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Auf Langzeitreise… (#032)

15. Januar 2023

– Was es bedeutet „unterwegs“ zu sein –

Seit April 2022 sind wir nun unterwegs auf unserer Reise…unterwegs auf dem amerikanischen Kontinent (s. dazu unsere Route). Im neuerlichen Fachjargon fallen wir dadurch unter die Kategorie “Langzeitreisende”. 

Doch was bedeutet es ein Langzeitreisender zu sein? 

Und was ist eigentlich der Unterschied zwischen „im Urlaub“ oder „auf Reisen“ zu sein? 

Seit nun mehr neun Monaten haben Peter und ich weder Job noch Wohnung in Deutschland…beides gravierende Unterschiede zu vorher als wir „nur“ 30 Tage Jahresurlaub hatten. Wir leben von Erspartem und unser neues Zuhause ist ein Mercedes Sprinter, genannt „Sprinti“, mit seinen sage und schreibe 9 qm Wohn- und Stauraum. (Näheres zu Sprinti und unserem Ausbau findest Du unter „Unser Fahrzeug“.)

Unsere Wohnanschrift lautet nun quasi “unterwegs”, was es übrigens schon kompliziert macht so einfache Dinge wie Briefe zu empfangen oder gar eine Bestellung aus dem Internet zu erhalten. Bei ersterem ist meine Schwiegermutter so lieb und übermittelt uns digital unseren Schriftverkehr (lieben Dank an Margret!). Bei letzterem bedeutet das allerdings, dass wir am jeweiligen Aufenthaltsort eine sichere Anlaufstelle benötigen, zu der wir ein Paket hier im Ausland schicken lassen können. Das heißt für uns auch, dass wir zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort sein müssen und somit ist es in den neun Monaten auf Reisen letztendlich erst dreimal dazugekommen, dass wir eine Internetbestellung erhalten konnten. Aber da gibt es Schlimmeres!

Bevor unsere große Reise losgehen konnte, musste zu Hause allerdings noch so einiges erledigt werden. Bereits für den Ausbau des Sprinters hatten wir eine umfassende ToDo-Liste erstellt, die in Größe eines Flipcharts in unserer Wohnung prangte, aufgeteilt in die Rubriken: Erledigt, Aktuell, Bald und Später. Anmerkung von Peter: „Hierbei handelt es sich übrigens um eine vereinfachte Form eines Kanban-Systems„. Anmerkung von mir: „Da kommt bei ihm doch glatt der Logistik-Ingenieur durch!“ Nachdem die Liste für den Sprinter-Ausbau nun abgearbeitet war, wurden die gleichen Rubriken jetzt für die Organisation der Reise genutzt…und da gab es so einiges, was es zu erledigen galt.

In Deutschland mussten wir uns vor unserer Abreise beim Einwohnermeldeamt abmelden, besitzen aber dennoch unseren deutschen Personalausweis und natürlich auch unsere Staatsbürgerschaft. Wir ließen unsere in die Jahre gekommenen Reisepässe erneuern und uns jeweils internationale Führerscheine ausstellen. Auch weitere bürokratische Dinge galt es vor unserer Abreise noch zu regeln…so mussten gewisse Formulare bei der Arbeitsagentur ausgefüllt werden, um eventuelle spätere Ansprüche nicht zu verlieren, ebenso sind wir nun Selbstzahler bei der gesetzlichen Rentenversicherung. Unsere Krankenversicherung in Deutschland gilt ebenfalls nicht für so eine lange Reise und so musste diese nach dem Ausscheiden aus dem Job erst umgestellt und dann gekündigt werden. Dafür war es wichtig zu beachten, welche Voraussetzungen wir erfüllen müssen, um nach unserer Rückkehr dort wieder aufgenommen werden zu können. So waren wir doch zuletzt beide freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert. Da es aber auch auf Reisen natürlich nicht ohne eine Absicherung im Krankheitsfall geht, musste dann also auch eine adäquate Auslandsreisekrankenversicherung her…und zwar eine mit einem guten Preis-Leistungsverhältnis und idealerweise auch mit einer kurzfristigen Absicherung in Deutschland, falls man mal auf Heimaturlaub ist. Hierbei haben wir uns letztendlich für die „Young Travellers“-Versicherung der Ergo entschieden.

Nachdem das alles geregelt war, ging es weiter mit den übrigen Versicherungen und so wurde die Hausrat gekündigt und diverse andere wurden dementsprechend angepasst. Auch bei der GEZ galt es sich “als ins Ausland verzogen” abzumelden und Internet- und Handyverträge mussten ebenfalls gekündigt und angeglichen werden. Nächster Punkt auf der ToDo-Liste: Unsere Bankkonten…denn ohne internationalen Zahlungsverkehr kommen wir ja nicht weit und uns war es wichtig, die Kosten dafür möglichst gering zu halten. Also passten wir auch hier unsere Konten und Kreditkarten an. 

Was es natürlich auch noch abzuklären galt war, ob man Peter und mich in Amerika überhaupt haben wollte…wir brauchten also ein Visum. Zu allererst für Kanada, alle weiteren Länder folgen zu gegebenem Zeitpunkt. Für Kanada benötigten wir die App „ArriveCAN“ und die elektronische Reisegenehmigung “eTA”, welche wir schnell und unkompliziert über das Internet erhalten haben. Generell gibt es bei manchen Ländern noch formelle Unterschiede, ob man über See, Land oder Luft einreist. Wir können uns als Deutsche wirklich glücklich schätzen mit unserem Pass in so vielen Ländern ohne weiteres willkommen zu sein…das vereinfacht vieles. So liegen wir lt. dem „Henley Passport Index“, welche eine globale Platzierung von Staaten und Territorien bezogen auf die Reisefreiheit abbildet, weltweit auf Platz drei.

Nachdem für uns alles geregelt war, ging es dann darum, alles was mit Sprinti zu tun hat, zu organisieren…Planung und Buchung der Verschiffung Sprintis von Hamburg nach Halifax (Kanada) sowie Transport zum Ablegehafen (wir haben Sprinti mit der Firma „SeaBridge“ verschifft), dazu noch die Ausstellung eines internationalen Fahrzeugscheins (den kannten die übrigens noch nicht mal beim Straßenverkehrsamt) sowie auch die Anpassung der deutschen KFZ-Versicherung und den damit verbundenen Steuern. Dies ist wichtig, damit Sprinti in Deutschland angemeldet bleiben kann. Ist er das nämlich nicht, bedeutet das, dass er bei einer Rückverschiffung nach Deutschland als Einfuhr eines neuen Fahrzeugs gilt, was wiederum bedeutet, dass beim Zoll eine 19 prozentige Einfuhrsteuer fällig wird. Da auch unsere bisherige KFZ-Versicherung nur in Europa galt, musste ebenfalls eine neue KFZ-Versicherung her…und zwar für jedes Land, das wir bereisen werden, eine einzelne…damit liegen wir bei rund 16 Stück! Am teuersten fällt dabei die für Kanada und die USA aus und begrenzte dadurch unsere Aufenthaltsdauer in beiden Ländern dort insgesamt auf 6 Monate. 

Zusätzlich galt es in den letzten Wochen vor unserer Abreise noch unsere Jobs abzuwickeln, unseren Umzug zu organisieren und durchzuführen, unser Hab und Gut zum Teil zu verkaufen, zu verschenken oder bei unseren Eltern unterzustellen (vielen Dank übrigens noch einmal für diese Möglichkeit!). 

Dann war sie leer unsere Liste mit den ToDo’s und wir hatten tatsächlich alles erledigt.

Jetzt galt es “tschüss” zu sagen…tschüss zu den Eltern und Geschwistern, Patenkindern, Nichten und Neffen, Onkeln und Tanten, Cousinen und Cousins, engen Freundinnen und Freunden und uns wurde bewusst, von wie vielen tollen und liebevollen Menschen wir doch umgeben sind. Zum Glück war es kein wirkliches “tschüss”, sondern viel eher ein “auf Wiedersehen”! (An die Lieben zu Hause: Wir freuen uns schon wieder sooo auf Euch!)

Und so sind wir nun seit neun Monaten auf Reisen…weit weg von unserem Leben zu Hause. Jetzt bestehen unsere Tage hier daraus, sich täglich neuen Herausforderungen zu stellen…und diese Herausforderungen können hier schon sein: Wo fahren wir heute hin? Was gibt es zu entdecken oder zu besichtigen? Schaffen wir es bei der Entfernung der Strecke und bei den Straßenverhältnissen vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen (im Dunkeln sollte man weder in Kanada noch in den USA oder Mexiko aus Sicherheitsgründen (Tiere auf der Straße/Wildwechsel, schlechte Straßenverhältnisse oder Überfallgefahr) nicht Auto fahren)? Wie ist die Sicherheitslage vor Ort und welche Gegenden meiden wir? Haben wir alle Sicherheitsmaßnahmen ergriffen, falls wir von Polizei (die hier durchaus ihre ganz eigenen Machenschaften pflegt) oder von dem Militär angehalten werden? Haben wir ausreichend Bargeld dabei (besonders hier in Mexiko funktioniert vieles nur mit Bargeld)? Wie weit reicht unsere Tankfüllung und wo befindet sich die nächst größere Tankstelle, die vor allem auch sauberes Benzin hat? Zusätzlich gilt es sich darum zu kümmern, ob wir ausreichend Frisch-/Trinkwasser an Bord haben, da man das Leitungswasser hier (und zum Teil auch in den USA) nicht trinken kann. Ebenfalls ist ein voller Stromspeicher nicht selbstverständlich, allerdings kommen wir gerade in wärmeren Ländern mit unserem Solarpanel super zurecht. Fragen, die sich uns ebenfalls stellen: Sind unsere Trockentrenntoilette und unser Abwassertank im „grünen Bereich“? Ist unser Kühlschrank gefüllt und wenn nicht, wo gehen wir einkaufen? Einkäufe dauern in der Ferne übrigens mindestens doppelt so lange wir zu Hause, weil es immer wieder andere Geschäfte gibt, deren Sortiment sehr unterschiedlich angeordnet ist und sich inhaltlich auch komplett unterscheidet. Da sucht man sich manchmal schon einen Wolf…so stehen wir seit Anfang der Reise auf Kriegsfuß mit Tomatenmark…ganz abgesehen von den Produkten, die man von zu Hause kennt und die es hier einfach nicht gibt! Selbst bekannte Lebensmittel sind hier teilweise etwas anders, so verhält sich die mexikanische „Crema“ nicht so wie deutsche Sahne. Aber mit der Expertise meines Schwiegervaters (Dank an Theo!) wissen wir mittlerweile, wie auch das zu händeln ist. Da man auf Reisen lange nicht so viel Stauraum im Wagen besitzt, wie man es vielleicht zu Hause hat, ist es nicht möglich so viele Vorräte anzulegen, was bedeutet, dass wir wesentlich häufiger einkaufen müssen. Auch Baumärkte sind hier zum Teil ein Fall für sich. Ebenso gehört es auf langen Reisen mit vielen Kilometern dazu, dass mal das ein oder andere am Fahrzeug fällig wird, wie z.B. ein Service oder auch nur ein Ölwechsel. Das in einem fremden Land mit einem deutschen Fahrzeug (auch wenn es sich um ein international gängiges Fabrikat handelt) durchführen zu lassen, ist gar nicht immer so einfach und dadurch umso zeitaufwendiger.

Zu unseren täglichen Herausforderungen gehört es außerdem abzuklären, wo wir am Abend übernachten werden…sei es zentral in einer Stadt, in der Natur, am Strand oder auf einem Campingplatz. Aspekte sind hierbei: Darf man es? Kommen wir dorthin? Gibt es freie Plätze? Was kostet es? Ist es sicher? Da wir auch noch herausfinden müssen, wo wir die nächste Dusche bekommen und wo wir unsere Wäsche waschen können, bieten sich hin und wieder Campingplätze an (allerdings gibt es hier auch Plätze, die haben weder das eine noch das andere). Dann heißt es sich anderweitig weiterzuhelfen…

Und wenn man sich all das vergegenwärtigt, merkt man schnell, dass Reisen nicht gleich Urlaub bedeutet, nur weil man sich in der Ferne aufhält.

Wollen wir es dennoch missen? Auf gar keinen Fall!!! Wir sind froh und dankbar über diese Möglichkeit so eine Reise zu erleben. So lernen wir jeden Tag aufs Neue andere Menschen und Kulturen kennen, staunen jeden Tag mehr über die atemberaubende Natur mit tollen Landschaften und einer faszinierenden Tierwelt. Jeden Tag springen wir ins kalte Wasser und erleben neue Abenteuer. Beinahe täglich verlassen wir unsere Komfortzone und wagen uns raus in die Gegebenheiten der großen weiten Welt. Schon jetzt können wir sagen, dass wir definitiv um so viel reicher wiederkommen werden…reicher an Erfahrungen und unvergesslichen Erlebnissen. (Wenn Du mehr über diese Erlebnisse erfahren möchtest, findest Du Geschichten und Bilder auf diesem Blog unter „Reiseberichte“.)

Auch genießen wir unsere Auszeit von der Arbeitswelt gerade sehr und wissen es zu schätzen morgens nicht vom Wecker geweckt zu werden und jeden Tag frei und neu gestalten zu können. Nun haben wir die Möglichkeit auch vor Ort eine andere Sprache zu lernen und uns neuen Hobbies, die zuletzt viel zu kurz gekommen sind, zu widmen.

Konnten wir die ersten Monate noch gar nicht so wirklich loslassen und runterkommen, so gelingt es uns mittlerweile immer besser. Waren unsere Tage in Kanada und den USA mit einem straffen Programm recht durchgetaktet, können wir erst in Mexiko richtig durchatmen. Weil uns auch das besonders wichtig war, haben wir uns auf der Baja California die letzten Wochen mehr Zeit genommen und auch mal längere Stopps eingelegt. Wir haben bisher unwahrscheinlich viele andere Reisende getroffen (hier sind besonders viele Schweizer, Franzosen, Deutsche, US-Amerikaner und Kanadier unterwegs) und nehmen viel mit aus den Gesprächen und den unterschiedlichsten Lebensentwürfen. Einige Reisende treffen wir z.B. im Laufe der Tour zufällig immer wieder. So haben wir ein Pärchen (die „Chirpy Travellers“) in Kanadas Norden am recht einsamen Polarmeer und gestern wieder hier in Mexiko am Strand getroffen…ohne Absprache und rein zufällig. So ähneln, aber auch unterscheiden sich diverse Reiserouten und Pläne der vielen Reisenden.

Eins haben sie aber alle gemeinsam: Sie sind reisehungrig! 

Wenn sich die derzeitigen Unruhen in Culiacán, die dadurch entstanden sind, dass der involvierte Sohn des inhaftierten Drogenbosses “El Chapo” gefasst worden ist, gelegt haben, werden wir übersetzen auf das Festland Mexikos, wo weitere Abenteuer auf uns warten werden.

Bis dahin bleibt gesund und reiselustig!

Reiseberichte Kanada

Goodbye Canada (#018)

11. September 2022

– Unser Fazit –

Nach unseren Abenteuern in Alaska passieren wir die Grenze nach Kanada am Beaver Creek (das funktioniert auch wieder ganz reibungslos). Wir kehren noch einmal nach Whitehorse zurück (s. dazu Reisebericht „Auf geht’s Richtung Norden #013“), um dort zu zweit in meinen Geburtstag hineinzufeiern. Unsere Wäsche können wir dort waschen, unsere Tanks auffüllen bzw. ablassen und so geht es nach einigen Videoanrufen aus Deutschland weiter in Richtung Kanadas Süden…unser Ziel: die USA! Vor uns liegen knapp 2500 km bis zur nächsten Grenze und das heißt „fahren, fahren und nochmal fahren“! Wir benötigen dafür 2,5 Tage und sehen wieder Bären, Moose, Hirsche und traumhafte Landschaften. Was wir allerdings während dieser Zeit nicht haben, ist jeglicher Handyempfang. Und wer sich fragt, was wir nach so langen Fahrtagen abends noch so unternehmen (in diesem Fall um 22 Uhr), der schaue sich das letzte Foto an…schließlich geht es am nächsten Tag über die Grenze!

Und dann ist er gekommen, unser Abschied von Kanada! Nach 97 Tagen (plus weiteren 14 , die wir bereits ohne Sprinti in Halifax verbracht haben), 21.594 km, 7 Zeitzonen und 11 (von 13) Provinzen, vielen Malen 8 Grad und unzähligen Mücken ist es Zeit, „Goodbye“ zu sagen.

Kanada, dieses riesengroße Land mit seinen unfassbaren Weiten, einer abwechslungsreichen wie atemberaubenen Natur und einer so faszinierenden Tierwelt. Wir haben dieses Land von Küste (Atlantik) zu Küste (Pazifik) zu Küste (arktischer Ozean) oder wie man hier sagt: „from coast to coast to coast“ bereist. Wir sind Bisons, Bären, Elchen, Hirschen, Koyoten, Wölfen, Füchsen, Karibus, Rentieren, Moschusochsen, Dickhornschafen, Schneeziegen, Schlangen, Walen, Seehunden, Seelöwen, Weißkopfseeadlern, Kanada-Gänsen, Stachelschweinen, Murmeltieren, Streifenhörnchen und weiteren unzähligen Tieren wie z.B. Adlern, Bussarden und Habichten begegnet. Wir sind durch die Tundra, durch die Prärie, durch borealen Nadelwald, vorbei an Gletschern und Bergketten und durch endlose Wälder gefahren, haben dutzende Wasserfälle (wie z.B. auch die Niagarafälle) bestaunt und standen auf Berggipfeln und Permafrostboden. Wir sind vorbei an tausenden Seen, unzähligen Flüssen und drei Meeren. Wir waren in über 100 Städten und Orten und oft auf einem der längsten Highways der Welt unterwegs. Wir haben auch tausende Kilometer Schotterpisten und Straßenlöcher überstanden (danke Sprinti!), haben uns auch mal im Goldwaschen probiert und einige großartige Nationalparks bestaunt.

Kanada und seine Menschen haben uns den Start in unsere Reise so wunderbar einfach gemacht. Wir wurden mit offenen Armen empfangen und jeder hatte ein Lächeln für uns übrig. Wir haben die Kanadier als sehr offen, freundlich und hilfsbereit kennengelernt. Auch wenn in Kanada die Preise für Lebensmittel und Benzin ebenfalls stark angestiegen sind und viele sich in diesem Jahr keinen Urlaub leisten können, so hat niemand seine positive Einstellung verloren…“es ist dann halt so….im nächsten Jahr wird es schon wieder besser werden“! Der Kanadier ist ein pragmatischer Optimist, der lieber gibt als dass er nimmt…so war zumindest unser Eindruck. Auf einem Campingplatz z.B., bei dem man eine spezielle Münze brauchte, um die Duschen zu benutzen, fand ich eine dieser Münzen auf dem Münzeinwurfkasten in einer dieser besagten Duschen. Da ich mir bereits eine Münze besorgt hatte, hätte ich mit der zweiten doppelt so lange duschen können. Stattdessen habe ich mich daran erinnert, wie die Kanadier wohl damit umgehen würden und habe die gefundene Münze auf dem Einwurfkasten liegengelassen…es könnte schließlich jemand kommen, der keine hat und dem würde sie dann weiterhelfen. Genauso haben wir die Kanadier erlebt…immer hilfsbereit und herzlich im Miteinander. Wir können das Gerücht, dass Kanadier sich ständig und für alles entschuldigen, übrigens nur bestätigen. So haben wir im Straßenverkehr nicht einmal jemanden hupen oder sich streiten hören (was in Düsseldorf quasi an der Tagesordnung war). Auch wird wirklich jeder Fußgänger vorbeigelassen…selbst wenn man nur am Straßenrand steht und die Straße eigentlich gar nicht überqueren möchte, halten die Autos an…da ist man schon fast geneigt doch rüber zu gehen.

Die größten Hobbys der Kanadier sind Campen, Angeln und Jagen („huntin‘ and fishin'“ halt). Quasi neben jedem Wohnhaus steht ein Wohnwagen oder Wohnmobil, was teilweise der Größe des Hauses entspricht, gefühlt manchmal auch größer. Ein Boot ist auch oft zu finden…das macht das „fishin'“ ja auch einfacher. Wenn der Kanadier also quasi mit seinem „Haus“ auf Reisen geht, ist das oft schon ein lustiges Bild, denn, wenn es sich um ein Wohnmobil oder Bus handelt, wird der PKW einfach hinterhergezogen. Wir haben auch schon Varianten gesehen…Bus – Boot – Truck. Im Urlaub wird sich also wenig eingeschränkt, was man beim Camping ja schließlich vermuten könnte…selbst die Toiletten im Wagen sind richtige Spültoiletten wie zu Hause. Der Kanadier hat definitiv auch ein anderes Kälteempfinden als wir, d.h. ab 10 Grad Celsius ist es Zeit für kurze Hose und Flip Flops. Zudem liebt er es am Wochenende raus in die Natur zu fahren…ist ja schließlich auch reichlich davon da.

Viele Kanadier waren auch so interessiert an uns und unserer Reise, wenn sie das fremde Nummernschild gesehen oder unseren ausländischen Akzent gehört haben. Wir konnten spüren, wie sich selbst fremde Menschen für uns gefreut haben und mehr erfahren wollten über das, was wir vorhaben. Es gibt ja auch nichts leichteres als mit einem Kanadier ins Gespräch zu kommen…ein Blickkontakt und sie sprechen einen eh an :). So lernten wir z.B. auch Bobbie kennen, eine Frau Ende 50, die nach dem Tod ihres Mannes das Haus verkauft und sich eine kleine Wohnung und einen Bulli gekauft hat. Mit diesem Bulli fährt sie immer mal wieder durch British Columbia und hält einfach da an, wo es ihr gefällt. Sie stellt sich ans Meer und übernachtet einfach dort. Sie sprühte nur so vor Herzlichkeit und Lebensfreude. Einmal treffen wir auch Bo, ein Kerl Anfang 30, der vor einiger Zeit in seinen Camper gezogen ist, weil er beruflich immer wieder an anderen Orten eingesetzt wird und somit mit seinem „Zuhause“ und voller Enthusiasmus ganz Kanada bereist. Oder als wir am Polarmeer Inuits begegnet sind, die unter sehr einfachen Verhältnissen in dieser Natur leben, die absolut nichts verzeiht. Ich werde eine ältere Inuit-Dame nicht vergessen, die uns anstrahlt, als wir gerade mit unseren Füßen im arktischen Ozean stehen, und uns zuruft: „Welcome to our home!“

Natürlich beziehen sich unsere Schilderungen nur auf unseren eigenen, ganz persönlichen Erlebnissen und Erfahrungen in den letzten vier Monaten, daher können wir auch nicht für die Allgemeinheit sprechen. Wir haben in dieser Zeit ein Land erlebt, in dem Menschen aus anderen Nationen willkommen sind. Ein Land, in dem Integration ein hohes Gut ist und man stolz auf das ist, was fremde Menschen in diesem Land beisteuern…gerade auch beruflich. Natürlich müssen gewisse Voraussetzungen erfüllt sein, um hier leben zu dürfen und an Regeln muss sich für ein gutes Miteinander gehalten werden. Wenn jemand in Kanada eingebürgert wird, so heißt es in der offiziellen Zeremonie: „Sie haben alle eine Heimat, heute bekommen Sie ein neues Zuhause!“ Mich hat dieser Satz sehr berührt, weil er ziemlich genau wiedergibt, wie hier miteinander umgegangen wird. Und so haben Peter und ich uns in Kanada auch als Reisende immer wohl, sicher und willkommen gefühlt.

Kanada…Du bist großartig!

Kanada Reiseberichte

Reifenpanne auf dem Dempster Highway (#014)

7. August 2022

Schaffen wir es bis ans Polarmeer?

Auf unserer Reise Richtung Norden erreichen wir schließlich das kleine Goldgräber-Städtchen Dawson, aber dazu zu einem anderen Zeitpunkt mehr. Dawson City ist auch Ausgangspunkt für eine Tour, bei der sich jeder Reisende fragt: „Schaffen wir das???“ Es handelt sich um den Dempster Highway (das letzte Stück nennt sich Inuvik-Tuktoyaktuk-Highway), eine 883 km lange Schotterpiste, die hoch zum Polarmeer nach Tuktoyaktuk führt. Ich rede hier nicht von einer gewöhnlichen Schotterpiste, wie wir sie vielleicht aus Deutschland kennen, sondern von einem kilometerlangen Weg, der gesät ist mit tiefen Löchern, spitzen Steinen, Schlamm, Matsch und solchen Unebenheiten, dass man das Gefühl hat, man fährt nicht in einem Auto, sondern hüpft auf einem Trampolin. Viele Reisende berichten von Unfällen, reinsten Schlitterpartien, platten Reifen (durch die Steine, die die Reifen aufschlitzen) und von kaputten Windschutzscheiben (durch entgegenkommende Fahrzeuge, insbesondere der riesen LKWs). Jene stellen die nötigste Versorgung im Norden (es gibt dort nur alle paar 100 km mal einen Ort) sicher und kommen einem gerne mit ordentlich Speed entgegen, so dass die Steine nur so fliegen. Es wird empfohlen eine „gewisse Anzahl“ an Ersatzreifen und ausreichend Lebensmittel und Wasser dabeizuhaben, wenn man den Dempster befährt. Auf der gesamten Strecke befinden sich nur drei Tankstellen (weil außer Natur ist da halt nichts) und man erhält den warnenden Hinweis, man solle tanken, wann immer es geht, falls die nächste Tankstelle evtl. geschlossen ist oder kein Benzin zur Verfügung hat. Auch sind die Kartenlesegeräte gerne mal defekt oder können keine Verbindung aufbauen. Fast während der gesamten Strecke hat man keinen Internet-, geschweige denn Handyempfang, im Notfall Hilfe zu rufen ist also gar nicht so einfach. Allerdings ist auch bekannt, dass man anhält und sich gegenseitig hilft, wenn ein Auto am Straßenrand steht.

Große Teile des Dempster Highways folgen einem alten Hundeschlittenweg. Der Highway ist nach Inspektor William John Duncan Dempster von der Royal Canadian Mounted Police benannt, einem jungen Polizisten, der mit seinen Schlittenhunden häufig den Weg zwischen Dawson City und Fort McPherson benutzte. Dempster und zwei weitere Polizisten wurden im März 1911 mit einer Rettungsmission beauftragt und sollten Inspektor Francis Joseph Fitzgerald sowie drei seiner Männer finden, da diese nie auf ihrer planmäßigen Winterpatrouille in Dawson City angekommen waren. Dempster und seine Kollegen fanden die Anfang Februar Verstorbenen schließlich nur wenige Meilen von Fort McPherson entfernt und beerdigten sie letztendlich auch dort.

1958 fällte die kanadische Regierung den Entscheid, eine 671 km lange Straße durch die arktische Wildnis von Dawson City nach Inuvik zu bauen. Es wurden große Öl- und Gasvorkommen im Mackenziedelta gefunden, und das Örtchen Inuvik befand sich gerade im Aufbau. Am 17. August 1959 ließ die kanadische Regierung verlauten, dass man Ölvorkommen in den Eagle Plains gefunden habe, und vergab Konzessionen an die Ölindustrie, um noch größere Vorkommen in der Region zu entdecken. Man hat bemerkt, dass ein Highway über den Polarkreis nötig war, um Material und Infrastruktur zu den Ölvorkommen transportieren zu können.

2017 wurde nun der letzte Abschnitt zwischen Inuvik und Tuktoyaktuk fertiggestellt (wenn man das „fertig“ überhaupt nennen kann) und so ist es möglich von Kanada aus das arktische Polarmeer zu erreichen.

Aufgrund all dieser Gegebenheiten und auch weil Sprinti weder einen 4×4-Antrieb noch All-Terrain-Reifen hat, haben Peter und ich echt hin und her überlegt, ob wir uns diese Fahrt zutrauen können…schließlich waren die 883 km ja nur der Hinweg und die Wetterprognosen waren jetzt auch nicht so optimal! Wir besuchen das spezielle Visitor Center und treffen auf Dawn, eine sehr freundliche und lustige Inuit-Dame mittleren Alters, die uns offen und ehrlich von den Bedingungen des Highways erzählt und uns aber auch ermutigt.

Alles klar, wir machen’s!

Benzin- und Wassertank sind proppevoll, ebenso unser Kühlschrank und die Lebensmittelvorräte. Ersatzreifen, Reifenkompressor, Windschutzscheiben-Kit…wir haben alles dabei! Also auf geht’s Sprinti!

Da es zuvor noch einiges zu erledigen gibt, starten wir den Dempster Highway erst nachmittags, schaffen aber an Tag 1 schon einige Kilometer, weil es nachts ja nicht dunkel wird und wir somit bis in die späten Abenstunden fahren können. Die Straße hat es tatsächlich in sich und teilweise können wir uns nur im Schneckentempo fortbewegen. Bei all diesen Löchern, Huckeln, Steinen, Schlamm und widrigen Verhältnissen hoffen wir echt, dass Sprinti das heil übersteht. Aber Tag 1 klappt soweit ganz gut und wir sind happy (auch wenn Sprinti dreckmäßig aussieht wie ein echtes Expeditionsfahrzeug)! Außerdem gibt es trotz einiger Wolken wieder eine tolle Landschaft (z.T. borealer Nadelwald und die Tundra) zu bestaunen. Wir finden auf einem Berg in den Wolken einen schönen Stellplatz und verbringen dort die erste Nacht. Als wir am nächsten Morgen aufwachen, sind die Wolken quasi verschwunden bzw. in das Tal „gerutscht“, die Sonne scheint herrlich und vor uns liegt eine atemberaubende Aussicht.

Dann geht es für uns weiter…durch unendliche Landschaft, die sich aber immer wieder ändert und uns auf dem ganzen Weg fasziniert. Bis auf eine Hand voll anderen Reisenden, wenigen LKW-Fahrern und ein paar Bauarbeitern (die entlang der gesamten Strecke doch tatsächlich Glasfaser in den Norden verlegen…das hätten wir uns zu Homeoffice-Zeiten in Düsseldorf auch so manches Mal gewünscht), treffen wir auf keine Menschenseele. Nach 365 km erreichen wir den „Ort“ (Eagle Plains)…der hat sage und schreibe 8 Einwohner und ist die erste „Menschenansammlung“ nach hunderten von Kilometern. Dort liegt auch die erste Tankstelle auf unserer Route und man fühlt sich dort wie um 50 Jahre zurückversetzt…mindestens! Nicht nur wir bekommen unser Benzin dort, sondern auch der Hubschrauber, der neben uns an der Tanke landet…ja so läuft das hier!

Nach 401 km erreichen wir unser erstes Etappenziel: den Polarkreis (Arctic Circle)!

KURZE ZEIT SPÄTER DANN DAS…

Durch die spitzen Steine auf der Straße haben wir einen ordentlichen Riss im Reifen, den es auch mit unserem Repair-Kit nicht zu reparieren gilt. Zum Glück bekommen wir den Reifen aber schnell gewechselt und können weiterfahren, in der Hoffnung in Fort MacPherson (der nächsten Ort auf der Route und immerhin 103 km entfernt) den Reifen geflickt zu bekommen. Aber Pustekuchen! Das einzige, was wir dort antreffen ist ein verlassenes Reifenlager…ohne eine Menschenseele. Also fahren wir unverrichteter Dinge weiter und das bedeutet, wir müssen die 287 km bis Inuvik ohne Zwischenfall überstehen, ansonsten haben wir ein Problem! In Vorbereitung auf den Dempster Highway haben wir auch von Reisenden gehört, die sich über hunderte Kilometer haben abschleppen lassen müssen, was sie letztendlich über 1000€ gekostet hat. Also heißt es Daumen drücken, dass die Reifen halten und Sprinti weiter gut mitmacht!

Weiter geht unsere Fahrt über Stock und Stein, Loch und Huckel, Matsch und Staub…und das sieht man den Fahrzeugen auch an…nicht nur Sprinti. Auf dieser Strecke ist tatsächlich alles ein wenig anders…hier landen kleine Propeller-Flugzeuge im Notfall auch direkt auf der Straße, weil die Straße auch gleich die Landebahn ist.

An diesem Tag erreichen wir noch den Staat Nordwest-Territorien, wechseln wieder in eine andere Zeitzone und lassen uns an zwei Flüssen (Peel River und Mackenzie River) mit einer Fähre, mit zum Teil waghalsigen Anlegemanövern, übersetzen. Mit 4240 Kilometern ist der Mackenzie River übrigens der längste Fluss Kanadas, das zweitlängste Flusssystem in ganz Nordamerika und der zwölftlängste Fluss in der ganzen Welt. Dieses „Flüßchen“ begleitet uns auf unserer Reise nun schon eine ganze Weile.

Wir schaffen es an dem Abend tatsächlich unversehrt bis nach Inuvik. Inuvik ist mit „nur“ etwa 3200 Einwohnern die größte Stadt in Kanada nördlich des Polarkreises. Es leben hier viele Hinzugezogene europäischer Herkunft, während die einheimischen Inuit („Eskimos“) mittlerweile in der Stadt die Minderheit bilden. Man merkt auch hier schon, dass die Menschen mit anderen Gegebenheiten zu tun haben und unter anderen Widrigkeiten ihren Alltag gestalten müssen. Hier herrscht absoluter Winter von Ende September bis Ende April mit ca. -30 °C. Von Juni bis August scheint für 56 Tage die Mitternachtssonne, d.h. es wird nicht dunkel, während im Winter die Sonne für mehrere Wochen nicht aufgeht. Die Temperatur beträgt im Jahresdurchschnitt −10 °C, wobei im Sommer maximal 31°, im Winter aber auch schon −57 °C gemessen wurden. Der Boden in dieser Gegend besteht aus Permafrost. Als Permafrost bezeichnet die  Geowissenschaft einen Untergrund, dessen Temperatur für mindestens zwei Jahre ununterbrochen unter 0 °C liegt. Daher ist es eben auch nicht möglich vernünftige Straßen zu bauen, weil spätestens im Winter alles kaputtfriert.

Hier in Inuvik übernachten wir auf einem Parkplatz mitten im Ort und machen uns am nächsten Morgen schon früh auf zum ortsansässigen Reifenhändler, der uns auch wieder direkt behilflich ist. Schnell ist unser kaputter Reifen wieder geflickt und wir können weiter…noch 152 km bis Tuktoyaktuk…unsere letzte Etappe bis zum Polarmeer!

Und dann ist es soweit…nach zwei Tagen Fahrt auf Straßen, die Peter und ich beide so noch nicht erlebt haben, sind wir nach 883 km endlich am Ziel…der arktische Ozean…der nördlichste Punkt auf unserer gesamten Reise! Yippieh!

Und wenn wir schon einmal hier sind, müssen wir natürlich auch mal die Füße ins Wasser halten…

Auch in Tuktoyaktuk, was so viel heißt wie „sieht aus wie ein großes Karibu“, merken wir, wie die rund 890 Einwohner in einer ganz anderen Welt leben als wir Europäer. Es handelt sich zum Großteil um Eskimos (hier in Kanada bevorzugen sie den Begriff „Inuit“), deren Alltag daraus besteht, an diesem verlassenen Ort unter jenen klimatischen Bedingungen klarzukommen…hier leben schließlich auch Eisbären! Die Menschen leben hier vom Fellhandel und Walfang, sowie von der Robben- und Karibu-Jagd, um sich ernähren zu können. Die Häuser und Hütten sind klein und die Fenster meist mikrig oder mit Thermomatten abgehängt, um die Wärme im Haus zu behalten. Die Häuser sind auch auf Stelzen gebaut, weil die Wärme derer den Permafrost-Boden schmelzen und das Haus absinken lassen würde. Sich hier ein Heim zu bauen ist teuer, weil alle Materialien aus dem Süden erst einmal herangeschafft werden müssen. Auch scheinen für uns „normale“ Dinge der Infrastruktur wie Müll- oder Abwasserentsorgung schwierig zu sein, wie wir am Eingang des Ortes feststellen. Schon viele Kilometer vor Tuktoyaktuk (kurz Tuk) haben wir immer wieder viele Schlitten und Schneemobile auf den Feldern und am Straßenrand stehen gesehen. Die sind da bereits für den Winter positioniert, um sie für die Jagd zu nutzen. Anders wäre ein Durchkommen durch die Schneemassen nicht möglich. Auch fallen uns vor Tuk mehrere Erdhügel auf, sogenannte Pingos. Ein Pingo  ist ein im Permafrost entstandener Erdhügel und das Innere des Hügels besteht aus einem Eiskern. In der Umgebung von Tuktoyaktuk gibt es etwa 1350 Pingos, ein Viertel aller auf der Erde vorkommenden.

In Vorbereitung auf diese Reise und auch für den Ausbau des Sprinters haben wir uns unter anderem sehr viele Ideen und Hilfen aus dem Internet besorgt, z.B. auch anhand von YouTube-Videos. So stößt man dann auch automatisch auf viele andere Reisende, die ähnliche Pläne haben. So sind wir auch auf den YouTube-Kanal von „Chirpy Travellers“ gekommen, die ihr Fahrzeug auch von Hamburg nach Halifax verschifft haben und seitdem durch Kanada reisen. Und wie der Zufall es so will, fährt da doch glatt ein uns bekanntes Fahrzeug vor, als wir gerade oben am Polarmeer stehen…die Chirpy Travellers, die wir sonst nur aus ihren Videos kennen. Viele Grüße, falls Ihr das gerade lest. Wir unterhalten uns kurz und dann heißt es für uns auch schon wieder den Rückweg anzutreten, schließlich liegen erneut 883 km Schotterpiste vor uns. Also los geht’s!

Gezwungenermaßen müssen wir allerdings wieder in Inuvik einen Zwischenstop einlegen…dieses Mal allerdings nicht zum Reifen flicken, sondern weil uns bzw. unsere Windschutzscheibe erneut ein Steinschlag erwischt hat. Und zwar als uns auf dem Rückweg ein LKW mit hoher Geschwindigkeit entgegenkommt (die meisten bremsen vorher ab, so wie wir auch und wenn beide weit rechts rüber fahren funktioniert es meist auch). Unten links ist auf unserer Scheibe ein kleines Loch zu sehen, davon aus geht allerdings ein Riss, der schon im Laufe der nächsten Kilometer immer länger wird…wir sind uns sicher, das hält keine 750 km Buckelpiste mehr aus. Mal ganz davon abgesehen, sieht man hier kein Auto, was nicht mindestens einen Riss über die komplette Scheibe hat. Also Zwischenstop in Inuvik! In einer Werkstatt hören wir, dass sie keine Scheibenreparaturen durchführen würden (obwohl es auf deren Homepage steht), wir sollen uns an Bobby Ross wenden…seine Telefonnummer stünde bei Facebook. Also kontaktieren wir Bobby Ross und fahren zu ihm nach Hause. Und zwanzig Minuten später kommt auch Bobby Ross angefahren, auf seinem Auto prankt der Schriftzug „Bobby Ross Cleaning“. Bobby macht also auch noch in Reinigungsunternehmen. Im Gespräch erfahren wir, wie es ist, hier oben zu leben und dass da oft ein Job nicht ausreicht, um sich über Wasser zu halten. Bobby Ross ist ein total freundlicher und hilfsbereiter, Mittfünfziger, der den Gwich’in, einer indianischen Stammesgruppe, angehört. Mit viel Geduld und akorater Arbeit kümmert er sich um unsere Scheibe…während wir von Mücken zerstochen und von Black Flies gebissen werden. Nach ca. 2,5 Stunden können wir weiter. Wer auf dem Dempster Highway mal eine defekte Scheibe hat, wende sich gerne an Bobby Ross (Bobby Ross Facebook) und bestelle ihm liebe Grüße von uns!

Den restlichen Rückweg bestreiten wir ohne weitere Blessuren. Wir kommen noch durch Nebel und Regen, entdecken einen Elefanten (wer entdeckt ihn noch?), nutzen um Mitternacht die Fähren zum Übersetzen (es ist ja noch hell) und werden im Bett ganz schön durchgerüttelt als der Wind ordentlich draußen pfeifft und Sprinti zum Wackeln bringt. Und dann strahlt uns am nächsten Tag auch schon wieder die Sonne entgegen und wir genießen die wundervolle Natur (…und die Glasfaserbaustellen sind auch noch da).

Und dann ist es vollbracht! Nach 1766 km und über 60 Mückenstichen (plus die von Peter) haben wir ihn bezwungen…den Dempster Highway! Was ein Abenteuer! Wir haben teilweise Blut und Wasser geschwitzt, aber mit Geduld und Vorsicht hat es geklappt…und wer weiß welche Strecken auf der Reise noch so auf uns warten…?!

Und was wir und Sprinti nun als allererstes brauchen, ist eine Dusche!

Und als ich am nächsten Tag Dawn im Visitor Center besuche und ihr mitteile, dass wir es geschafft haben, verschwindet sie einen Augenblick und kommt kurze Zeit später mit einem Schriftstück in der Hand zurück, das sie uns dann feierlich überreicht…unser Zertifikat als ehrenhafte Bezwinger des Dempster Highways! Und sie macht das so liebevoll, dass es einem tatsächlich ganz warm ums Herz wird.

Für Peter soll dies aber nicht das einzige Zertifikat an diesem Tag gewesen sein, aber darüber erfahrt Ihr dann beim nächsten Mal mehr…

Macht’s gut und fahrt schön vorsichtig!

Reiseberichte Kanada

Auf geht’s Richtung Norden (#013)

31. Juli 2022

Yukon, wir kommen!

Nachdem wir Vancouver Island verlassen und das Festland erreicht hatten, hieß es für uns nach drei Monaten nun nicht mehr „von Ost nach West“, sondern „ab in den Norden“…mit dem Ziel: das Polarmeer! Also fuhren wir den Sea to Sky-Highway (Highway 99), der auch für seine schöne Landschaft bekannt ist. Dabei kommen wir durch Städte wie Squamisch, Whistler (eines der größten Skigebiete Nordamerikas) oder Pemberton.

Dann erreichen wir nach über 1000 km (Kanada ist echt ein großes Land) Dawson Creek und damit die „Mile 0“ des Alaska Highways (keine Angst, noch sind wir dadurch nicht in Alaska, aber dieser Highway führt uns dorthin). Der Bau des Alaska Highways war ein Resultat aus dem zweiten Weltkrieg…es brauchte damals 25.000 Mann und 7000 „Teile Equipment“, um die 2232 km (Dawson Creek, Kanada bis Delta Junction, Alaska) in nur 10 Monaten fertigzustellen. Wir werden den Highway auf unserer Route von Anfang bis Ende befahren und da Dawson Creek und auch das entsprechende Schild wegen des Starts dieses Highways ein Anziehungspunkt für viele Reisende sind, machen wir auch einen Abstecher dorthin…

Dann fahren wir noch ein Stück weiter…man verliert hier auch absolut das Zeitgefühl, weil wir mittlerweile soweit nördlich sind, dass es nachts nicht mehr dunkel wird. Wir nutzen die langen Tage und „schaffen“ somit einige Kilometer. An diesem Abend finden wir ein schönes Plätzchen am See. Hört sich sehr idyllisch an und sieht auch so aus, ist allerdings aufgrund zweier alter Bekannte nur bedingt idyllisch…hello again 8 Grad (die kommen hier oben wieder häufiger vor, zum Glück aber nur nachts) und hello again Mücken und sämtliche Insekten, die sich das Stechen und Beißen zur Hauptaufgabe gemacht haben! Wir hatten ja bereits in Ontario (s. Reisebericht #004 „Wir entdecken Kanada und seine Städte“) gedacht, es wären dort viele Mücken, Mosquitos, Black Flies etc. unterwegs gewesen, aber das hier toppt noch einmal alles. Ohne Mückenspray (was hier umgangssprachlich „Kanada-Deo“ genannt wird und die reinste Chemiekeule ist) geht hier gar nichts. Also idyllischer Ort hin oder her…wir bleiben drinnen…ist ja auch schon Nacht (auch wenn man es am Stand der Sonne nicht glauben mag). Noch einmal ein Hoch auf unsere Fliegengitter!

Am nächsten Tag führt uns der Alaska Highway weiter durch tolle Landschaften und eine faszinierende Tierwelt.

DAMIT hätten wir allerdings nicht gerechnet…

Und so fahren wir weiter…total happy über das, was uns die Natur da gerade geboten hat. Doch das soll noch nicht alles gewesen sein! Ein paar Kilometer weiter und einen Tankstopp (bei einer Tankstelle irgendwo im Nirgendwo) später, treffen wir tatsächlich auf eine ganze Herde Bisons…Männchen, Weibchen und Jungtiere…über 70 an der Zahl und direkt am Straßenrand. Einfach unglaublich! Insgesamt sehen wir auf dem Alaska Highway an zwei Tagen sage und schreibe einen Grizzly, 16 Schwarzbären (darunter auch ein Muttertier mit ihren 3 Jungen), einen braunen Schwarzbären (die gibt es auch und sind nicht zu verwechseln mit einem Grizzly), ein Murmeltier, einen Fuchs, zwei Reiher, zwei Maultier-Hirsche und über 100 Bisons! Bereits im Grassland Nationalpark (s. Reisebericht #007 „Von der Prärie bis in die Rocky Mountains“) waren wir ja voller Hoffnung, einigen Bisons zu begegnen, hatten sie dann aber nur aus weiter Ferne erspähen können. Dass sie nun mit ihren gewaltigen Körpern direkt vor uns stehen und das dann auch in dieser Anzahl, damit hätten wir in unseren kühnsten Träumen nicht gerechnet und freuen uns daher umso mehr…besonders weil da noch ein Sprinti zwischen uns und den Tieren ist.

Nach all der Tier-Euphorie kommen wir dann wieder zurück in die Welt von kanadischen Straßenverhältnissen…wir haben einen Steinschlag! Ein ordentliches Loch, was zum Glück nicht ganz „durchgeht“, prankt auf unserer Windschutzscheibe. Also heißt es am nächsten Morgen „Planänderung“ und Zwischenstop beim ortsansässigen Glasspezialisten. Zum Glück läuft das aber alles unkomplizierter und auch wesentlich schneller als gedacht. Man hilft uns direkt weiter und nach 30 Minuten ist die Scheibe auch schon wieder „geflickt“.

Also kann es weitergehen auf unserem Weg Richtung Norden. Wir verlassen British Columbia und erreichen den nächsten Staat, die Provinz Yukon. Der Name Yukon geht auf den gleichnamigen Fluss, den Yukon River zurück, der durch das Territorium und dann westwärts nach Alaska fließt. Seine Bezeichnung geht wiederum auf „yu-kun-ah“ zurück, die Bezeichnung des Flusses durch die Gwich’inIndianer als „großer Fluss“. Yukon ist ein Staat im äußersten Nordwesten Kanadas und besitzt eine Fläche von 482.443 km². Etwa zwei Drittel der rund 43.000 Einwohner leben in der weit im Süden gelegenen Hauptstadt Whitehorse. Von den Einwohnern des Territoriums zählt, das für die Ureinwohner zuständige Ministerium, rund 9500 zu den 16 First Nations.

Dann erreichen wir Watson Lake, ein Ort, der vor allem durch den Schilderwald Sign Post Forest bekannt ist. Dieser Schilderwald ist 1942 von einem heimwehkranken Soldaten begonnen worden und umfasst heute etwa 80.000 Straßen-, Orts- und andere Schilder von Touristen aus der ganzen Welt. Auch wir überlegen uns uns dort zu verewigen, aber auch wenn wir ein Paar Ersatznummernschilder dabei haben, wer weiß wofür wir die noch gebrauchen auf unserer Reise?! Die werden einem nämlich auch gerne mal vom Auto geklaut. Also bestaunen wir nur die unzähligen Schilder und bei so manchem kommen dann auch Heimatgefühle auf.

Dann erreichen wir Whitehorse, die Hauptstadt von Yukon. Wer sich darunter jetzt eine Metropole vorstellt, wird sich wundern…wir reden hier wie gesagt von lediglich 25.000 Einwohnern. Aber immerhin ist sie die einzige Gemeinde im Territorium mit dem Status einer Stadt. Whitehorse wurde benannt nach den durch den Bau eines Wasserkrafwerks verschwundenen Stromschnellen des Yukon-Rivers. Deren Kämme sahen damals aus wie die Mähnen weißer Pferde.

In Whitehorse verweilen wir ein paar Tage, waschen Wäsche, erledigen was so angefallen ist, bringen Sprinti mit einem Ölwechsel auf Vordermann (auch das funktioniert in einer Werkstatt wieder schnell und unkompliziert) und entdecken unter anderem auch mit der SS Klondike 2 die Geschichte der Stadt. Die SS Klondike war der Name von zwei Sternwheelern (Frachtschiffen), die zweite ist heute eine nationale historische Stätte in Whitehorse. Sie lieferten Fracht zwischen Whitehorse und Dawson City entlang des Yukon River. Die erste von 1929 bis 1936 und die zweite, eine fast exakte Nachbildung der ersten, von 1937 bis 1950. Auch besichtigen wir in Whitehorse die längste hölzerne Fischleiter der Welt, die es den Lachsen ermöglicht, den dortigen Staudaumm zu überwinden und somit den Lachsbestand im gesamten Yukon River seit vielen Jahren sichert. Außerdem besuchen wir das Yukon Wildlife Preserve, eine Wohltätigkeitsorganisation, die auf über 350 Hektar mehr als 180 verwundete oder kranke Tiere aus der Region wieder aufpäppelt und auswildert. Dort sehen wir Caribous (nordamerikanische Rentiere), Maultier-Hirsche, Dünnhorn-Schafe, Schneeziegen, Bisons und in der Ferne auch Moschusochsen.

Dann verlassen wir Whitehorse, denn weiter im Norden warten noch weitere Abenteuer auf uns.

Aber dazu dann beim nächsten Mal mehr…

Reiseberichte Kanada

Vancouver Island (#012)

24. Juli 2022

– Reif für die Insel –

Dann heißt es für uns auch schon wieder Abschied nehmen von Vancouver, denn es geht für uns weiter nach Vancouver Island. Die Insel liegt genau vor Vancouver und ist über 450 km lang und rund 100 km breit. Dabei umfasst sie eine Fläche von 31.285 km². Trotz ihrer Größe ist sie nur die elftgrößte Insel Kanadas. Wir müssen mit der Fähre übersetzen und schippern rund 1,5 Stunden vorbei an schönen, zum Teil auch einsamen, Inseln.

Auf Vancouver Island angekommen, fahren wir durch die Hauptstadt British Columbias, durch Victoria (da ist sie wieder „unsere Vicky“!) und treffen dann an unserem Campingplatz ein. In den folgenden Tagen haben wir nicht immer Glück mit dem Wetter, nutzen aber jede trockene Phase, um die Insel zu Fuß oder mit dem Auto zu erkunden. Wie wandern einige Male durch den Regenwald und staunen über die unglaublichsten Baumkreationen und welch unfassbare Größe und Durchmesser sie zum Teil haben. Vor ein paar Jahren haben wir in den USA schon Mammutbäume gesehen, die so groß und dick waren, dass wir mit dem Auto durch sie hindurchfahren konnten. Sooo groß sind diese hier nicht, aber sie sind auf dem besten Wege dorthin. Wir treffen auf über 800 Jahre alte Exemplare, die schon über 300 Jahre lang existierten, als Christopher Columbus Amerika entdeckt hat. Auch zu sehen, wie das Ökosystem in diesen Wäldern aufeinander abgestimmt ist, ist schon bewundernswert. Wenn man sieht, wie bereits vor 500 Jahren umgekippte Bäume noch immer mit dicken Stämmen existieren und Nährboden für neue Bäume und eine unendliche Anzahl von Tieren bieten, ist das echt beeindruckend. Was Natur alles kann…wenn man sie lässt!

Allerdings sehen wir auch, dass Forstwirtschaft auf dieser Insel eine Rolle spielt.

Vancouver Island ist nur zum Teil richtig erschlossen und so kann man gerade im Westen nicht entlang der Küste fahren. Daher legen wir einen ziemlichen Zick-Zack-Weg zurück (siehe hier unsere Route), um alles Sehenswerte zu erkunden. Manchmal kommen wir allerdings, was die Straßenverhältnisse anbelangt (auf den Bildern handelt es sich um eine arg ramponierte Brücke), an unsere und Sprintis Grenzen…

… und dann heißt es auch schon mal…Kehrtwende!

Als wir nach einem langen Tag in einer hippen Surfergegend landen, in der man mit hohen Strafen rechnen muss, wenn man mit dem Wohnmobil frei steht, haben wir Glück, dass wir nach ausgebuchten oder absolut überteuerten Campingplätzen (bis zu 180 CAD pro Nacht…HALLO?!) noch einen Platz ergattern, der noch so einigermaßen preislich in Ordnung geht. Wir müssen allerdings schmunzeln, als wir sehen was wir dafür bekommen: Einen Stellplatz ohne jegliche Anschlüsse (Strom, Wasser, Abwasser), am ganzen Campingplatz gibt es weder Frischwasser noch die Möglichkeit sein Grauwasser loszuwerden. Wir haben Zugang zu lediglich einer Dusche und einer Toilette. Unsere Parzelle ist zwar passend groß, aber sie besitzt weder Bank noch Tisch…was sonst in Kanada Standard ist. Auch quasi Standard ist eine Feuerstelle, ein sogenanntes „Fire-Pit“, meist bestehend aus einem großen Eisenring, einem Steinkreis oder zur Not auch mal einer LKW-Felge, so dass man ein Feuer machen kann ohne dass man gleich den ganzen Wald in Brand setzt. Auf unserem Platz befindet sich auch ein Fire-Pit, dieses Mal in Form einer Felge, allerdings nicht von einem LKW, sondern von einem PKW…eine absolute Mini-Felge…mit einem Holzscheit ist das Ding tatsächlich voll!

Aber es klappt…schließlich habe ich meinen eigenen ganz persönlichen „Fire-Pete“ immer dabei, der bekommt jedes Feuer an! Neuerdings haben wir übrigens auch eine Axt…Peters neueste Errungenschaft. Als wir abends so am Feuer sitzen und ich auf unsere Mini-Felge schaue, muss ich schmunzeln, als plötzlich folgenden Geschichte in meinem Kopf entsteht:

Die kleine Felge Tom
Es war einmal eine kleine Felge, die war über viele Jahre an einem VW Bulli in der Welt umher gereist und hatte jeden Kontinent besucht. Die Berge, das Meer, die Wüste, Wiesen und Felder…alles hatte sie gesehen. Sie war gefahren auf geteerten Straßen, auf Sand, durch Wasser und Pfützen, durch Matsch und auf Schotterstraßen…und sie hatte es geliebt so die Welt zu entdecken. Dann eines Tages gab der VW Bulli seinen Geist auf und seine Besitzer brachten ihn wohl oder übel auf den Schrottplatz… und mit ihm die kleine Felge Tom. Vorbei war das Abenteuer! Traurig sah Tom wie der Bulli sein Ende in der Schrottpresse fand. Einsam lag die kleine Felge da, umringt von einem Haufen alter Autoteile und Schrott. Es war kalt, nass und ungemütlich. So verging die Zeit und die kleine Felge wurde immer einsamer und trauriger. Doch dann irgendwann kamen ein paar Surfer vorbei, die die kleine Felge doch tatsächlich mitnahmen. Tom konnte es nicht fassen. Und so landete die kleine Felge auf dem Campingplatz auf Vancouver Island als Fire Pit und bekam nun mit, wie sich Menschen aus der ganzen Welt abends um sie scharrten und am Feuer wärmten. Die kleine Felge genoß es all ihre Geschichten zu hören und dachte sich so manches Mal mit einem Lächeln: „Da war ich auch schon mal!“

Als ich Peter meinen Gedankenschwall offenbare, schaut der mich an, als wolle er sagen: „Jetzt spinnt sie ganz!“ Und wahrscheinlich hat er damit gar nicht so unrecht…vielleicht tut mir die kanadische Luft ja auch einfach nicht gut :).

Dann zieht es uns weiter an den nordwestlichsten Zipfel der Insel, nach San Josef Bay. Eine Gegend, die man nur über 70 km Schotterpiste erreicht…herzlich willkommen Schlaglöcher, sag ich nur! Neben Schlaglöchern sehen wir auf dem Weg allerdings auch wieder einen Schwarzbären und etliche Maultier-Hirsche.
Am Parkplatz angekommen, wandern wir durch einen Regenwald Richtung San Josef Bay. Es ist schwül und der Wald ist dicht. Wir sehen wieder eine atemberaubende Pflanzenwelt. Dann irgendwann gelangen wir an eine „Lichtung“ und vor uns liegt tatsächlich nicht mehr der Wald, sondern nichts als Strand und der Pazifik…wunderschön!

Auch einem Schwarzbären (den haben wir leider nicht aufs Bild bekommen) und zwei Weißkopfseeadlern gefällt es dort. Wir „schlendern“ in unseren dicken Wanderschuhen (wir sind gefühlt die einzigen am Strand, die mehr als zwei Kleidungsstücke anhaben) eine ganze Zeit lang dort umher und genießen die Sonnenstrahlen und das Meer (vergessen sind die 8 Grad!). Dann machen wir uns auf, um noch eine Fahretappe einzulegen, denn wir wollen noch die Fähre zurück aufs Festland erwischen.

Doch dann legen wir kurzfristig doch noch einen Zwischenstopp ein und bleiben eine weitere Nacht auf der Insel. Es heißt, die Gegend um Vancouver Island gehört zu den Orten mit den meisten Wal-Beobachtungen…unter anderem auch von Orcas. Das lässt uns doch ein wenig hadern. Wir haben bereits auf Gran Canaria und zuletzt auch in Südafrika an Whale Watching-Touren teilgenommen und uns eigentlich geschworen, dass wir solche Touristen-Ausflüge auf Kosten der Tiere nicht mehr unterstützen wollen. Auf beiden Touren hatten wir bereits Buckelwale gesehen und auch in Australien waren wir ihnen einmal zufällig bei einem Segelturn begegnet. Musste es daher also wirklich sein, dass wir jetzt noch einmal so etwas machen? Eigentlich nein! Uneigentlich würde sich die Chance Orcas zu sehen, wohl nicht so schnell wieder ergeben. Ich durchforste das Internet und stoße auf eine Organisation, die solche Ausflüge unter einem sehr ökologischen Gesichtspunkt unternimmt…ist das überhaupt möglich? Erstmal macht das einen guten Eindruck und die Fahrt wird auch nur mit einer sehr kleinen Gruppe vorgenommen und nicht als riesen Touristenspektakel. Als für diesen Tag abends um 17 Uhr noch zwei Plätze frei sind, lassen wir uns breitschlagen und buchen den Trip…immer im Hinterkopf: „Das ist jetzt wirklich das letzte Mal!“ Als wir dort eintreffen, werden wir total freundlich und herzlich in Empfang genommen (das können sie einfach, die Kanadier! Und das meine ich gar nicht oberflächlich sondern ganz ehrlich). Schon bekommen wir einen Thermooverall zur Verfügung gestellt, der uns bei Temperaturen von bis zu 25 Grad an diesem Tag zwar stutzig macht, sich auf der Tour dann aber echt bewährt. Mit noch weiteren sechs anderen Gästen und zwei sehr netten und behutsamen Guides, die mit Leib und Seele Walbeobachter und Forscher sind und uns sehr viel erklären und erläutern, geht es auf ein kleines Boot, das jeder Wal wahrscheinlich mit links umkippen könnte. Die Sonne scheint, wir düsen aufs Meer, der Wind peitscht uns ins Gesicht…ebenso wie so manche Welle Salzwasser…der Thermooverall macht definitiv Sinn! So überqueren wir an diesem späten Nachmittag sogar auf dem Seeweg die Grenze zur USA.

Und dann schwimmen sie an uns vorbei…eine Buckelwalmutter mit ihrem Jungen. Sofort wird bei unserem Boot der Motor abgestellt und wir halten während der gesamten Zeit ausreichend Abstand, um die Tiere weder zu irritieren noch zu gefährden. Immer wieder tauchen sie auf…was jetzt nicht so leicht bildlich festzuhalten war. Das Wal-Weibchen ist den Guides seit vielen Jahren bekannt, weil sie jedes Jahr zurückkehrt, nachdem sie die Wintermonate in Mexiko verbracht hat (klingt verlockend). In den Norden kommen die Wale dann zurück, um sich wieder Reserven anzufressen, da es in den südlichen Gewässern kaum Nahrung gibt (doch nicht mehr so verlockend). Ihr Junges ist nun das erste Mal dabei und hat von der Walforschung dort vor Ort (Universität) noch keinen Namen erhalten. Daher werden wir nach Namensvorschlägen gefragt. Weil niemand etwas sagt und an diesem Tag, nur ein paar Stunden zuvor, unser Neffe geboren worden ist, schlage ich „Ludwig“ vor…zugegebenermaßen im englischsprachigen Raum etwas schwierig auszusprechen, aber eine abgewandte Form wie „Ludi“, „Ludo“ etc. wäre ja auch in Ordnung. Da alle Wale einen Namen mit Bedeutung erhalten, google ich schnell, was hinter Ludwig steckt: „berühmter Kämpfer“! Und damit sind alle, besonders unsere Guides überzeugt und der Name wird registriert…zumindest für diesen Tag…und vielleicht ja auch für die Zukunft?!

Neben unserer Buckelwalfamilie sehen wir auf unserer Tour noch Seehunde, Weißkopfseeadler und auf der Insel Spieden-Island (übrigens die Insel, auf der John Wayne immer jagen war) auch noch einige Herden Mufflon-Schafe aus Korsika, Damhirsche aus Europa und Sika-Hirsche aus Asien (ok, Schafe und Hirsche hat man bei einer Whale Watching-Tour nun nicht auf dem Schirm). Das Jagen auf dieser Insel wurde übrigens irgendwann untersagt, da immer wieder Querschläger auf der dichter besiedelten Nachbarinsel landeten.

Leider gelingt es uns an diesem Tag nicht mehr noch Orcas zu sehen, aber dann sollte es wohl nicht sein. So fahren wir mit unserem Bötchen in den Sonnenuntergang und wer weiß, vielleicht gibt es ja zukünftig den „kleinen“ Wal Ludwig, der durch den Pazifik schwimmt…

Ludwig, wir sehen uns in Mexiko!

Kanada Reiseberichte

Vancouver (#011)

17. Juli 2022

– Ab jetzt haben wir Kanada einmal durchquert –

Es ist vollbracht! Nach sage und schreibe 54 Tagen, rund 11.000 km, 9 Staaten und 6 Zeitzonen erreichen wir Vancouver und somit die Westküste Kanadas. Dies bedeutet, dass wir das riesige Land einmal von Ost nach West durchquert haben (die genauen Stationen findet Ihr auch auf diesem Blog unter unsere „Route“). Auf dieser Tour war fast die gesamte Strecke der Trans-Canada Highway unser treuer Wegbereiter, der mit einigen Verzweigungen ein Verbindungssystem durch neun der zehn Provinzen Kanadas bildet. Mit über 8000 km ist der Highway sowohl die einzige durchgehende transkontinentale Straßenverbindung Kanadas, als auch die siebt längste Fernstraße der Welt. Lediglich sechs Straßen, darunter auch die Panamericana, sind länger als der Trans-Canada Highway.

Die erste Etappe unserer Reise ist also geschafft und die Panamericana ist nicht mehr weit entfernt! Es ist der absolute Wahnsinn, wenn wir uns überlegen, was wir alles schon erlebt haben, seit wir am 05. Mai in Halifax mit Sprinti gestartet sind! „Damals“ am Atlantik und nun stehen wir rund zwei Montate später hier am Pazifik. Na, wenn das mal kein Grund zum Feiern ist! Welch ein Zufall, dass wir ausgerechnet am höchsten Feiertag des Landes, dem „Canada Day„, in Vancouver sind…die Stadt mit den zweitmeisten Feierlichkeiten im ganzen Land an diesem Tag. Also los geht’s! Der Canada-Day erinnert an die Bildung Kanadas (als Bundesstaat des britischen Commonwealth) durch den British North America Act am 1. Juli 1867 und gilt als DER Nationalfeiertag Kanadas.

Aber zuvor noch etwas zur Stadt: Vancouver liegt rund 45 Kilometer nordwestlich der Grenze zu den USA. Die Stadt gehört zum Regionaldistrikt Metro Vancouver, der mit ca. 2,5 Mio. Einwohnern die größte Metropolregion Westkanadas und nach Toronto und Montreal auch die drittgrößte des Landes bildet. Die Bevölkerungszahl der eigentlichen Stadt Vancouver beträgt „nur“ ca. 631.000 und benannt ist sie nach dem britischen Kapitän George Vancouver, der die Region Ende des 18. Jahrhunderts erforschte und vermaß. Die Stadt entstand in den 1860er Jahren als Folge der Einwanderungswelle während des Fraser-Canyon-Goldrauschs und entwickelte sich nach der Eröffnung der transkontinentalen Eisenbahn im Jahr 1887 innerhalb weniger Jahrzehnte von einer kleinen Sägewerkssiedlung zu einer Metropole. Die Wirtschaft basierte zu Beginn auf der Ausbeutung der natürlichen Ressourcen von British Columbia: Forstwirtschaft, Bergbau, Fischerei und Landwirtschaft. Der Hafen Vancouver erlangte nach der Eröffnung des Panamakanals internationale Bedeutung. Er ist heute der größte in Kanada und exportiert mehr Güter als jeder andere Hafen in Nordamerika.

Da sich bei uns derzeit Regen- und Sonnentage quasi abwechseln, nutzen wir den ersten Tag in Vancouver dazu am Campingplatz unsere Wäsche zu waschen und am Sprinter „klar Schiff zu machen“. Als am nächsten Tag eine bessere Wetterprognose ansteht, ist unser Plan endlich Vancouver zu erkunden. Und das machen wir mit dem Fahrrad (ok, das Rad hatte jetzt nicht sooo die passende Größe für Peter). Da wir einen Campingplatz gefunden hatten, bei dem wir nur zwei Stationen mit dem Bus fahren mussten, um mitten in der Stadt zu sein, passte das perfekt. Vancouver hat viele schöne Ecken, die sich optimal mit dem Fahrrad erkunden lassen, noch dazu spielte das Wetter bestens mit. Wir fahren durch den Stanley Park, eines der Wahrzeichen Vancouvers, kommen vorbei am Strand, den Totem Poles der First Nations, der Statue „A-maze-ing Laughter“ (14 Bronze-Sculpturen mit lachenden Figuren), der Bibliothek, deren Gebäude an das Kolloseum in Rom erinnern soll (na ja, fast), fahren entlang der Uferpromenade und passieren den ein oder anderen Wolkenkratzer. Am Hafen sehen wir, wie ein Wasserflugzeug nach dem nächsten abhebt, um Touristen über die Stadt und die umliegenden Berge zu fliegen. Unser Weg führt uns auch zur Steam Clock, einer mit Gas betriebenen Standuhr aus dem Jahre 1977. „Zufällig“ ist auch die Steamworks Brauerei nicht weit, die uns Freunde aus Deutschland empfohlen haben und die wir natürlich testen müssen. Danke an Mareen und Dominik für diesen Tipp :)! So lassen wir Vancouver erst einmal auf uns wirken…

Am nächsten Tag heißt es dann „Canada-Day“! Wieder strahlender Sonnenschein und blauer Himmel…was wollen wir mehr?! Wir fahren also wieder mit dem Bus in die Stadt. Aufgrund von Corona gab es in den letzten zwei Jahre keine Feierlichkeiten am Nationalfeiertag und auch in diesem Jahr verzichtet man auf die Parade und das Feuerwerk. Trotzdem ist die ganze Stadt auf den Beinen. Wir starten am Lonsdale Quay, was gegenüber von Downtown liegt und uns einen tollen Blick auf die Stadt bietet. Die Stimmung ist gut und die entspannten Kanadier sind in Feierlaune. Viele sind in den Nationalfarben rot-weiß gekleidet…sogar die Kleinsten, was sehr süß anzusehen ist. Es ist schön zu erleben, wie die Kanadier ihr Land feiern und jeden willkommen heißen…besonders an diesem Tag.

Dann fahren wir mit dem Wassertaxi nach Downtown und auch da ist einiges los. Auf Bühnen spielen Bands, an jeder Ecke gibt es Foodtrucks und die Gastronomie arbeitet bereits mit Wartelisten. In Kanada ist es nämlich nicht erlaubt, auf öffentlichen Plätzen Alkohol zu trinken. Das funktioniert nur in abgesperrten Bereichen oder in der Gastronomie. Wir haben Glück, dass wir einen Platz auf einer Außenterrasse erwischen…mit bester Verpflegung, „schmissiger“ Musik (wie Peter dann und wann zu sagen pflegt) und guter Aussicht (wir bekommen alles mit). Auch in den Parks tummeln sich die Leute und haben Sack und Pack dabei. Die Kanadier machen sich einfach einen entspannten Tag…so wie wir!

Vancouver…wir waren sehr gerne bei Dir zu Gast!

Kanada Reiseberichte

Beautiful Canada (#010)

10. Juli 2022

– Icefields Parkway und Jasper Nationalpark –

Dann ist es für uns an der Zeit den Banff Nationalpark hinter uns zu lassen. Wir fahren Richtung Norden und verlassen damit nicht nur den Park sondern auch unsere obligatorischen 8 Grad Celsius…allerdings nicht nach oben, sondern Mitte Juni tatsächlich nach unten…es schneit! Und das ausgerechnet an dem Tag, an dem wir den Icefields Parkway fahren wollen, der vom Banff in den Jasper Nationalpark führt und zu den schönsten Straßen der Welt gehört. Der Icefilelds Parkway ist ein Abschnitt des Alberta Highway 93 und auf knapp 230 km wechseln sich hierbei schneebedeckte Bergspitzen, Wasserfälle, Wälder und mit dem Columbus Icefield auch die größte Gletschermasse in den kanadischen Rocky Mountains ab. Theoretisch…

Praktisch allerdings fahren wir durch Nebel, Schnee und wolkenverhangene Berge, die sich zum Großteil nur erahnen lassen. Wir sind ein wenig enttäuscht, besonders Peter, für den diese Strecke eines der Highlights in ganz Kanada sein sollte. Also entscheiden wir uns kurzerhand den Weg in den kommenden Tagen, wenn besseres Wetter gemeldet ist, noch einmal hin und zurück zu fahren.

Und wir werden belohnt…zwei Tage später fahren wir bei strahlend blauem Himmel den Parkway erneut entlang und kommen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Massive Bergketten mit tatsächlich schneebedeckten Gipfeln, eine schöner als die andere, türmen sich links und rechts am Wegesrand auf. Zum weißen Schnee, der blaue Himmel, die grüne Flora und die vielen türkisfarbenen Seen und Flüsse…einfach traumhaft und tatsächlich ein absolutes Highlight. Wir sind total begeistert und können nur jedem, der nach Kanada reist, empfehlen, diesen Parkway live zu erleben. Es ist schwer zu glauben, dass wir diesen Weg bereits zwei Tage zuvor gefahren sind und welche Schönheit uns dabei verborgen geblieben war. Weil wir uns bei so vielen schönen Bildern nicht entscheiden konnten, bekommt Ihr nun die volle Dröhnung an Fotos…:)

Wunderschön war auch der Athabascar Gletscher. Er ist eine der sechs Hauptzungen des Columbia-Eisfelds in den kanadischen Rocky Mountains. Durch die klimatische Erwärmung hat sich der Gletscher in den letzten 125 Jahren leider um 1,5 km zurückgezogen und mehr als die Hälfte seines Volumens verloren. Aufgrund seiner Nähe zum Icefields Parkway ist er einer der meistbesuchten Gletscher in Nordamerika.

Als wir am Abend wieder zu unserem Campingplatz in Jasper zurückkehren sind wir ganz beseelt von unseren Eindrücken am Tag. Da hilft nur noch Feuer machen und grillen :). Wir haben einen tollen Campingplatz in der Natur erwischt, der einem absolut nicht das Gefühl gibt, auf einem Campingplatz zu sein…richtig schön. Nicht nur uns, sondern auch einer Herde Elks (was sich am besten mit „Wapiti-Hirschen“ übersetzen lässt) gefällt es sehr gut. So ziehen eine ganze Reihe von Elk-Kühen mit ihren Kitzen auf dem Platz umher und grasen ganz entspannt. Besonders schön zu sehen ist, dass die Menschen auf dem Platz zwar interessiert sind und auch mal Fotos machen, aber genügend Abstand halten und die Tiere in Ruhe lassen. Die Elks scheinen auch nicht all zu sehr an Menschen gewöhnt zu sein, sind da aber unter diesen Umständen „ganz fein“ mit…oder vielleicht doch nicht?

Als die Zeltbesitzer irgendwann zu ihrem Platz zurückkehren und aufgrund der sich darstellenden Lage ziemlich beschränkt aus der Wäsche schauen, schildern wir ihnen was passiert ist. Es stellt sich heraus, dass die Zeltbesitzer wohl irgendetwas duftendes, vielleicht auch Lebensmittel, im Zelt zurückgelassen hatten, was diese Reaktion der Wapiti-Dame hervorgerufen hat. Daher ist es auch verboten, Lebensmittel offen oder im Zelt herumliegen zu lassen. Aber das Zelt ist glücklicherweise unverseht geblieben und war nach 10 Minuten wieder aufgebaut. Wir sitzen an dem Abend noch länger gemütlich am Feuer und genießen das „Drumherum“. Als es gegen 23.30 Uhr dunkel wird (es wird hier derzeit erst sehr spät dunkel) und in der Abenddämmerung ein Koyote an uns vorbeiflitzt, wird es dann aber ganz dringend Zeit, dass wir uns in Sprinti verkriechen. Aber so was von dringend!

Am nächsten Tag steht für uns noch einmal Wandern auf dem Pragramm. Wir entscheiden uns für eine kleine Tour, den „Valley of five lakes“-Trail, der wie der Name schon sagt, an 5 Seen vorbeiführt…alle mit türkisblauem Wasser…ach was fein.

Dann heißt es für uns „weiterziehen“ und so machen wir uns auf den Weg Richtung Vancouver. Dabei überschreiten wir wiedermal eine Zeitzone und liegen nun 9 Stunden hinter Deutschland. Auch lassen wir die Rocky Mountains hinter uns und überqueren erneut die Grenze zum Staat British Columbia. Der Name der Provinz leitet sich vom Fluss Columbia ab. Im Nordwesten grenzt die Provinz an den US-Bundesstaat Alaska, im Norden an die kanadischen Territorien Yukon und die Nordwest-Territorien, im Osten an die Provinz Alberta und im Süden an die US-Bundesstaaten Washington, Idaho und Montana. Insgesamt weist Britisch Columbia eine Bevölkerung von 5 Mio. Einwohnern auf und Hauptstadt ist Victoria. Die ersten Spuren menschlicher Besiedlung reichen knapp 13.000 Jahre zurück. Bei den Ureinwohnern, den First Nations,  unterscheidet man derzeit rund 200 Stämme, zu denen rund 130.000 „Indianer“ gehören. Die große Mehrheit der Bevölkerung von British Columbia ist europäischer Abstammung, im Südwesten leben außerdem rund eine halbe Million Chinesen.

Wie wundern uns sehr, wie sich auf unserem Weg innerhalb von kürzester Zeit die Natur und die Landschaft ändert. Von hohen schneebedeckten Bergen und dichtem Mischwald fahren wir plötzlich durch karge Hügellandschaften…nur um kurze Zeit später wieder durch grüne und dicht bewaldete Täler zu fahren…echt verrückt. Was uns allerdings die ganze Strecke treu begleitet, sind Flüsse (der Thompson River und der Fraser River) und wieder einmal Bahnschienen mit endlos langen Zügen.

Dieses Land bringt uns ein weiteres Mal zum Staunen! Oh beautiful Canada!

Und dann erreichen wir Vancouver…aber dazu beim nächsten Mal mehr!

Kanada Reiseberichte

Der frühe Vogel…(#009)

3. Juli 2022

– Yoho, Glacier und Mount Revelstoke Nationalpark –

Nachdem wir Calgary zum zweiten Mal hinter uns gelassen hatten (s. dazu auch Reisebericht #008 „Calgary – Banff Nationalpark – und zurück“), ging es für uns wieder zurück in den Banff Nationalpark, denn auf unserer “da-möchten-wir-hin-Liste” waren noch ein paar Dinge offen. Wir übernachten am Lake Louise Campground, der sogar so sehr in der Wildnis liegt, dass er von elektrischen Zäunen umgeben ist, um die wilden Tiere (besonders Grizzlies) abzuhalten. Er dient dem Schutz von Mensch und Tier. Die Bären sollen gar nicht erst die Erfahrung machen, dass es in der Nähe von Menschen Futter gibt. Außerdem ist Menschen-Futter (auch mit all seinen Verpackungen) noch lange kein gutes Bären-Futter.

Es regnet und wir haben wieder mal unsere obligatorischen 8 Grad.

Für den nächsten Morgen soll es laut Wetter-App von 4-7 Uhr trocken sein. Das trifft sich gut, denn wir wollen uns den Lake Moraine anschauen. Der Lake Moraine ist ein von Gletschern gespeister See, der sich auf einer Höhe von 1884 m befindet und von zehn Berggipfeln umgeben ist. Seine milchige, smaragdgrüne Färbung hat ihre Ursache in feinen Gesteinspartikeln, die mit dem Schmelzwasser in den See gelangen und vor allem die blaugrünen Anteile des Lichts reflektieren. Aufgrund der Touristenanstürme wird empfohlen bereits vor 6 Uhr morgens da zu sein, um noch einen Parkplatz zu ergattern.

Unser Wecker klingelt also um 4, um 4.50 Uhr schmeißen wir den Motor an (also Sprintis) und um 5.15 Uhr treffen wir am Lake Moraine ein. Auch wenn wir auf unserem Campingplatz noch die einzigen waren, die sich zu dieser Nachtzeit rausgetraut haben, so wundern wir uns doch, wie viel am See schon los ist. Es ist ein typischer Touristen-Hotspot, an dem viele die ideale Filmaufnahme vom Lake Moraine oder dem Sonnenaufgang machen wollen. Mit Sonnenaufgang ist allerdings an diesem Morgen nicht viel los, denn es ist bewölkt. Dennoch tut sich vor uns eine malerische Berg- und Seekulisse auf. Wir wandern zum Aussichtspunkt und auch wir schießen ein paar Fotos (…wenn man schon mal hier ist). Zurück am Campingplatz wird erstmal gefrühstückt und Schlaf nachgeholt. Dann verleben wir noch einen gemütlichen Tag während der Regen draußen aufs Dach prasselt.

Auch am nächsten Morgen klingelt unser Wecker um 4 Uhr, denn der nächste Spot ist ebenfalls ein Touristen-Magnet…wir wollen zum Lake Louise. Der See liegt auf einer Höhe von 1600 m und auch er ist für sein türkisfarbenes Wasser und die schöne Bergkulisse bekannt. Benannt wurde der Lake nach Prinzessin Louise Caroline Alberta, einer Tochter von Königin Victoria (war ja eigentlich klar, dass “Vicky” hier wieder die Finger im Spiel hat). Zusätzlich ist die Gegend Lake Louise mit rund 17 Quadratkilometern auch das größte Skigebiet der kanadischen Rocky Mountains. Im Internet heißt es, dass man am See bereits um 6.30 Uhr Pech haben kann, keinen Parkplatz mehr zu bekommen und die Menschenmassen sich auf den Wanderwegen in der Umgebung tummeln. Bereits um 5.15 Uhr erreichen wir den besagten Parkplatz, noch nicht einmal die Ordner sind vor Ort. Wir sind das dritte Auto! Yippieh! Auch heute haben wir nur ein knappes Zeitfenster von 4 Stunden, in denen es nicht regnen soll und entgegen aller Wettervorhersagen haben wir tatsächlich einen fast wolkenfreien Himmel. Zweites Yippieh! Die Sonne geht langsam auf und hüllt die Umgebung in ein tolles Licht. Nachdem wir uns den See angeschaut haben, machen wir uns auf, die Gegend zu Fuß zu erkunden und wandern hoch auf 2220 m. Und, wir können es kaum glauben, wir tun das tatsächlich ganz allein…keine Menschenseele ist in Sicht. Drittes Yippieh! Wir genießen die Stille und die Natur, auch im Bewusstsein, dass wir uns mitten im Lebensraum vieler wilder Tiere wie Bären, Berglöwen, Schneeziegen (Gruß an meine Familie: Schneeziegen gibt es wirklich und es sind Tiere :)), Luchse, Vielfraßen etc. aufhalten. Peter hatte zuvor noch gesagt, dass wir bei so vielen Touristen nur eins unserer Bärensprays (wir besitzen mittlerweile zwei) mitnehmen müssen, weil sich bei so viel Trubel eh kein Tier trauen würde hervor zu kommen. Ooops! Wir erinnern uns an diesem Morgen an unsere Tour 2019 in Südafrika als wir frühmorgens mit zwei Rangern zu Fuss durch den Krüger Nationalpark gewandert sind…durch kniehohes Gras, vorbei an Büschen und Sträuchern. Neben vielen Tierspuren waren wir dabei auch einem Nashornmännchen begegnet, dass uns genau im Blick behielt. Auf meine Frage, ob an diesem Morgen noch weitere wilde, vielleicht auch gefährliche, Tiere in unserer Nähe waren, die sich uns nur nicht gezeigt haben, antwortete der Ranger: “Ihr glaubt nicht, wie viele Augenpaare Euch soeben beobachtet haben”. Da wurde uns klar, dass die Tiere einem (in den meisten Fällen) nichts tun, wenn man sie in Ruhe lässt und ihren Lebensraum respektiert. Diese Erfahrung machen wir auch an diesem Morgen wieder in dieser traumhaften Umgebung. Wir können unser Glück kaum fassen, mutterseelenallein an einem Ort, an dem sich sonst die Touristen gegenseitig die Füße platttrampeln.

Auf unserer Wanderung kommen wir auch vorbei am Mirror Lake (der heißt so, weil sich dort die Berge im Wasser spiegeln) und am Lake Agnes (diesmal nicht benannt nach einer von “Vickys” Töchtern, sondern nach Susan Agnes Macdonald, der Ehefrau des ersten kanadischen Premierministers, die den See 1890 besuchte). Am Lake Agnes befindet sich auch ein Teehaus, das dort 1905 erbaut und 1981 restauriert wurde und ebenfalls ein Touristenmagnet ist. Dieses öffnet jeden Morgen um 8 Uhr und ist nur über jene Wanderung erreichbar. Da wir bereits um 6.30 Uhr dort eintreffen und es noch geschlossen ist, wandern wir kurzerhand auf einen der umliegenden Gipfel, dem Little Beehive, und kehren pünktlich zur Öffnungszeit wieder zum Teehaus zurück. Mittlerweile trudeln hier auch auch andere Wanderer ein (die ersten Menschen, denen wir heute begegnen) und wir spüren was mit Touristenansturm gemeint es…schon um 8.15 Uhr sind alle Plätze besetzt und es gibt bereits eine Warteschlange. Langsam ändert sich auch das Wetter und der Himmel zieht sich zu. Wir hatten also wirklich Glück, dass wir zuvor noch eine Aussicht mit Sonne und blauem Himmel genießen konnten, davon ist nun nichts mehr zu sehen…es kommt ein wenig Schadenfreude auf…wirklich nur ein klein wenig.

Wir trinken unseren Tee, essen unser Sandwich und machen uns auf zum Abstieg. Auf dem Weg kommen uns hunderte Wanderer entgegen, die alle das gleiche Ziel haben wie wir ein paar Stunden zuvor. Wir ernten den ein oder anderen neidischen Blick, als wir beschwingt den steilen Weg hinunterlaufen, während wir so manchen mächtig schnaufen hören. Wir sind zu dem Zeitpunkt tatsächlich die einzigen, die bergab laufen. Hat auch was :)! Wieder ein klein wenig Schadenfreude. Was wir allerdings verpasst haben, ist eine Grizzly-Mutter mit ihren drei Jungen, die sich unten am Weg gezeigt hat und wovon uns einige Wanderer berichteten. Tja, das haben wir jetzt von unserer Schadenfreude! Zurück am Lake Louise angekommen, wissen wir nun, was das Wort “Besucheransturm” bedeutet…alles ist proppevoll und jeder möchte das schönste Foto erhaschen. Ein Selfie jagt das nächste und gefühlt ist jede Nation vertreten. Und wir reden hier von 9.15 Uhr am Morgen! Wir machen uns schnell aus dem Staub und fahren geschafft und zufrieden zurück zum Campingplatz. Nach einer heißen Dusche hören wir, wie wieder langsam der Regen aufs Dach prasselt. Mit diesem Geräusch schlafen wir ein.

In den nächsten Tagen verlassen wir den Banff Nationalpark Richtung Westen und erreichen nach kurzer Zeit den Yoho Nationalpark in der Provinz British Columbia. Der Yoho ist ein 1310 km² großer Nationalpark und gehört seit 1984 zusammen mit dem Banff-Nationalpark, dem Jasper-Nationalpark und dem Kootenay-Nationalpark zum Weltnaturerbe der UNESCO. Zwischen seinen Bergen Mount Field und Mount Wapta, liegt die Formation des Burgess-Schiefers, eine der bedeutendsten Fossillagerstätten aus der Zeit des mittleren Kambriums (eine Zeitspanne der Erdgeschichte, die dem Zeitraum von vor 541 bis vor 485,4 Millionen Jahren entspricht). Im Burgess-Schiefer wurden Fossilien von über 120 verschiedenen Meerestieren aus der Zeit vor 515 Millionen Jahren gefunden.

Gerne hätten wir im Yoho auch die Takakkaw Falls besucht, die mit einer Höhe von 381,1 m zweithöchsten Wasserfälle Westkanadas. Diese sind aber aufgrund der Witterungsverhältnisse (man sinkt derzeit noch bis zur Hüfte in den Schnee ein) bis Ende Juni geschlossen und so verpassen wir sie ganz knapp. Stattdessen besuchen wir den Emerald Lake und die Natural Bridge, eine aus Felsformationen durch Risse entstandene „Brücke“.

In dem Ort Field (mit lediglich 230 Einwohnern die einzige Gemeinde im Park) werden wir Zeuge davon, wie Mensch und Tier hier in Kanada zusammenleben und sind live dabei, als ein Schwarzbär (wir nennen ihn kurzerhand Bärtie…keine Angst, bei uns bekommt nicht alles einen Namen!) fast den Highway lahmlegt. Aber seht selbst…

Das Verjagen mit den Gummipatronen hat übrigens nur bedingt geholfen, denn bereits ein paar Stunden später und auch an den zwei Folgetagen, sehen wir Bärtie an dieser Stelle noch weitere fünf Mal.

Am nächsten Tag fahren wir für einige Stunden in eine andere Zeitzone und erkunden zwei weitere Nationalparks, den Glacier und den Mount Revelstoke. Im Glacier Nationalpark liegt über 50 % der Parkfläche oberhalb der Baumgrenze von 2000 Metern, zwölf Prozent des Parks sind ganzjährig von Eis und Gletschern bedeckt und im Park fallen bis zu 17 Meter Neuschnee pro Jahr. Diese Schneemengen gehören zu den ergiebigsten der Welt und speisen die über 400 Gletscher. Mitten durch den Park führt der Trans-Canada-Highway über den Rogers Pass, der wegen seiner Bedeutung beim Bau der ersten transkontinentalen Eisenbahn durch die Canadian Pacific Railway als National Historic Site of Canada geschützt ist. Und genau diesen Pass fahren wir und begegnen dabei u.a. Schwarzbären, Schneeziegen und Dickhornschafen.

Auch erleben wir wieder einmal eine wunderschöne Landschaft mit atemberaubenen Bergketten, da kann auch die ein oder andere Wolke das Bild nicht trüben…manchmal sogar ganz im Gegenteil. 

Der Mount Revelstoke Nationalpark gehört mit einer Fläche von 260 km² zu den kleineren Nationalparks in Kanada und ist wegen seiner Lage im Hochgebirge nur in den Sommermonaten Juli bis September voll zugänglich. Erschlossen wird der Park im Wesentlichen durch eine Stichstraße, der Mount Revelstoke Summit Road, die auf 26 km Länge durch drei Vegetationsstufen bis fast auf den Gipfel des Mount Revelstoke (1860 m) führt. Die unterste kolline Höhenstufe bis etwa 1300 m, liegt im weltweit größten Regenwald der gemäßigten Breiten im Binnenland. Dieses Ökosystem ist auf Niederschläge von mehr als 1000 mm im Jahr angewiesen – ein Wert, der vor allem an Meeresküsten erreicht wird. Dank der wasserreichen Ebene vor den Columbia Mountains führen Westwinde hier ausreichend Feuchtigkeit mit sich, so dass sie beim Aufsteigen an der ersten Bergkette genug Steigungsregen für einen Regenwald abregnen. Und das bekommen wir auf dem Rückweg auch hautnah mit…die Wolken hängen regelrecht in den Bergen fest und am Himmel lässt sich die gesamte Farbskala von hellgrau bis dunkelschwarz (jawohl, die “Farbe” existiert!) ablesen. Dann bricht es heraus und es gießt wie aus Eimern…ich habe noch nie so große Hagelkörner gesehen und äußere Peter gegenüber meine Bedenken bezüglich eines möglichen Hagelschadens für Sprinti. Der hingegen antwortet nur, unsere Dachluken seien viel mehr in Gefahr…ja super, das beruhigt mich ja jetzt!

Letztendlich geht zum Glück aber alles gut und wir erreichen heil und unversehrt wieder unseren Campingplatz…was ein schöner Tag!

Bis nächste Woche!

Kanada Reiseberichte

Calgary, Banff Nationalpark…und zurück (#008)

19. Juni 2022

– Wenn es mal wieder anders läuft als geplant… –

Nachdem wir den Waterton Nationalpark hinter uns gelassen hatten, ging es für uns weiter Richtung Calgary…wir brauchten nämlich dringend einen Campingplatz an dem wir unsere Wäsche waschen konnten. Gesagt – getan. Calgary, was im schottisch-gälischen „Strand an der Wiese“ bedeutet, ist mit 1,2 Mio. Einwohnern die viertgrößte Stadt Kanadas und trug 1988 als erste kanadische Stadt die Olympische Winterspiele aus. Ihr schnelles Wachstum verdankt Calgary ihrem Status als Zentrum der kanadischen Ölindustrie. Daneben pflegt sie aber auch ihre Western-Kultur, vor allem mit der jährlichen Calgary Stampede im Juli, die sich von einer einfachen Landwirtschaftsausstellung zu einem riesigen Festival mit zahlreichen Rodeoveranstaltungen entwickelt hat. Leider werden wir das zeitlich verpassen.

Da uns momentan noch nicht wirklich wieder nach einer Großtstadt ist, lassen wir Calgary (mit sauberer Wäsche) relativ schnell hinter uns…nicht ahnend, dass wir schon sehr bald wieder hier sein würden. Dieses Mal besuchen wir lediglich den „Heritage Park“, um noch mehr über die kanadische Geschichte zu erfahren. Wie wir während unseres Besuchs dort schnell feststellen, ist der Park doch sehr für Kinder ausgelegt, aber ein paar geschichtliche Infos erhalten wir dann doch. Es sind viele alte Gebäude des 19./20. Jahrhunderts rekonstruiert worden, zum Teil sogar noch aus dem Originalholz. Die Angestellten des Parks sind gekleidet wie zu dieser Zeit und erläutern einem näheres zu dem damaligen Leben. In einer alten Bar treffen wir den „Thekenwirt“, der auch wissen möchte, woher wir denn kommen. Als wir Deutschland sagen, zückt er eine detaillierte deutsche Landkarte, die tatsächlich auch unsere Heimatdörfer im Münsterland, Havixbeck und Neuenkirchen, aufzeigt. Da sind wir wieder beim Thema „so klein ist die Welt“.

Dann verlassen wir Calgary auch schon wieder und fahren weiter entlang der Rocky Mountains in den Banff Nationalpark…ein Ziel auf das Peter übrigens schon sehr lange hinfiebert. Wir haben einen schönen (mein Vater würde sagen: „idyllischen“) Campingplatz mitten im Wald und sind trotzdem gar nicht so weit weg von dem Örtchen Banff, das einen irgendwie an einen Skiort in den Alpen erinnert. Am nächsten Tag steht dann wieder Wandern auf dem Programm…rauf auf den Tunnel Mountain. Eigentlich gar keine so schwierige Wanderung, aber wir sind unmotiviert und die Beine sind schwer. Uns wird mal wieder bewusst, dass es uns so manches Mal nicht so einfach gelingt einen Gang herunterzuschalten…unsere Tage sind oft recht vollgepackt, so dass wir machmal schlecht zur Ruhe kommen. Das ist vielleicht schwer nachzuvollziehen, weil wir doch im Urlaub sind und eigentlich frei haben. Einerseits stimmt das, andererseits sind wir nicht im Urlaub, sondern auf Reisen. Neben dem Fahren, und der Organisation von tagtäglichen Dingen, wie einkaufen, kochen etc. kostet uns auch die Recherche nach unseren nächsten Zielorten und Übernachtungsmöglichkeiten, dazu das schlechte oder teils gar nicht vorhandene Internet, viel Zeit. Außerdem gilt es auch die Wettervorhersage, Dusch- und Waschmöglikeiten, Wasserauf- und Ablassorte zu berücksichtigen. Zusätzlich gibt es natürlich wahnsinnig viel zu sehen und zu entdecken. Alles in allem wird uns also nicht langweilig und wir sind auch noch nicht wirklich dazugekommen, mal ein Buch zur Hand zu nehmen. Aber wir wollen uns gar nicht beschweren, schließlich haben wir es selber in der Hand! So entscheiden wir uns deshalb, es zukünftig ein wenig ruhiger angehen zu lassen…und damit fangen wir auch direkt mal an. Auf dem Rückweg verkürzen wir unsere Wanderung und kehren in dem Örtchen Banff bei einer Brauerei ein. Bei strahlendem Sonnenschein sitzen wir draußen und machen bei einer großen Portion Käse-Nachos eine Bierprobe (das haben wir uns ja auch verdient!) Und welches Bier schmeckte uns wohl am besten? Peter mochte am liebsten das „holländisch angehauchte“, ich das Belgische…ich will nicht wissen, welches unser Favorit gewesen wäre, hätte es dort Rolinck gegeben :). Wir verleben dort einen wunderschönen Nachmittag…so lässt es sich aushalten!

Und mit dem ruhiger angehen lassen, machen wir auch direkt am nächsten Tag weiter…den nächsten Berg „besteigen“ wir mit der Gondel…hach, was fein! Es ist der 2451m hohe Sulphur-Mountain, der uns wieder eine wunderschöne 360 Grad-Aussicht beschert.

Dann geht es für uns weiter Richtung Norden. Wir bleiben im Banff-Nationalpark und sind wieder an einem Campingplatz im Wald. Da es in den Nationalparks viele wilde Tiere wie Grizzlys, Schwarzbären, Wölfe, Moose (kanadische Elche), Wapiti-Hirsche etc. gibt, darf man nur auf Campingplätzen übernachten. Man steht meist mitten in der Natur, nicht überall gibt es Duschen und nur selten die Möglichkeit seine Wäsche zu waschen. Sein Essen darf man nicht draußen oder im Fahrzeug sichtbar liegen lassen, da dies die Tiere anlockt. Wir haben auch eine Kühlbox gesehen, die von einem Bären zerstört wurde…das ist dann kein Spaß, sag ich Euch! Auch die öffentlichen Mülleimer haben hier eine spezielle Vorrichtung, damit Bären sie nicht aufbekommen. Besonders in den Parks wird sehr auf den Schutz der Natur und den Lebensraum der Tiere geachtet…was wir sehr begrüßen. Nachdem wir an unserem Plätzchen angekommen sind, nutzen wir die letzten Sonnenstrahlen und machen einen auf Kanadier…wir machen Feuer (natürlich nur in speziellen Feuerschalen)! Ihr wisst, wer da wortwörtlich wieder „Feuer und Flamme“ war! Für die nächsten Tage ist Regen gemeldet. Trotzdem haben wir wettermäßig mal wieder Glück, dass wir bereits in den Rocky Mountains sind, denn die halten gerade die Unwetter und starken Regenfälle zurück, die sich in den Gegenden davor ergießen und für ziemliche Überflutungen in der Region sorgen. Bei uns sind nur leichtere Regenfälle angesagt, aber wir nutzen die Gelegenheit frei nach dem Motto: „Heute nichts erlebt…auch schön!“ und buchen uns an dem Campingplatz sofort für drei Übernachtungen ein. Es wird gechillt bis der Arzt kommt…das ist zumindest unser „Plan“. Am ersten Tag klappt das auch ganz gut. Draußen regnet es bei 8 Grad (ja, wiedermal „unsere“ 8 Grad) und wir haben es in unserem Sprinti richtig gemütlich.

Allerdings ist es schon am nächsten Tag vorbei mit „schön gemütlich“, als um die Mittagszeit plötzlich unsere Heizung eine Fehlermeldung aufzeigt und sich ausstellt. Die nächsten Stunden verbringen wir also damit den Fehler zu finden und zwar mit offener Hecktür (sonst kommt man an die Heizung ja nicht dran), offener Seitentür (ansonsten wird man drinnen durch die Abgase (es ist ja eine Benzin-Standheizung und unser Warnmelder schlägt schon Alarm) vergast, im Regen und unter ständigem Hoch- und Runterfahren der Heizung. Aus dem Abgasrohr steigt schwarzer und weißer Rauch (nein, es gibt keinen neuen Papst) auf und nach merkwürdigen Geräuschen und einer Stichflamme geben wir nach Stunden auf…die Heizung bleibt also aus. Im Wagen ist es mittlerweile echt kalt…auch dank der zuvor offenen Türen. Trotzdem riecht es auch immer noch nach Abgasen, als wir uns abends mit je drei Decken, langem Schlafanzug und Socken ins Bett kuscheln…ja gute Nacht! Ob Ihr es glaubt oder nicht, Peter friert ja immer an den Augäpfeln, wie er sagt! Da hilft laut Peter noch nicht mal „Augen zu und durch!“

Am nächsten Morgen rufen wir direkt Waldemar, unser Heizungsfachmann in Deutschland (s. dazu auch den Artikel „Sprinter – Der Ausbau beginnt“) an, denn das war am Vortag aufgrund der Zeitverschiebung nicht mehr möglich gewesen. Er hat eine Vermutung, woran es liegen könnte. Unser nächster Schritt ist also, jemanden zu finden, der sich hier in Kanada mit unserer Heizung auskennt. Wir haben Glück im Unglück…es gibt eine Firma in Calgary…was für uns mit 120km Entfernung immer noch die nächst größere Stadt ist. Wir bekommen an dem darauffolgenden Tag einen Termin. Also heißt es für uns: „vorbei mit chillen“ (das war es am Vortag ja eigentlich auch schon) und wir machen uns auf zurück nach Calgary. Eigentlich sollte es für uns an dem Tag weiter in den Norden zum Lake Louise gegangen sein, aber den Campingplatz sagen wir kurzerhand wieder ab. Wir nutzen den Nachmittag in den Vororten von Calgary, um unseren Kühlschrank wieder aufzufüllen und fahren mit Sprinti in die Waschanlage…das wurde auch Zeit nach dem ganzen Prärie-Staub! Leider darf man hier nicht auf einem Walmart-Parkplatz übernachten, aber wir finden einen Parkplatz einer Einkaufsmall, bei dem man sich nur registrieren muss und fertig. So stehen wir hier mit zwei weiteren Campern und haben somit dank Internet (wohlgemerkt sehr langsamen Internet) die Möglichkeit einen Beitrag zu schreiben…das hätte im Wald im Nationalpark nämlich gar nicht funktioniert. Am nächsten Tag geht es dann für uns zur Werkstatt. Savannah und Joe kümmern sich um uns und um Sprinti. Alle sind sehr freundlich und kompetent. Wir nutzen die Wartezeit und das schnelle Internet (yippieh!), um den Artikel weiter fertigzustellen und um Dinge zu recherchieren. Eine Lösung für die Heizung haben wir auch. Aufgrund der Höhenluft in den Rocky Mountains konnte die Verbrennung nicht richtig funktionieren, was dann zu den Problemen geführt hat. Peter wird in einem der zukünftigen Ausbau-Artikel noch einmal näher auf das Thema Heizung eingehen. Wir freuen uns jetzt erstmal, dass wir auch gegen Kälte wieder gut gerüstet sind….die 8 Grad oder weniger machen uns also nichts mehr aus! 🙂

Ja, so ist das manchmal mit den Plänen…aber hey, dann ist das halt so! Wir behalten unsere „Chill-Life-Balance“ weiter im Blick und freuen uns auf alles, was da noch so kommt.

Ende gut, alles gut!

P.S. Für uns geht es jetzt wieder zurück in die Rocky Mountains (in die Nationalparks Banff und Jasper) mit vermutlich wenig Chancen auf gutes Internet. Daher können wir noch nicht versprechen, wann der nächste Artikel erscheinen wird. Unter unserer Rubrik „Route“ könnt Ihr aber regelmäßig sehen, wo wir uns gerade aufhalten.

Kanada Reiseberichte

Von der Prärie bis in die Rocky Mountains (#007)

12. Juni 2022

Manitoba – Saskatchewan – Alberta

Weil Kanada so groß ist (wir reden hier schließlich vom zweitgrößten Land der Erde) und wir nur drei Monate hier bleiben können (was eher mit unserer KFZ-Versicherung als mit unserem Visum zusammenhängt), müssen wir uns entscheiden, was wir sehen und wo wir hinfahren wollen. Weil es in den Staaten Alberta, British Columbia und Yukon noch so viele Nationalparks und beeindruckende Natur zu entdecken gibt, entscheiden wir uns, die Provinzen (Staaten) Manitoba und Saskatchewan ein wenig zu vernachlässigen. So durchkreuzen wir in zwei Tagen zwei Zeitzonen und drei Provinzen. Wir fahren auch durch die Hauptstädte Winnipeg und Regina. Letztere ist die Stadt, die geographisch am ehesten dem Mittelpunkt Nordamerikas entspricht. Ganz in der Nähe, in Moose Jaw, machen wir kurz halt, weil ich auf Nummer sicher gehen will, ein Moose (kanadischer Elch) auch mal im Nahen vor die Kamera zu bekommen :).

Dann geht es seeehhhrr viel geradeaus (durchaus auch mal 400km am Stück). So weit, dass unsere Kommunikation im Auto sich wie folgt anhört: „Peter, bereite Dich darauf vor, in 10km müssen wir rechts!“ oder „Denise guck mal, da ist eine Kurve!“ Klingt alles sehr langweilig, ist es aber gar nicht, denn es gibt einiges zu gucken und zu bestaunen. Wir fahren vorbei an Zügen mit sage und schreibe über 150 Wagons. Füchse, Schlangen, Präriehunde, Rehe, Antilopen, Weißwedelhirsche (die waren mir zuvor auch unbekannt), Rostbrachvögel (die kannte ich natürlich), Kanadakraniche und viele Greifvögel säumen unseren Weg. Die Landschaft hat sich mittlerweile verändert und so gibt es hier anstatt von Bäumen und Wäldern, unendliche Weite und Graslandschaften…wir sind angekommen in der Prärie. Der Wind peitscht unwahrscheinlich auf dieser freien Fläche und es ist gar nicht immer so einfach Sprinti in der Spur zu halten. Peter macht das übrigens super, auch bei teilweise sehr schlechten Straßen mit Löchern, die so tief sind als würde man fast den Mittelpunkt der Erde erreichen. Peter übernimmt momentan einen Hauptteil des Fahrens, weil er gerne fährt und ich gerne gucke. Außerdem ist so ein Beifahrer-Job auch nicht zu unterschätzen…Navi im Blick halten, für die Verpflegung des Fahrers sorgen, sich um das richtige Entertainmentprogramm in Sachen Radio, Spotify (oder was es sonst noch gibt) kümmern, Augen offen halten und den Fahrer warnen bei Schlaglöchern, Bahnschienen oder Hindernissen auf der Straße, einen Blick haben für die Schönheiten der Natur und der Tierwelt und blitzschnell reagieren, um es fotografisch auch festzuhalten…was nicht immer so einfach ist, weil sich die Foto-App oder das Fenster nicht schnell genug öffnen lassen, ich aufpassen muss, dass mir vor lauter Schlaglöchern oder Gegenwind das Handy nicht aus der Hand und somit nach draußen fliegt und weil sich auch Leitplanken und Strommasten gerne mal mit aufs Bild schmuggeln. Ihr seht, ein guter Beifahrer zu sein, ist ein Fulltime-Job!

Das Problem mit dem peitschenden Wind erkennen wir auch bei den riesigen Trucks, die hier unterwegs sind und manchmal ganz schön ins Schlingern geraten. Wir haben teilweise so starken Gegenwind, dass wir an einem Tag durchaus auch schon zweimal die Tankstelle anfahren mussten, weil es den Spritverbrauch so arg in die Höhe getrieben hat. Sprinti gibt alles!

Wir fahren weiter in den Süden und erreichen kurz vor der US-Grenze den Grassland Nationalpark, in dem im Jahr 1874 die ersten Fossilien von Dinosauriern in Kanada entdeckt wurden. Vor allem ist es heute aber auch wieder die Gegend freilaufender Bisons. Über 120 Jahre lang waren sie hier ausgerottet, bevor sie 2006 wieder angesiedelt wurden und in diesem Nationalpark mittlerweile eine Population von 500-650 Tieren aufweisen.

Und einen besonders tollen Sternenhimmel soll es hier auch geben, weil die Lichtverschmutzung so gering ist, dass dieser Ort zu den dunkelsten Kanadas gehört. Und für Astronomie und „Sterne gucken“ ist Peter immer zu haben…sogar so sehr, dass er unter einem romantischen Sternenhimmel sein Handy zückt und mit Hilfe einer App damit beschäftigt ist, zu schauen, wo sich denn z.B. der „Ursa Major“ (der große Bär) oder irgenwelche Planeten befinden. In voller Hoffnung auf diesen „romantischen“ Moment, stellen wir uns nachts um 2.30 Uhr den Wecker, um den Himmel in voller Pracht zu betrachten. Und es ist wirklich stockduster. Ich bin mal wieder ungeduldig und werfe mir nur schnell eine Jacke über (Socken werden auch angzogen, ich möchte ja nicht wieder eine Nierenbeckenentzündung bekommen) und dann will ich raus und gucken. Und während ich die große Schiebetür von Sprinti öffne, fällt mir plötzlich ein, dass wir hier vor nachtaktiven Koyoten gewarnt wurden…oops! Ich stelle mir vor, da steht (mindestens) einer direkt vor der Tür und der hat sich nun so erschreckt, dass er sich zähneflätschend vor mir aufbäumt. Ich gucke, erkenne aber nichts…ob der überhaupt Lust auf eine Anfang 40-jährige, mit zerzausten Haaren, im Schlafanzug und mit Birkenstock-Latschen hat? Ich denke nicht und trete heraus. Ach ja, es gibt hier übrigens auch Klapperschlangen…aber ich habe ja zum Glück Socken an :)! Peter ist mittlerweile auch soweit. Über uns erstreckt sich ein wahnsinnig schöner Sternenhimmel, wie wir ihn zuletzt in Neuseeland gesehen haben, und auch die Milchstraße ist gut zu erkennen. Weil wir dies irgendwie auch bildlich festhalten wollen, aber ja auch nur mit unseren Handykameras ausgestattet sind, versuchen wir unser Glück mit Stativ, dem Sternenmodus und einer Belichtungszeit von je 4 Minuten. Das probieren wir ganze dreimal und so langsam wird es echt kalt…den Koyoten und Klapperschlangen anscheinend auch, weil die lassen sich nicht blicken. Wir reden hier immerhin auch von 6 Grad Außentemperatur…gut, dass sie in ihrem Bau bleiben. Als wir recht durchgefroren mit unserem Fotoergebnis zufrieden sind (also ich, Peter hätte es gerne noch perfekter gehabt), huschen wir schnell wieder in unseren „Bau“ und schlafen sofort wieder ein. Ich soll von Peter noch ergänzen, dass er sich nochmal genauer mit dem Thema „Astrofotografie“ auseinandersetzen will, weil man die Milchstraße und alle Feinheiten auf den Fotos ja gar nicht genau erkennen könnte. Hier also die Ergebnisse von unserem ersten kanadischen Sternenhimmel (samt Sternschnuppe)…bitte einzeln anklicken!

Am nächsten Tag erkunden wir weiter den Park mit seiner schönen Landschaft und der beeindruckenden Natur. Es fasziniert uns zu erfahren, wie es für die Menschen damals vor über 100 Jahren war als sie sich hier niedergelassen haben. Voller Hoffnung wollten sie hier neu beginnen, weil man ihnen ein Stück Land versprochen hatte. Und dann fanden sie sich teils in dieser Einöde wieder, in dem die äußeren Bedingungen ein Leben fast unmöglich machten. Wir lesen, dass z.B. eine Familie, die Land auf einem Berg erhalten hatte, täglich mehrere Male je einen Kilometer hoch unter runter laufen musste, nur um an Wasser im Tal zu gelangen. Auch die harten und langen Winter- , dazu die trockenen und heißen Sommermonate sorgten dafür, dass viele Neuankömmlinge aus Europa die Prärie wieder verlassen haben. Auch heute ist hier lediglich Viehhaltung möglich.

Auf einem einsamen Hügel inmitten der Prärie treffen wir an diesem Tag auf eine deutsche Frau, die gemeinsam mit ihren zwei Teenager-Söhnen seit 10 Monaten durch die USA und Kanada reist. Sie ist Lehrerin und ihr Sabbatjahr endet am 06.08.2022, d.h. sie treten langsam den Rückweg an. Uns wird bewusst, dass wir, auch nach 6 Wochen unterwegs, immer noch am Anfang unserer Reise stehen und wie schön und wertvoll es ist, wie viel Zeit noch vor uns liegt.

Am darauffolgenden Tag wollen wir eigentlich Wandern gehen, um die Bisons aus der Nähe zu beobachten. Die Kühe sind kurz vorm Kalben und halten sich derzeit zusammen an einem Ort im Park auf…die lassen wir lieber in Ruhe. Die Bullen haben ihre Arbeit vollbracht und sind daher momentan recht entspannt in Gruppen von 2-3 Tieren unterwegs. Am Vorabend hatten wir bereits eine solche Gruppe aus der Ferne entdeckt. Doch leider ist für diesen Tag ordentlich Regen gemeldet, so dass eine Wanderung im Park auch aus Sicherheitsgründen keinen Sinn macht. Also fahren wir schweren Herzens und in der Hoffnung, dass wir in anderen Parks nochmal die Gelegenheit haben werden freilaufende Bisons zu sehen, weiter. Auf unserem Weg raus aus dem Park begegnen uns Koyoten…es gibt sie also wirklich! Zusätzlich säumen die nächsten Stunden tausende (wirklich tausende) Ground Squirrels unseren Weg und kreuzen voller Panik die Straße. Leider gelingt es uns bei zweien nicht, ihnen auszuweichen. Es gibt hier die unterschiedlichsten Arten von Präriehunden. Wir begegnen hauptsächlich dem „Black-tailed Prairie Dog“ und dem „Ground Squirrel“ (Ground=Boden, Squirrel= Eichhörnchen → wir nennen sie also „Bodenhörnchen“). Letztere sind ungefähr so groß wie Hamster oder Eichhörnchen und flitzen auch in den Tagen zuvor schon zu hunderten über unseren Campingplatz. Wer mich kennt weiß, dass ich eine Abneigung habe gegen alle Nager, die kleiner sind als ein Kaninchen (außer Eichhörnchen vielleicht). Aber diese kleinen „Bodenhörnchen“ sind eigentlich ganz sympathisch, wie sie schnell in ihre Löcher zurückflitzen, wenn man in ihre Nähe kommt. Sie sind nicht aufdringlich und lassen einen in Ruhe, was ich sehr begrüße. Also alles gut.

Für uns geht es weiter Richtung Westen und wir erreichen den nächsten Staat Alberta. Alberta ist die westlichste Prärieprovinz Kanadas und aufgrund umfangreicher Ölvorkommen auch Kanadas reichste. Ihre Hauptstadt ist Edmonton, die größte Stadt hingegen ist Calgary.

Und wie wir so einen Südwest-Kurs einschlagen sind sie plötzlich da…die Rocky Mountains! Mit ihren schneebedeckten Gipfeln türmen sie sich vor uns auf. Die Rocky Mountains sind Teil der von Alaska bis Feuerland reichenden Kordilleren und werden uns also unsere ganze Reise bis in den Süden begleiten. Für uns sind sie zudem ein Meilenstein, weil wir nach knapp 8000 km nun wirklich im Westen Kanadas angekommen sind. Wir übenachten im Waterton Lake Nationalpark und machen uns am nächsten Tag auf, um in die Berge zu wandern. Es scheint hier vor einiger Zeit gebrannt zu haben, weil ein großer Teil der Bergkette vom Feuer gezeichnet ist. Auch wenn viele Bäume zerstört worden sind, sieht man, wie die Natur sich das Land langsam zurückerobert. Wir haben uns einen Wanderweg der Kategorie „schwer“ ausgesucht, der hier „Bertha“ genannt wird. Und die Bertha hat es wirklich in sich! Sonne, Wind, Regen, Schnee…alles dabei. Aber wir sind gut vorbereitet und ausgestattet. So erleben wir auch nochmal etwas Winter (in den vergangen Wochen hatten sich Winter, Frühling und Sommer regelmäßig abgewechselt und wir finden uns immer wieder bei unseren obligatorischen 8 Grad Celsius wieder…ob am Tag oder in der Nacht).

Auch auf dieser Wanderung erleben wir gefühlt drei Jahreszeiten, einige Wasserfälle und viele Leute, die uns entgegen kommen, weil sie den Aufstieg nicht geschafft haben. Aber wir halten durch und werden zu guter Letzt mit einem Blick auf einen zum Teil noch zugefrorenen Bergsee belohnt. Der Wind pfeift zwar und wir stehen mitten im Schnee, aber wir sind umgeben von den Rocky Mountains und es sind beeindruckende Bilder…danke Bertha!

Als wir wieder zurück am Sprinter sind, hilft uns ein heißer Tee, um sich wieder aufzuwärmen. Wir kochen uns noch etwas zu essen und fallen dann hundemüde ins Bett…der Muskelkater kommt garantiert!

Viele Grüße und bis zum nächsten Mal…