider nicht dazwischenschieben kann, bedeutet das für uns…wir warten bis Montag. Wenn Ihr Euch fragt, wo und wie wir warten…fünf Tage lang stehen wir auf dem Parkplatz der Werkstatt und wohnen weiterhin in Sprinti. Die Werkstatt liegt „schön ruhig“ (haha!) an einem Autobahnkreuz…und nein, in Amerika haben viele LKWs weder Schalldämpfer noch gibt es einen TÜV oder Regelungen zur Lautstärke von Fahrzeugen. Noch dazu ist der Parkplatz etwas abschüssig, so dass man auch nachts von einer „guten“ Durchblutung im Kopfbereich sprechen kann…auf die ausgleichenden Böcke kommen wir ja derzeit nicht drauf. Auch wenn hier andere Campingfahrzeuge, Busse oder LKWs stehen (dagegen sieht Sprinti teilweise echt mini aus), sind wir die Einzigen, die dort übernachten. Dies sehen wir aber durchaus positiv, weil ansonsten an diversen Wohnmobilen oder Trucks wahrscheinlich wieder Tag und Nacht Generatoren laufen würden, die benutzen die Amerikaner nämlich für ihre Klimaanlagen und die rauben einem auch gerne mal den Schlaf. Schnell bekommen wir mit, dass sich auch Züge in unmittelbarer Umgebung gerne mal durch lautes „Tuten“ bemerkbar machen. Als sich am ersten Tag auch noch ein Viehtransporter satte 16 Stunden genau hinter uns stellt (und wir kommen mit Sprinti ja nicht weg), können wir nur noch laut lachen. Ich muss dazusagen, es sind über 30 Grad…und so schlafen wir abends mit laufenden Ventilatoren ein, die uns die frische Landluft direkt ins Gesicht pusten. Läuft bei uns!
Die folgenden Tage machen wir einfach das Beste aus der Situation…Strom haben wir durch unser Solarpanel genug und Wasser stellt man uns zur Verfügung. Dafür schleppen sie Sprinti mit dem Gabelstapler zum Wasserhahn und wir können so den Tank auffüllen. Da der Parkplatz etwas abschüssig ist, lassen sie Sprinti anschließend den Weg (ca. 50 m) in die Parklücke einfach zurückrollen…wir sind arg verwundert über diese Vorgehensweise, aber es hat ja funktioniert. Der Werkstatt-Shuttle fährt uns dann nach ein paar Tagen (es wird auch Zeit) zu einer Dusche an einer Trucker-Raststätte, ein Lieferdienst bringt uns Lebensmittel aus dem Supermarkt, wir erledigen ein paar Dinge an Sprinti, planen weiter unsere Reise (und da gibt es viiieeel zu planen), machen Sport (jetzt muss halt der Parkplatz herhalten…ich hoffe, die haben keine Kameras, sonst dient mein Gezappel nachher noch der allgemeinen Belustigung von Rapid City), schreiben Artikel was das Zeug hält und haben einfach mal ein wenig Zeit um nichts zu tun…die Umgebung könnte dafür natürlich durchaus schöner sein. Dann endlich ist es Montag und Sprinti bekommt eine neue Pumpe. Nach drei Stunden des Wartens in der Lounge der Werkstatt (rein zufällig läuft im TV gerade eine gewisse Jahrhundertbeerdigung aus England, mit der man sich die Zeit ganz gut vertreiben kann), ist Sprinti fertig und es kann nach fünf Tagen endlich für uns weitergehen…yippieh!
Sprinti läuft einwandfrei und so können wir nun endlich in die Badlands. Der Badlands-Nationalpark liegt im Südwesten South Dakotas. Er besteht aus einem als „Badlands“ bezeichneten Typ von Erosionslandschaft, der für Landwirtschaft ungeeignet schien, daher der Name „Badlands“ – schlechtes Land. Neben dieser durch Erosion geprägten Landschaft gehört auch die größte geschützte Gras-Prärie zum Nationalpark. Im Park gibt es auch reiche Fundstätten an Fossilien, wie etwa von prähistorischen Pferden, Schafen, Nashörnern oder Schweinen. Dazu gehören 11.000 Jahre alte Funde menschlicher Zivilisation. Der Film „Der mit dem Wolf tanzt“ mit Kevin Costner in der Hauptrolle wurde 1990 zu großen Teilen im Nationalpark und dessen Umgebung gedreht.
Das wollen wir uns dann doch mal näher anschauen…
Abends finden wir einen abgelegenen Stellplatz, weit weg von Autobahnkreuzen, Viehtransportern oder irgendeiner Menschenseele. Nachts kündigt sich mal wieder ein schöner Sternenhimmel an…den hatten wir ja auch schon ewig nicht mehr (s. dazu Artikel „Von der Prärie bis in die Rocky Mountains #007“). Wir entscheiden uns allerdings im Wagen zu bleiben und zwar mit geschlossenen Fenstern, weil es dort neben Mücken auch giftige Spinnen und Klapperschlangen gibt…also dieses Mal lieber keine Sterne gucken.
Am nächsten Tag geht es weiter, denn aufgrund unserer Tage in der Werkstatt, müssen wir nun einige Kilometer wieder aufholen. Wir erreichen wieder einmal eine andere Zeitzone und liegen ab jetzt „nur“ noch 7 Stunden hinter Deutschland. Wir haben South Dakota dann schon fast komplett durchquert, als plötzlich das passiert…
Es waren übrigens, nicht wie ich im Video behaupte 300 km, sondern 560 km, die wir bereits mit der neuen Pumpe gefahren sind. Aber wir müssen ja sagen, in beiden Fällen haben wir Glück im Unglück, da Sprinti immer in der Nähe von großen Städten liegengeblieben ist. Beim ersten Mal kurz hinter Rapid City (zweitgrößte Stadt in South Dakota), jetzt vor Sioux Falls (größte Stadt South Dakotas)…so viele andere große Städte gibt es hier ja auch nicht. So konnten wir zum einen überhaupt abgeschleppt werden, zum anderen gab es für uns wenigstens eine Anlaufstelle in Sachen Sprinter. Nicht auszudenken, wir wären von unserem Stellplatz der letzten Nacht nicht weggekommen…dort gab es ja noch nicht mal Handyempfang, d.h. wir hätten dort auch niemanden erreichen können. Häuser gab es dort auch nicht. Also dann schon besser so! Dieses Mal werden wir auch zu einer Mercedes-Werkstatt abgeschleppt (das Abschleppen kostet nun trotz doppelter Strecke übrigens nur die Hälfte) und dort kümmert man sich wirklich super um uns.
Der nette Herr am Empfang heißt Troy und macht alles möglich, damit es uns gut geht und schnell eine Lösung gefunden wird. Wir werden bei der Fehleranalyse dazwischengeschoben, er besorgt uns eine Original Mercedes Pumpe (ja, das Problem scheint wieder dort zu liegen), wir dürfen ebenfalls wieder im Wagen übernachten und bekommen für die gesamte Zeit einen Ersatzwagen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Apropos „im Wagen übernachten“…auch diese Werkstatt möchte den zentralen Standort nutzen, schließlich ist eine gute Lage ja alles. Vielleicht könnt Ihr es schon erraten, wir sind wieder an einem Autobahnkreuz…so direkt dran! Noch dazu stehen wir unter einem riesigen Werbeschild, dass gerne ein Generator geworden wäre und die ganze Zeit ein surrendes Geräusch von sich gibt…Tag und Nacht. Ach, ich vergaß den 8 Kilometer entfernten Flughafen, in dessen Einflugschneise wir liegen, zu erwähnen. Auch Bahngleise sind wieder einmal mit von der Partie. Wir kommen uns echt vor, wie bei der versteckten Kamera und nehmen es mit Humor.
Mit dem Mietwagen können wir glücklicherweise unsere Einkäufe erledigen und erkunden ein wenig die Stadt Sioux Falls.
Nach zwei Tagen und doch schneller als gedacht, ist Sprinti dann wieder startklar. Ich muss hier jetzt mal ein Lob an Mercedes aussprechen…die Mitarbeiter waren freundlich und kompetent, im Gegensatz zu der anderen Werkstatt konnten sie Ersatzteile innerhalb von 1,5 Tagen besorgen, man hat uns mit dem Einbau nicht warten lassen, wir haben einen kostenlosen Mietwagen zur Verfügung gestellt bekommen, den wir anschließend auch nicht volltanken mussten, nach zwei Tagen war alles erledigt und wir haben nur die Hälfte vom letzten Mal bezahlt.
Dann konnte es für uns also wieder weitergehen. Anfangs hatten wir durchaus Bedenken, ob das Problem evtl. erneut auftaucht und haben uns somit nur in größeren Orten aufgehalten, sind keine Landstraßen gefahren und haben immer versucht uns in Gegenden mit Handyempfang herumzutreiben. Nach nun weiteren 2500 km, die wir mittlerweile zurückgelegt haben, können wir sagen;“Toi toi toi, Sprinti läuft einwandfrei!“
Wir erreichen Minnesota, denn wir haben ein besonderes Ziel…New Ulm…die deutscheste Stadt in Amerika. Die meisten Einwohner dort sind deutscher Abstammung (65,7 %), gefolgt von Norwegern (11,8 %), Iren (5,6 %), Schweden (5,0 %), amerikanischen Ureinwohnern (3,8 %) und Engländern (3,1 %). Man sagt der Stadt nach, dass dort (typisch deutsch) alles sauber und geordnet ist und wir können bestätigen, die Vorgärten sind ordentlich und der Rasen ist gemäht.
New Ulm wurde 1854 von zwei deutschen Einwanderern gegründet…Frederick Beinhorn und Wilhelm Pfänder, der aus Württemberg stammte und in Heilbronn und Ulm lebte, wo er sich als Turner engagierte. 1846 gründete er mit anderen auch die TSG Ulm 1846. So brachte er auch Mitgliedern der „Turner Colonization Society of Cincinnati“ mit, um die Stadt New Ulm aufzubauen. Die „Turner Hall“ (Turnhalle) von damals gibt es auch heute noch. Dort finden Aufführungen statt, werden Hochzeiten gefeiert und sie beherbergt eben auch ein typisch deutsches Restaurant samt ältester Bar Minnesotas. Und so finden Peter und ich uns dort wieder mit einem echten deutschen Schnitzel und einem Original-Oktoberfestbier. Und ich muss sagen, so nach fünf Monaten unterwegs schmeckte das aber mal so richtig lecker!
Der eigentliche Grund warum wir nach New Ulm gekommen sind, ist allerdings nicht das Schnitzel, sondern ein ganz anderer. Ich sage nur: „Hermann, the German!“ Auch hier handelt es sich wieder um einen kleinen Familieninsider meinerseits. So wollte mein Vater früher immer mit meiner Mutter, meiner Schwester und mir nach Detmold fahren (wir waren da nicht so motiviert), um dort „sein“ Denkmal zu bestaunen. Ich muss dazu sagen, mein Vater heißt Hermann und natürlich ist das Hermannsdenkmal im Teutoburger Wald nicht ihm zu Ehren gebaut worden…oder doch? (Verdient hättest Du es, Papa! Liebe Grüße nach Hause.)
In New Ulm steht nun das Hermann Heights Monument, welches auf Initiative deutscher Einwanderer im Jahr 1897 als Pendant zum 1875 fertiggestellten Hermannsdenkmal eingeweiht wurde. Als Vorbild diente ihm dabei tatsächlich das bei Detmold erbaute Hermannsdenkmal, welches an den Cheruskerfürsten Arminius und die so genannte Schlacht im Teutoburger Wald erinnert, in der germanische Stämme unter Arminius’ Führung die drei römischen Legionen unter Publius Quinctilius Varus im Jahr 9 vernichtend schlugen.
Das Hermann Heights Monument in New Ulm sollte nun, neben dem Symbol des Stolzes der deutschen Einwanderer auf ihr altes Heimatland, auch als Beitrag zur Integration und Freundschaft zwischen Deutschen und Amerikanern verstanden werden. Nachdem die Grundsteinlegung für das Monument bereits 1888 erfolgte, verzögerte sich der Bau aufgrund von Geldmangel immer wieder, sodass es erst am 25. September 1897 fertiggestellt und feierlich eingeweiht wurde. Dazu versammelten sich am Denkmal über 10.000 deutsche Einwanderer in New Ulm.
Im Jahr 1973 wurde das Denkmal in das „National Register of Historic Places“ aufgenommen. 2000 bestimmte der Kongress der Vereinigten Staaten das Hermann-Denkmal als offizielles Symbol des historischen Erbes deutscher Immigranten in den Vereinigten Staaten zu ernennen.
Das Bauwerk ist insgesamt rund 31 Meter hoch und die Größe seines Fußes finden wir auch auf einer Nachbildung in der Stadt wieder…ist sogar größer als Peters…:)
Wir erkunden noch ein wenig die Stadt und dann geht es für uns Richtung Süden. Vor uns liegen 2000 km, denn wir wollen nach New Orleans. Dabei fahren wir die Interstate 29, die uns in drei Tagen durch die Staaten Minnesota, Nebraska, Iowa, Kansas, Missouri, Oklahoma, Arkansas, Mississippi und letztendlich Louisiana führt. Wir fahren durch riesige Mais-, Soja- und Baumwollfelder und teilweise erinnert uns die Landschaft auch ein wenig an Deutschland (besonders in Minnesota). Wir sehen auch wieder unzählige Greifvögel, die hier sogar in ganzen Schwärmen zu jagen scheinen. Leider begegnen uns aber auch viele tote Tiere wie Stachelschweine, Füchse, Gürteltiere, Stinktiere, Waschbären, Opossums, Rehe, Katzen und Hunde am Straßenrand. Ansonsten hat jeder Staat auch vom Landschaftlichen her seine ganz besondere Note. Mal wird es hügeliger und grüner, dann erstrecken sich wieder weite trockene Landschaften. Wir überqueren auch den Mississippi und erfahren, was dieser Fluß für eine enorme Wirkung auf das Umfeld und das Leben dort hat. Einen Abend übernachten wir auch direkt am Mississippi und müssen uns in dieser Nacht nicht nur vor Mücken, Schlangen und giftigen Spinnen, sondern auch vor Alligatoren in Acht nehmen (die werden hier nämlich bis zu 230 kg schwer und bis zu 4,6 m lang). Ich kann Euch beruhigen, es ist alles gut gegangen! In Kansas City machen wir Halt bei einem richtig klassischen Barbecue-Restaurant…das stand auf Peters Wunschliste ziemlich weit oben. Da das „Joe’s Bar-B-Que“ auch über die Landesgrenzen hinaus bekannt ist (auch durch den berühmten Restaurant-Tester und Koch Anthony Bourdain) und schon diverse Grillpreise eingeheimst hat, bietet sich das ja förmlich an, genau dort einen Zwischenstopp einzulegen. Gesagt, getan…und obwohl ich ja nicht so DER Fleischfanatiker bin, muss ich sagen: „Lecker war’s!“
Erst Schnitzel, dann Barbecue…morgen gibt’s dann mal ’n Salat! 🙂
P.S. Auch nach weiteren 2500 km läuft Sprinti wie am Schnürchen.
Und das bleibt hoffentlich auch noch ganz ganz lange so…