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Mexiko

Reiseberichte Mexiko

¡Hasta luego México! (#045)

16. April 2023

– Wir verlassen Land Nr. 3 –

Nach 5 Monaten, 1 Woche und 4 Tagen (oder kurzgesagt nach 162 Tagen) und 9.394 Kilometern ist es an der Zeit Mexiko „adiós“ zu sagen. Es ist das Land, in dem wir uns auf unserer Reise bisher tatsächlich am längsten aufgehalten haben, obwohl eigentlich nur maximal vier Monate hier eingeplant waren. Es ist das Land, in dem wir das erste Mal zur Ruhe kommen und auch mal in den Tag hineinleben konnten. Es ist das Land, in dem wir die meisten anderen Reisenden kennengelernt haben und das obwohl wir in vielen Gegenden die einzigen Touristen gewesen sind. Es ist das Land, vor dem uns viele Menschen gewarnt hatten und doch haben wir uns hier sehr sicher gefühlt. Es ist bisher das ärmste Land auf unserer Reise und doch hatten die Menschen hier so viel zu geben. Es ist das Land, das weniger Luxus braucht als andere und umso mehr zeigt, dass auch dies mehr als ausreichend sein kann. Es ist das Land, dass so manches Mal chaotisch wirkt, aber dennoch irgendwie funktioniert. Es ist das Land, was ihre Einwohner vor besondere Herausforderungen stellt und doch sind die Menschen hier fröhlich und ihr Lachen hat uns immer wieder aufs Neue angesteckt.

Wir haben hier in den letzten Monaten 18 der insgesamt 31 Bundesstaaten Mexikos besucht (s. dazu unser Route)…angefangen bei der Baja California mit ihren Stränden, dann die Berge in Durango und Chihuahua, die faszinierende Weltstadt Mexiko-Stadt, die Maya-Ruinen in Teotihuacan, Cholula, Palenque, Uxmal und Chichén Itzá (und viele mehr 🙂 ), die Cenoten auf der Yucatán-Halbinsel und die atemberaubene Unterwasserwelt in La Paz und Quintana Roo. Wir haben im Norden die Wüsten und Berge, im Zentrum die Hochebene mit Vulkanen wie dem Popocatepetl und im Osten den tropischen Regenwald und die karibischen Strände besucht.

Wir haben erlebt, wie Menschen hier ihr Leben gestalten…immer ein Lächeln auf den Lippen, wie gewisse Regeln einfach nicht existieren, wie Autos, die aus dem letzten Loch pfeiffen, die Straßen säumen, wie die Menschen trotz oder mit Korruption und mächtigen Kartellen ihren Alltag meistern, wie Geldscheine zwar den gleichen Wert haben, aber unterschiedlich aussehen, wie Firmenschilder an Außenfassaden oder Wahlplakate hier nicht gedruckt, sondern gemalt werden (ist die Wahl dann vorbei, wird die Wand einfach übergestrichen), wie Bahnschienen als Gehweg genutzt werden, weil einfach kein offizieller Gehweg vorhanden ist, wie Bürgersteige (wenn es denn dann welche gibt) nicht zum Gehen geeignet sind, wie Fußgänger zusehen müssen über die Straßen zu kommen, weil es nur Ampeln für Autos gibt, wie Garagen genutzt werden, um kleine Läden, Werkstätten oder Nagelstudios darin zu betreiben oder wie dutzende Stände und Läden nebeneinander schlichtweg genau die gleichen Produkte verkaufen. Wir erleben bunte Häuser und Städte, ein farbenfrohes Wandbild folgt hier dem nächsten und Kleidung und Dekoration strotzen nur so vor Farben. Wir haben in Mexiko Feiertage wie den „Dia de los Muertos“, bei dem die Verstorbenen gefeiert werden (s. dazu Artikel „Endlich Strand und der „Dia de los Muertos“… #029“), und auch Weihnachten (s. dazu Artikel „Ein etwas anderer Jahreswechsel #031“) erlebt und wissen wie wichtig den Mexikanern der Glaube und ihre Familien sind. Wir haben hineinschnuppern können in die Geschichte Mexikos und viel über das Leben der Maya in der Vergangenheit und heute kennengelernt. Auch sind wir eingetaucht in die Esskultur Mexikos und haben erlebt, wie sie auf den Straßen die totale Leidenschaft wiederspiegelt. Wir haben uns von den großen Märkten hier verzaubern lassen und Dinge wie Skorpione, Käfer und frittierte Schweinehaut probiert (s. dazu Artikel „Mexiko City #038“). Aber nicht nur das stand auf unserem Speiseplan, sondern auch „Unmengen“ an köstlichen Tacos, Quesadillas, Tamales, Burritos oder Empanadas. Einfach lecker!

Auch sind wir im Straßenverkehr zurechtgekommen, was gar nicht immer sooo einfach war. So gibt es hier sogenannte „Topes“, die die Geschwindigkeit auf den Straßen reduzieren sollen. Topes sind quasi „Bodenschwellen“, die in unterschiedlichster Form, Höhe, Material und Zustand plötzlich und oft unerwartet (meist ohne Hinweisschild) auftauchen und einen in 90 Prozent der Fälle zum kompletten Abbremsen des Fahrzeugs zwingen, um diesen dann auch gaaaanz langsam zu überwinden. Da schreien Bremsen, Stoßdämpfer, Fahrwerk und Insassen nicht gerade „Juhuu“, besonders wenn es sich um Strecken handelt, bei denen man eigentlich 80 kmh fahren darf und plötzlich wie aus dem Nichts Topes auftauchen. Es gibt hier einfach soooooo viele davon (inner- und außerorts), dass das schon auch sehr nervig sein kann, besonders, wenn diese bereits kaputt sind. Es schauen dann auch gerne mal Schrauben oder Eisenstangen oben heraus. Besonders schön ist es auch, wenn die Topes schon so abgefahren und damit noch unebener sind, dass wir zusätzlich durchgerüttelt werden oder aber sie sind so hoch und schräg konstruiert, dass sämtliche Autos sich den gesamten Unterboden zerstören. Das ist uns bei Sprinti zum Glück erspart geblieben, auch wenn wir manchmal den Atem angehalten haben.

Besonders schön sind auch Löcher in den Straßen oder Gullis, bei denen der Gullideckel fehlt…dieses Loch ist dann nicht sooo unerheblich. Für uns chaotisch wird es auch (Peter hat es dennoch super gemeistert), wenn der gesamte Verkehr nicht mit Ampeln, sondern lediglich mit Stoppschildern (hier heißen sie „Alto“) gemanaged wird. Denn hier gibt es an Kreuzungen ein Stoppschild an jeder auf die Kreuzung einfahrenden Straße und der Fahrer, der als erstes da ist und stoppt, darf auch als erstes weiterfahren. Das wird bei einer sechsspurigen Straße, bei der womöglich auch jemand von ganz rechts nach links hin abbiegen möchte, durchaus kompliziert und hat mich so manchen „Angstschrei“ gekostet. Irgendwie kommen dann doch alle klar, aber ich sage Euch, das kostet Nerven! Wenn man uns fragt, auf was wir uns u.a. in Deutschland freuen, wenn wir zurück sind, dann ist das auch tatsächlich so etwas lapidares wir Straßenmarkierungen (ja wirklich!), denn hier wird meist komplett darauf verzichtet, so dass die Leute oft kreuz und quer fahren und man nur selten weiß, wie viele Spuren diese Straße überhaupt hat. Gerne stehen auch spontan Rinder, Esel, Pferde oder Ziegen an oder auf der Straße und erfordern besondere Aufmerksamkeit.

Wie auch schon in vorherigen Artikeln erwähnt, wird hier transportiert, was das Zeug hält und das meist nicht in einem Anhänger sondern einfach auf der Ladefläche eines PKWs oder gar auf dem Dach…Kühlschränke und Matratzen sind dabei ganz hoch im Kurs, aber auch Esel, Pferde oder Ziegen. Auch Menschen werden ohne Sitz oder Anschnallgurt auf der Ladefläche transportiert. Oft stehen sie auch auf eben dieser und genießen anscheinend den Wind in Fahrtrichtung…ich frage mich, was die mit all den Insekten machen, die einem so entgegenkommen, denn laut unserer Windschutzscheibe sind das gar nicht mal so wenige. Auch viele „Tuk Tuks“ findet man hier, die individuell für die entsprechenden Bedürfnisse angepasst sind und manchmal die lustigsten Sachen herumkutschieren. So war bei einem ein kleiner Hühnerkäfig auf Höhe des Vorderrades montiert…das Huhn wird da vorne direkt am Reifen wahrscheinlich wahnsinnig. Motorräder werden hier ebenfalls als Transportmittel genutzt, oft von mindestens zwei oder drei Personen gleichzeitig…mit Handy in der Hand und Baby auf dem Arm. Der Helm wird dabei nur selten auf den Kopf gesetzt, sondern lediglich über den Arm gehängt. So sind wir die 9.394 Kilometer durch dieses Land eigentlich immer „zu zweit“ gefahren, d.h. Peter und ich haben gleichzeitig auf den Verkehr geachtet, egal wer gefahren ist, weil einfach so viel passiert auf diesen Straßen. Abgesehen davon, dass wir mit Sprinti ja durchaus die ein oder andere Mercedes-Werkstatt in Mexiko kennengelernt haben, sind wir zum Glück unfalltechnisch verschont geblieben!

Oft hat man uns mit Sprinti auch für einen Bus des öffentlichen Nahverkehrs gehalten, weil hier so einige weiße Transporter dieser Größe durch die Gegend fahren. So sind die Menschen nicht selten zum Straßenrand gelaufen, wenn sie uns gesehen haben, wir wurden so manches Mal gar nicht erst von Tourguides angesprochen, die uns etwas verkaufen wollten (sehr praktisch) und entgegenkommende Busse samt Fahrer haben uns stets winkend und mit Lichthupe gegrüßt. Das hatte oft schon eine gewisse Komik.

Leider ist an Mexikos Straßenrändern und in der Natur oft auch noch etwas anderes zu finden…Müll! Plastik, Plastik und noch einmal Plastik. Öffentliche Mülleimer sucht man meist vergebens und so wird Müll oft einfach weggeworfen…selbst Industriemüll und Baustellenschutt finden wir nicht all zu selten LKW-weise einfach an den Straßenrand oder in die Natur gekippt. Wir haben in Mexiko auch unwahrscheinlich viele Feuer gesehen (und gerochen), weil entweder kleine Landstriche gerodet wurden oder einfach Müll verbrannt worden ist. Am Horizont hat man es also immer irgendwo Qualmen gesehen.

Nichtsdestotrotz haben wir in diesem Land eine tolle Natur mit einer wundervollen Tierwelt kennengelernt. So wurden wir z.B. von Pelikanen, Kolibris, Greifvögeln (wir haben noch nie so viele Geier gesehen), Schmetterlingen, Riesen-Libellen, Brüllaffen, Delfinen und unzähligen Straßenhunden begleitet. Unter Wasser sind wir mit Walhaien, Seelöwen, Kormoranen und Meeresschildkröten getaucht und haben einzigartige Korallenriffe bestaunen können. Wir sind vorbeigekommen an hunderten Baumwollbäumen (hier waren es tatsächlich oft Bäume und keine Sträucher) sowie Chili-, Mais-, Zuckerrohr- und Limettenfeldern und haben so manche Nacht mit Sprinti inmitten von Kokosnusspalmen, Papaya- und Jackfruitbäumen, Ananaspflanzen und Bananenstauden verbracht.

Wenn wir nun also zurückblicken auf die letzten fünf Monate, so hatten wir eine tolle, herausfordernde, abwechslungsreiche, spannende, aber auch entspannende Zeit in Mexiko. Wir haben hier unseren Tauchschein absolviert und die Unterwasserwelt besser kennengelernt, ich hatte meinen ersten (und hoffentlich auch einzigen) Rollerunfall und nach fast drei Jahren der Pandemie hat uns das erste (und hoffentlich auch einzige) Mal Corona erwischt. Wir haben in die Lebensart der Mexikaner hineinschnuppern können und sind freundlich und mit offenen Armen empfangen worden. Wir haben mit kleinen Vorkenntnissen angefangen eine neue Sprache zu lernen (und nein, wir sind darin noch nicht perfekt!) und unseren Horizont haben wir ein weiteres Mal erweitern können. So werden wir dieses Land und die Zeit, die wir hier hatten, immer in ganz besonderer Erinnerung behalten! Das war schon toll!

Muchas gracias, México!

Reiseberichte Mexiko

Willkommen in der Karibik (#044)

9. April 2023

– Eine Cenote, eine Lagune und ganz viel Meer –

Wir erreichen den im Osten der Yucatán-Halbinsel liegenden Bundesstaat Quintana Roo (s. dazu auch unsere Route) und damit auch erneut eine andere Zeitzone (7 Std. hinter Deutschland). Was wir damit allerdings auch erreichen ist die Karibik…yippie ya yeah! Strahlendblauer Himmel, Palmen ohne Ende und etwas andere Straßenschilder als wir sie sonst vielleicht gewohnt sind…gibt es hier doch u.a. Krokodile und Jaguare, die den Weg kreuzen können. Gemeinsam mit Heinz legen wir einen Übernachtungsstop in Cancún ein, stellen aber fest, dass die Gegend eines der Hauptziele amerikanischer Touristen und somit vollkommen überfüllt ist. An den Stränden reiht sich ein Hotel an das Nächste, so dass man oft auch nur als Hotelgast die Strandabschnitte besuchen kann…also nicht so unser Ding. Ein weiterer Wermutstropfen ist das Seegras, das vom Meer an den Strand gespült und jeden Morgen schubkarrenweise weggeräumt wird. In den letzten zehn Jahren hat sich dieses Phänomen massiv verstärkt und führt zu regelrechten Algenplagen in Mexiko und der Karibik. Schuld daran sind vor allem die Erwärmung der Weltmeere, die Verschmutzungen der Ozeane und die Lebensmittelindustrie. Denn sie spülen, neben Düngemitteln mit giftigen Substanzen und Nitrat, jährlich tonnenweise Soja und Mais aus dem Tierfutter ins Meer. Diese sogenannte Algenblüte ist vor allem in den Sommermonaten an der Ostküste der Yukatán-Halbinsel zu finden.

Wir fahren somit weiter und legen einen kurzen Stop in dem Örtchen Puerto Morelos ein. Dort gönnen wir uns erstmal ein leckeres Eis…das muss bei 35-40 Grad auch einfach sein! Nachts „kühlt“ es übrigens auf sage und schreibe 25-30 Grad ab.

Auch Playa del Carmen statten wir einen Besuch ab und schlendern ein wenig durch die Straßen. Allerdings ist auch dieser Ort ein absoluter Touristen-Hotspot, so dass es quasi unmöglich ist, durch die Straßen zu laufen ohne von Händlern, Tourverkäufern oder Barbetreibern unentwegt angesprochen zu werden.

Also bleibt es bei unserem Trip lediglich bei einem kurzen Abstecher.

Anschließend finden wir südlich von Playa del Carmen in Paa Mul einen schönen Campingplatz direkt am Meer und genießen das karibische Flair…es könnte also definitv schlimmer sein! 🙂

In den kommenden Tagen nutzen wir diesen Ort als Ausgangspunkt für verschiedene Touren. So steht an einem Tag „Cenote-Tauchen“ auf dem Programm. Cenoten sind unterirdische, mit Süßwasser gefüllte Karsthöhlen, von denen es in dieser Gegend Mexikos unheimlich viele gibt (s. dazu auch Artikel „Wir besuchen ein Weltwunder #043“). In einer Cenote geschwommen sind wir ja bereits, jetzt wird getaucht! Schon früh am Morgen stehen wir mit Sack und Pack am Highway (ja, hier steht man einfach am Straßenrand…auch auf der „Autobahn“) und werden dort von unserem Tauch-Guide Jonathan und einem weiteren Tauchkumpanen (Mark aus Los Angeles) eingesammelt. Nach einer kurzen Fahrt erreichen wir auch schon die Cenote „Dos Ojos“, erhalten von Jonathan alle nötigen Instruktionen, schlüpfen in unsere Tauchausrüstung und los geht’s!

Und dann tauchen wir ab in eine vollkommen andere Welt. Die Cenoten sind unter Wasser miteinander verbunden und so tauchen wir durch höhlenartige Gewölbe in bis zu 8 Metern Tiefe, geformt durch unzählige Stalagmiten und Stalaktiten. Ein Stalagmit ist der vom Boden einer Höhle emporwachsende Tropfstein, sein Gegenstück ist der von der Decke hängende Stalaktit. Je nachdem wie die Erdoberfläche beschaffen ist, wie viel Wasser hinuntertropft und wie viel Kalk gelöst werden kann, müssen 1000 – 10.000 Jahre vergehen bis ein Stalaktit 50 Zentimeter lang gewachsen ist. Es ist also der absolute Wahnsinn durch wie viel Jahre Geschichte wir hier gerade tauchen!

In den Höhlen ist es recht dunkel, so dass wir mit Taschenlampen ausgestattet sind. Teilweise fällt von oben Sonnenlicht herein und bietet uns ein wunderschönes Bild voller Farben und Formen. Einmal tauchen wir auch in einer Höhle auf, bei der unzählige Fledermäuse von der Decke hängen. Glücklicherweise ist auch dort das Wasser glasklar und im Austausch mit anderen Cenoten bzw. letztendlich auch mit dem Meer, ansonsten wäre das wahrscheinlich nicht so ein angenehmes Auftauchen. So bewältigen wir an diesem Tag zwei Tauchgänge in zwei verschiedenen Teilen der Cenote und kommen aus dem Staunen über diese einzigartige Natur nicht mehr heraus. Wirklich ein ganz besonderes Erlebnis!

Aufgrund der Dunkelheit in der Cenote, war es gar nicht so einfach gutes Filmmaterial für Euch zu erstellen, aber hier bekommt Ihr vielleicht einen kleinen Eindruck. Ihr erkennt mich an meinen gelben Schwimmflossen, Peter filmt größtenteils. Vielen Dank auch an Heinz für seine Aufnahmen!

Zwei Tage später geht es für Peter und mich dann auf zu einem weiteren Tauchgang…und zwar zu dem Riff vor der Insel Cozumel. Die Personenfähre startet am Morgen von Playa del Carmen. Also sind wir mit Sprinti an diesem Tag besonders früh unterwegs. Wir finden zum Glück auch schnell einen Parkplatz, was tagsüber hier fast ausgeschlossen ist, und wollen uns schon auf dem Weg zur Fähre machen, als plötzlich vier seltsame Gestalten in den ansonsten noch sehr leeren Straßen auftauchen, an Sprinti vorbeilaufen und sich zurufen, dass wir ja darin leben würden. Was uns besonders stutzig macht, ist, das einer von ihnen einen Hammer in der Hand hält…besonders praktisch, um damit eine Scheibe einzuschlagen. Oh oh! Wir warten einen Moment, bis die Männer weitergezogen sind und verlassen Sprinti dann mit einem durchaus mulmigen Gefühl Richtung Fähre. Die hat dann auch noch ein wenig Verspätung, so dass wir uns ganz schön sputen müssen die Tauchbasis rechtzeitig zu erreichen. Dort geht es dann auch hoppla hopp, denn alle anderen Taucher sind schon startklar und sitzen bereits im kleinen Transporter, der uns zum Boot bringt. Schnell Tauchmontur anprobiert, unseren Tauchlehrer Marcos kennengelernt und los geht’s!

An diesem Tag fahren wir mit dem Boot und weiteren 15 Tauchern raus aufs Meer…bis wir das Mesoamerikanische Riff erreichen. Dies ist nämlich das längste grenzüberschreitende Korallenriff der Welt und nach dem Great Barrier Reef in Australien das zweitgrößte Korallenriff überhaupt. Das über 1.000 Kilometer lange Riffsystem erstreckt sich in der Karibik vor den Küsten von Mexiko, Belize, Honduras und Guatemala. Am Great Barrier Reef in Australien waren Peter und ich vor Jahren bereits schnorcheln, jetzt ist also das Mesoamerikanische Riff an der Reihe. Wir sind gespannt! Glücklicherweise haben wir unseren Tauchguide Marcos ganz für uns alleine und so tauchen wir gemeinsam ein in die wunderbare Welt des Meeres. Auf einer Tiefe von 22 Metern und ordentlicher Strömung erleben wir in zwei Tauchgängen die Gebiete des Chankanaab Balones und des Columbia Deep. Wir tauchen vorbei an gewaltigen Riffen in wunderschönen Farben und Formen. Viele abermals farbenfrohe Fische kreuzen unseren Weg und wir genießen die Ruhe und Entschleunigung wie man sie nur beim Tauchen erleben kann. Kurios wird es als plötzlich ein riesiges Touristen-U-Boot in der Tiefe an uns vorbeizieht und wir durch die Bullaugen sehen können, wie man uns zuwinkt. Auch diese Tauchgänge sind wieder absolut faszinierend und so langsam bekommen wir immer mehr Sicherheit in der Tiefe, umgeben von dem Element Wasser mit all seinen wunderbaren Geschöpfen.

So kehren wir nach einem langen und schönen Tauchtag zurück zu Sprinti und tadaa…keine eingeschlagene Scheibe oder sonst irgendetwas Unerwünschtes! Also rundum ein gelungener Tag…sehr schön!

Dann geht es für uns weiter Richtung Süden, wir erreichen die Stadt Tulum…besser gesagt die „Archäologische Zone“ von Tulum. Ja genau…Maya-Ruinen…dieses Mal aber am Strand. Diese Stätte wurde unter anderem zur Beobachtung des Sternenhimmels, insbesondere der Venus, errichtet. Der Maya-Kalender wurde an eben solchen Plätzen erstellt. Am Tag unseres Besuches ist es allerdings tierisch warm und die Sonne brennt. Selbst im Schatten ist es nur schwer zu ertragen und so fällt unsere Besichtigung dieser Stätte ein wenig zügiger aus als sonst.

Dann suchen wir in der Umgebung ein Postamt, weil ich eine Postkarte verschicken möchte, allerdings stellt sich das als gar nicht mal so einfach heraus. Nicht nur, dass der gesamte Versand von Postkarten zu einer ausgestorbenen Spezies zu gehören scheint (ich behaupte mal, das ist in Deutschland auch nicht anders), auch Postämter für den Briefverkehr scheint es hier nur noch seeehr vereinzelt zu geben. Nach einer aufwendigen Suche werden wir letztendlich dennoch fündig, wenn auch gleich das Postamt ein wenig anders aussieht als zu Hause…

Dann erreichen wir die Lagune von Bacalar im Süden der Yucatán-Halbinsel. Hier treffen wir auch Michaela, Peter und Heinz wieder und lernen andere Reisende kennen. So stehen wir gemeinsam auf einem Stellplatz direkt am See, der auch vielen Mexikanern mit ihren Familien ein willkommenes Ausflugsziel bietet. Auch wir hüpfen ins Wasser, um uns ein wenig abzukühlen. Die Krokodile, die hier „mal“ gesichtet wurden, scheinen zum Glück in weiter Ferne zu sein und so verleben wir dort ein paar schöne Tage.

Und die Farben des Wassers sowie die unzähligen Palmen zeigen uns erneut…wir sind angekommen in der Karibik! 🙂

Wir senden ein paar Sonnenstrahlen nach Hause und wünschen Euch ein frohes Osterfest!

Reiseberichte Mexiko

Wir besuchen ein Weltwunder (#043)

2. April 2023

– Yucatán –

Von Campeche aus fahren wir weiter Richtung Norden und erreichen dann auch den nächsten Bundesstaat…Yucatán! Der Staat mit seinen 2,3 Mio. Einwohnern ist bekannt für seine Strände am Golf von Mexiko und für einige der bedeutensten Ruinenstätten der Maya-Kultur. Und beides steht bei uns für diese Woche auf dem Plan…so lange sich Pläne hier überhaupt schmieden lassen!

Als erstes erreichen wir Uxmal. Uxmal bezeichnet die Ruinen einer ehemals großen und kulturell bedeutenden Stadt der Maya. Die Stadt erlebte ihre Blütezeit im 9. und frühen 10. Jahrhundert n. Chr., wurde aber bereits ein bis zwei Jahrhunderte später völlig verlassen. Heute ist Uxmal eine der meistbesuchten Ruinenstätten der Maya und bietet durch Restaurierungen von Gebäuden einen guten Einblick in das originale Aussehen der Stadt. Also nichts wie hin!

Wie wir zuvor herausgefunden haben, kann man auf dem Parkplatz von Uxmal übernachten und das machen wir auch. Da wir die einzigen sind, die diese Möglichkeit in Anspruch nehmen, sind wir morgens auch die ersten am Eingang. So können wir die Ruinen besichtigen bevor Unmengen an anderen Touristen das Areal in Beschlag nehmen. Also genießen wir die Ruhe an diesem frühen Morgen zwischen all den alten Gebäuden und können nur erahnen, wie das Leben für die Menschen hier damals ausgesehen haben muss. Neben all der harten Arbeit, die so ein Alltag damals mit sich brachte, wurde auch einigen Sportveranstaltungen gefrönt. So gab es ein „Mesoamerikanisches Ballspiel“, bei der sich zwei Mannschaften mit dem Ziel gegenüberstanden, einen Ball durch einen im Mittelteil des zentralen Spielfeldbereichs angebrachten Ring hindurch zu befördern oder aber bestimmte (nicht ringförmige, sondern meist vollrunde) Markiersteine, die wahrscheinlich die Sonne symbolisierten, zu treffen. Das Mesoamerikanische Ballspiel wurde somit wohl ein nicht unwichtiger Faktor in der Entwicklung europäischer Ballspiele. Allerdings gibt es Indizien, dass die Verlierer damals als Menschenopfer herhalten mussten…und da muss ich sagen, bin ich äußerst froh, dass das bei unseren derzeitigen Ballspielen nicht mehr so gehandhabt wird!

Was es hier auf dem Gelände neben all den Ruinen ebenfalls gibt, sind Iguanas (dt. Leguane), eine Gattung pflanzenfressender Eidechsen, die in tropischen Gebieten Mexikos, Mittelamerikas, Südamerikas und der Karibik beheimatet sind. Einige Mexikaner hatten uns zuvor schon mal erzählt, dass sie Iguanas auch gerne mal verspeisen…schmecken sie doch wie Hühnchen. Ja gut, da sind wir jetzt nicht so scharf drauf, aber an diesem Morgen bekommen wir sie endlich mal live zu Gesicht. Ihre Tarnung ist allerdings außergewöhnlich gut, so dass sie gar nicht immer so leicht zu entdecken sind. Ihr könnt auf den Fotos ja mal ganz genau hinschauen, ob Ihr sie erspähen könnt. Wer findet die Meisten?

Dann führt uns unser Weg weiter zur nächsten Maya-Stätte nach Ek Balam…Ihr seht schon, die Ruinen häufen sich hier! Die frühesten Spuren der Siedlung reichen bis in die Zeit zwischen etwa 100 und 300 n. Chr. zurück. Ihre Blütezeit erlebte die Stätte in den Jahren 700 bis 1000. Etwa ab dem Jahr 1200 dürfte der Abstieg des Kultzentrums begonnen haben. An dieser Stätte ist das Besondere, dass man sie heute noch besteigen darf und so machen wir uns auf und erklimmen die vielen, doch sehr unebenen, vor allem aber steilen Stufen hoch auf die Spitze einer alten Pyramide. Abgesehen davon, dass man sich hier bei jedem Schritt wirklich konzentrieren muss, um nicht rücklings kehrt zu machen, und froh ist, wenn man oben angekommen ist…so sieht das hölzerne „Geländer“ des Plateaus oben auch nicht wirklich vertrauenserweckend aus. Also oben kurz die Aussicht genossen und ab geht es wieder runter…was bei diesen Stufen auch gar nicht mal so einfach ist…und galant sieht der Abstieg schon mal gar nicht aus…aber das ist glücklicherweise nicht nur bei uns der Fall.

In unmittelbarer Nähe zu der Ruine Ek Balam befindet sich auch die Cenote „Xcanche“. Cenoten sind natürliche Wasserbecken in der Tiefe, die sich über mehrere Jahrtausende gebildet haben. Durch die Auflösung des Kalkgesteins bilden sich Höhlen und unterirdische Wasserläufe. Bricht die Decke einer solchen Höhle ein, so entsteht eine Tagöffnung, die bis zum Grundwasser reichen kann. Die Maya betrachteten diese Bildungen als Eingänge zur Unterwelt und nutzten sie häufig als religiöse Opferstätten. Die gewaltigen Höhlen galten als Sitz von Göttern der Unterwelt. Die Bezeichnung „Cenote“ geht daher ebenfalls auf die Sprache der Maya zurück und bedeutet der „Heiliger Quell“. Insgesamt wird die Zahl an Cenoten auf der Halbinsel Yucatán auf über 6.000 geschätzt. Sie besitzen im Durchschnitt eine Tiefe von etwa 15 Metern, vereinzelt auch von über 100 Metern. Und Xcanche soll an diesem Tag unsere allererste Cenote sein, die wir besichtigen. Und da es wieder unwahrscheinlich warm ist, kommt uns eine Abkühlung gerade recht. Also hüpfen wir auch schnell mal rein und teilen uns die Cenote mit dem ein oder anderen Wels, der um uns herumschwimmt.

Den nächsten Tag starten wir…na klar, mit einer Maya-Stätte. Aber nicht mit irgendeiner, sondern mit Chichén Itzá, eines der sieben neuen Weltwunder (!)…und, na klar auch UNESCO-Weltkulturerbe! Zwischen dem 8. und dem 11. Jahrhundert muss diese Stadt eine überregional bedeutende Rolle gespielt haben. Wie diese genau aussah, konnte bisher jedoch nicht geklärt werden. Einzigartig ist, wie in Chichén Itzá verschiedene Architekturstile nebeneinander auftreten. Neben Bauten in einem modifizierten Puuc-Stil gibt es Bauformen, die toltekische Züge aufweisen. Dies hat man früher oft auf einen direkten Einfluss von Auswanderern aus Zentralmexiko bzw. von Eroberern aus Tula zurückgeführt. Am bekanntesten ist die Pyramide des Kukulcán und obwohl wir morgens die ersten Besucher an der Parkplatzschranke sind, rennen bereits die Massen an Menschen zur Pyramide sofort als die Türen zur Stätte sich öffnen.

Die Pyramide ist der unbestrittene Publikumsmagnet in Chichén Itzá. Es besitzt diesen Rang allerdings nicht nur aufgrund seiner beeindruckenden Bauweise und Größe, sondern auch aus einem weiteren Grund: Zweimal im Jahr, zur Tagundnachtgleiche (19-21.03. & 22.-24.09., wenn Tag und Nacht in etwa gleich lang sind), versinkt bei Sonnenuntergang eine Seite der Pyramide fast vollständig im Schatten. Dann wird nur noch die Treppe von der Sonne angestrahlt und auf sie projizieren sich die Stufen der Pyramide. Dieses aus Licht bestehende Band vereint sich schließlich für kurze Zeit mit einem Schlangenkopf am Fuß der Pyramide und stellt so eine gefiederte Schlange dar. Allerdings sei es nicht nachweisbar, dass dieser beeindruckende Effekt von den Maya gleich interpretiert wurde und noch weniger, dass er beim Bau der Pyramide beabsichtigt war. Einige Quellen sprechen allerdings davon, dass der Effekt errechnet wurde. Wir verpassen die Tagundnachtgleiche nur knapp, geraten am Vorabend unseres Besuchs allerdings in das damit zusammenhängende Verkehrschaos, als über 20.000 Menschen Chichén Itzá wieder verlassen, nachdem sie sich dieses Spektakel angeschaut haben.

Auch das Echo in dieser Stätte ist etwas Besonderes: Steht man vor einer Seite der Pyramide, wird der Schall viele hundert Meter weit zurückgeworfen und verstärkt. Ein Händeklatschen hört sich dabei an wie ein Pistolenschuss. Das Echo entsteht zwangsläufig bei einer hinreichend großen glatten Reflexionsfläche. So sehen wir nicht selten Menschen, die an diesem Tag klatschend neben uns stehen.

Im Laufe des Vormittags wird es tatsächlich immer voller, so dass wir froh sind, wieder so früh am Start gewesen zu sein. So sind wir sogar bereits vor Ort, bevor die ganzen Straßenhändler ihre Waren aufgebaut haben.

Nach den bereits von uns besuchten Maya-Ruinen Teotihuacan, Cholula, Palenque, Uxmal und Ek Balam (s. dazu auch die Artikel „Im Regenwald #042“ und „Jetzt hat es uns auch erwischt #039“) rundet der Besuch in Chichén Itzá das Ganze für uns noch einmal ab und ist als Weltwunder natürlich auch etwas ganz Besonderes.

Dann ist nach all den Ruinen mal wieder Zeit für etwas Strand…und dieser Strand kann sich sehen lassen! So stehen wir hier mutterseelenallein und genießen die Südsee-Atmosphäre (zwar ist es nicht die Südsee, aber dafür der Golf von Mexiko!). Zwar ist im Meer ein wenig zu viel Seegras, so dass wir nicht hineinhüpfen, aber auch so lässt es sich hier bestens aushalten.

Nach einer Übernachtung am Strand geht es für uns am nächsten Tag weiter Richtung Merida, die Hauptstadt Yucatáns. Dort ist es mal wieder an der Zeit Wasser aufzufüllen (hier kann man sich das Wasser in Kanistern abzapfen) und Wäsche zu waschen. Anders als sonst in Mexiko üblich, gibt es hier einen Waschsalon, bei dem man die Wäsche noch selber waschen kann. Was ich gar nicht so schlecht finde…hat man so doch ein wenig mehr Kontrolle :). „Hinter die Kulissen“ der Maschinen zu gucken, ist allerdings auch nicht so reizvoll.

In Merida treffen wir auch Heinz wieder, mit dem wir zuvor ein paar Tage in Oaxaca gewesen waren (s. dazu Artikel „Mit Freunden in Oaxaca #040“). Wir erkunden ein wenig die Stadt, essen auf einem der typischen Märkte typische Tacos und lassen den Tag in einer Bar direkt an unserem Stellplatz ausklingen. Diese Nacht verbringen wir nämlich auf einem großen Parkplatz eines Einkaufszentrums.

Am nächsten Tag verlassen wir Merida auch schon wieder und erreichen einen netten Campingplatz (Xkopek) auf dem wir mit Heinz einen schönen Abend am Lagerfeuer verbringen…ja richtig „Lagerfeuer“…Ihr wisst, wer da wieder vollkommen aus dem Häuschen ist! Am nächsten Morgen starten wir den Tag mit einer „Bienentour“, die vom Betreiber des Campingplatzes angeboten wird und sich mit den vor Ort lebenden Bienen beschäftigt. Direkt am Platz befindet sich eine ausgetrocknete Cenote, dessen Boden noch immer viel Feuchtigkeit besitzt und in der eine spezielle Luftfeuchtigkeit besteht, die uns beim Besuch zwar arg zum Schwitzen bringt, den Bienen aber ein idealen Lebensraum bietet. Es handelt sich hierbei um Bienen unterschiedlichster Art, die keinen Stachel besitzen, somit also nicht stechen können, und nur sehr wenig Honig herstellen, was diesen zu etwas ganz Besonderem macht. In ganz Yucatán gibt es über 1900 verschiedene Bienenarten und alle hatten eine spezielle Bedeutung in der Maya-Kultur. Nachdem wir die trockene Cenote besucht haben und auch einen Blick in den ein oder anderen Bienenstock reinwerfen konnten, geht es weiter mit der Verkostung verschiedener Honigarten, die ihre besondere Nuance auch durch die hier wachsenden Blumen erhalten. Das war doch schon mal ein guter Start in den Tag!

Dann geht es für uns weiter Richtung Osten denn dort wartet eine ganz besondere Gegend auf uns.

Welche Gegend das genau ist, erfahrt Ihr dann in der nächsten Woche…

Reiseberichte Mexiko

Im Regenwald (#042)

26. März 2023

– Von Veracruz bis Campeche –

Wie im letzten Artikel („Eine Woche voller Aufs und Abs #041“) erwähnt, haben wir nach einigen Abenteuern nun den tropischen Regenwald erreicht. Nach einer langen Autofahrt, bei der Sprinti zum Glück gut mitgemacht hat, landen wir in „San Juan Bautista Tuxtepec“. In der App „IOverlander“ (absolute Empfehlung übrigens wenn man diesen Kontinent bereist!) haben wir herausgefunden, dass man hier an einem „Balneario“ übernachten kann. Genau übersetzt bedeutet dies „Spa“ bzw. „Heilbad“, auch wenn es meilenweit davon entfernt ist das zu sein, was man darunter verstehen könnte. Nennen wir es also in diesem Fall lieber „Freibad“! Die recht kleinen Schwimmbecken sind noch ordentlich gefüllt, als wir ankommen und viele Eltern sitzten am Beckenrand und schauen ihren Kindern beim Planschen zu. Bereits nach wenigen Sekunden fragen wir uns, wie sie das aushalten, sind wir doch nach kürzester Zeit komplett zerstochen von diversem Stechgetier als wir nur ein paar Schritte zum Betreiber gehen, um die Stellgebühr für die Nacht zu bezahlen. Peters „Ausbeute“ 20 Stiche (ja, dieses Mal hat es auch ihn erwischt), meine „Ausbeute“ 25 Stiche (nur an einem Unterschenkel wohlbemerkt). Ja gut, wir sind hier halt im Regenwald! Demnach müssen wir auf unserer Reise allerdings schon einige Male im Regenwald gewesen sein! Egal, das ist Meckern auf hohem Niveau! Wir verleben eine zwar sehr schwüle (Luftfeuchtigkeit von über 70%), aber dennoch recht ruhige Nacht auf unserem Stellplatz, den außer uns niemand nutzt.

Am nächsten Morgen sind wir früh auf den Beinen, schließlich wollen wir heute „ordentlich Strecke machen“. Der Plan ist, nach der verschwitzten Nacht nur noch schnell unter die Dusche zu springen, Butterbrote zu schmieren und los kann es gehen. Wir haben ja bei Weitem nicht jeden Tag die Möglichkeit zu duschen (abgesehen von unserer Dusche in Sprinti, die wir aber nur in Ausnahmefällen nutzen), aber wenn es sich anbietet, nehmen wir das natürlich gerne mit. So früh morgens schläft das Drumherum noch und nur ein paar Poolboys kommen im Balneario ihrer Arbeit nach. Nur mit einem Handtuch umgeschwungen stapfen wir also zu den dazugehörigen Duschen und können uns nur kurze Zeit später das Lachen kaum verkneifen. „Die“ Duschen sind eigentlich nur „eine“ Dusche und zwar im Vorraum der Damen-Toiletten. Der gesamte Bereich (inkl. der Toiletten) ist hingegen nur mit einem (ja genau, EINEM) Duschvorhang abgetrennt. An der Wand prankt ein Duschkopf, etwas darunter, da wo man einen Duschknauf vermuten könnte, befindet sich lediglich ein „Nippel“ in der Wand (ja mehr ist es wirklich nicht). So stehen wir da und überlegen uns, wie wir unsere stählernen Körper denn nun gereinigt bekommen sollen, als plötzlich einer der Poolboys ankommt und uns eine Zange durch den Vorhang reicht…ah ja, ist klar! Mit der Zange bekommen wir den Nippel gedreht und einem kalten (mittlerweile sind wir da recht schmerzfrei) „Duschvorgang“ steht nichts mehr im Wege. Viva Mexico!

Ja, der Tag beginnt doch schon einmal mit der richtigen Portion Humor und so erleben wir während der Fahrt an diesen beiden Tagen jede Menge Dinge, die uns ein Lächeln ins Gesicht zaubern und uns manches Mal aber auch verdutzt zurücklassen. So kommen wir vorbei an unzähligen Zuckerrohrfeldern und den dazugehörigen LKWs, die ihre Ernte voll beladen und ungesichert transportieren und uns somit immer zum schnellen Überholen zwingen, da der herunterfliegende Zuckerrohr auch gerne mal Scheiben und Außenspiegel demoliert (wir hatten da mal in Australien so ein Erlebnis). Neben dem Zuckerrohr sind hier auch jede Menge Palmöl- und Bananenplantagen anzutreffen. Die werden gerne mit Hilfe von herüberfliegenden Propellermaschinen gespritzt, allerdings nehmen die Piloten es mit dem „Spritz-Start“ und „Spritz-Ende“ nicht so genau und so wird Sämtliches im Dorf und der Umgebung durchaus mal mitgespritzt. Wir können von Glück reden, dass wir mit Sprinti knapp davonkommen als das Flugzeug so manches Mal die Straße kreuzt.

Auch wird auf der Straße mal wieder transportiert, was das Zeug hält…und Brückengeländer werden übrigens absolut „überbewertet“. Wer braucht schon Brückengeländer?!

An diesem Tag passieren wir die Bundesstaaten Veracruz und Tabasco und erreichen letztendlich im Staat Chiapas den Ort Palenque (s. dazu unsere Route). Dort steuern wir das etwas abseits gelegene Restaurant „La Chiapaneca“ an, das umgeben von einem großen Garten (an den Bäumen wachsen reihenweise Jackfruits) auch ein paar Wohnmobil-Stellplätze beherbergt. Zusätzlich gibt es einen Pool und eine Dusche und wir können bei Außentemperaturen von fast 40 Grad dringend ein wenig Abkühlung gebrauchen. Apropos Dusche…auch diese Variante hat es wieder in sich! Sagen wir mal so, mit Privatsphäre ist auch hier nicht so viel am Start…dieser Duschvorhang macht aufgrund seiner Breite tatsächlich mal gar keinen Sinn!

Am nächsten Morgen werden wir von Hahnengekrähe (willkommen in Mexiko!) und den Rufen eines anderen Tieres geweckt…Brüllaffen! Gar nicht weit von uns entfernt scheinen einige Exemplare in den Bäumen des Regenwaldes zu sitzen. Brüllaffen leben auf dem amerikanischen Kontinent vom südlichen Mexiko über das Amazonasbecken bis in das nördliche Argentinien. Sie haben ihren Namen aufgrund ihres lauten Gebrülls (ist ja auch naheliegend), das beide Geschlechter ausstoßen und das über mehrere Kilometer hinweg hörbar ist, womit sie weithin als die lautesten Landtiere überhaupt gelten. Laut des „Guinness-Buchs der Rekorde“ sind ihre Rufe sogar über eine Entfernung von 4,8 km deutlich zu hören. Das Gebrüll dient vor allem der Kommunikation verschiedener Gruppen untereinander. Alle Männchen der Gruppe stimmen ein, zusammen mit dem Antwortgebrüll anderer Tiere ergibt sich dadurch ein lautes Spektakel. Brüllaffen machen damit ihre Anwesenheit deutlich, um andere Gruppen vor ihrem Kernbereich zu warnen. Ein zweiter Grund für das Gebrüll kann darin liegen, dass Einzeltiere Anschluss an eine Gruppe suchen. Dazu kann ich sagen: „Es tut mit leid, liebe Affen, mit diesem Gebrüll können Peter und ich euch leider nicht in unsere Gruppe mitaufnehmen! Sorry!“ 

Also sind wir auch an diesem Tag früh auf den Beinen…was letztendlich aber eh so geplant war, denn wir wollen zu den nahegelegenen Ruinen, für die Palenque bekannt ist. Denn schließlich handelt es sich hierbei neben Chichén Itzá , Calakmul und Tikal um eine der wichtigsten Stätten der Maya-Kultur und gehört ebenfalls zum UNESCO-Weltkulturerbe. Und da ist es besonders sinnvoll, früh vor Ort zu sein, weil es dann noch nicht so voll und auch noch nicht so heiß ist. So gehören wir an diesem Morgen zu den ersten Besuchern auf diesem Areal, umgeben von Tempeln und Händlern, die dabei sind ihre Verkaufsstände für den Tag aufzubauen und liebevoll zu drapieren…und das alles inmitten des Regenwaldes.

Die ersten Spuren der Besiedelung hier in Palenque lassen sich im vierten Jahrhundert nach Christus nachweisen, also zu einer Zeit, in der der Aufstieg vieler wichtiger Zentren der Klassik im südlichen Tiefland begann. Über diese Frühzeit Palenques ist bislang nur wenig bekannt, da die archäologischen Erkenntnisse aus dieser Epoche äußerst spärlich sind und es praktisch keine authentischen zeitgenössischen Texte gibt. Im 6. Jahrhundert allerdings entwickelte sich Palenque dann zu einer lokalen Großmacht und erhielt enormen Einfluss auf einige Nachbarstädte. Die letzte bekannte kalendarische Inschrift in Palenque ist für das Jahr 799 auf einer Tonscherbe verzeichnet und berichtet von der Thronbesteigung von Janaab Pakal III.. Da es danach keine Anzeichen einer weiteren Besiedelung gibt und eine letzte mögliche Erwähnung des Reiches auf das Jahr 814 datiert ist, scheint die Stadt Palenque eines der ersten großen Zentren der klassischen Periode gewesen zu sein, das dem allgemeinen Kollaps der Maya im südlichen Tiefland zum Opfer fiel.

Während wir entlang der Ruinen schlendern, sind auch wieder einige Brüllaffen mit von der Partie. Allerdings lediglich akustisch, zu sehen bekommen wir sie leider nicht. Einen Abstecher in den Dschungel wollen wir allerdings dennoch machen und so wandern wir im Anschluss durch die Tiefen des Regenwaldes. Es sind um die 35 Grad bei einer Luftfeuchtigkeit von knapp 90% und auch wenn die Bäume uns ein wenig Schatten spenden, so läuft uns der Schweiß nur so am Körper herunter. Sich dagegen zu wehren…zwecklos! Dennoch genießen wir die Abgeschiedenheit des Urwaldes und die Natur mit all ihren exotischen Geräuschen (die Brüllaffen halten sich ein wenig zurück, so dass wir auch viele andere Tiere wahrnehmen können). Wir sind überrascht über die ein oder andere Ruine, die auch hier plötzlich zwischen all diesem Gestrüpp auftaucht und die der Regenwald fast zu verschlingen droht. So genießen wir unseren kleinen Ausflug an diesem Vormittag sehr!

Den restlichen Tag verbringen wir am Stellplatz und kühlen uns im Pool ab, bevor am Abend der Regen einsetzt, der tatsächlich auch die ganze Nacht anhält und uns temperaturmäßig eine weitere Abkühlung bescherrt. Am nächsten Morgen soll es für uns dann weitergehen und dank der Brüllaffen starten wir auch wieder recht früh in den Tag…zum Glück aber vor allen anderen Gästen, so dass wir auch bei diesen „diskreten“ Duschen hier keine Überraschungen erleben…lediglich die freilaufenden Enten und Hühner schauen uns bei der Körperreinigung zu.

Unser Weg führt uns an diesem Tag in den Bundesstaat Campeche, besser gesagt in dessen Hauptstadt. Und wie mag die wohl heißen? Na klar…“Campeche“. Als wir die Grenze zum Bundesstaat erreichen, kommen wir durch eine Polizeikontrolle, von denen wir schon sämtliche Storys anderer Reisenden gehört haben. In den letzten fünf Monaten in Mexiko hatten wir bisher immer Glück und sind nicht von korrupten Polizisten gestoppt worden, die einem z.B. die Ausweispapiere nur gegen Bargeld wieder aushändigen. Sollte sich das nun ändern? Das Erste was sie von uns sehen wollen bzw. vom Fahrer (das ist in diesem Fall Peter) ist sein Ausweis. Ja super…innerhalb von Sekunden schrillen meine Alarmglocken und alle Warnungen und Ratschläge, die wir für solche Situationen erhalten haben, schnellen mir durch den Kopf. Jetzt bloß alles richtig machen! Schließlich sind die guten Herren auch noch bewaffnet bis in die Haarspitzen. Peter zeigt dem Polizisten lediglich eine Schwarz-Weiß-Kopie seines Reisepasses und als jenem das nicht ausreicht, eine einlaminierte Farbkopie (in Scheckkartengröße) des besagten Reisepasses, bei denen viele bisher gedacht haben, es handle sich um das Original. Doch auch das reicht dem Polizisten nicht…wir sollen rechts ranfahren. Bei Peter und mir steigt die Anspannung und ich merke, wie mir das Herz bis zum Hals pocht. Der Polizist wird ernster und bittet uns mit durchdringender Stimme erneut um den Ausweis. So lassen wir uns breitschlagen…ich hole also die Reisepässe aus dem Safe und Peter hält sie ihm bei geöffnetem Fenster mit so viel Abstand hin, dass der Polizist nicht danach greifen kann. Sofort hellt sich das Gesicht des Polizisten auf, er lächelt uns an und wir dürfen weiterfahren. Echt jetzt? Das war’s? Puh, Glück gehabt, das hätte auch anders laufen können!

Es ist immer noch ein verregneter bzw. bewölkter Tag als wir letztendlich die Stadt Campeche erreichen und so wirkt das Meer, als wir an ihm vorbeifahren, heute eher so wie die Ostsee als der Golf von Mexiko. Das letzte und einzige Mal, dass wir den Golf auf unserer Reise „gestreift“ haben, war tatsächlich Ende September in New Orleans. Dazwischen liegen nun ganze 6 Monate und rund 2890 km (auf direktem Weg!)…und gefühlt ist seitdem schon wieder so wahnsinnig viel passiert auf unserer Reise.

Für die Nacht bleiben wir in Campeche und steuern einen Campingplatz am Stadtrand an, zu dem auch ein paar Bungalows gehören. Gegenüber liegt ein Wasserpark, dessen Eintritt im Übernachtungspreis mitinbegriffen ist. Die Becken des Wasserparks sind allerdings leer, den vollen Preis für den Campingplatz bezahlen müssen wir dennoch. Um die Bungalows befindet sich eine Großbaustelle, hier wird anscheinend alles kernsaniert. Glücklicherweise ist heute Sonntag und somit ruhen die Arbeiten. Beschallung bekommen wir dennoch, denn der Platz liegt direkt an einer viel befahrenen Straße. Wir sind an diesem Tag die einzigen Gäste und können uns so unseren Platz frei aussuchen…sollte uns das vielleicht zu denken geben?! Vorne im kleinen Wachhäuschen sitzt ein junger Mexikaner, der sich vom Bett erhebt als wir ankommen und uns freundlich den Weg zur Rezeption zeigt. Diese befindet sich in einem weiteren, etwas zurückliegenden Häuschen und der Herr dort verrät uns, dass sich das Badezimmer im Raum nebenan befindet…ah ja, mit Duschen, haben wir in dieser Woche ja so unsere Erfahrungen gemacht…immerhin gibt es hier eine Tür zwischen Rezeption und Badezimmer! Am nächsten Morgen wollen wir das auch gleich in Anspruch nehmen, aber siehe da…Wachhäuschen leer, Rezeption leer und beides abgeschlossen. Wir befinden uns also ganz alleine auf diesem Campingplatz und alles ist dicht. Das Wasser, um unseren Tank aufzufüllen ist übrigens auch abgestellt. Dann wird uns klar, warum…es ist „mal wieder“ Feiertag…denn heute wird der Geburtstag des früheren mexikanischen Präsidenten Benito Juarez gefeiert. Nachdem wir eine ganze Zeit lang den Campingplatz abgesucht und die Baustelle inspiziert haben, taucht plötzlich aus dem Nichts ein Mexikaner auf, der uns kurzerhand die Rezeption aufschließt und danach wieder ins Nichts verschwindet. Auch diese Dusche lässt uns mal wieder Schmunzeln, setzt man doch mit ihr das gesamte Badezimmer und die halbe Rezeption unter Wasser. Aber wir sind froh, über die kalte Abkühlung am Morgen und starten somit frisch in den Tag.

Die Stadt Campeche soll ein schönes historisches Stadtzentrum besitzen, also schauen wir uns das mal näher an und schlendern ein wenig durch die Gassen. Und auch hier prägen der Kolonialstil und die vielen bunten Häuschen das Stadtbild, so dass es durch das Wetter (es ist noch immer bewölkt) gar nicht mehr so grau aussieht.

Dann verlassen wir Campeche und machen uns auf zu neuen Abenteuern…aber dazu dann in der nächsten Woche mehr!

Macht’s gut, Ihr Lieben!

Reiseberichte Mexiko

Eine Woche voller Aufs und Abs (#041)

19. März 2023

– Es wird nicht langweilig –

Wie am Ende des letzten Artikels erwähnt („Mit Freunden in Oaxaca #040“) verlassen wir gemeinsam mit Michaela, Peter, Marcus und Julie unseren Campingplatz in Tule und wollen weiter Richtung Yucatan-Halbinsel fahren, denn schließlich warten nun die Tropen auf uns. Nach vier Kilometern steuern wir eine große und namhafte Tankstelle (Pemex) an, schließlich haben wir aus unseren Erfahrungen in den USA mit dem verunreinigten und schlechten Benzin gelernt (s. dazu Artikel „Das war anders geplant…#026“) und tanken seitdem nur noch Premium-Benzin großer Tankstellenketten, die hoffentlich einen großen Durchlauf haben. Allerdings darf man hier in Mexiko nicht selbst tanken, sondern es wird für einen getankt. Manchmal machen sie auch gleichzeitig unsere Windschutzscheibe sauber oder bieten an den Ölstand zu prüfen. Bei all dem Staub hier, sieht das Fahrzeug allerdings eh schnell wieder aus, als hätte es schon länger keine Wäsche mehr gesehen. Bei einem Tankvorgang sollte man darauf achten, dass die Zapfsäule auch wirklich auf „0“ steht, wenn die Mitarbeiter anfangen zu tanken, ansonsten wird gerne mal mehr abgerechnet. Zusätzlich sind viele Tankstutzen anscheinend nicht richtig eingestellt und stoppen häufig zu früh, so dass der Tank teilweise nur zu 90% gefüllt ist. Daher sagen wir den Mitarbeitern, dass sie noch etwas „nachdrücken“ sollen. An diesem Morgen meint es die Tankdame daraufhin besonders gut und tankt bis alles überläuft…ja super! Sie schließt den Tankdeckel und spritzt Sprinti (an dem das Benzin herunterläuft) mit etwas Wasser ab. Wir können ja nur froh sein, dass sie den Tankdeckel vorher geschlossen hat und nicht auch noch Wasser in den Tank gelaufen ist!

Dann fahren wir weiter, denn schließlich haben wir an diesem Tag noch einige Kilometer vor uns…dachten wir jedenfalls! Bereits einige Meter nach dem Tanken springt Sprintis Motorleuchte an, wir verlieren an Power (also Sprinti) und der Motor geht in den Notlauf, was bedeutet, dass wir langsamer werden und kaum noch beschleunigen können. Im Schneckentempo fahren wir also rechts ran und überlegen fieberhaft, was wir nun tun können. Unser erster Impuls ist, dass es mit dem „nicht ganz reibungslosen“ Tankvorgang gerade zu tun haben muss, allerdings wird sich hier herausstellen, dass dies nicht der Fall ist und es sich nur um eine Verkettung ungünstiger Zufälle handelt. Schnell ist klar, wir müssen umdrehen und zur Werkstatt. Schließlich liegt nur 10 km hinter uns eine Mercedes-Werkstatt, die nächste allerdings erst in rund 1700 Kilometern.

Bereits in Puebla zwei Wochen zuvor (s. dazu Artikel „Jetzt hat es uns auch erwischt #039“), hatten wir eine Mercedes-Werkstatt aufgesucht, um Fehlercodes bei Sprinti analysieren zu lassen. Diese Besuche gestalten sich gar nicht immer so einfach, kommt es doch bei den Gesprächen mit den Mechanikern auf genaue Beschreibungen und Details an. Das ist auf Englisch für uns kein Problem und na klar, auf Deutsch natürlich auch nicht…auf Spanisch ist das allerdings etwas anderes. Und was sprechen 99,9% der Werkstatt-Angestellten hier? Ausschließlich Spanisch…warum auch nicht?! Auch wenn wir der Sprache immer mehr Herr werden, von verhandlungssicher sind wir dann doch meilenweit entfernt. Erschwerend kommt hinzu, dass man hier keine Service-Untersuchungen am Auto kennt. Solange der Wagen läuft, ist doch alles ok. Wenn etwas kaputt ist, wird es geflickt. Ob er evtl. merkwürdige Geräusche macht oder vielleicht nicht ganz „rund“ läuft, spielt dabei keine Rolle. Der Wagen fährt doch, wo ist also das Problem? Diese Vorgehensweise hilft uns in unserer Situation nur leider nicht weiter. Dazu kommt auch, dass hier niemand einen Mercedes-Sprinter in der Benziner-Variante kennt und sich nicht selten eine Traube an Mechanikern um Sprinti bildet, sobald seine Motorhaube geöffnet ist. Alle wollen einmal diesen Motor sehen…und dass, obwohl es eigentlich ein Motor ist, der unter anderem auch in der C-Klasse verbaut wird. 

In Puebla gab es einen Angestellten, der zwar eigentlich für die Daimler-Schwesterfirma „Freightliner“ (Ansprechpartner für amerikanische Trucks und oft gemeinsam in einer Werkstatt mit Mercedes-Lieferfahrzeugen) zuständig war, aber für uns abgestellt wurde, weil er ganz gutes Englisch spricht und somit zwischen den Mechanikern und uns übersetzt hat…sein Name: Ramses! Wenn auch kein altägyptischer König, so ist er doch sehr bemüht…zumindest so lange wir vor Ort sind. Die Mühlen mahlen hier allerdings ein wenig langsamer…oder vielleicht auch nur anders? So verharren wir fünf Stunden in der Werkstatt bis die Fehler ausgelesen sind, um dann wiederum eine Woche auf den Bericht samt Fehlercodes zu warten, weil der dafür zuständige Mitarbeiter zwei Tage nicht zur Arbeit kommt und anschließend das entsprechende Gerät, das die Analyse durchgeführt hat, plötzlich einige Tage in einer anderen Werkstatt eingesetzt wird. Wir werden also immer wieder vertröstet. Glücklicherweise stehen wir parallel mit der Mercedes-Werkstatt Senger in Deutschland im Austausch und entscheiden uns dann vorerst weiterzufahren, weil Sprinti „eigentlich“ gut funktioniert hat…abgesehen von den Fehlercodes halt.

So landeten wir letztendlich da, wo wir hinwollten…nämlich in Tule bzw. Oaxaca und das ohne irgendwelche Probleme…gut gemacht, Sprinti! Aber um die Fehlercodes müssen wir uns langfristig dann doch kümmern, denn zum einen haben sie ja eine Ursache und zum anderen verlassen wir bald Mexiko und dann wird es in den folgenden Ländern und auch in Südamerika schwieriger mit der Mercedes-Infrastruktur…sowohl was Werkstätten als auch was Ersatzteile anbelangt. Also versuchen wir uns in Tule mit Hilfe von Marcus und Peter, Senger in Deutschland und dem unendlichen Wissen des Internets ein wenig selber zu helfen. Und auch Rob (Out of Ipswich) aus New Hampshire, der mit seiner Frau Mandy und Hund Loki (dem der Schatten unter Sprinti übrigens sehr gut gefällt) ebenfalls in einem Sprinter unterwegs ist, tüftelt mit Peter einige Stunden an den Ursachen für die Fehlercodes. So können wir das ein oder andere säubern oder reparieren, aber zu einer Werkstatt muss Sprinti dann doch…und es muss dann auch wohl eine von Mercedes sein, weil uns Uziel, der Mechaniker, von dem wir die neuen Stoßdämpfer bekommen haben, auch nicht weiterhelfen kann. Alles klar, also dann nochmal zu Mercedes…dieses Mal in Oaxaca. So landen wir bei unserem Ansprechpartner Manuel und unserer “Dolmetscherin” Olivia. Wieder wird für einige Stunden Fehleranalyse betrieben und anfangs sieht es so aus, als sei die Lambdasonde (die hinter dem Katalysator) oder der Kabelbaum Schuld. Diese Ersatzteile zu bestellen dauert bei Mercedes in Mexiko meist über einen Monat, da sie aus Deutschland geliefert werden. So überlegen wir, uns die Teile selber schicken zu lassen. Das ist nicht ganz preisgünstig und kann unter Umständen auch einige Zeit beim Zoll verharren. Also alles nicht so optimal!

Zusätzlich plagt uns die Unruhe und das Gefühl immer mehr Zeit auf unserer Reise zu verlieren…sei es durch unsere Werkstatt-Besuche in den USA, bei denen wir viele Tage zurückgeworfen wurden und immer wieder warten mussten oder unsere Corona-Erkrankung vor ein paar Wochen, die Warterei auf Ramses in Puebla und nun in Oaxaca. Aber das gehört wohl auch zum Reisen dazu und uns war auch vorher schon bewusst, dass eben solche Dinge auf so einer langen Strecke einfach passieren! Man kann planen so viel man will, es kommt immer anders als man denkt! Wie sagte uns eine Reisende aus Berlin: „Man verliert keine Zeit, man gewinnt Inhalt!“ In diesem Sinne…weiter geht’s mit Inhalt!

Tags darauf können wir Sprinti erneut in die Werkstatt bringen, wo man dann der ganzen Sache genauer auf den Grund gehen möchte. Das Ganze soll zwei Tage dauern, also buchen wir uns für genau diesen Zeitraum ein Hotel in Oaxaca, weil wir nicht im Wagen übernachten dürfen, so lange er auf dem Werkstattgelände steht. Das ist zwar auch wieder mit Geld und Aufwand verbunden, aber eine andere Möglichkeit haben wir nicht und so versuchen wir das Beste daraus zu machen. So entscheiden wir uns für das Hotel „Casa las Mercedes“, in der Hoffnung, dass das ein gutes Omen für Sprinti ist. Wir schlendern also noch einmal durch die historische Altstadt Oaxacas, haben dieses Mal aber Glück, dass die Kathedrale geöffnet ist und wir einen Blick in das prunkvolle Innere werfen können. Wir werden Zeuge einer Polizei- und Militärpatrouille (die hier gar nicht so selten vorkommt), besuchen erneut die gute Bäckerei Boulenc und lassen uns in dem dazugehörigen Restaurant verwöhnen. Beides befindet sich in einem von außen recht heruntergekommenen blauen Gebäude, von innen allerdings ist es wie ein versteckter Schatz mit den leckersten Speisen von dazu noch sehr guter Qualität…so lässt es sich aushalten!

Abends bekommen wir Bescheid von Olivia, dass man den Fehler anscheinend doch schon gefunden hat und die Fehlermeldungen durch eine korrodierte Leitung und einem damit verbundenen Kurzschluss zustandegekommen sind. So ganz trauen wir dem Braten zwar noch nicht, verabreden uns aber für den nächsten Mittag in der Werkstatt. Also heißt es nach einer Übernachtung doch schon wieder Tasche packen (das Geld für die zweite Übernachtung bekommen wir leider nicht erstattet, aber wer weiß, ob wir die nicht doch noch in Anspruch nehmen müssen?!). Zurück in der Werkstatt versuchen wir genau herauszubekommen, was die wirkliche Ursache war und wie sehr wahrscheinlich es ist, dass so etwas in Kürze noch einmal auftritt, denn schließlich müssen wir uns auf Sprinti verlassen können. Aus unserer Sicht bekommen wir daraufhin unterschiedliche und nicht ganz logische Antworten (vielleicht typisch mexikanisch?) und ich glaube, wir gehen denen ganz schön auf den Keks, als wir immer wieder nachhaken (sicherlich typisch deutsch) und so prallen da auch mal wieder zwei Welten aufeinander. Aber gut, so ist das in anderen Ländern! Schließlich haben wir die Weisheit ja auch nicht mit Löffeln gegessen. Nachdem Peter mit dem Mechaniker eine Probefahrt gemacht hat und alles soweit in Ordnung zu sein scheint, verlassen wir die Werkstatt mit Sprinti, fahren noch schnell etwas einkaufen und dann zurück zum Campingplatz in Tule, denn der Tag neigt sich bereits wieder dem Ende entgegen.

Am nächsten Morgen soll es dann weiter gehen…neuer Versuch – neues Glück! Ursprünglich wollten wir Richtung Südosten weiterfahren, doch wir erfahren von Michaela und Peter, dass es dort Straßensperrungen gibt, weil “Demonstranten” eine Regionsbürgermeisterin absetzen wollen und somit einfach mal ein paar Tage die Straßen blockieren, so dass kein Durchkommen mehr ist. Also ändern wir spontan unsere Pläne (darin sind wir mittlerweile ja geübt) und schlagen besser eine andere Richtung ein. So fahren wir erst einige Kilometer in der Nähe der Stadt umher und überprüfen mit unserem OBD2-Stecker Sprintis Daten…keine Fehlercodes zu erkennen…yippieh! Dennoch sind wir vorsichtig und hören (oder meinen zu hören) teilweise Geräusche aus dem Motorraum, die wir sonst nicht vernommen haben. Da aber alle Daten normal zu sein scheinen, wagen wir es und verlassen die Stadt Richtung Norden…nur um dann nach sieben Kilometern wieder gestoppt zu werden. Dieses Mal allerdings (und glücklicherweise) nicht durch Sprinti, sondern durch eine Straßensperre (hier nicht wegen der Bürgermeisterin), sondern weil vor uns eine Brücke gebaut wird. Es ist weder eine Umleitung ausgewiesen noch ist klar, wie lange das dauern wird. Nach ca. 30 Minuten erfahren wir von einem anderen Wartenden, dass es wohl noch zwei Stunden dauern könnte, bis die Straße wieder frei ist. Das hat uns nun auch noch gefehlt! Es gibt laut Google eine kleinere Straße, die wir nehmen könnten, allerdings geht es für uns als nächstes durch die Berge und wenn doch noch mal was mit Sprinti sein sollte, wäre eine kleinere und verlassenere Straße äußerst unglücklich. Alternativ gibt es eine Strecke zurück, die aber einen Umweg von 1,5 Stunden bedeuten würde. Als plötzlich mehrere Fahrzeuge in der Schlange umdrehen, machen auch wir kehrt und als wir dann entdecken, dass selbst LKWs und auch andere PKWs in einen kleinen sandigen und huckeligen Weg abbiegen, fahren wir einfach hinterher und hoffen, dass wir mit Sprinti überall durchkommen. Es klappt! Nach ca. 15 Minuten Buckelpiste haben wir die Baustelle tatsächlich umfahren und erreichen wieder die geteerte Straße. Beim Blick nach links allerdings sehen wir plötzlich eine freie Straße, da der Baustellen-LKW soeben den Weg geräumt hat. Ja das läuft ja super gerade…es scheint unsere Woche zu sein! Egal, wir sind da, wo wir hinwollen und das ohne einen riesigen Umweg, also alles fein!

Was als nächstes folgt, ist eine 5-stündige Autofahrt durch die Berge, bei der wir mehrere Pässe auf einer Höhe von bis zu 3000 m und eine Länge von insgesamt 220 km bewältigen…und Sprinti macht gut mit (s. dazu unsere Route)! Schließich landen wir nach Wochen das erste Mal wieder auf einer Höhe von „nur noch“ 100 m über Null (was sich nach der langen Zeit in der Höhe richtig gut anfühlt) und merken auch, wie sich die Vegetation ändert…wir erreichen den Regenwald! Die Flussbetten enthalten plötzlich wieder Wasser, die Lianen hängen knapp über der Straße, alles ist dicht und grün bewachsen, wir fahren nun vorbei an Mangobäumen und Bananenstauden. Draußen riecht es nicht mehr nach Abgasen, sondern nach Bäumen und Blumen…da atmen wir doch mal tief durch! Auch die Temperatur und Luftfeuchtigkeit ändern sich…hatten wir doch zuletzt um die 20-25 Grad und eine sehr trockene Luft, liegen wir nun bei 30-40 Grad und einer Luftfeuchtigkeit von bis zu 95%…ohne jegliche Abkühlung in der Nacht. Aber es ist lange nicht mehr so staubig wie in den letzten Monaten und das gefällt uns schon mal sehr gut!

Und nun, am Abend dieses aufregenden Tages und nach den nervenaufreibenden Tagen zuvor, sitze ich nun hier im Sprinter und schreibe diese Zeilen für Euch, während mir der Schweiß von der Stirn läuft und die Musik der benachbarten Bar zu uns herüberschallt. Warum wir nicht draußen sitzen, fragt Ihr Euch? Die Antwort lautet: Kleine schwarze Viecher, die nur halb so groß sind wie Mücken und beißen als wären sie doppelt so groß. Unabhängig von der Temperatur (von den 8 Grad sind wir gerade wirklich meilenweit entfernt!) haben Mexiko und Kanada also auch ihre Gemeinsamkeiten.

Morgen geht es dann für uns weiter…also drückt uns und Sprinti die Daumen, dass weiterhin alles reibungslos läuft!

Habt eine schöne Woche!

Reiseberichte Mexiko

Jetzt hat es uns auch erwischt (#039)

5. März 2023

– Von der Sonnenpyramide zum Popocatepétl bis hin nach Puebla –

Mit einer ordentlichen Grippe kehren wir aus Mexiko City zurück nach Teotihuacan, wo Sprinti auf dem Campingplatz auf uns wartet. Aus Kanada besitzen wir noch eine Packung mit Corona-Schnelltests, insgesamt vier Stück. Weil wir ein mulmiges Gefühl haben, kramen wir diese Tests hervor und führen beide einen durch…und schon nach ein paar Sekunden ist klar: Wir haben beide Corona! Eindeutiger geht es fast nicht! Also hat es uns nach rund drei Jahren Pandemie auch erwischt. Kamen wir uns doch schon fast wie eine absolute Rarität vor, weil es um uns herum gefühlt jeder schon gehabt hat. Jetzt also auch wir! Na immerhin geht es meinem Handgelenk und meiner Rippe nach meinem Rollersturz wieder besser.

So verbringen wir die nächsten Tage quasi in Selbstisolation auf dem Campingplatz und halten uns lediglich in oder um Sprinti herum auf. Die Platzbesitzerin Mina, eine ältere mexikanische Dame, weiß Bescheid und ist ganz lieb und fürsorglich. Glücklicherweise haben wir beide keinen schweren Verlauf, sondern eher eine ordentliche Grippe mit Gliederschmerzen und verstopften Nasennebenhöhlen…das allerdings über einen recht langen Zeitraum von 14 Tagen. Aber gut, dann haben wir das auch hinter uns! Hier ein paar wenige Bilder, von dem netten Städtchen, in dem wir uns gerade aufhalten (die Fotos hatten wir bereits vor Corona geschossen)…

Als es uns wieder einigermaßen gut geht, ziehen wir weiter und verlassen Mina und unseren kleinen Campingplatz. Nicht weit davon erntfernt liegen nämlich die alten Pyramiden von Teotihuacan. Sie sind eine der bedeutendsten prähistorischen Ruinenmetropolen Amerikas, die vor allem für ihre Stufentempel wie die große Sonnenpyramide bekannt sind und seit 1987 zum Weltkulturerbe der UNESCO gehören. Das Gebiet von Teotihuacán war bereits seit dem sechsten Jahrhundert v. Chr. permanent bewohnt. Zwischen 100 und 650 n. Chr. bildete die Stadt das dominierende kulturelle, wirtschaftliche und militärische Zentrum Mesoamerikas. Auf dem Höhepunkt ihrer Entwicklung hatte sie bis zu 200.000 Einwohner und war zu ihrer Zeit die mit Abstand größte Stadt auf dem amerikanischen Kontinent und somit auch eine der größten der Welt. Ab etwa 650 n. Chr. schwand ihre Bedeutung bis sie um 750, aus nicht vollständig geklärten Gründen, weitgehend verlassen wurde. Ihre kulturellen Einflüsse prägten Zentralmexiko aber noch bis zur spanischen Eroberung Mexikos. Die Azteken fanden Teotihuacan bei ihrer Einwanderung ins Hochland von Mexiko bereits als Ruinenstadt vor, die seit Jahrhunderten verlassen war. Sie sahen in ihr einen mystischen Ort und gaben ihr den bis heute fortlebenden Namen „Teotihuacan“, der so viel bedeutet wie „Wo man zu einem Gott wird“.

Das schauen wir uns doch einmal näher an…

Anschließend geht es für uns weiter zum nahegelegenen Popocatepétl, ein Vulkan am Rande des Hochlands. Er gilt als einer der aktivsten Vulkane Mexikos und auch wir sehen, wie weißer Rauch aus ihm emporsteigt. Und während ich hier so sitze und den Artikel für Euch schreibe (also ein paar Tage später), erhalten wir auf unserem Handy den Warnhinweis, dass der Vulkan nun eine erhöhte Aktivität aufzeigt, Lava spuckt und ein Ascheregen zu erwarten ist. Glücklicherweise zieht der in die andere Richtung, so dass wir momentan nichts zu befürchten haben. Der Popocatepétl hat eine derzeitige Höhe von bis zu 5452 m, damit ist er der zweithöchste Vulkan Nordamerikas sowie der zweithöchste Berg Mexikos. Daneben befindet sich der Schwestervulkan Iztaccíhuatl, der mit 5230 m den dritthöchsten Berg Mexikos darstellt. Auch zu der Entstehung und Namensgebung beider Vulkane gibt es, typisch mexikanisch, eine Geschichte:

Einer aztekischen Sage zufolge lebten früher ein Häuptling und seine Frau in Tenochtitlan. Der Häuptling war ein berühmter Eroberer, der von allen Azteken geliebt wurde. Er und seine Frau waren besorgt, dass sie kein Kind mehr bekommen würden. Doch eines Tages gebar die Ehefrau ein Mädchen, das so schön war wie seine Mutter. Das Mädchen wurde „Iztaccíhuatl“ genannt, was auf Náhuatl „Weiße Dame“ bedeutet. Alle Ureinwohner liebten Iztaccíhuatl und ihre Eltern. Das Mädchen wurde darauf vorbereitet, eines Tages die Rolle ihres Vaters als Anführerin zu übernehmen. Als Iztaccíhuatl älter wurde, verliebte sie sich in den Anführer eines anderen Stammes, Popocatépetl. Eines Tages brach ein Krieg aus und die Kämpfer mussten mit ihren Truppen in den Süden ziehen, um den Feind zu besiegen. Der Häuptling erzählte Popocatépetl, dass er seine Tochter heiraten könne, wenn er ihm den Kopf des Feindes bringe. Popocatépetl zog in den Krieg, Iztaccíhuatl blieb zurück.

Nach mehreren Monaten kehrte ein Krieger zurück, der Popocatépetl hasste. Er überbrachte die falsche Nachricht, dass seine Armee gewonnen hätte, aber Popocatépetl gefallen wäre. Der Häuptling war traurig als er das hörte und Iztaccíhuatl konnte nicht aufhören zu weinen. Sie verließ das Haus nicht mehr, aß und trank nichts, sodass sie nach wenigen Tagen an ihrem Kummer starb. Als der Häuptling die Beerdigung seiner Tochter vorbereitete, kehrte Popocatépetl mit seinen Truppen erfolgreich aus dem Krieg zurück. Popocatépetl sah seine tote Geliebte und verfiel in Trauer. Er trug Iztaccíhuatl in seinen Armen aus der Stadt hinaus einen weiten Weg bis zu einem Berg. Dort befahl er seinen Kriegern, ein Grabmal zu errichten, und legte seine Geliebte behutsam darauf. Dann kniete er sich neben sie und blieb bei ihr, bis auch er an seinem Kummer starb.

Die Götter waren berührt von Popocatépetls Opfer. Sie verwandelten das Grabmal und die beiden Verstorbenen in einen Berg bzw. in einen Vulkan. Der Berg, der nach Iztaccíhuatl benannt wurde, sieht aus wie eine schlafende Frau. Der Name „Popocatépetl“ bedeutet auf Náhuatl „Rauchender Berg“, da aus dem Vulkan ab und zu Rauch aufsteigt. Damit zeigt Popocatépetl, dass er immer über Iztaccíhuatl wacht, die an seiner Seite schläft.

Die Vulkane Popocatepétl (links) und Iztaccíhuatl (rechts)

Glücklicherweise ist zu diesem Zeitpunkt von erhöhter Aktivität des Vulkans noch nicht die Rede und so fahren wir mit Sprinti hoch zum Aussichtspunkt auf 3700 m. Allerdings merken wir bei dieser dünnen Luft schnell, dass wir doch noch nicht wieder so ganz fit sind und so machen wir uns recht fix wieder auf den Weg abwärts…und dieser Weg hat es in sich! Ist er doch die schlechteste Straße, die wir bisher auf unserer Reise gefahren sind. Es handelt sich um einen kurvigen, ungeteerten und sandigen Weg mit tiefen Spurrillen und vielen herausstehenden Steinen. Wir werden ordentlich durchgerüttelt…und Sprinti erst! So benötigen wir für 15 Kilometer sage und schreibe mehr als eine Stunde Fahrzeit! Währenddessen erreichen wir auch den nächsten Bundesstaat…Puebla (s. dazu auch unsere Route).

Als wir diesen Weg endlich hinter uns haben (dennoch bleiben wir auf einer Höhe von 2300 m), erreichen wir kurz darauf das Städtchen Cholula de Rivadavia (kurz: Cholula). Dieser Ort ist ebenfalls bekannt für seine Pyramiden…Ihr seht schon, wir sind gerade auf dem Pyramiden-Trip! Und zwar ist die Pyramide von Cholula dem Volumen nach die größte bekannte Pyramide der Welt. Das vorhispanische Bauwerk hat nämlich ein Volumen von etwa 4,45 Mio. Kubikmetern mit einer Grundfläche von 450 × 450 m. Allerdings ist es mit der jetzigen Höhe von 66 m deutlich kleiner als die Cheops-Pyramide in Ägypten und auch 4 m niedriger als die Sonnenpyramide in Teotihuacán. Die Ausgrabungen zeigen jedoch, dass sie früher höher gewesen sein muss. Das Besondere an dieser Pyramide ist zudem, dass sie vollkommen überwuchert ist und daher eher einem natürlichen Berg als einer Pyramide gleicht. Nur Teile der Pyramide sind freigelegt und lassen weitere Ruinen unter unseren Füßen vermuten. Leider ist der Tunnel in die Pyramide derzeit gesperrt, so dass wir keinen Blick „hinein“ werfen können. Nach der spanischen Eroberung wurde im 16. Jahrhundert zudem auf der Pyramidenspitze die Kirche „Iglesia de Nuestra Señora de los Remedios“ errichtet. 1804 bestimmte Alexander von Humboldt vor Ort die Höhe und geographische Position der mehrfach überbauten Anlage. Dort kraxeln Peter und ich hoch und haben einen tollen Blick auf die beiden Vulkane und über die gesamte Stadt, die für ihre vielen Kirchen und Kapellen (insgesamt 159) bekannt ist.

Anschließend schlendern wir weiter durch den Ort und kehren in ein Restaurant namens „Milli“ ein (diesen Tipp hatten wir vor einigen Wochen von dem schweizer Pärchen Claudia und Thomas bekommen), bei dem alle Speisen (und selbst das Bier) hauptsächlich aus Mais hergestellt werden…sehr lecker! Es gibt hier in Mexiko nämlich nicht nur den gelben Mais, den wir aus Deutschland kennen, sondern z.B. auch bunten oder fast schwarzen Mais.

Dann laufen wir zurück zu unserem Campingplatz am Rande von Cholula. Bereits den gesamten Tag und auch in der Nacht wundern wir uns über unzählige laute Knallgeräusche, quasi wir Feuerwerkskörper, und erschrecken so manchses Mal, scheinen sie doch aus sämtlichen Richtungen zu kommen. Auch in der folgenden Nacht lassen sie uns immer wieder aufschrecken, klingt es teilweise so, als würden sie direkt neben Sprinti gezündet. Wie wir dann erfahren, wird so in Mexiko die Fastenzeit eingeläutet und das angeblich vier Tage lang…ich hoffe ja, das „Böllern“ hat schneller ein Ende! Wir müssen schmunzeln bei dem Gedanken daran, dass zum Jahreswechsel in Tecolote vor knapp zwei Monaten ja nicht eine Feuerwerksrakete oder ähnliches gezündet wurde (s. dazu Artikel „Ein etwas anderer Jahreswechsel #031“) und jetzt gleich vier Tage lang…allerdings leider nur der Knall ohne schöne Figuren am Firmament…schade eigentlich! Letztendlich werden aus den vier Tagen sogar sechs Tage inkl. Dauerbeschallung am Wochenende mit ca. 30 Detonationen pro Stunde und einem Musikkonzert bis morgens um 5 Uhr. Nun ja, mit der Zeit gewöhnt man sich daran! Trotzdem freuen wir uns als wieder ein wenig Ruhe einkehrt…ja, man wird ja doch älter!

Eigentlich wollten wir Cholula auch schon viel schneller wieder verlassen, aber dann nutzen wir doch nochmal die Mercedes-Werkstatt im benachbarten Puebla, um einen Fehlercode auszulesen und zu beheben. Es ist schon enorm, welchen Belastungen die Fahrzeuge hier ausgesetzt sind, aber dazu wird voraussichtlich nochmal ein getrennter Artikel erscheinen. Weil sich der ganze Vorgang etwas hinzieht, bleiben wir also etwas länger als geplant auf dem Campingplatz in Cholula und nutzen die Zeit für einen Besuch der historischen Altstadt von Puebla, denn die kann sich wirklich sehen lassen und ist seit 1987 bei der UNESCO als Weltkulturerbe anerkannt. Puebla ist mit 1,5 Mio. Einwohnern die Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates und ist tatsächlich eine für ihre Schönheit berühmte Stadt, in der das alte und das neue Mexiko aufeinandertreffen…die Werkstätten der Talavera-Keramik und anderer kunsthandwerklicher Erzeugnisse, die vier Jahrhunderte alten Gebäude der Kolonialzeit und moderne Industrie. So wurde die Altstadt von Puebla 2013 (analog zu Veracruz) der vierfache Heldentitel verliehen, der offizielle Name lautet seitdem „Cuatro Veces Heroica Puebla de Zaragoza“ („Viermal Heroische Stadt Puebla de Zaragoza“).

Und die Stadt hält, was sie verspricht…

Wir schlendern durch die Straßen, besuchen die prunkvolle Kathedrale von Puebla, beobachten Straßenkünstler, entdecken die vielen kleinen Läden mit wirklich schönen Sachen (bei dem ein oder anderen antiken Möbelstück würden wir am liebsten zuschlagen…was in Sprinti allerdings mehr als unpraktisch wäre) und stöbern auch hier wieder auf den Märkten der Stadt.

Auch diese Stadt ist wieder so schön bunt, was sich durch farbenfrohe Häuser und Wandmalereien bemerkbar macht. Neben der Sonne und dem strahlendblauen Himmel sorgt es sofort für eine positive Stimmung, was man auch den Menschen hier vor Ort anmerkt. Alle haben Spaß und genießen den Tag…so wie wir!

Dann irgendwann packt uns der Hunger und so landen wir, dieses Mal allerdings mehr oder weniger zufällig, erneut in einem Restaurant („Maiz Criollo“), das sich auf die Verarbeitung von Mais spezialisiert hat. So gibt es für uns neben Mais-Bier auch Mais-Tortillas und einen Mais-Käsekuchen. Peter bestellt zudem eine weitere Spezialität…Mole! Mole ist ein Name für verschiedene Saucen der mexikanischen Küche, deren Gemeinsamkeit die Chilischoten sind und die Tatsache, dass sie immer gekocht werden. Das Wort „Mole“ kommt von dem Wort „Molli“ der indigenen Sprache Nahuatl und bedeutet so viel wie „Mischung“ oder „Gebräu“. Ihre braune Farbe erhält die Mole durch die Bitterschokolade, mit der sie zubereitet wird. Um die 35 verschiedene Zutaten, darunter Chilis, Gewürze, Nüsse und eben die ungesüßte Schokolade, bilden die Mole. Je nach Rezept kann eine Mole aber auch aus bis zu 75 verschiedenen Zutaten bestehen. Und was können wir sagen…es schmeckt lecker!

Dann machen wir uns wieder auf den Weg zurück zum Campingplatz. Was uns dabei erneut auffällt ist, dass es sich quasi bei jedem zweiten Auto hier um einen Volkswagen handelt und schnell wird auch klar warum…sitzt hier in Puebla doch ein riesiges VW-Werk, es handelt sich hierbei tatsächlich um die Zentrale Nordamerikas mit rund 14.000 Mitarbeitern. Es ist dadurch auch der größte Arbeitgeber Pueblas und bis 2003 lief hier auch wirklich noch der „alte“ VW-Käfer vom Band…auf den Straßen Mexikos gibt es übrigens auch heute noch sehr viele davon (ähnlich wie den VW-Bulli). Ungefähr 90% der in Puebla gefertigten Autos werden exportiert…und das in weltweit 100 Länder. Wir sind zudem erstaunt, welche Modelle es von Volkswagen hier alles gibt. Neben den auch bei uns bekannten Fabrikaten wie Passat, Jetta, Vento, Polo, Golf, Amaroc, Caddy, Crafter, Tiguan, T-Roc, Käfer, Beetle, Bulli, Lupo und Up, gibt es hier zusätzlich auch einen Gol (nein, ich habe hinten kein „f“ vergessen!), einen Pointer (sieht aus wie ein Polo), einen Derby (sieht ebenfalls aus wie ein Polo), einen Classico (Ähnlichkeit mit Jetta), einen Virtus (Ähnlichkeit mit Passat), einen Tao (ebenfalls Ähnlichkeit mit Passat), einen Teramont (Ähnlichkeit mit Tiguan), einen Nivus (SUV), einen T-Cross (sieht aus wie ein T-Roc), einen Taigun (Ähnlichkeit mit Golf), einen Cross Sport (sieht aus wie ein Tiguan), einen Saveiro und einen Robust (beide mit Ladefläche). Und jeden Tag entdecken wir neue Modelle…das ist echt verrückt! Von einigen konnten wir auch schon ein Bild erhaschen…

Das war es dann erstmal wieder für diese Woche…alles weitere dann beim nächsten Mal!

Macht’s gut!

Reiseberichte Mexiko

Von Mumien, Silberminen und Schmetterlingen (#037)

19. Februar 2023

– Und ganz vielen bunten Häusern –

Nachdem wir die Stadt Tequila verlassen haben, führt es uns weiter ins Landesinnere. So durchkreuzen wir auch Guadalajara, die Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco und mit ca. 1,9 Mio. Einwohnern und ca. 5 Mio. in der Metropolregion die zweitgrößte Stadt in Mexiko. Da wir zuletzt recht viele Städte besucht haben und auch noch einige auf unserer Agenda stehen, machen wir zwar einen Schlenker durch die Stadt, belassen es aber dieses Mal beim Durchfahren.

Unser Ziel für diesen Tag ist Charly’s Restaurant & RV Park in Santa Elena. Charly ist ein Schweizer, der seit über dreißig Jahren in Mexiko lebt und durch sein europäisch/schweizerisch angehauchtes Essen immer auch wieder Europäer anlockt. Als wir dort ankommen, stehen auf dem eigentlich recht kleinen Platz bereits viele Schweizer und auch einige Deutsche. So treffen wir tatsächlich Brigitte und Bernhard wieder, mit denen wir auf der Baja am Strand Silvester gefeiert haben. Und auch Michaela und Peter (exploring 509) aus Deutschland, die seit einigen Jahren mit ihrem Expeditionsfahrzeug unterwegs sind, lernen wir dort kennen. So sitzen wir abends alle bei Charly beisammen, tauschen uns über unsere Reisegeschichten aus und haben viel Spaß zusammen. Tagsüber nutzen wir die Zeit für ein paar Erledigungen (so spielt Peter meinen Friseur und ich muss sagen, er schlägt sich wirklich gut dabei) und statten auch der kleinen Käserei in den Bergen einen Besuch ab, die bekannt ist für ihren französischen Käse. So landen Camembert, Brie, Parmesan, Grüyere und Raclette-Käse in unserem Einkaufskorb…da man sowas hier eher selten bekommt, nutzen wir das vollends aus! Nachmittags bleibt auch noch ein wenig Zeit für einen Apfelstrudel bei Charly…auch das muss sein!

Dann geht es für uns weiter nach Guanajuato, eine Stadt in Zentralmexiko mit zirka 194.500 Einwohnern und Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates. Guanajuato ist eine der legendären Silberstädte Mexikos, die einen Teil des spanischen Reichtums in der Frühen Neuzeit begründeten. So war es zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit 65.000 Einwohnern nach Havanna und Mexiko City die drittgrößte Stadt der westlichen Hemisphäre. Seit 1988 ist die Stadt auch Weltkulturerbe. Guanajuato liegt auf einer Höhe von etwa 2000 Metern über dem Meeresspiegel in einem engen Gebirgstal und das Stadtbild zeichnet sich durch sehr viel Architektur aus kolonialer Zeit, sowie engen und verwinkelten Straßen aus. Und das bekommen wir am eigenen Leib zu spüren…und Sprinti auch! Hier der abenteuerliche Weg zu unserem Stellplatz mitten in der Stadt…(das Video ist mit ca. 9 Minuten zwar ein wenig länger, aber wir wollten Euch einfach mal mitnehmen in unseren Reisealltag).

Nachdem Sprinti gut und sicher geparkt ist, machen Peter und ich uns zu Fuß auf ins Stadtzentrum. Die farbenfrohen Häuser und engen Gassen verleihen ihr einen ganz besonderen Charme. Wir erkunden die Markthalle und essen dort frischgemachte Tortillas, schlendern vorbei an vielen Verkaufsständen, beobachten die Mexikaner, wie sie ihre Stadt genießen, gönnen uns ein Eis in der Sonne und laufen hoch zum Aussichtspunkt mit einem tollen Blick auf diesen besonderen Flecken Erde…auch wenn der Weg hoch definitiv nicht zu unseren Lieblingsbeschäftigungen gehört…meine lädierte Rippe lässt grüßen! Aber die Aussicht entschädigt für alles…

In einer Gasse liegen die Häuser sogar so dicht beieinander, dass man sich von dem einen auf den anderen Balkon küssen kann. Dahinter liegt eine ganz besondere Geschichte:

Ana war die Tochter eines kontrollierenden Spaniers, der fest entschlossen war, dass sie einen reichen Mann heiraten soll. Er war so zielstrebig in seinen Plänen für sie, dass er alles tun würde, um sie daran zu hindern, mit jemandem zu sprechen, den er für zu arm hielt. Eines Tages jedoch, als sie durch die Straßen von Guanajuato schlenderte, traf sie einen gutaussehenden, aber bescheidenen Bergmann namens Carlos, und die beiden verliebten sich sofort ineinander. Gegen den Willen ihres Vaters traf sich Ana heimlich mit Carlos. Nachdem Anas Vater jedoch Gerüchte über Treffen des Paares gehört hatte, folgte er ihr und erwischte das Paar zusammen. Wütend verbannte der Vater Ana in ihr Schlafzimmer, schloss die Tür ab und gelobte, sie einem alten, reichen Adligen aus Spanien zu verheiraten. Von seiner Liebe getrennt, besuchte Carlos mit gebrochenem Herzen Anas Haus. Als er dort ankam, bemerkte er, dass sich Anas Schlafzimmer in einer sehr engen Gasse befand und in unmittelbarer Nähe ein weiteres Haus mit einem Balkon zu ihrem Schlafzimmer lag. Mit neuer Hoffnung ging Carlos zum Besitzer des Hauses und bot an, es zu kaufen. Der Besitzer weigerte sich und verlangte mehr Geld. Carlos hob sein Angebot an, aber der Besitzer lehnte erneut ab. Carlos erhöhte sein Angebot wiederum, aber der Eigentümer lehnte ein weiteres Mal ab. Der Besitzer begann ein wenig irritiert über Carlos‘ Beharrlichkeit zu sein und hob den Preis so sehr an, dass er dachte, Carlos würde ihn in Ruhe lassen. Carlos akzeptierte jedoch und sammelte jede letzte Münze, die er dem Mann bezahlen musste. Jetzt, als stolzer Besitzer eines Hauses in unmittelbarer Nähe von Anas Schlafzimmerfenster, rief er zu seiner Geliebten. Das Paar umarmte sich von Balkon zu Balkon und versprach, sich jeden Abend zu sehen. Aber eines Nachts, als die Liebenden in einen leidenschaftlichen Kuss versunken waren, betrat Anas Vater ihr Schlafzimmer. Als der Vater seine Tochter in den Armen des bescheidenen Bergmanns sah, geriet er in einen heftigen Wahnsinn, hob einen Dolch auf und stieß ihn in die Brust seiner Tochter, wodurch sie getötet wurde. Einige sagen, dass Carlos in seiner Verzweiflung, seine Liebe zu beschützen, versuchte, von seinem Fenster in Anas Schlafzimmer zu springen, aber zu Boden stürzte, die dritte Stufe traf und sich das Genick brach. Andere sagen, dass er, nachdem er Anas leblosen Körper gesehen hatte, von Trauer überwältigt war und an seinem Arbeitsplatz, der La Valenciana Mine, Selbstmord begangen hatte.

Jetzt ist „El Callejon del Beso“ (Die Gasse des Kusses) eine der berühmtesten Touristenattraktionen von Guanajuato. Es heißt, Paare sollten auf der dritten Stufe (extra rot gestrichen) stehen und sich küssen, um ein Leben voller Glück in der Liebe zu genießen. Wir machen einen kurzen Abstecher dorthin, als wir aber diesen Touristenansturm sehen, machen wir direkt kehrt. Peter und ich sind uns sicher, dass unsere Liebe nicht von diesen Balkonen oder von irgendeiner Stufe abhängt (also toi toi toi…ich klopfe auf Holz) und mein Papa ist mit meiner Partnerwahl glücklicherweise auch sehr zufrieden, so dass wir da auch erstmal nichts zu befürchten haben. 🙂

Als nächstes steht für uns ein Museum auf dem Programm…und zwar das Mumienmuseum!

Die Mumien von Guanajuato sind eine Reihe von natürlich mumifizierten Körpern, die während eines Ausbruchs der Cholera in Guanajuato im Jahr 1833 beigesetzt worden waren. Die Mumien wurden auf einem Friedhof in Guanajuato entdeckt, wodurch das „Museo de las Momias de Guanajuato“ eine touristische Attraktion in Mexiko geworden ist. Das Museum steht im Zusammenhang mit der landestypischen Totenkultur der Mexikaner, die dem Thema eine humorvolle Seite abgewinnt. Allerdings ist das Ausstellen der Mumien in Mexiko nicht unumstritten. All diese Mumien wurden zwischen 1865 und 1958 ausgegraben, als das Gesetz von den angehörigen Verwandten eine Steuer verlangte, wenn die Toten auf dem Friedhof bleiben sollten. Wenn die Angehörigen die Steuer nicht zahlten, verloren sie das Recht an dem Begräbnisplatz und die Leichen wurden ausgegraben. Bei 90 % der Toten geschah dies. Aber nur 2 % von ihnen waren auf natürliche Weise mumifiziert. Eine natürliche Mumifizierung kann besonders durch trockene Hitze, Dauerfrost, Luftabschluss oder Pech und Asphalt einsetzen. Bei anhaltender Kälte oder trockener Hitze sind die wechselwarmen, zersetzenden Bakterien kaum oder gar nicht aktiv. So können zum Beispiel Eismumien wie der „Ötzi“ entstehen. Durch den mineralreichen Boden in Guanajuato waren diese Leichname mumifiziert worden, Haut und Haare blieben erhalten. Einige von ihnen waren anscheinend lebendig begraben worden, ihr schmerzhafter Gesichtsausdruck durch die Mumifizierung eingefroren. 117 Mumien hat das Museum insgesamt und stellt dadurch weltweit die größte Sammlung von natürlich mumifizierten Leichen dar, von einem 7 Monate alten Fötus bis zu 70-jährigen Frauen und Männern. Der Anblick dieser Körper lässt gerade mich erschaudern und die dazugehörigen Geschichten zu hören ist nur schwer zu ertragen. Umso mehr wundert es uns, wie viele Familien auch mit kleinen Kindern das Museum an diesem Tag besuchen. Aber es hat wohl damit zu tun, dass die Mexikaner einen ganz anderen Umgang mit dem Tod pflegen als wir in Europa (s. dazu auch Artikel „Endlich Strand und der „Dia de los Muertos“… #029“).

(Wer ein wenig dünnhäutiger ist, kann die nächste Galerie einfach übrspringen.)

Der nächste Tag ist einer der besonderen Art…Peter hat Geburtstag! Da wir uns auf der Reise gegenseitig nichts schenken, darf sich das Geburtstagskind immer aussuchen, wie der Tag gestaltet werden soll. Also starten wir mit einem leckeren Frühstück (genug Käse haben wir ja jetzt!) und fahren danach zu einer alten Silbermine kurz vor Guanajuato. Man sagt, dass hier in der Bocamina San Ramon im Jahr 1549 die Mutterader des Silbers gefunden wurde, die während der Zeit des Vizekönigreichs die reichste der Welt war, was der Region einen wichtigen Aufschwung brachte und zum Wachstum dieses gesamten Gebiets beitrug. In der Nacht des 15. Juli 1880 stürzten plötzlich Wassermassen der benachbarten Schächte von Santo Cristo abrupt in die von Valenciana und San Ramón. Dies führte dazu, dass der aufgebaute Druck Arbeiter, Steine ​​und Gerüste über große Entfernungen in die Luft schleuderte. Diese Tatsache führte dazu, dass La Bocamina lange Zeit als Beispiel einer Bergbaukatastrophe in Erinnerung blieb. Der Abstieg ins Bergwerk betrug ursprünglich 520 Meter, heute ist aus Sicherheitsgründen nur noch der Abstieg bis 60 m erlaubt. Und die marschieren auch wir bergab in die feuchte, nur wenig beleuchtete Mine und bekommen einen Eindruck, wie der Arbeitsalltag eines Minenarbeiters hier ausgesehen haben mag. Ursprünglich wollten wir die größten Minen der damaligen spanischen Kolonien in Zacatecas besuchen, doch aufgrund der derzeitigen Unruhen dort vor Ort, haben wir uns für den Besuch der Mine hier in Guanajuato entschieden. So wurden damals viele Ureinwohner Mexikos zur Arbeit in den Minen zwangsrekrutiert, dies trug auch entscheidend zum Reichtum der spanischen Krone im 16. Jahrhundert bei. Wenn man eine menschliche Bilanz der spanischen Kolonialisierung Ende des 16. Jahrhunderts ziehen muss, dann sind Landnahme, Massaker, Versklavung und Epidemien die Ursachen für die Massenausrottung der indigenen Bevölkerung…auch hier in Mexiko.

Noch am selben Tag geht es für uns weiter, denn Peter hat für seinen Geburtstag noch einen zweiten Besuchswunsch. Wir erreichen den Bundesstaat Michoacán und fahren dort zum Biospärenreservat Santuario Mariposa Monarca. Der Name steht für unzählige Monarchfalter, die sich hier momentan aufhalten. Der Monarchfalter ist der am besten erforschte Schmetterling Nordamerikas (Kanada, USA und Mexiko) und ein berühmter Wanderfalter. Einzelne Tiere legen bei Wanderungen im Herbst in Nordamerika bis zu 3600 Kilometer zurück. Die östliche Population in Nordamerika überwintert mit mehreren 100 Millionen Tieren auf wenigen Hektar in der mexikanischen Sierra Nevada. Wir befinden uns mittlerweile auf über 3000 m Höhe und wandern einen steilen Berg hoch, bei dem meine Rippe bei der ganzen Schnappatmung „juchuu“ schreit. Alternativ hätte man auch hoch reiten können, aber das wollten wir den Tieren dann auch nicht antun. Letztendlich werden wir aber auch hier wieder bestens entschädigt und können oben dieses tolle Naturspektakel in vollen Zügen genießen. So werden wir an diesem Tag Zeuge eines ganz besonderen Naturschauspiels von mehreren Millionen Tieren, die vor uns auf Bäumen und Pflanzen sitzen oder zahlreich durch die Luft fliegen und uns ein wunderschönes Bild vermitteln.

Die Monarchfalter orientieren sich übrigens bei ihren Wanderungen am Sonnenstand und korrigieren den Azimut während des Tages, um den Kurs zu halten. Durch die Wahrnehmung polarisierter Ultraviolettstrahlung ist diese Navigation auch bei bedecktem Himmel möglich. Zusätzlich haben sie im Kopf Magnetit eingelagert und können sich dadurch mit Hilfe des Erdmagnetfelds und ihres Magnetsinns orientieren. Bei ihren Wanderungen nutzen sie außerdem Landmarken wie etwa die Sierra Madre Oriental, der sie im Herbst entlang nach Süden mit leichter Ostausrichtung folgen, nachdem sie zuvor eine südwestliche Richtung durch Nordamerika geflogen sind. Ebenso dienen Gewässer wie große Flüsse oder Seen und die Meeresküsten der Orientierung. Die Natur ist echt unglaublich!

Wir hatten Glück, so gehörten wir in der Abendsonne zu den letzten Besuchern, die noch hoch zu den Schmetterlingen durften. Als wir wieder am Parkplatz ankommen, ist es Zeit für ein kleines Abendessen und ein Geburtstagsbierchen, bevor sich der Tag dem Ende zuneigt.

Nach einer Nacht bei Temperaturen von -1 Grad (wir sind ja auf über 3000 m Höhe) sind wir wieder einmal froh, dass wir Sprinti so gut isoliert haben, die Kälte konnte uns somit nichts anhaben. Wir machen uns schon früh auf den Weg, denn heute wollen wir die Grenze zum Bundesstaat Mexiko (ja, den gibt es neben Land und Stadt mit selbigem Namen auch noch) erreichen. Dabei gilt es gewisse Dinge zu beachten, wenn man nicht angehalten und zu einer hohen Geldstrafe verdonnert werden möchte. So dürfen an jedem Tag nur Fahrzeuge mit gewissen Kennzeichen fahren, um Luftverschmutzung und zu viel Verkehr einzudämmen. Wer wann fahren darf, richtet sich nach der letzten Zahl auf dem Autokennzeichen, so dürfen wir mit der „3“ mittwochs und samstags (jeweils ganztägig) nicht fahren und außerdem täglich nicht morgens zwischen 5-11 Uhr. Letzteres resultiert daraus, dass wir kein Kennzeichen aus dem Staat Mexiko besitzen. An diesem Tag, es ist ein Dienstag, dürfen wir also mit Sprinti fahren. Wir warten an einer Tankstelle (und verbringen die Zeit mit Artikelschreiben etc.) bis es 11 Uhr ist und dann geht es ab über die Grenze zum Bundesstaat Mexiko. Auch Mexiko City kommen wir somit immer näher und können diese riesige Stadt bereits aus der Ferne beobachten. Auf unserem Weg kommen wir zudem wieder an unzähligen Straßenständen vorbei, an denen frisches Essen zubereitet wird und die meist von der gesamten Familie über mehrere Generationen betrieben werden. Außerdem scheinen hier in Mexiko Autositze oder gar Kindersitze nicht so eine große Rolle zu spielen, schließlich gibt es doch hinten eine Ladefläche, auf er nicht nur Tiere oder Gegenstände transportiert werden können…

Unser Weg führt allerdings erstmal nach Teotihuacan, nördlich von Mexiko-Stadt (s. dazu unsere Route). Dort erreichen wir einen Wohnmobilplatz, der zum einen einen Mechaniker an Bord hat und zum anderen ein guter Ausgangspunkt für unsere Fahrt rein nach Mexiko City ist, weil Sprinti hier ein paar Tage ohne uns, aber dennoch bewacht stehen kann. Mit Mechaniker Erik untersuchen wir direkt mal Sprintis Stoßdämpfer, weil die auf den letzten rund 45.000 km ordentlich herhalten mussten, besonders auch bei den Straßenverhältnissen hier in Mexiko. Und richtig genug, es wird dringend Zeit für Neue. Erik tätigt zwei Telefonate und einen Tag später hat Sprinti bereits neue Stoßdämpfer und das sogar von der gleichen Marke wie zuvor. Sehr schön! Auch unser Gebläse hat bei all dem Staub und Geruckel hier einen Wackelkontakt, aber Dank Erik bekommen wir auch das wieder hin. Ebenfalls sehr schön!

Dann heißt es für uns „Tasche packen“, denn als nächstes geht für uns in die Hauptstadt…namens Mexiko City!

Aber dazu dann beim nächsten Mal mehr…

Reiseberichte Mexiko

Ein Tequila in Tequila (#036)…

12. Februar 2023

– …oder auch zwei oder drei… –

Und wo müssen wir natürlich auch hin, wenn wir schon mal in Mexiko sind? Na klar…nach Tequila! Tequila (vollständig „Villa de Santiago de Tequila“) ist eine Kleinstadt mit rund 29.000 Einwohnern, die von Franziskanern im Jahr 1530 gegründet wurde. Bereits 1600 errichtete Don Pedro de Tagle (es wundert mich nicht, dass da ein „Peter“ die Finger mit im Spiel hatte) die erste Tequila-Fabrik im Ort. Die Gegend hat ein subtropisches Klima mit einem Jahresdurchschnitt von 23,2 °C und Niederschlägen von 1073 Millimetern, was ideal für den Agavenanbau ist, da diese keine zusätzliche Wässerung benötigen…zumindest derzeit noch nicht. Durch die Einnahmen aus der Tequilabrennerei ist die Stadt zu großem Wohlstand gelangt und hat daher ein sehr gepflegtes Äußeres. Tequila ist ebenfalls ein sogenanntes Pueblo Mágico und beliebtes Ziel ausländischer Touristen. So auch für uns!

Schon als wir den Bundesstaat Jalisco erreichen, ändert sich nicht nur das Landschaftsbild sondern auch die Landwirtschaft. War sie vorher geprägt von Chili-, Mais- und Limettenfeldern, sind es jetzt Zuckerrohr-, aber vor allem Agavenplantagen so weit das Auge reicht. Die Stadt Tequila kann also nicht mehr weit sein, sind Agaven doch der Hauptbestandteil von dem gleichnamigen Getränk.

Mit Jalisco erreichen wir nun nach Baja California, Baja California Sur, Sinaloa, Chihuahua, Durango und Nayarit auch den siebten Bundesstaat Mexikos ( s. dazu unsere Route) und wechseln zum sechsten Mal die Zeitzone. Manchmal blicken wir bei den Uhrzeiten auch einfach nicht mehr durch, weil bei uns gefühlt jede Uhr ihr eigenes Ding macht.

Schon als wir nach Tequila hereinfahren, erleben wir warum diese Stadt so bekannt ist. An allen Ecken werden Touristentouren zu den Agavefeldern inkl. Abstecher zu den Destillerien und Verköstigung angeboten. Bei vielen dieser Touren wird man in einem Fahrzeug, das aussieht wie ein Holzfass, umherkutschiert. Wir können durchaus nachvollziehen, warum man hier sicherlich gut „versacken“ kann. Unser Plan an diesem Tag ist allerdings ein anderer…wir wollen einzelne gute Destillerien besuchen, viel darüber lernen, wie ein Tequila hergestellt wird und worauf es ankommt…und natürlich wollen wir dann auch das ein oder andere Tröpfchen probieren. Wir haben uns zuvor also zwei Destillerien herausgesucht: El Tequileño und José Cuervo, letztere ist die älteste Tequila-Brennerei der Welt. Also auf geht’s!

In den engen Gassen Tequilas finden wir zwischen all den Destillerien, die meist hinter Mauern und Toren versteckt liegen, einen guten Parkplatz für Sprinti und können so alles fußläufig erreichen…was bezüglich unseres Vorhabens schon mal sehr sinnvoll ist! Als erstes laufen wir zur Brennerei „El Tequileño“, die 1959 von Jorge Salles Cuervo gegründet wurde. Wir erfahren, dass eigentlich nur vormittags Führungen stattfinden, da auch nur dann die Maschinen laufen und beim Entstehungsprozess live zugeschaut werden kann. Doch spontan bietet man uns eine Privatführung an…dann halt ohne laufende Maschinen. Wir erfahren dennoch viel vom gesamten Herstellungsprozess, von der Ankunft der Agave (es werden hier 6-8 Jahre alte blaue Agaven aus dem Hochland genommen) und auch vom Brennprozess (die Agaven werden 36-40 Stunden in einem Ofen dampfgegart). Anschließend wird reines vulkanisches Quellwasser (El Tequileño ist eine von nur vier Destillerien, die Zugang dazu hat) für den gesamten Mahlprozess verwendet, um den natürlichen Zucker zu extrahieren. Bei der anschließenden Fermentierung spielen u.a. 150 Jahre alte Mangobäume eine Rolle. Dann erfolgt die Destillation in großen Kupferkesseln, bevor der Tequila in großen Eichenfässern für mehrere Jahre (für einen guten Tequila sollten das 5-7 Jahre sein) „reift“. Derzeit werden in dieser Brennerei 98 % der Produktionsabfälle in organischen Kompost verwandelt, der als Düngemittel für die nächste Agaven-Generation verwendet wird. Wenn Ihr näheres zum Entstehungsprozess erfahren möchtet, findet Ihr auf der Website von El Tequileño weitere Details inkl. Videos.

Nachdem wir dampfgegarte Agave und auch einen „frisch destillierten“ Tequila (Alkoholgehalt von 50%) bereits probiert und die einzelnen Schritte des Entstehungsprozesses kennengelernt haben, heißt es nun zur weiteren Verkostung überzugehen. So probieren wir den „Tequila Blanco“ und den „Tequila Reposado“…letzteres ist unser Favorit und so wandert ein Fläschchen auch direkt über den Ladentisch.

Nach so viel Tequila in flüssiger Form widmen wir uns anschließend erstmal dem Tequila in „städtischer“ Form und schlendern durch die Gassen der Stadt. Tequila ist wirklich ein schöner Ort und lädt zum ausgiebigen Verweilen ein. Bei einem älteren Herren, der einen Straßenstand besitzt, kaufen wir uns original Tequila-Gläser aus Tequila und lassen sie uns direkt vor Ort von ihm personalisieren, in dem er unseren Wunschtext eingraviert.

Dann kehren wir in ein Restaurant am Marktplatz ein und beobachten das bunte Treiben. So spielt die ein oder andere Mariachi-Band und einige Mexikaner, egal ob jung oder alt, lassen es sich nicht nehmen, auf der Straße dazu zu tanzen. Mariachi ist die Bezeichnung für eine typisch mexikanische Musikformation aus dem Bundesstaat Jalisco und ist nur eine der vielen Facetten der mexikanischen Volksmusik, die regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Außerhalb von Mexiko ist die Mariachi-Musik die bekannteste unter den vielen mexikanischen Musikstilen. Sie wurde 2011 von der UNESCO in die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ aufgenommen. Wieder einmal haben alle Menschen hier ein Strahlen im Gesicht und auch wir lassen uns davon anstecken. Dann entdecken wir zufällig eine anscheinend ganz besondere Tradition…

Dann geht es für uns weiter zur nächsten Destillerie…„José Cuervo“, die sowohl weltweit älteste Tequila-Brennerei als auch die mit den weltweit höchsten Absatzzahlen. Als Mexiko sich noch unter spanischer Vorherrschaft befand, bekam José Antonio de Cuervo 1758 vom spanischen König Fernando VI. eine große Fläche Land zur Verfügung gestellt, um dort den Agave-Anbau zu kultivieren. Heute wird das „Casa Cuervo“ hingegen von der Familie Beckmann geführt. Diese vermischte sich nämlich mit der Familie Cuervo, als der seinerzeitige deutsche Konsul in Guadalajara eine Frau aus der Familie Cuervo heiratete. Also steckt auch ein wenig deutsches Blut im ältesten Tequila der Welt…quasi. Da wir an diesem späten Nachmittag dort die einzigen deutsch- bzw. englischsprachigen Besucher sind, erhalten wir wieder eine Privatführung…dieses Mal von unserem Guide Diego. Diego erklärt uns ebenfalls einiges zum Herstellungsprozess und führt uns durch die Brennerei, in der wir das Ganze nun bei laufenden Maschinen beobachten können. Anschließend erhalten wir auch hier eine Verköstigung…stilecht mit Kaffeebohnen, Limettenschale, Zimtstangen, einem Cracker und gegarter Agave, um nach einzelnen Schlücken die feinen Nuancen im Kontrast noch besser zu erschmecken. Wir probieren einen „Blanco“, einen „Reposado“ und einen „Anejo“. Und wie es bei uns im Münsterland durchaus heißt…lecker Dröpken! Diego zeigt uns zudem wie genau eine Verkostung bei Profis vonstattengeht, um die einzelnen Komponenten zu erriechen und zu erschmecken…vielleicht sollten Peter und ich auch einfach ins Tequila-Geschäft einsteigen, schließlich kennen wir uns da ja jetzt voll aus! 🙂

Langsam wird es dunkel und so kehren wir zum Ende des Tages noch einmal in ein niedliches Restaurant ein, essen eine Kleinigkeit und testen eine weitere Sorte des hier ansässigen Tequilas. Es gibt in Mexiko im Übrigen etwa 130 Hersteller mit über 900 Tequila-Marken. Rund 80 % des Tequilas kommt aus dem mexikanischen Bundesstaat Jalisco. Mittlerweile beherrscht die blaue Agave weite Teile dieser Region. Darüber hinaus darf Tequila nur aus diesen Gegenden (sogenannten „Municipios“) der Bundesstaaten Nayarit (8 Municipios), Michoacán (30 Municipios), Guanajuato (7 Municipios) und Tamaulipas (11 Municipios) kommen, um sich Tequila nennen zu dürfen. Im Jahr 2005 wurden noch 40 % der Produktion auf dem heimischen Markt verkauft, 46 % in die USA und 14 % in das übrige Ausland exportiert. In der Tequilaproduktion sind, direkt und indirekt, etwa 300.000 Menschen beschäftigt. Dass man Tequila, wie bei uns üblich, mit Salz und Zitrone oder Orange und Zimt, zu sich nimmt, kennt man hier übrigens nicht. Scherzhaft haben wir mit unseren Guides vermutet, dass es nur daran liegen kann, dass der Tequila, den man bei uns bekommt, qualitativ nicht so gut ist, so dass man den Geschmack mit diesen Dingen übertünchen muss…wer weiß?!

Dann machen wir uns auf den Weg zurück zu Sprinti, der zum Glück wohlbehalten zwischen all den Brennereien auf uns wartet. Müde von dem langen Tag fallen wir ins Bett und auch wenn wir so manches Mal in dieser Nacht von vorbeirollenden LKWs, die Tequilaproduktion scheint auch nachts nicht zu schlafen, geweckt werden, so hatten wir doch einen wundervollen und interessanten Tag in der schönen Stadt namens…Tequila!

Salud!

Reiseberichte Mexiko

Auf den Spuren von John Wayne (#035)

5. Februar 2023

– Durango –

Wir verlassen El Fuerte und machen uns auf Richtung Süden. Dabei passieren wir das erste Mal in Mexiko Mautstraßen. Zum Glück geht Sprinti als „Auto“ durch, da er hinten keine Zwillingsbereifung hat. So kostet uns die Maut oft nur bis zu 5 EUR, was sich aber durchaus läppert, wenn alle paar Kilometer eine neue Mautstation auf uns wartet. Unsere kürzeste Distanz zwischen zwei Stationen war bisher lediglich die Länge einer Ausfahrt, d.h. wir wurden am Anfang der Ausfahrt und ein paar Meter weiter am Ende der Ausfahrt erneut abkassiert. Nun ja! Da die Mautstraßen oft „besser“ ausgebaut, schneller und sicherer sind, haben wir uns in diesem Fall dafür entschieden. Denn wir kommen auch an Culiacán vorbei, der Hauptstadt Sinaloas, in der es bis vor kurzem noch Krawalle gegeben hat (s. dazu Artikel „Wir erreichen das mexikanische Festland #033“). Glücklicherweise klappt alles reibungslos und wir erreichen Mazatlan, bzw. einen Campingplatz kurz vor Mazatlan, der von amerikanischen Dauercampern in Beschlag genommen worden ist. Wir sind auf dem ganzen Stellplatz tatsächlich die einzigen Europäer und gefühlt auch die einzigen, die sich hier kürzer als drei Monate aufhalten. Der Platz ist direkt am Meer und umgeben von Bettenhochburgen, wie wir es sonst nur aus europäischen Touristenorten kennen. Auch wenn der Strand eigentlich ganz schön ist, unser Fall ist es nicht so mit all den Hochhäusern. Wir ergattern noch einen Platz für Sprinti, stehen allerdings wie viele andere auch, unter Kokospalmen und so manche Kokosnuss hat auch schon den Weg Richtung Boden hinter sich. Hauptsache uns knallt hier nichts auf unsere Dachluken oder aufs Solarpanel! Wie war das noch…es sterben jährlich mehr Menschen durch herabfallende Kokosnüsse als durch Haiangriffe? Wir können gerade beides nicht gebrauchen, ehrlich gesagt! Erst Recht nicht nach meinem Sturz mit dem Motorroller in der letzten Woche (s. dazu Artikel „Das nennt man dann wohl Glück im Unglück #034“). Mein gestauchtes Handgelenk macht übrigens gute Fortschritte und schwillt langsam ab, meine geprellte Rippe zwickt und zwackt im Alltag noch ordentlich, aber hier heißt es wohl…Geduld, Geduld! Jetzt müssen wir also nur noch eine Lösung für mein kaputtes Handy finden!

Wir bleiben eine Nacht auf diesem besagten Campingplatz, die Kokosnüsse bleiben glücklicherweise am Baum und am nächsten Morgen starten wir unseren Tag mit einer kalten Dusche, bei der das Wasser aus einem simplen Rohr herausplätschert (immerhin „plätschert“ es) und die Toilette nebendran verstopft ist…auf so einer Reise härtet man ab, sage ich Euch! Aber besser als nichts!

Dann führt uns unser Weg weiter Richtung Durango, eine Stadt in den Bergen (Sierra Madre Occidental-Gebirge) des gleichnamigen Bundesstaates. Und diese Strecke hat es in sich. So führt sie hoch bis auf 2000 m und ein Tunnel folgt dem Nächsten, eine Brücke ist höher als die Andere. So überqueren wir auch die Puente Baluarte (die weiße Brücke, die auf den Fotos oben quasi schräg zusammenläuft), die mit 1142 m Länge und mit einer Höhe von 403 Metern (Höhenunterschied zwischen Talsohle und Fahrbahn), die höchste Schrägseilbrücke Amerikas ist und bis 2016 sogar die höchste Brücke weltweit war. Auch überqueren wir, wie schon auf der Baja California (s. dazu Artikel „Wir entdecken die Unterwasserwelt Mexikos #030“), erneut den nördlichen Wendekreis…was uns ehrlich gesagt aber nur auffällt, weil zwischen zwei Tunneln (die nur ca. 50 Meter auseinanderliegen) plötzlich ein kleines Schild mit der Aufschrift „Trópico de Cáncer“ (Wendekreis des Krebses) auftaucht. Auf unserer Route sehen wir zudem, wie Menschen am Straßenrand Chilis aufsammeln, die anscheinend von einem LKW gefallen sind oder wie sie mit bloßen Händen und einer Spitzhacke Steine aus Felsen meißeln, um sie für das Bauen von Gebäuden (womöglich ihrem Zuhause) nutzen zu können. Wie in Mexiko üblich verkaufen einige Straßenhändler ihre Waren und Speisen, entweder mit einem Stand am Straßenrand oder etwa voll bepackt mitten auf der Straße stehend. Auch finden sich immer wieder Fußgänger am Straßenrand der „Autobahn“, bei denen man sich fragt, woher sie kommen und wohin sie gehen. Überholverbote und durchgezogene Linien werden hier und anscheinend in ganz Mexiko übrigens nur bedingt beachtet bzw. eingehalten. So bedeutet es, wenn das Fahrzeug vor einem links blinkt, dass einem gerade niemand entgegenkommt und man überholen kann. Es wird also überholt was das Zeug hält, egal ob vor Kurven, in Tunneln (die teilweise keine Lichter haben) oder auch bei Gegenverkehr (der muss dann halt auf den Seitenstreifen ausweichen). Sehr lustig zu beobachten ist auch, dass viele Sprinti für ein öffentliches Verkehrsmittel halten, weil hier viele Busse weiße Sprinterfahrzeuge o.ä. sind. So haben wir uns anfangs gewundert, dass alle zum Straßenrand laufen, wenn wir angefahren kommen.

Dann erreichen wir Durango (eigentlich „Victoria de Durango“), die ca. 520.000 Einwohnern zählende Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates Durango sowie Sitz des Erzbistums. Durango liegt im waldreichen „Valle de Guadiana“ etwa 875 km nordwestlich von Mexiko-Stadt in einer Höhe von ca. 1880 m. Das Klima ist trocken und warm (Steppenklima) und Regen fällt nahezu ausschließlich im Sommerhalbjahr (ca. 465 mm/Jahr). Die Landwirtschaft (v. a. Maisanbau) und der Bergbau (Gold, Silber, Blei etc.) bilden die Lebensgrundlagen der Stadt, die aber auch von der Industrie und vom Handel lebt. Als wir in Durango ankommen, suchen wir als erstes einen Mobilfunk-Shop auf, um möglichst schnell eine Lösung für mein defektes Handy zu finden…leider ohne Erfolg. Aber man schickt uns zu einem Handy-Repair-Shop, der in den engen Gassen Durangos liegt. Zum Glück ist Sprinti nicht allzu breit, so dass wir gut dorthin gelangen. Besonders vorsichtig muss man allerdings bei dem Kabelgewirr sein, denn da in Mexiko sämtliche Kabel nicht unterirdisch verlegt werden, bleibt man oben auch gerne mal hängen…wir sprechen aus Erfahrung! Leider haben wir auch im Repair-Shop kein Glück, da das Bestellen eines neuen Displays mindestens zwei Wochen in Anspruch nehmen würde und die Zeit haben wir nicht. Also belassen wir es dabei und hoffen darauf, in Mexiko-Stadt erfolgreicher zu sein. Nächstes ToDo auf unserer Liste: Wir benötigen Frischwasser, das gibt es hier bei sogenannten „Agua Purificada-Läden“, die das Wasser so aufbereiten, dass es Trinkwasserqualität erhält. Leider haben alle drei Läden, die wir ansteuern, geschlossen…es ist Samstag! Also heißt es, die nächsten 1,5 Tage besonders sparsam mit unserem Wasser umzugehen und am Montag dann einen neuen Anlauf zu starten. Es ist mittlerweile spät und so wollen wir nur noch zu unserem Stellplatz für diese Nacht. Allerdings stellt sich heraus, der eigentlich anvisierte überwachte Parkplatz ist ebenfalls geschlossen und so entdecken wir letztendlich einen Stellplatz an einem gut besuchten Park, der einen sicheren Eindruck macht.

Am nächsten Tag machen wir uns dann auf Durango zu erkunden. Wir laufen durch den Park, an dessen Parkplatz wir übernachtet haben und der anscheinend an jedem Wochenende zu einer Art Freizeitpark mutiert. So kann man auf einem See Tretboot fahren und es sind jede Menge Fahrgeschäfte für Kinder und unzählige Buden aufgebaut. Nicht jedes Fahrgeschäft sieht funktionstüchtig aus und die, die in Betrieb sind, quietschen auch ordentlich, aber das wird einfach von der lauten Musik übertönt. Die Kinder sind happy! Wir laufen weiter Richtung Zentrum. Durango ist ein wirklich schönes Städtchen mit vielen alten Gebäuden und Kirchen, die ein besonderes Flair versprühen. So schlendern wir bei Sonnenschein durch die Gassen der Stadt und beobachten die mexikanischen Familien, die überall gemeinsam den freien Sonntag verbringen. Auf den Plätzen gibt es wieder unzählige Buden mit mexikanischen Speisen, man kann sich an nostalgischen Ständen nach alter Manier die Schuhe putzen lassen, es rennen Kinder umher, die die Tauben verjagen und viele genießen einfach auf den Parkbänken sitzend die Sonne und das Beisammensein.

Tags darauf wartet etwas außerhalb von Durango (s. dazu unsere Route) ein ganz besonderes Ziel auf uns…die „John Wayne-Ranch“ (im Original „La Joya-Ranch“), die so heißt, weil hier die Dreharbeiten zu vielen John Wayne-Filmen stattgefunden haben. John Wayne selbst war damals von der Gegend so angetan, dass er 1969 das Areal kaufte und die „Western-Stadt“ für seine Filme erbauen ließ. Diese steht noch immer und dient jeher als Kulisse sämtlicher Hollywood-Filme im Western-Style. Das Gründstück gehört mittlerweile dem mexikanischen Farmer Armando, der uns freudestrahlend begrüßt und uns stolz die Fotos von sich und dem Schauspieler Viggo Mortensen zeigt, als dieser bis Dezember letzten Jahres seinen neuen Film hier gedreht hat. Armando besitzt vier Hektar Land, auf dem Rinder, Pferde, Esel, Hühner und Schweine meist ohne Zäune umherrennen und wir müssen vorsichtig sein in keine der Hinterlassenschaften zu treten. Das Land ist sehr trocken und so sind die Tiere in der gesamten Gegend nicht gerade übergewichtig. Da werden die Gelder für die Dreharbeiten sehr willkommen sein. Armando strahlt uns an und zeigt uns stolz sein Land. Er selbst wohnt mit seiner Familie in einem alten Bahnhofsgebäude, dessen Fenster oben mit Holzbrettern abgedichtet sind. Wir sind an diesem Tag die einzigen Gäste und für 100 Pesos (5 EUR) dürfen wir auf seinem Land mit Sprinti für die Nacht stehen wo wir wollen. Zu allererst schauen wir uns in der Western-Stadt um und sehen auch, wie es wortwörtlich „hinter den Kulissen“ so aussieht. Während wir so durch die Katakomben des Sets laufen, erschrecken wir plötzlich als uns ein laut quiekendes Schwein entgegenrennt…sich aber zum Glück rechtzeitig vor uns wieder beruhigt und „abdackelt“. Also hier bei Armando laufen wirklich alle Tiere kreuz und quer…langweilig wird es hier definitiv nicht!

Dann machen wir uns auf in den Canyon (ebenfalls auf Armandos Grundstück), denn dort wollen wir übernachten. Wir fahren also ein Stück raus und sind sofort umgeben von schöner Natur und totaler Stille…herrlich! Vor den „Bio-Tretminen“ müssen wir uns allerdings auch hier in Acht nehmen.

Am nächsten Morgen geht es für uns weiter und so fahren wir zurück zur John Wayne-Ranch, um uns von Armando zu verabschieden. Wir erwischen ihn, wie er gerade mit einigen Helfern dabei ist, seine Kühe und Rinder zu brandmarken bzw. deren Hörner zu stutzen. Wieder begrüßt er uns freudestrahlend und bittet uns näherzutreten. Und so stehen wir, ehe wir uns versehen, mittendrin und bekommen hautnah mit, wie ein Farm-Leben in Mexiko anscheinend so abläuft. Den Tieren gegenüber ist man wenig zimperlich und so werden sie in den viel zu engen Gittergang gepfercht, so dass sie der Reihe nach „behandelt“ werden können. Wir sehen, wie einige Tiere bereits bluten, während sich ihnen das Gitter in den Hals rammt, einge können sich schon gar nicht mehr bewegen. Als eine blutende Kuh hinfällt und nicht mehr aufstehen kann, wird sie zu erst mit Sporen getreten und erhält dann Elektroschocks bis sie sich letztendlich vor Schmerzen brüllend erhebt. Auch der kleine Junge, der ebenfalls stolz seinen Cowboy-Hut trägt, bekommt direkt beigebracht, wie der Umgang funktioniert. Die ganze Situation macht besonders mich sehr nachdenklich und auch später im Auto sprechen wir noch darüber. Es ist irgendwie paradox, dass wir und z.B. die Menschen auf dieser Ranch zu selben Zeit auf jener Erde leben und unser Alltag und Lebensinhalt doch so unterschiedlich ist. Während wir uns vielleicht fragen, wo der nächste Urlaub hingeht oder welchen Luxusartikel wir uns als nächstes kaufen möchten, geht es bei Armando, wie auch bei vielen anderen darum, wie Mensch und Tier ernährt werden können und ob die Regenzeit ausreicht, um das Land fruchtbar genug zu machen. Tut sie das nicht (und es gab auf den Feldern, auf denen Kühe und Pferde grasten nicht einen grünen Halm), bricht alles wie eine Kartenhaus zusammen. Natürlich werden auch Landwirte bei uns diese Problematik kennen, gerade in Zeiten des Klimawandels, aber hier wirkte es noch weit fragiler und dennoch waren die Menschen so glücklich und zufrieden auf dieser Ranch…allen voran Armando.

Und so verlassen wir zwar Armando und die Ranch, nehmen aber diese vielen Eindrücke und Gedanken mit.

Reiseberichte Mexiko

Das nennt man dann wohl Glück im Unglück (#034)

29. Januar 2023

– Kupfercanyon, Chihuahua –

Wie schon im letzten Artikel erwähnt, ist der Ort El Fuerte auch Ausgangspunkt für eine ganz besondere Tour, die wir nun vorhaben. Unser Plan ist es mit dem Zug „El Chepe“ weiter ins Landesinnere zu fahren, genauer gesagt in den Staat Chihuahua, denn dort liegt der „Barranca del Cobre“ (die „Kupferschlucht“ oder auf Englisch auch „Copper Canyon“). Ein Canyon, der etwa 25.000 km² Fläche, 1800 m Tiefe und 50 km Länge bemisst, ist eines der größten Schluchtsysteme Nordamerikas und damit sage und schreibe viermal so groß wie der bekannte Grand Canyon in den USA…und der war ja schon ordentlich! Zudem ist er Teil des traditionellen Lebensraums des indigenen Volks der Tarahumara, die für ihre Fähigkeiten berühmt sind, Langstreckenläufe durch Wüsten, Schluchten und Berge zu unternehmen. Die Tarahumara, die Apachen und ca. 90 andere Stämme lebten einst in der Region des heutigen Staates Chihuahua. Doch als die spanischen Eroberer in Batopilas Silberminen entdeckten, wurden die Tarahumara zur Arbeit in den Minen gezwungen und flüchteten daraufhin in die versteckten Täler der Barrancas. Daraufhin ereigneten sich die schlimmsten Kämpfe und blutigsten Aufstände der mexikanischen Geschichte auf ihrem Land. Ab 1607 versuchten die Jesuiten und Franziskaner, die Tarahumara zu bekehren. Einer der ersten Jesuiten dort versuchte, sie mit Gewalt zu missionieren, worauf sie sich bewaffnet zur Wehr setzten. Man sagt von ihnen, dass sie wahrscheinlich die einzige Gruppe von Indigenas sind, die nie unterworfen wurde. Durch ihre isolierte Lebensweise konnten die Tarahumara ihre Traditionen erhalten, so wohnen viele noch immer in Höhlen und bauen Mais und Bohnen an.

Diesen besagten Kupfercanyon wollen wir uns nun mal genauer anschauen und der Grund, dass wir überhaupt nach El Fuerte gekommen sind, war nicht etwa El Zorro (s. dazu auch Artikel „Wir erreichen das mexikanische Festland #033“), sondern, dass dort ein ganz besonderer Zug vorbeikommt, der uns zum Canyon bringt. Dieser Zug nennt sich „Ferrocarril Chihuahua al Pacifico“ (kurz genannt „El Chepe“). Die Zugstrecke ist eingleisig, nicht elektrifiziert und gilt als eine der spektakulärsten weltweit. Sie wurde zwischen 1861 und 1961 für den Güterverkehr gebaut, um Mais, Getreide und Kupfer zu den Häfen zu transportieren. 1940 wurde dann der Reiseverkehr aufgenommen und somit stellt El Chepe heute den einzig regulären Reisezug in ganz Mexiko dar. Es gibt zwei Arten des El Chepe-Zuges…einmal den rustikaleren „El Chepe Regional“ und den luxuriöseren „El Chepe Express“, die jeweils nur dreimal die Woche fahren. Hier Tickets zu bekommen war also gar nicht so einfach, erst Recht, da der Verkauf nur in wenigen Orten stattfindet und der Online-Vertrieb nicht wirklich gut funktioniert. Nach stundenlangem Email-Verkehr mit der Ticket-Firma, haben wir dann aber endlich Glück. Wir werden die Strecke also von El Fuerte nach Creel befahren, wo wir vier Tage bleiben werden. Dabei nehmen wir auf dem Hinweg den Regional-Zug und auf dem Rückweg den Express. Sprinti wartet also am Campingplatz und für uns bedeutet das nach langer Zeit mal wieder vier Übernachtungen in einem Hotel… und dies heißt zudem: Wir müssen Tasche packen…weil wir dieses Mal unser rollendes Zuhause nicht dabei haben werden. 

Am nächsten Morgen ist also frühes Aufstehen angesagt, da El Chepe bereits um 8 Uhr in El Fuerte einlaufen soll. Maria, die Besitzerin unseres Campingplatzes, ist so lieb und bringt uns bereits um 7.15h zum Bahnhof. Da das mit Pünktlichkeit in Mexiko so eine Sache ist (hier kann es auch durchaus sein, dass der Zug einfach vor der geplanten Uhrzeit weiterfährt), wollen wir bloß nicht zu spät sein. Und so stehen wir mit Sack und Pack bei Temperaturen um den Gefrierpunkt (und dabei wird es hier tagsüber um die 25 Grad) morgens am Bahnhof…aber wir sind nicht allein, die große Gruppe Kanadier und US-Amerikaner von unserem Campingplatz ist ebenfalls mit an Bord. Mit ihnen hatten wir bereits in den letzten Tagen Kontakt geknüpft. Dann rollt er ein der El Chepe und das sogar pünktlicher als gedacht. Wir haben feste Sitzplatzreservierungen in Wagen Nummer 1 und teilen unsere Wagon mit nur rund sechs anderen Gästen. So können wir uns nach rund 15 Minuten umsetzen, da unser reservierter Platz zur einen Hälfte zwischen zwei Fenstern liegt und zur anderen Hälfte eine milchig beschlagene Scheibe hat…was definitiv nicht optimal ist, wenn man sich auf einer der schönsten Bahnstrecken der Welt befindet. Aber mit dem neuen Platz ist es besser. Mit uns im Wagon befinden sich ebenfalls ein Schaffner, ein Bauarbeiter für Schienen & Co und ein Sicherheitsmann, der mit einer Pistole und einem Sturmgewehr ausgestattet ist. Letzteres legt er übrigens auch gerne unbeobachtet oben auf die Ablage wenn er mal das Abteil verlässt (während der Umhägegurt fröhlich herunterbaumelt)…ja Prost Mahlzeit! 

So vergehen die nächsten Stunden, in denen wir einen Höhenunterschied von rund 2400 m bewältigen (also zum Glück nicht wir, sondern El Chepe!) sowie 37 Brücken und 87 Tunnel passieren. Um gute Fotos zu erhaschen, halten sich viele Passagiere auch immer wieder an den Ausgängen zwischen den Abteilen auf, da dort die oberen 60% der Tür einfach aufgeklappt sind (quasi wie bei einem Pferdestall) und somit eine freie Sicht nach draußen gewährleistet ist. Man muss zwar aufpassen, wenn man an Bäumen, Sträuchern etc. vorbeifährt, damit man keine unliebsamen Bekanntschaften macht und der untere Teil der Tür ist übrigens nur mit einem einfachen Schieberegler verschlossen, aber glücklicherweise öffnet sich die Tür Richtung Wageninneres…viva México! So treffen wir auch immer wieder unsere amerikanischen Camperfreunde, die sich in Wagen 2 aufhalten. Wir fahren durch tolle bergige Landschaften, die definitiv jedes Foto wert sind…

Nach ca. 6 Stunden erreichen wir den Ort Divisadero, an dem man einen ersten Blick in den Canyon erhaschen kann. Damit die Passagiere dort ca. 200 m zum Abgrund laufen und diese riesige Schlucht bewundern können, hält der Zug dort ganze 10 Minuten. Während Peter im Wagen wartet und auf unsere Taschen aufpasst, renne ich mit dem Handy bewaffnet raus. Ich quetsche mich durch die Menschenmassen am Bahnsteig…viele Leute steigen aus und ein und andere möchten, wie ich, zum Canyon. Dazu laufen Straßenhunde neben und unter dem Zug her, viele Essensstände sind aufgebaut, an denen die Menschen für Tacos oder Tamales Schlange stehen. Auch Tarahumaras verkaufen dort ihre Kleinhandwerkskunst. Ich schlängel mich also durch die Massen, renne eine unebene alte Steintreppe hinunter, überquere eine Straße und erreiche dann den wunderschönen Canyon. Nach einigen wenigen Fotos renne ich dann lieber wieder zurück Richtung Zug, als Peter mich auch noch anruft, wo ich denn bleiben würde…es ist einfach immer noch alles proppevoll. Proppevoll ist nun übrigens auch unser Abteil, so dass Peter zwischzeitlich samt Gepäck wieder zu unseren Ursprungsplätzen zurück wandern musste. Ziemlich abgehetzt kehre ich zu ihm zurück. Nur kurze Zeit später ertönt das laute Signalgeräusch von El Chepe und dann setzt er sich auch schon wieder in Bewegung. 

Nach rund 8,5 Stunden Zugfahrt und über 300 Kilometern erreichen wir unser Ziel…das Städtchen Creel, was ebenfalls als Pueblo Mágico (magischer Ort) geführt wird. Creel liegt auf einer Höhe von ca. 2330 m und besitzt etwa 5.000 Einwohner. Als wir aus dem Zug aussteigen, fühlt es sich direkt an als wäre man in einem Ort in den Alpen…mit mexikanischem Touch natürlich. Es herrschen Temperaturen knapp über 0 Grad und jeder ist in eine dicke Jacke, Mütze und Handschuhe gehüllt…zum Glück haben wir das auch alles dabei. Unser Hotel ist fußläufig zu erreichen und so führt unser Weg uns über eine relativ kleine Hauptstraße mit vielen bunten Häusern. Auf den Straßen tummeln sich dutzende Straßenhunde, die alle sehr freundlich und nicht aufdringlich sind. Bisher sind wir in Mexiko schon sehr vielen Straßenhunden begegnet…egal ob in den Städten, an vielbefahrenden Straßen oder am Strand…die gehören hier einfach dazu. Es handelt sich oftmals um wirklich sehr schöne und liebe Tiere, die zum Teil gut, manchmal auch weniger gut genährt aussehen. In einigen Gegenden gibt es spezielle Hilfsorganisationen, die sich um die Gesundheit und die Kastration der Hunde kümmern, um alles in gesunde Bahnen zu führen. Wir erfahren, dass es hier in Creel und Umgebung gar keinen Tierarzt gibt, was sich auch im Stadtbild wiederspiegelt. Wir kennen viele Reisende, die im Laufe ihrer Tour plötzlich einen Reisebegleiter haben…weil dann doch das Herz weich wird, beim Anblick dieser schönen und evtl. hilfsbedürftigen Tiere. Peter hat mich vor der Reise immer damit geneckt: „Wie wäre es mit einem Chihuahua aus Chihuahua?“ Jetzt sind wir zwar in Chihuahua…aber da wäre mir ein Neufundländer aus Neufundland oder ein Labrador aus Labrador lieber gewesen…schließlich sind wir in Kanada an beiden Zielen fast vorbeigekommen. 

Dann erreichen wir unser Hotel, checken ein, erkunden ein wenig den Ort und gehen etwas essen. Glücklicherweise hat unser Hotelzimmer eine Klimaanlage, die auch heizen kann, denn hier besitzen die meisten Häuser einfach keine Heizung. So erreichen wir nach einigen Stunden eine einigermaßen angenehme Temperatur im Zimmer, bei der es sich gut schlafen lässt, während draußen Temperaturen unter dem Gefrierpunkt herrschen. 

Am nächsten Morgen machen wir uns mit unserem Guide Ana auf eine Quad-Tour (wir waren zuvor noch nie mit einem gefahren) und erkunden die Gegend um Creel. So fahren wir durch die Heimat vieler Tarahumaras und kommen dabei in das „Valley of Mushrooms“ und in das „Valle de las Ranas“, die gemäß ihres Namens Felsformationen vorweisen, die an einen Pilz oder einen Frosch erinnern. Diese Felsformationen sind vor langer Zeit durch Lavaströme entstanden. Einen weiteren Stopp legen wir an der San Ignacio Mission ein, die im 18. Jahrhundert von Jesuiten erbaut und von den spanischen Eroberern übernommen worden ist. Dann führt uns Ana auch zum See Arareco, der viele Jahre auch der Versorgung Creels diente. Weiter geht’s zum „Valle de la Montura“. Dort entdecken wir ebenfalls Felsformationen, aber eine beeindruckender als die andere. Ihren Namen haben sie erhalten, weil sie an betende Mönche erinnern. Wie uns Ana verrät, erinnert die Einheimischen die Form eher an etwas anderes, auf das ich hier allerdings nicht näher eingehen möchte :). Wir erklimmen den Berg und genießen die tolle Aussicht umgeben von gewaltigen Felsen. Da es an diesem Tag, trotz strahlendem Sonnenschein, so extrem windig ist, können wir (wie auf den Fotos unschwer zu erkennen ist) unsere „Skibrillen“ nur selten abnehmen. Der Wind pfeift und der Staub wirbelt umher, so dass ich mich auf dem Quad so manches Mal hinter Peter verstecke…wie praktisch, dass er so groß ist! Ansonsten ist es auf jeden Fall ratsam den Mund geschlossen zu halten. Ich versuche somit unter erschwerten Bedingungen und jede Menge Geruckel möglichst gute Fotos für Euch zu schießen, während Peter uns sicher durch die Gegend kutschiert. Nach einigen Stunden kehren wir nach Creel zurück, gehen etwas Leckeres essen und lassen den Tag im warmen Hotelzimmer ausklingen, schließlich ist für den nächsten Tag eine Tour mit dem Motorroller in den Canyon geplant. 

Aber zu früh gefreut…über Nacht hat es doch tatsächlich geschneit…und das in einer Gegend, die eigentlich keinen Schnee kennt, da Niederschläge hier nur in der Regenzeit im Mai/Juni vorkommen. Also werden die Straßen hier weder geräumt noch gestreut und so sind Straßen und Bürgersteige die reinste Rutschpartie. Also heute besser keine Tour mit dem Motorroller! Wir erhalten den Tipp, dass wir unser Ziel vielleicht auch mit dem Bus erreichen könnten, also ab zum Busbahnhof. Dort erfahren wir dann, dass aufgrund der Glätte die Straße für den Bus nicht befahrbar ist. Ein Taxifahrer zeigt uns ein Bild von einem querstehenden LKW, der ins Schlittern geraten ist und nun die gesamte Straße versperrt. Wir haben also keine Chance…dann soll es wohl nicht sein! Vielleicht sieht es morgen ja schon wieder anders aus! 

Und es sieht anders aus…nach einer Nacht mit Temperaturen von -4 Grad, ist am nächsten Vormittag der Schnee und das Eis dennoch so gut wie weggetaut und so mieten wir uns bei strahlendem Sonnenschein zwei Motorroller, um in den Canyon zu fahren. Dieses Mal sind wir ohne Guide unterwegs…nur Peter und ich…und die zwei Motorroller. Ich muss gestehen, ein wenig nervös bin ich schon. Ich besitze zwar einen Motorradführerschein, aber gefahren bin ich das letzte Mal vor über 20 Jahren und auf einem Motorroller habe ich tatsächlich noch nie gesessen. Aber das wird schon „schiefgehen“! Da man in Mexiko nur in großen Städten einen Motorradhelm haben muss und die Mexikaner ansonsten beim Fahren einfach nichts auf dem Kopf tragen, erhalten auch wir keinen „regulären“ Helm. Stattdessen bekommen wir aus Sicherheitsgründen einen Fahrrad- und einen Skihelm (na ja, besser als nichts!). Zusätzlich leihe ich mir auch wieder die Skibrille von der Quad-Tour aus (die hat sich bei all dem Staub hier bewährt) und Fahrrad-Handschuhe erhalten wir ebenfalls. Dann geht es los…und ich muss sagen, ich finde mich schnell mit dem Roller zurecht…und Peter tut das ja sowieso…er kann sowas einfach. Wir fahren durch Berg und Tal und die Straße schlängelt sich durch den Canyon. Wir kommen vorbei an riesigen Felsformationen und tollen Landschaften. Freilaufende Rinder, Esel, Pferde und Schweine kreuzen unseren Weg, wir kommen vorbei an ausgebrannten Autos am Wegesrand und beobachten wie Tarahumara-Frauen im Fluss auf einem Waschbrett Wäsche waschen. Schon aus der Ferne erkennt man sie an ihrer traditionellen farbenfrohen Kleidung. Ich könnte unentwegt Fotos machen, um Euch an all dem teilhaben lassen zu können, aber auf dem Roller bietet sich das nun mal nicht so an. Wir nehmen uns für den Rückweg vor Foto-Stopps einzulegen. 

Gesagt…getan! Oder sagen wir mal so…es war zumindest geplant! 

Wir befinden uns gerade auf dem besagten Rückweg als ich rechts ein schönes Fotomotiv mit tollen Felsen in der Ferne entdecke und Peter ein Zeichen zum Anhalten gebe. Ich blinke rechts und bremse ab…allerdings nicht mit der Hinterrad-, sondern tatsächlich mit der Vorderradbremse. Und dann passiert es! Auf sandigem Schotteruntergrund rutscht das Vorderrad weg und ich mache eine ordentliche Bruchlandung. Ich falle auf die rechte Seite und ramme mir meinen Arm in die Rippen, so dass ich zuerst keine Luft mehr bekomme. Zum Glück spüre ich nirgends einen Schmerz, so dass schon alles gut sein wird. Das nennt man dann wohl Glück im Unglück, würde ich sagen! Mein Handy allerdings ist schrott und somit auch alle Fotos, die ich bis dato an diesem Tag gemacht habe…was ein Mist aber auch! Wenn wir Glück haben, ist nur das Display (was so richtig schön zersplittert ist) kaputt und das Handy an sich funktioniert noch…dann ließen sich die Fotos vielleicht noch retten. Auch für alles weitere wäre das gut, läuft doch z.B. WhatsApp, mein Banking, Korrespondenz mit Versicherungen etc. oder Sämtliches, bei dem man eine Bestätigungs-Sms erhält, um sich zu legitimieren, über dieses Handy. Dies alles neu zu beantragen und zu ändern und das hier aus dem Ausland, wäre nicht nur nervenaufreibend, sondern auch extrem zeitaufwendig…und sicherlich auch kostspielig. Da das Handy reagiert, wenn ich Tasten betätige (auch wenn man nichts sehen kann) hoffen wir, dass tatsächlich nur das Display kaputt ist. Das wäre dann wohl wieder Glück im Unglück. Nur wo finden wir jemanden, der ein Display für mein Pixel-Handy vorrätig hat, welches hier in Mexiko absolut kein gängiges Modell ist?! Na ja, Hauptsache mir ist nicht mehr passiert! Beim Roller ist am Lenkrad eine Stange verbogen, an dem der Blinker befestigt ist. Dieser wiederum funktioniert aber einwandfrei. Auf der rechten Seite hat der Roller gefühlt die 57. und 58. Schramme erhalten, aber das fällt bei dieser Anzahl gar nicht mehr auf. Wir hoffen dennoch, dass man uns nichts oder nur wenig in Rechnung stellt, weil auch das kann ganz schön teuer werden. Das muss jetzt nicht auch noch sein!

Nachdem der Schock ein wenig verdaut ist, schwingen wir uns wieder auf unsere Roller, damit ich auch gar nicht erst dazukomme Angst zu entwickeln. Ich muss aber gestehen, in meinem Kopf rast es, während wir uns auf den Heimweg machen. Ich werde dann aus meinen Gedanken gerissen als uns plötzlich Wachhunde laut bellend verfolgen. Ich bremse ab (dieses Mal mit der Hinterradbremse), aber als ich entdecke, dass einer der Hunde zähnefletschend fast meinen linken Unterschenkel erwischt, gebe ich Gas…aber so was von! Im Rückspiegel sehe ich, dass glücklicherweise auch Peter heil davonkommt. Hatte ich nicht gestern noch gesagt, die Hunde hier seien total lieb und unaufdringlich?! Das scheint wohl nur auf die Straßenhunde zuzutreffen…oder vielleicht hatten die Wachhunde aber auch einfach nur einen schlechten Tag heute.

Wir fahren weiter…und ich merke langsam, wie meine Rippe und mein rechtes Handgelenk anfangen zu schmerzen, was sehr unpraktisch ist, wenn man mit der rechten Hand Gas geben muss. Egal…Augen zu und durch! Nur noch kurze Zeit und wir erreichen unseren Ausgangsort Creel. 

Aber auch hier wieder…zu früh gefreut!

Plötzlich wird mein Roller immer langsamer und ich kann kein Gas mehr geben. Ich „rolle“ (hat man die Dinger deswegen so genannt?) am Straßenrand aus…ganze drei Kilometer vorm Ziel! Der Motor springt auch nicht mehr an…keine Chance! Es ist wohl wieder Glück im Unglück, dass Peter hier Handyempfang hat, denn das war im gesamten Canyon nämlich nicht der Fall gewesen. So können wir unseren Tourguide Ana, bei der wir auch die Roller gemietet hatten, anrufen. Etwa 15 Minuten später kommen uns Ana und Sebastian abholen. Und so endet unser heutiger Ausflug in den mexikanischen Kupfercanyon im Bundesstaat Chihuahua. Da die Roller-Panne nicht unsere Schuld war, ist auch von der verbogenen Eisenstange durch meinen Sturz keine Rede mehr, so dass wir finanziell nicht dafür aufkommen müssen. Glück im Unglück Nr. 35 (mindestens)! Und so verbringen wir einen ruhigen Abend im Hotel und unser Tagesfazit lautet…eine leicht geprellte Rippe, eine gestauchte Hand, ein aufgeschlagenes Knie (die Kleidung hat zum Glück gehalten und Schlimmeres verhindert) und ein kaputtes Handy…aber auch wunderschönes Winterwetter mit Wind, der einem um die Nase pfeift und einem das Gefühl von Freiheit vermittelt, viele neue Eindrücke, eine tolle Landschaft, jede Menge Abenteuer und ganz ganz viel Glück im Unglück. Eines steht fest, mein Schutzengel hatte heute einiges zu tun…aber er hat seine Sache gut gemacht! Hier die paar wenigen Fotos, die den Tag überstanden haben, da sie mit Peters Handy gemacht worden sind:

Am nächsten Morgen geht es mit El Chepe dann wieder auf den Rückweg…zurück zu Sprinti! So stehen wir bereits morgens um 7 Uhr bei -4 Grad am Bahnsteig…und das für eine geschlagene Stunde! Weil wir den Zug auf keinen Fall verpassen wollen (ansonsten müssten wir evtl. zwei Tage auf den nächsten warten), sind wir überpünktlich…und frieren uns ganz schön einen ab. Die Nacht war nicht berauschend gewesen, so hatten mich meine Wehwehchen vom Vortag ganz schön geärgert (allen voran das Handgelenk) und mich somit vom Schlaf abgehalten…so komme ich insgesamt auf ca. eine Stunde in dieser Nacht. Aber nun gut! Im Laufe des Tages bessern sich die Schmerzen ein wenig, auch wenn die Hand noch geschwollen ist. Aber ich bin optimistisch, dass wir um einen Arztbesuch drumherum kommen. Und so genießen wir ein wenig lädiert die Rückfahrt in unserem luxuriösen Chepe Express…

Acht Stunden später erreichen wir dann wieder El Fuerte und kehren „nach Hause“ zurück…zurück zu Sprinti, der sicher und wohlbehalten auf uns am Campingplatz gewartet hat. Es waren schöne Tage im Kupfercanyon und wir haben Mexiko noch einmal von einer ganz anderen Seite kennengelernt. Teilweise haben uns die Landschaften sogar an Teile von Kanada oder der USA erinnert. Gerne hätten wir Euch von der Roller-Tour noch mehr schöne Bilder gezeigt, aber das hat wohl nicht sollen sein!

So ist das halt mit dem Glück im Unglück…