Browsing Tag

José Cuervo

Reiseberichte Mexiko

Ein Tequila in Tequila (#036)…

12. Februar 2023

– …oder auch zwei oder drei… –

Und wo müssen wir natürlich auch hin, wenn wir schon mal in Mexiko sind? Na klar…nach Tequila! Tequila (vollständig „Villa de Santiago de Tequila“) ist eine Kleinstadt mit rund 29.000 Einwohnern, die von Franziskanern im Jahr 1530 gegründet wurde. Bereits 1600 errichtete Don Pedro de Tagle (es wundert mich nicht, dass da ein „Peter“ die Finger mit im Spiel hatte) die erste Tequila-Fabrik im Ort. Die Gegend hat ein subtropisches Klima mit einem Jahresdurchschnitt von 23,2 °C und Niederschlägen von 1073 Millimetern, was ideal für den Agavenanbau ist, da diese keine zusätzliche Wässerung benötigen…zumindest derzeit noch nicht. Durch die Einnahmen aus der Tequilabrennerei ist die Stadt zu großem Wohlstand gelangt und hat daher ein sehr gepflegtes Äußeres. Tequila ist ebenfalls ein sogenanntes Pueblo Mágico und beliebtes Ziel ausländischer Touristen. So auch für uns!

Schon als wir den Bundesstaat Jalisco erreichen, ändert sich nicht nur das Landschaftsbild sondern auch die Landwirtschaft. War sie vorher geprägt von Chili-, Mais- und Limettenfeldern, sind es jetzt Zuckerrohr-, aber vor allem Agavenplantagen so weit das Auge reicht. Die Stadt Tequila kann also nicht mehr weit sein, sind Agaven doch der Hauptbestandteil von dem gleichnamigen Getränk.

Mit Jalisco erreichen wir nun nach Baja California, Baja California Sur, Sinaloa, Chihuahua, Durango und Nayarit auch den siebten Bundesstaat Mexikos ( s. dazu unsere Route) und wechseln zum sechsten Mal die Zeitzone. Manchmal blicken wir bei den Uhrzeiten auch einfach nicht mehr durch, weil bei uns gefühlt jede Uhr ihr eigenes Ding macht.

Schon als wir nach Tequila hereinfahren, erleben wir warum diese Stadt so bekannt ist. An allen Ecken werden Touristentouren zu den Agavefeldern inkl. Abstecher zu den Destillerien und Verköstigung angeboten. Bei vielen dieser Touren wird man in einem Fahrzeug, das aussieht wie ein Holzfass, umherkutschiert. Wir können durchaus nachvollziehen, warum man hier sicherlich gut „versacken“ kann. Unser Plan an diesem Tag ist allerdings ein anderer…wir wollen einzelne gute Destillerien besuchen, viel darüber lernen, wie ein Tequila hergestellt wird und worauf es ankommt…und natürlich wollen wir dann auch das ein oder andere Tröpfchen probieren. Wir haben uns zuvor also zwei Destillerien herausgesucht: El Tequileño und José Cuervo, letztere ist die älteste Tequila-Brennerei der Welt. Also auf geht’s!

In den engen Gassen Tequilas finden wir zwischen all den Destillerien, die meist hinter Mauern und Toren versteckt liegen, einen guten Parkplatz für Sprinti und können so alles fußläufig erreichen…was bezüglich unseres Vorhabens schon mal sehr sinnvoll ist! Als erstes laufen wir zur Brennerei „El Tequileño“, die 1959 von Jorge Salles Cuervo gegründet wurde. Wir erfahren, dass eigentlich nur vormittags Führungen stattfinden, da auch nur dann die Maschinen laufen und beim Entstehungsprozess live zugeschaut werden kann. Doch spontan bietet man uns eine Privatführung an…dann halt ohne laufende Maschinen. Wir erfahren dennoch viel vom gesamten Herstellungsprozess, von der Ankunft der Agave (es werden hier 6-8 Jahre alte blaue Agaven aus dem Hochland genommen) und auch vom Brennprozess (die Agaven werden 36-40 Stunden in einem Ofen dampfgegart). Anschließend wird reines vulkanisches Quellwasser (El Tequileño ist eine von nur vier Destillerien, die Zugang dazu hat) für den gesamten Mahlprozess verwendet, um den natürlichen Zucker zu extrahieren. Bei der anschließenden Fermentierung spielen u.a. 150 Jahre alte Mangobäume eine Rolle. Dann erfolgt die Destillation in großen Kupferkesseln, bevor der Tequila in großen Eichenfässern für mehrere Jahre (für einen guten Tequila sollten das 5-7 Jahre sein) „reift“. Derzeit werden in dieser Brennerei 98 % der Produktionsabfälle in organischen Kompost verwandelt, der als Düngemittel für die nächste Agaven-Generation verwendet wird. Wenn Ihr näheres zum Entstehungsprozess erfahren möchtet, findet Ihr auf der Website von El Tequileño weitere Details inkl. Videos.

Nachdem wir dampfgegarte Agave und auch einen „frisch destillierten“ Tequila (Alkoholgehalt von 50%) bereits probiert und die einzelnen Schritte des Entstehungsprozesses kennengelernt haben, heißt es nun zur weiteren Verkostung überzugehen. So probieren wir den „Tequila Blanco“ und den „Tequila Reposado“…letzteres ist unser Favorit und so wandert ein Fläschchen auch direkt über den Ladentisch.

Nach so viel Tequila in flüssiger Form widmen wir uns anschließend erstmal dem Tequila in „städtischer“ Form und schlendern durch die Gassen der Stadt. Tequila ist wirklich ein schöner Ort und lädt zum ausgiebigen Verweilen ein. Bei einem älteren Herren, der einen Straßenstand besitzt, kaufen wir uns original Tequila-Gläser aus Tequila und lassen sie uns direkt vor Ort von ihm personalisieren, in dem er unseren Wunschtext eingraviert.

Dann kehren wir in ein Restaurant am Marktplatz ein und beobachten das bunte Treiben. So spielt die ein oder andere Mariachi-Band und einige Mexikaner, egal ob jung oder alt, lassen es sich nicht nehmen, auf der Straße dazu zu tanzen. Mariachi ist die Bezeichnung für eine typisch mexikanische Musikformation aus dem Bundesstaat Jalisco und ist nur eine der vielen Facetten der mexikanischen Volksmusik, die regional sehr unterschiedlich ausgeprägt ist. Außerhalb von Mexiko ist die Mariachi-Musik die bekannteste unter den vielen mexikanischen Musikstilen. Sie wurde 2011 von der UNESCO in die „Repräsentative Liste des immateriellen Kulturerbes der Menschheit“ aufgenommen. Wieder einmal haben alle Menschen hier ein Strahlen im Gesicht und auch wir lassen uns davon anstecken. Dann entdecken wir zufällig eine anscheinend ganz besondere Tradition…

Dann geht es für uns weiter zur nächsten Destillerie…„José Cuervo“, die sowohl weltweit älteste Tequila-Brennerei als auch die mit den weltweit höchsten Absatzzahlen. Als Mexiko sich noch unter spanischer Vorherrschaft befand, bekam José Antonio de Cuervo 1758 vom spanischen König Fernando VI. eine große Fläche Land zur Verfügung gestellt, um dort den Agave-Anbau zu kultivieren. Heute wird das „Casa Cuervo“ hingegen von der Familie Beckmann geführt. Diese vermischte sich nämlich mit der Familie Cuervo, als der seinerzeitige deutsche Konsul in Guadalajara eine Frau aus der Familie Cuervo heiratete. Also steckt auch ein wenig deutsches Blut im ältesten Tequila der Welt…quasi. Da wir an diesem späten Nachmittag dort die einzigen deutsch- bzw. englischsprachigen Besucher sind, erhalten wir wieder eine Privatführung…dieses Mal von unserem Guide Diego. Diego erklärt uns ebenfalls einiges zum Herstellungsprozess und führt uns durch die Brennerei, in der wir das Ganze nun bei laufenden Maschinen beobachten können. Anschließend erhalten wir auch hier eine Verköstigung…stilecht mit Kaffeebohnen, Limettenschale, Zimtstangen, einem Cracker und gegarter Agave, um nach einzelnen Schlücken die feinen Nuancen im Kontrast noch besser zu erschmecken. Wir probieren einen „Blanco“, einen „Reposado“ und einen „Anejo“. Und wie es bei uns im Münsterland durchaus heißt…lecker Dröpken! Diego zeigt uns zudem wie genau eine Verkostung bei Profis vonstattengeht, um die einzelnen Komponenten zu erriechen und zu erschmecken…vielleicht sollten Peter und ich auch einfach ins Tequila-Geschäft einsteigen, schließlich kennen wir uns da ja jetzt voll aus! 🙂

Langsam wird es dunkel und so kehren wir zum Ende des Tages noch einmal in ein niedliches Restaurant ein, essen eine Kleinigkeit und testen eine weitere Sorte des hier ansässigen Tequilas. Es gibt in Mexiko im Übrigen etwa 130 Hersteller mit über 900 Tequila-Marken. Rund 80 % des Tequilas kommt aus dem mexikanischen Bundesstaat Jalisco. Mittlerweile beherrscht die blaue Agave weite Teile dieser Region. Darüber hinaus darf Tequila nur aus diesen Gegenden (sogenannten „Municipios“) der Bundesstaaten Nayarit (8 Municipios), Michoacán (30 Municipios), Guanajuato (7 Municipios) und Tamaulipas (11 Municipios) kommen, um sich Tequila nennen zu dürfen. Im Jahr 2005 wurden noch 40 % der Produktion auf dem heimischen Markt verkauft, 46 % in die USA und 14 % in das übrige Ausland exportiert. In der Tequilaproduktion sind, direkt und indirekt, etwa 300.000 Menschen beschäftigt. Dass man Tequila, wie bei uns üblich, mit Salz und Zitrone oder Orange und Zimt, zu sich nimmt, kennt man hier übrigens nicht. Scherzhaft haben wir mit unseren Guides vermutet, dass es nur daran liegen kann, dass der Tequila, den man bei uns bekommt, qualitativ nicht so gut ist, so dass man den Geschmack mit diesen Dingen übertünchen muss…wer weiß?!

Dann machen wir uns auf den Weg zurück zu Sprinti, der zum Glück wohlbehalten zwischen all den Brennereien auf uns wartet. Müde von dem langen Tag fallen wir ins Bett und auch wenn wir so manches Mal in dieser Nacht von vorbeirollenden LKWs, die Tequilaproduktion scheint auch nachts nicht zu schlafen, geweckt werden, so hatten wir doch einen wundervollen und interessanten Tag in der schönen Stadt namens…Tequila!

Salud!