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Mexiko-Stadt

Reiseberichte Mexiko

Mexiko City (#038)

26. Februar 2023

– Wir entdecken die Hauptstadt Mexikos –

Mit dem Taxi machen wir uns auf in das etwa 40 km entfernte Mexiko-Stadt, während Sprinti auf einem Stellplatz in Teotihuacan wohlbehütet auf uns wartet. Wir werden die nächsten 5 Tage in einem Hotel übernachten, denn das ist der einfachste und sicherste Weg die Stadt zu erkunden. Mexiko City ist nicht nur die Hauptstadt Mexikos, sondern mit ca. 9,2 Mio. Einwohnern im Stadtgebiet und 21 Mio. Einwohnern in der Metropolregion auch eine der größten Städte der Welt. Sie liegt am südlichen Ende des 60 Kilometer langen und 100 Kilometer breiten Tals von Mexiko auf einer Höhe von durchschnittlich 2.310 Metern über dem Meeresspiegel und ist auf drei Seiten von Bergen umgeben…unter anderem von den berühmten Zwillingsvulkanen Popocatépetl und Iztaccíhuatl sowie der Sierra Nevada. Die Kombination aus dieser Lage und einer Metropole mit ihren Emissionen, insbesondere des motorisierten Verkehrs, lässt allerdings oft Smog entstehen, so dass dort auch bei Sonnenschein nie wirklich ein strahlend blauer Himmel zu sehen ist.

Etwa 1,3 Millionen Menschen in Mexiko-Stadt leben (Stand 2020) ohne direkten Trinkwasserzugang. Das Wasser für Mexiko-Stadt kommt aus anderen Teilen des Landes oder aus unterirdischen Wasserspeichern, die oft ausgetrocknet sind, die Stadt muss daher immer tiefer bohren, um Grundwasser zu erreichen und das obwohl Mexiko City ursprünglich auf einem See errichtet worden ist. Die Leitungen sind rissig, so dass viel versickert, Abwasser und Industrieabfälle verunreinigen zudem das Wasser. Dennoch haben Bewohner, die Zugang zu Trinkwasser haben, einen hohen Verbrauch. So lag dort der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch im Jahr 2018 bei 314 Litern täglich (zum Vergleich: der Pro-Kopf-Verbrauch in Deutschland liegt bei 130 Litern täglich).

Die Luftqualität von Mexiko-Stadt galt nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) lange als eine der schlechtesten der Welt. Ursache sind vor allem die mehr als vier Millionen Personenkraftwagen, 120.000 Taxen, 28.000 Omnibusse und mehrere zehntausend Lastkraftwagen, die täglich in der Metropolregion verkehren. Die Regierung verstärkt seit Jahren den Kampf gegen die Umweltverschmutzung. Aufgrund des sinkenden Grundwasserspiegels sacken zudem Teile der Stadt immer weiter ab, das Zentrum selbst sinkt gar um 5-7 Zentimeter pro Jahr und somit liegen viele Gebäude heute bereits unter dem Niveau der sie umgebenden Straßen. Wenn Ihr also auf einigen Fotos schiefe Häuser und Kirchen entdeckt, dann haben wir nicht etwa die Kamera schief gehalten, sondern die Gebäude sind schlichtweg abgesackt.

Und auch wenn dies Problematiken der Stadt sind, so sind wir ganz gespannt, was uns erwarten wird, haben wir doch auch schon so viel Positives über Mexiko-Stadt gehört. Nachdem wir im Hotel eingecheckt haben, machen wir uns direkt auf den Weg ins Zentrum, denn dort gibt es eine ganze Gegend, die Elektrogeräte und Handys verkauft und repariert. Ja, Ihr habt richtig gelesen…es ist nicht ein Geschäft, nicht ein Gebäude, nicht eine Straße…nein, es ist eine gesamte Gegend, die darauf spezialisiert ist. Da werden wir hoffentlich eine Lösung für mein kaputtes Handy finden! Und schnell bekommen wir live mit, was Mexiko-Stadt bedeutet…es ist voll (sehr voll), alles läuft kreuz und quer, es wird gehupt was das Zeug hält und es gibt von allem viel…sehr viel! So sind wir ganz schön geflasht, als wir zu den Elektro-Läden kommen, die eigentlich mehr Stände als Läden sind, alle nicht größer als 5 qm…einer neben dem nächsten und das gleich auf mehreren Etagen. Wir fallen dort mal wieder auf, sind wir doch ganz offensichtlich keine Mexikaner (daher wollten wir auch nicht zusätzlich offensichtliche Fotos knipsen). Wir sind es gewohnt, dass Peter wegen seiner Größe auffällt (1,98 m), aber dass selbst ich mit meinen 1,72 m meist auch größer bin als viele Männer, wird hier in der Stadt noch einmal richtig deutlich. So fühle ich mich in den engen Gassen der Läden nicht wirklich wohl, Peter hingegen findet es spannend. Mit dem Display kann uns leider niemand weiterhelfen, weil mein Google Pixel-Handy hier in Mexiko nicht geführt wird. Als wir schon aufgeben wollen, entdecken wir neben den Ständen noch einen „richtigen“ Handy-Repair-Shop und treffen dort auf Israel, der uns Hoffnungen macht, ein neues Display auftreiben zu können. Wir verabreden uns mit ihm für Montag, das passt uns gut, denn bis Dienstag wollen wir in der Stadt bleiben. Dann machen wir uns auf den Weg zurück zum Hotel, was praktischerweise umgeben von vielen Restaurants ist. Weil es hochwertige internationale Küche hier nur in großen Städten gibt, entscheiden wir uns an diesem Abend mal für Japanisch, denn das hatten wir schon ewig nicht mehr (und werden es wahrscheinlich auch nicht so schnell wieder bekommen). So gibt es für Peter eine Ramen-Suppe und für mich u.a. Sushi…beides sehr lecker übrigens!

Die folgenden 1,5 Tage nutzen wir für eine Hop on hop off-Stadtrundfahrt mit dem Bus, bei der wir einen guten Einblick in die Stadt erhalten. So ist sie doch geprägt von vielen historischen und prunkvollen Gebäuden und Kirchen, dutzenden Skulpturen, die die Revolution verkörpern, großen Parks, von denen der Größte die doppelte Fläche des New Yorker Central Parks bedeckt, vielen Straßenständen und bunten Märkten, die wie eine ganz eigene Welt zu sein scheinen. Wir kommen vorbei an Protestaktionen, die für die Rechte von Frauen und die Freilassung gewisser Menschen demonstrieren, an Kindern, die während kurzer Ampelphasen durch die Darbietung von Kunststücken oder dem Reinigen der Windschutzscheibe der wartenden Autos ein paar Pesos dazuverdienen, wir sehen wie sich einige Menschen von Schamanen beweihräuchern und von bösen Geistern befreien lassen, stecken mittendrin in dem ein oder anderen Verkehrschaos und erleben auch hier wieder freundliche und fröhliche Menschen. Typisch mexikanisch ist auch (und ich sage das mit einem Schmunzeln), dass nicht alle Bäume passend beschnitten sind, so dass wir mit unserem offenen Doppeldeckerbus auch ohne weiteres dort herpassen. So heißt es nicht nur die Stadt mit ihren Sehenswürdigkeiten zu bewundern, sondern gleichzeitig auch eine Blick für Äste und Ähnliches zu haben, diese ggf. auch hochzuhalten und den Kopf einzuziehen…auch Brücken und Stromkabel kommen uns gefährlich nah. Aber seht selbst…

Abends kehren wir dann in ein Restaurant bei uns im Viertel ein und werden mal wieder angesteckt von der Fröhlichkeit der Mexikaner. So ist Musik, Gesang und Tanz auch wieder mit von der Partie und wir verleben einen wundervollen Abend mit köstlichem Essen und schöner Stimmung.

Wer hätte gedacht, dass Mexiko City nach London die weltweit meisten Museen besitzt?! Das wollen wir uns doch mal näher anschauen und so führt uns unser Weg am nächsten Tag ins Nationalmuseum für Anthropologie, eines der weltweit bedeutendsten Museen, in dem die präkolumbische Vergangenheit und die lebende indianische Kultur Mexikos ausgestellt werden. Präkolumbisch wird oft speziell im Zusammenhang mit den frühen Hochkulturen Amerikas, wie den AztekenToltekenMaya und Olmeken in Mesoamerika und den Inka und Moche in den Anden, verwendet. Nach dem derzeitigen Forschungsstand liegt die erste Besiedlung um etwa 20.000 bis 22.000 Jahre zurück. Komplexere Kulturen bildeten sich von 900 bis 300 v. Chr. und es entwickelten sich die Kulturen der Maya, Olmeken, Tolteken und Azteken. Um 1500 n. Chr. waren die Azteken das beherrschende Volk im Gebiet des heutigen Mexikos. In den Jahren 1517 und 1518 erreichten dann die ersten spanischen Expeditionen die Halbinsel Yucatán. Die neu „entdeckten“ Hochkulturen und die reichlichen Goldgegenstände machten das Festland, für die Spanier interessant. In den Jahren 1519 bis 1521 gelang es dann Hernán Cortés, das sogenannte Azteken-Reich mit Hilfe zahlreicher indigener Verbündeter zu stürzen. Gleichzeitig eroberten Francisco de Montejo die Halbinsel Yucatán und Pedro de Alvarado das heutige Guatemala, wo sie die letzten Maya-Städte unterwarfen. Das heutige Mexiko wurde zum Vizekönigreich Neuspanien und wegen seines Gold- und Silberreichtums eine der wichtigsten Besitzungen der Spanier (s. dazu auch Artikel „Von Mumien, Silberminen und Schmetterlingen #037“). In den folgenden drei Jahrhunderten verbreiteten die Spanier und ihre Missionare den katholischen Glauben und die spanische Sprache in Mexiko. Begünstigt durch die Schwächung Spaniens während der Napoleonischen Kriege auf der Iberischen Halbinsel wurde am 16. September 1810 die Unabhängigkeit von Spanien erklärt, was einen langen Krieg nach sich zog, der am 27. September 1821 zur endgültigen Unabhängigkeit Mexikos führte.

Auch als wir das Museum verlassen, entdecken wir weitere Traditionen Mexikos. So sehen wir u.a. auch wieder Akrobaten, die sich von einem Pfahl herabhängenlassen (s. dazu auch Artikel „Ein Tequila in Tequila #036“). Rituelle Zeremonien mit religiöser Symbolik spielten in der präkolumbischen Zeit eine bedeutende Rolle. Seit über 1000 Jahren praktizieren die „Voladores de Papantla“, die fliegenden Männer von Papantla, ihre artistische Tradition zu Ehren der Götter der Fruchtbarkeit. Fünf traditionell gekleidete Männer besteigen dabei einen ca. 30 m hohen Pfahl zu einer quadratischen Plattform. Der Anführer setzt sich in die Mitte und musiziert auf einer Flöte zu rhythmischem Trommeln. Unterhalb dieser kleinen, drehbaren Plattform sind vier lange Seile befestigt, welche sich die vier Voladores um die Hüfte binden. Nun lassen sie sich kopfüber fallen. Durch die Drehungen wickeln sich die Taue vom Pfosten ab und die Akrobaten schweben in immer größer werdenden Bahnen im Kreis, bis sich das Seil abgewickelt hat. Kurz vor dem Auftreffen am Boden drehen sie sich, um auf den Füssen zu landen…wir sind froh, dass das auch an diesem Nachmittag reibungslos funktioniert.

Dann machen wir uns auf in den Norden der Stadt, denn dort befindet sich die Basilika Unserer lieben Frau von Guadalupe. Es handelt sich um eine römisch-katholische Kirche und um das katholische Nationalheiligtum von Mexiko. Rund 82,7 % der Mexikaner sind Katholiken, dennoch gibt es eine wachsende protestantische Minderheit von 7,5 %, die sich jedoch auf viele verschiedene Kirchen aufteilt. Die drittgrößte Religionsgemeinschaft Mexikos, mit mehr als 800.000 Gläubigen, sind die Zeugen Jehovas. Rund 3,5 % der Bevölkerung bezeichnen sich hingegen als keiner Religionsgemeinschaft zugehörig und 0,36 % entfallen auf andere Religionen, darunter auch auf den Islam und traditionelle mesoamerikanische Religionen. Die Wallfahrtskirche „Unserer Lieben Frau von Guadalupe“ liegt im Norden von Mexiko-Stadt. Hier befinden sich auch die alte Basilika, eine Pfarrkirche, eine Kapelle zur Erinnerung an den Ort der Marienerscheinung und ein Museum. Mit den vielen mexikanischen Pilgern ist Guadalupe einer der wichtigsten Wallfahrtsorte und wird von Millionen von Menschen pro Jahr besucht, was es nach Rom zur meistbegangenen christlichen Pilgerfahrt macht. Nachdem im Jahre 1531 auf dem Hügel Tepepeac Unsere Liebe Frau von Guadalupe dem Indio Juan Diego erschienen sein soll, wurde auf dem Mantel des Indios eine Mariendarstellung entdeckt. 1622 wurde daher ein Heiligtum errichtet und für die Präsentation dieses Gnadenbildes wurde ab 1695 eine Kirche erbaut. Auch dieses Gebäude fiel dem Absenken des Bodens zum Opfer (wie man auf den Fotos unschwer erkennen kann) und so wurde 1974 eine neue Basilika (rundes Gebäude) errichtet, in der nun das Gnadenbild der Jungfrau von Guadalupe hängt und die bis zu 40.000 Menschen Platz bietet. Auch wir sehen an diesem Nachmittag viele Pilger, die diesen Ort aufsuchen. Alles ist mit Blumen geschmückt…selbst Autos und LKWs.

Abends treibt es uns dann noch einmal zum Plaza de la Constitución (dt.: „Platz der Verfassung“), auch Zócalo (dt.: „Sockel“) genannt. Er ist der zentrale Platz von Mexiko-Stadt und gehört zu den größten und bekanntesten Stadtplätzen der Welt. Im Gegensatz zu vielen anderen Megastädten besitzt Mexiko einen eindeutigen Mittelpunkt, der nicht nur das Zentrum der Stadtregion von über 20 Millionen Einwohnern, sondern gar das Zentrum der nationalen Identität des ganzen Landes darstellt. Am Zócalo befinden sich auch einige der wichtigsten Institutionen des Landes, darunter der Sitz des Präsidenten von Mexiko (Palacio Nacional), die Kathedrale von Mexiko-Stadt (die größte Kathedrale des Landes) und das Rathaus. In der Mitte dieses Platzes triumphiert eine 350 qm große Flagge Mexikos, die jeden Morgen gehisst und jeden Abend mit einem besonderen Zeremoniell wieder abgenommen wird. Das wollen wir uns auch mal anschauen. Bevor das Prozedere beginnt, werden wir allerdings noch Zeuge, wie plötzlich Polizisten auf diesem besagten Platz einem Straßenhändler hinterherrennen und eh man sich versieht daraus eine riesige Schlägerei zwischen der Polizei und vielen weiteren Straßenhändlern wird. Dabei geht ein Polizist zu Boden, wird von den Angreifern verletzt und bleibt regungslos liegen. Dann beginnt eine regelrechte Verfolgungsjagd zwischen Polizisten und Händlern. In der Zwischenzeit wird dann in einem recht aufwendigen und doch etwas unkoordinierten Prozedere die Flagge von einigen Soldaten abgenommen. Als die Fahne es dann schließlich zu Boden geschafft hat (ca. 30 Minuten später), erreicht auch endlich der Krankenwagen, besser gesagt drei Krankenwagen, den Zócalo, um den immer noch verletzt am Boden liegenden Polizisten zu verarzten. Wir halten fest, es ist nicht ratsam in Mexiko-Stadt einen Krankenwagen oder Notarzt zu benötigen, denn die brauchen bei dem Verkehr ewig…Platz macht hier nämlich niemand…weil keiner weiß wohin! Wir kommen glücklicherweise unbeschadet zurück ins Hotel und lassen den Tag ruhig ausklingen, denn am nächsten Tag steht Großes auf dem Programm.

So treffen wir uns am nächsten Morgen mit Lorenza in einem Café. Lorenza arbeitet für Eat like a local, welches ihrer Schwester gehört und ist für diesen Tag unser „Food-Guide“. Sie zeigt uns gemeinsam mit ihrer Kollegin Alejandra, die gerade eingearbeitet wird, die Köstlichkeiten Mexikos…und da gibt es einige 🙂 . Wir erfahren viel über die Tradition der Speisen, ihrer Herstellung sowie über die Menschen, die dahinterstecken und erleben wundervolle Stunden mit Lorenza und Alejandra.

Wir haben ja schon des öfteren von den Straßenständen berichtet, an denen frisches Essen zubereitet wird. Warum es so viele davon gibt, hat u.a. damit zu tun, dass viele Mexikaner morgens und abends so weite Wege zur Arbeit zurücklegen müssen bzw. der Verkehr es nicht zulässt in der Mittagspause zum Essen nach Hause zu fahren. Das Essen in Restaurants wäre zu teuer. So ist es zur regelrechten Kultur geworden, dass es an jeder Ecke Straßenstände mit diversen Speisen (meist Tortillas) gibt. Das Essen ist günstig, aber köstlich, weil hier Herzblut und jahrelange Tradition aufeinander treffen.

Das Land ist ja bekannt für seine großen Märkte, allen voran die in Mexiko-Stadt. Es gibt dort eigene Straßen-Märkte für z.B. Kleidung, Blumen, Kunsthandwerk oder Lebensmittel. Diese Märkte sind so riesig, dass man sich glatt verlaufen kann. Das Leben für die Marktbetreiber ist wie eine ganz eigene Welt, in die sie hineingeboren werden und in der sie ein Leben lang bleiben. So treffen wir auch eine ältere Dame namens Gloria, die seit 50 Jahren an ihrem kleinen Marktstand ihre Blumen verkauft und uns freudestrahlend begrüßt.

Die Kinder der Händler wachsen quasi auf dem Markt auf, einige gehen auch nicht zur Schule, um den Eltern zu helfen. Viele Frauen werden bereits sehr früh Mutter, eine Ausbildung o.ä. steht gar nicht zur Debatte, da sie irgendwann den Marktstand der Eltern übernehmen und so schließt sich der Kreis. Um hier den jungen Frauen eine Chance auf Bildung zu geben und ihnen die Welt außerhalb des Marktlebens zu zeigen, engagiert sich „Eat like a local“, indem sie den Frauen und Mädchen Englisch beibringen und es ihnen ermöglichen mal ins Ausland zu verreisen und die Welt zu entdecken. So treffen wir auch auf die 15-jährige Wendy und die 22-jährige Areli. Beide begrüßen uns mit gutem Englisch und ihre Gesichter strahlen als sie uns von ihren Reisen nach Europa erzählen. Areli ist bereits zweifache Mutter von der vierjährigen Camila und dem knapp zweijährigen Pedro und wohnt in einem Haus nur ein paar Meter vom Marktstand entfernt. Hier spielt sich das ganze Leben zwischen all diesen Ständen ab. So ist es ganz normal, dass die kleine Camila bereits alleine über den riesengroßen Markt marschiert. Es kennt sie hier jeder und so passen alle ein wenig mit auf. Während wir uns auf diesem Areal gut und gerne verlaufen können, kennt Camila sich bestens aus und kehrt immer unversehrt von ihren „Ausflügen“ zurück. Von Lorenza erfahren wir, wie sehr sich Frauen wie Wendy und Areli durch die Unterstützung entwickelt haben und wie sehr sie dadurch ihren Horizont erweitern und neue Chancen für sich ausmachen konnten. Auch dieses Engagement von „Eat like a local“ hat uns dazu bewogen, die Tour bei ihnen zu buchen, weil wir dieses Projekt unterstützen wollten.

Neben all dem darf das Essen auf einer Food-Tour natürlich nicht zu kurz kommen und das tut es auch nicht. So legen wir insgesamt 20 Stopps ein, schauen zu, wie frische Tortillas hergestellt werden und probieren die unterschiedlichsten Köstlichkeiten…angefangen von traditionellen Backwaren über Quesadillas, verschiedensten Tacos, lokalen Früchten, fritierter Schweinehaut (schmeckte überraschenderweise ganz gut), Süßspeisen, Michelada (Bier mit Sirup und karamellisiertem Sesam) bis hin zu Insekten, wie fliegenden Ameisen, Skorpionen, Grillen, Würmern oder Käfern…und man mag es kaum glauben, die Insekten können sich tatsächlich als Chips-Ersatz sehen lassen.

Nach über vier Stunden mit wahnsinnig vielen neuen Eindrücken und einem richtig vollen Magen verabschieden wir uns von Lorenza und Alejandra und machen uns auf den Weg zurück ins Hotel. Das hat wirklich Spaß gemacht und war absolut köstlich! Wir genießen einen ruhigen Abend im Hotel und schauen uns im TV den Super Bowl an…mehr geht an diesem Tag einfach nicht mehr.

Am nächsten Tag ist Montag und das heißt: Handy-Tag! Heute soll mein neues Display ankommen. Bereits morgens stehen wir also wieder bei Israel auf der Matte. Leider hat er keine guten Neuigkeiten, denn er konnte nur ein Display des Google Pixel 6 Pro besorgen, nicht aber eines für das Google Pixel 6. Also zu früh gefreut! Israel verspricht uns, dass er versuchen möchte das richtige Display doch noch zu bekommen und es uns in die nächst größere Stadt zu schicken. Jetzt, wo ich hier sitze und den Artikel für Euch schreibe, sind bereits einige Tage ins Land gegangen, aber von Israel haben wir, trotz Nachfrage, nichts wieder gehört…ja, auch das kann Mexiko sein! Also heißt es vorerst weiter sich mit dem Ersatzhandy zu behelfen (auch wenn es nicht alle Funktionen unterstützt) und dann schauen wir mal weiter!

Tags darauf verlassen wir Mexiko-Stadt und fahren zurück zu Sprinti nach Teotihuacan. Unser Fazit für diesen Ausflug lautet: Mexiko City ist eine aufregende und volle Stadt, die aber absolut ihren Charme besitzt und in der so viel Geschichte steckt. Wir können einen Besuch also absolut empfehlen und würden jederzeit gerne nochmal einen Abstecher dort einlegen.

Mexiko-Stadt…definitv eine Reise wert!

Reiseberichte Mexiko

Von Mumien, Silberminen und Schmetterlingen (#037)

19. Februar 2023

– Und ganz vielen bunten Häusern –

Nachdem wir die Stadt Tequila verlassen haben, führt es uns weiter ins Landesinnere. So durchkreuzen wir auch Guadalajara, die Hauptstadt des Bundesstaates Jalisco und mit ca. 1,9 Mio. Einwohnern und ca. 5 Mio. in der Metropolregion die zweitgrößte Stadt in Mexiko. Da wir zuletzt recht viele Städte besucht haben und auch noch einige auf unserer Agenda stehen, machen wir zwar einen Schlenker durch die Stadt, belassen es aber dieses Mal beim Durchfahren.

Unser Ziel für diesen Tag ist Charly’s Restaurant & RV Park in Santa Elena. Charly ist ein Schweizer, der seit über dreißig Jahren in Mexiko lebt und durch sein europäisch/schweizerisch angehauchtes Essen immer auch wieder Europäer anlockt. Als wir dort ankommen, stehen auf dem eigentlich recht kleinen Platz bereits viele Schweizer und auch einige Deutsche. So treffen wir tatsächlich Brigitte und Bernhard wieder, mit denen wir auf der Baja am Strand Silvester gefeiert haben. Und auch Michaela und Peter (exploring 509) aus Deutschland, die seit einigen Jahren mit ihrem Expeditionsfahrzeug unterwegs sind, lernen wir dort kennen. So sitzen wir abends alle bei Charly beisammen, tauschen uns über unsere Reisegeschichten aus und haben viel Spaß zusammen. Tagsüber nutzen wir die Zeit für ein paar Erledigungen (so spielt Peter meinen Friseur und ich muss sagen, er schlägt sich wirklich gut dabei) und statten auch der kleinen Käserei in den Bergen einen Besuch ab, die bekannt ist für ihren französischen Käse. So landen Camembert, Brie, Parmesan, Grüyere und Raclette-Käse in unserem Einkaufskorb…da man sowas hier eher selten bekommt, nutzen wir das vollends aus! Nachmittags bleibt auch noch ein wenig Zeit für einen Apfelstrudel bei Charly…auch das muss sein!

Dann geht es für uns weiter nach Guanajuato, eine Stadt in Zentralmexiko mit zirka 194.500 Einwohnern und Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates. Guanajuato ist eine der legendären Silberstädte Mexikos, die einen Teil des spanischen Reichtums in der Frühen Neuzeit begründeten. So war es zu Beginn des 19. Jahrhunderts mit 65.000 Einwohnern nach Havanna und Mexiko City die drittgrößte Stadt der westlichen Hemisphäre. Seit 1988 ist die Stadt auch Weltkulturerbe. Guanajuato liegt auf einer Höhe von etwa 2000 Metern über dem Meeresspiegel in einem engen Gebirgstal und das Stadtbild zeichnet sich durch sehr viel Architektur aus kolonialer Zeit, sowie engen und verwinkelten Straßen aus. Und das bekommen wir am eigenen Leib zu spüren…und Sprinti auch! Hier der abenteuerliche Weg zu unserem Stellplatz mitten in der Stadt…(das Video ist mit ca. 9 Minuten zwar ein wenig länger, aber wir wollten Euch einfach mal mitnehmen in unseren Reisealltag).

Nachdem Sprinti gut und sicher geparkt ist, machen Peter und ich uns zu Fuß auf ins Stadtzentrum. Die farbenfrohen Häuser und engen Gassen verleihen ihr einen ganz besonderen Charme. Wir erkunden die Markthalle und essen dort frischgemachte Tortillas, schlendern vorbei an vielen Verkaufsständen, beobachten die Mexikaner, wie sie ihre Stadt genießen, gönnen uns ein Eis in der Sonne und laufen hoch zum Aussichtspunkt mit einem tollen Blick auf diesen besonderen Flecken Erde…auch wenn der Weg hoch definitiv nicht zu unseren Lieblingsbeschäftigungen gehört…meine lädierte Rippe lässt grüßen! Aber die Aussicht entschädigt für alles…

In einer Gasse liegen die Häuser sogar so dicht beieinander, dass man sich von dem einen auf den anderen Balkon küssen kann. Dahinter liegt eine ganz besondere Geschichte:

Ana war die Tochter eines kontrollierenden Spaniers, der fest entschlossen war, dass sie einen reichen Mann heiraten soll. Er war so zielstrebig in seinen Plänen für sie, dass er alles tun würde, um sie daran zu hindern, mit jemandem zu sprechen, den er für zu arm hielt. Eines Tages jedoch, als sie durch die Straßen von Guanajuato schlenderte, traf sie einen gutaussehenden, aber bescheidenen Bergmann namens Carlos, und die beiden verliebten sich sofort ineinander. Gegen den Willen ihres Vaters traf sich Ana heimlich mit Carlos. Nachdem Anas Vater jedoch Gerüchte über Treffen des Paares gehört hatte, folgte er ihr und erwischte das Paar zusammen. Wütend verbannte der Vater Ana in ihr Schlafzimmer, schloss die Tür ab und gelobte, sie einem alten, reichen Adligen aus Spanien zu verheiraten. Von seiner Liebe getrennt, besuchte Carlos mit gebrochenem Herzen Anas Haus. Als er dort ankam, bemerkte er, dass sich Anas Schlafzimmer in einer sehr engen Gasse befand und in unmittelbarer Nähe ein weiteres Haus mit einem Balkon zu ihrem Schlafzimmer lag. Mit neuer Hoffnung ging Carlos zum Besitzer des Hauses und bot an, es zu kaufen. Der Besitzer weigerte sich und verlangte mehr Geld. Carlos hob sein Angebot an, aber der Besitzer lehnte erneut ab. Carlos erhöhte sein Angebot wiederum, aber der Eigentümer lehnte ein weiteres Mal ab. Der Besitzer begann ein wenig irritiert über Carlos‘ Beharrlichkeit zu sein und hob den Preis so sehr an, dass er dachte, Carlos würde ihn in Ruhe lassen. Carlos akzeptierte jedoch und sammelte jede letzte Münze, die er dem Mann bezahlen musste. Jetzt, als stolzer Besitzer eines Hauses in unmittelbarer Nähe von Anas Schlafzimmerfenster, rief er zu seiner Geliebten. Das Paar umarmte sich von Balkon zu Balkon und versprach, sich jeden Abend zu sehen. Aber eines Nachts, als die Liebenden in einen leidenschaftlichen Kuss versunken waren, betrat Anas Vater ihr Schlafzimmer. Als der Vater seine Tochter in den Armen des bescheidenen Bergmanns sah, geriet er in einen heftigen Wahnsinn, hob einen Dolch auf und stieß ihn in die Brust seiner Tochter, wodurch sie getötet wurde. Einige sagen, dass Carlos in seiner Verzweiflung, seine Liebe zu beschützen, versuchte, von seinem Fenster in Anas Schlafzimmer zu springen, aber zu Boden stürzte, die dritte Stufe traf und sich das Genick brach. Andere sagen, dass er, nachdem er Anas leblosen Körper gesehen hatte, von Trauer überwältigt war und an seinem Arbeitsplatz, der La Valenciana Mine, Selbstmord begangen hatte.

Jetzt ist „El Callejon del Beso“ (Die Gasse des Kusses) eine der berühmtesten Touristenattraktionen von Guanajuato. Es heißt, Paare sollten auf der dritten Stufe (extra rot gestrichen) stehen und sich küssen, um ein Leben voller Glück in der Liebe zu genießen. Wir machen einen kurzen Abstecher dorthin, als wir aber diesen Touristenansturm sehen, machen wir direkt kehrt. Peter und ich sind uns sicher, dass unsere Liebe nicht von diesen Balkonen oder von irgendeiner Stufe abhängt (also toi toi toi…ich klopfe auf Holz) und mein Papa ist mit meiner Partnerwahl glücklicherweise auch sehr zufrieden, so dass wir da auch erstmal nichts zu befürchten haben. 🙂

Als nächstes steht für uns ein Museum auf dem Programm…und zwar das Mumienmuseum!

Die Mumien von Guanajuato sind eine Reihe von natürlich mumifizierten Körpern, die während eines Ausbruchs der Cholera in Guanajuato im Jahr 1833 beigesetzt worden waren. Die Mumien wurden auf einem Friedhof in Guanajuato entdeckt, wodurch das „Museo de las Momias de Guanajuato“ eine touristische Attraktion in Mexiko geworden ist. Das Museum steht im Zusammenhang mit der landestypischen Totenkultur der Mexikaner, die dem Thema eine humorvolle Seite abgewinnt. Allerdings ist das Ausstellen der Mumien in Mexiko nicht unumstritten. All diese Mumien wurden zwischen 1865 und 1958 ausgegraben, als das Gesetz von den angehörigen Verwandten eine Steuer verlangte, wenn die Toten auf dem Friedhof bleiben sollten. Wenn die Angehörigen die Steuer nicht zahlten, verloren sie das Recht an dem Begräbnisplatz und die Leichen wurden ausgegraben. Bei 90 % der Toten geschah dies. Aber nur 2 % von ihnen waren auf natürliche Weise mumifiziert. Eine natürliche Mumifizierung kann besonders durch trockene Hitze, Dauerfrost, Luftabschluss oder Pech und Asphalt einsetzen. Bei anhaltender Kälte oder trockener Hitze sind die wechselwarmen, zersetzenden Bakterien kaum oder gar nicht aktiv. So können zum Beispiel Eismumien wie der „Ötzi“ entstehen. Durch den mineralreichen Boden in Guanajuato waren diese Leichname mumifiziert worden, Haut und Haare blieben erhalten. Einige von ihnen waren anscheinend lebendig begraben worden, ihr schmerzhafter Gesichtsausdruck durch die Mumifizierung eingefroren. 117 Mumien hat das Museum insgesamt und stellt dadurch weltweit die größte Sammlung von natürlich mumifizierten Leichen dar, von einem 7 Monate alten Fötus bis zu 70-jährigen Frauen und Männern. Der Anblick dieser Körper lässt gerade mich erschaudern und die dazugehörigen Geschichten zu hören ist nur schwer zu ertragen. Umso mehr wundert es uns, wie viele Familien auch mit kleinen Kindern das Museum an diesem Tag besuchen. Aber es hat wohl damit zu tun, dass die Mexikaner einen ganz anderen Umgang mit dem Tod pflegen als wir in Europa (s. dazu auch Artikel „Endlich Strand und der „Dia de los Muertos“… #029“).

(Wer ein wenig dünnhäutiger ist, kann die nächste Galerie einfach übrspringen.)