– Wir entdecken die Hauptstadt Argentiniens –
Wir machen uns auf nach Buenos Aires! Dafür lassen wir Sprinti auf einem Stellplatz in der Nähe von Colonia del Sacramento in Uruguay stehen (s. dazu Artikel „Uruguay #082“) und machen uns mit der Fähre auf nach Argentinien. Begleitet werden wir dabei von Yannic, einem Schweizer Reisenden, den wir schon öfters getroffen haben, und der nun ein Auto aus dem Norden Argentiniens abholen muss.
Die Fahrt mit der Fähre dauert nur ungefähr 1,5 Stunden, aber da wir dadurch ja Uruguay verlassen und Argentinien betreten, steht auch eine komplette Passkontrolle an. Und als der argentinische Grenzbeamte in unserem Reisepass entdeckt, dass dieser in Düsseldorf ausgestellt worden ist, breitet sich ein Strahlen in seinem Gesicht aus und er ruft begeistert auf Spanisch: „Ah Düsseldorf…Tote Hosen!“ Ja, es ist richtig, dass diese bekannte deutsche Band aus unserer letzten Heimatstadt kommt, aber niemals hätten wir damit gerechnet, dass man das hier auch in Uruguay bzw. Argentinien weiß. Schon des öfteren war es vorgekommen, dass Taxifahrer, wenn sie hören, dass wir aus Deutschland kommen, freudestrahlend das Radio aufdrehen und Rammstein abspielen…was jetzt gar nicht mal so unsere Musikrichung ist, sich aber anscheinend in ganz Amerika großer Bekanntheit erfreut. Nun also Die Toten Hosen! Freudestrahlend scrollt der Beamte in seinem Handy, während die Schlange hinter uns immer länger wird. Dann zeigt er uns stolz ein Foto von ihm und Campino und ist hell auf begeistert…die immer länger werdende Schlange stört ihn dagegen überhaupt nicht. Auch dieser Moment wird sich wohl wieder einreihen in die Liste „So klein ist die Welt“. Wir finden es lustig und verabschieden uns von „unserem“ Grenzbeamten. Auf geht es nach Argentinien!
Dann erreichen wir Buenos Aires, die Hauptstadt Argentiniens und verabschieden uns von Yannic, für den es nun zum Flughafen geht. Die offiziell nur 202 Quadratkilometer große Stadt bildet den Kern einer der größten Metropolregionen Südamerikas, des Gran Buenos Aires mit etwa 13 Millionen Einwohnern. Damit ist sie nach São Paulo (Brasilien) die zweitgrößte Stadt Lateinamerikas. Oft wird Buenos Aires auch als „Wasserkopf“ Argentiniens bezeichnet, da sich hier fast alle wichtigen Institutionen des Landes befinden und in der Stadt und ihrer Umgebung etwa ein Drittel aller Argentinier wohnt. Sie ist ein wichtiges kulturelles Zentrum und wurde 2005 durch die UNESCO mit dem Titel „Stadt des Designs“ ausgezeichnet.
Im Dezember 2023 wurde hier in Argentinien mit Javier Milei ein neuer Präsident gewählt, der das wirtschaftlich stark angeschlagene Argentinien wieder auf Vordermann bringen möchte. Eine seiner ersten Amtshandlungen war es daher tausende Beamte zu entlassen, um so den kostspieligen Staatsapparat zu entlasten. Dies stößt gerade bei den betroffenen Personen auf großen Unmut, weshalb viele Menschen auf den Straßen, besonders in der Hauptstadt Buenos Aires, demonstrieren. Dies bekommen wir direkt am eigenen Leib zu sprüren, als uns ein Taxi vom Hafen zu unserer Airbnb-Unterkunft bringen soll und für knapp 10 Kilometer fast zwei Stunden benötigt, weil sämtliche Straßen aufgrund von Demonstrationen schlichtweg gesperrt sind. Dafür ist unser Taxifahrer total nett und so kommen wir schnell ins Gespräch. Dann erreichen wir endlich unsere Unterkunft und fühlen uns dort auch ganz schnell heimisch.
Die nächsten Tage verbringen wir damit, die Stadt zu erkunden und Buenos Aires auf uns wirken zu lassen. Und was können wir sagen? Wir sind begeistert! Buenos Aires ist voll von alten, prunkvollen Häusern, mit schönsten Verzierungen, aufwendigen Stuckdecken und eindrucksvollen Holztüren. All das verleiht der Stadt einen ganz besonderen Charme und so wird Buenos Aires nicht umsonst „das Paris des Südens“ genannt.
Wenn Argentinien und besonders Buenos Aires für eins steht, dann für Fußball…denn schließlich befinden wir uns gerade im Land des aktuellen Weltmeisters. An jeder Ecke trifft man auf Bilder oder Statuen von Maradona oder Messi und wir können nur erahnen, wie die Stimmung hier gewesen sein muss, als 2022 der Weltmeistertitel gewonnen wurde…die Menschen hier müssen im positiven Sinne schlichtweg ausgerastet sein. Im etwas ärmeren Stadtviertel La Boca, das Ende des 19. Jahrhunderts durch italienische Einwanderer entstand, befindet sich mitten in einem Wohngebiet auch das Stadion La Bombonera (dt. „die Pralinenschachtel“). Ringsum das Stadion befinden sich enge Straßen, die komplett in den Vereinsfarben blau und gelb gehalten sind und die das Fußballfieber absolut wiederspiegeln. Warum gelb und blau die Vereinsfarben sind? Weil im Moment der Vereinsgründung schlicht und einfach ein schwedisches Schiff vorbeifuhr. Im Stadion selbst befindet sich auch ein 2001 eröffnetes Vereinsmuseum, in dem ein ganzer Saal dem größten Sohn des Klubs gewidmet ist… Diego Maradona!
Unweit des Stadions befindet sich der Caminito, eine 100 Meter lange Fußgängerzone, die viele Jahre als Schandfleck La Bocas galt. Dies änderte sich, als der Künstler Benito Quinquela Martín zu Farbeimern griff und die Fassaden entlang der Straße bunt anstrich. 1959 wurde der Caminito so zur Museums-Straße und gilt heute als ein Wahrzeichen der Stadt.
Und wie Ihr schon an manchen Bildern erkennen konntet, steht Buenos Aires nicht nur für Fußball, sondern auch für einen ganz besonderen Tanz…den Tango! Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts hat sich der Tango in verschiedenen Formen von Buenos Aires aus in der gesamten Welt verbreitet. Die Geschichte des „Tango Argentino“ beginnt am Río de la Plata, dem soganannten Mündungstrichter zwischen Argentinien und Uruguay. In den Großräumen Buenos Aires und Montevideo (Uruguay) trafen am Ende des 19. Jahrhunderts die verschiedensten Völker und Kulturen aufeinander. Getrieben von wirtschaftlicher Not in ihren Heimatländern und durch ein groß angelegtes Einwanderungsprogramm der argentinischen Regierung angezogen, erreichten allein zwischen 1880 und 1930 ca. 6 Mio. Neuankömmlinge die Hafenstädte am Unterlauf des Río de la Plata. Der zahlenmäßig größte Anteil der Einwandernden aus der alten Welt kam aus Südeuropa, wie Spanien und Italien, aber auch jüdische Einwandernde waren zahlreich vertreten. Eine weitere große Bevölkerungsgruppe waren die (größtenteils von englischen Händlern entführten) afrikanischen Sklaven.
Die musikalischen Elemente, die zur Entstehung des Tango Argentino beigetragen haben, sind vielfältig. Zwar sind die afroamerikanischen Elemente in Rhythmus und Choreografie des Tangos kaum noch zu erkennen, doch war der Candombe der Kreolen und Afrikaner ein wichtiger Einfluss. Ein ebenfalls wichtiger Einfluss ist die Habanera, die gelegentlich auch „Tango Americano“ genannt wird. Ihre Entstehung wird um 1825 auf Kuba angesetzt und ab 1850 hatte sie in Spanien große Popularität erreicht. Ein noch heute populäres Beispiel für eine Habanera ist die gleichnamige Arie in der Oper Carmen von Georges Bizet. Sie erreichte den Río de la Plata auf dem Wege über Paris, denn die bessere Gesellschaft imitierte alles, was in Frankreich gefiel. Auch der Einfluss mitteleuropäischer Einwanderer ist nicht gering. Aus Polen kam die Mazurka und aus Böhmen die Polka. Aus Deutschland wurde nicht nur das Bandoneon (das später für den Tango typischste Instrument) hinzugefügt. Als Tanz wurde von hier der Walzer und der Ländler mit seinen Drehungen mitgebracht. Ein weiterer, nicht ganz so offensichtlicher Beitrag (ab den 1870er Jahren) stammt von der Maxixe, dem sogenannten brasilianischen Tango, der im Wesentlichen die gleichen Ursprünge hat wie der Argentinische. Sie gilt als der erste städtische Modetanz Brasiliens. Aus diesem Sammelsurium städtischer Musik und Tänze, vermischt mit den ländlichen Payadas der Gauchos, entstand die städtische Milonga. Etwa um 1880 begann man in Buenos Aires und Montevideo zu dieser Musik zu tanzen. Später verlangsamten sich die leichten, fröhlichen Lieder der Milonga zum ernsteren Tango. Und auch wir erleben hier, wie sehr der Tango zur Kultur dazugehört und mit welcher Leidenschaft er zelebriert wird.
In Buenos Aires ebenfalls bekannt, ist der Friedhof La Recoletta, denn dieser ist die Ruhestätte zahlreicher wohlhabender und prominenter Einwohner. Hier wurden argentinische Präsidenten, Profisportler, Wissenschaftler und Schauspieler bestattet. Das wohl bekannteste Grab gehört niemand geringerem als Eva Perón („Evita“), der zweiten Ehefrau des ehemaligen Präsidenten Juan Perón. Eva Duarte wurde am 07. Mai 1919 als eines von fünf unehelichen, aber vom Vater anerkannten Kindern von Juana Ibarguren und dem Großgrundbesitzer Juan Duarte geboren und wuchs in der Nähe von Junín in Argentinien auf. Später heiratete sie Juan Perón und wurde für ihr soziales Engagement und ihren Einsatz für die Frauenrechte in einer Zeit, als Frauen noch nicht einmal ein Wahlrecht besaßen, zum Idol. Als erste an der Staatsspitze eines lateinamerikanischen Landes wirkende Frau, starb Eva Perón im Alter von nur 33 Jahren an Gebärmutterhalskrebs. Nach dem Sturz Juan Peróns im Jahr 1955 verschwand ihre Leiche allerdings für 17 Jahre aus der Öffentlichkeit, da die neuen Machthaber die Erinnerung an sie und ihren Mann bekämpften. Es sollten also noch einige Jahre vergehen, bis sie letztendlich hier in Recoletta ihre letzte Ruhestätte fand. In der Familiengruft der Duartes stehen zwei Särge, doch in keinem liegt Eva Perón. Stattdessen liegt sie einbalsamiert in sechs Metern Tiefe. Der Weg dorthin ist mit einer Stahlplatte verschlossen, denn man ging bei der Grablegung davon aus, dass der Leichnam abermals entführt werden könnte, und entschied sich daher für diese Vorsichtsmaßnahme.
Und so genießen wir unsere Tage in Buenos Aires, dieser bunten und lebendigen Stadt. Unsere Unterkunft liegt im Stadtteil Palermo und damit recht zentral, so dass wir zu Fuß oder mit dem Taxi überall gut hinkommen. Die Sonne scheint und die Termperaturen sind angehnehm…genauso kann es weitergehen! So kommen wir unter anderem vorbei am Nationalkongress, an einer Buchhandlung, die einem alten Theater gleicht und an einem metallernen Kunstwerk in Form einer Blume, die sich je nach Sonneneinstrahlung verändert. Und leckeres Essen ist auch wieder am Start 🙂 .
An Sonntagen findet im Stadtteil San Telmo immer ein Markt statt, der sich tatsächlich durch das ganze Viertel zieht. Egal ob Handwerkskunst, Kleidung oder Lebensmittel…hier gibt es nichts, was es nicht gibt! Und so flanieren auch wir durch die Straßen und Markhallen und lassen uns von dem Flair anstecken.
Wir erwischen in Buenos Aires auch einen Regentag, an dem es so sehr schüttet, dass innerhalb von Minuten alles unter Wasser steht und sich Straßen zu Fuß kaum noch überqueren lassen. Mehrmals haben wir in den letzten Tagen unsere Wetter-App gecheckt…nicht nur für Buenos Aires, sondern auch für das gar nicht so weit entfernte Colonia del Sacramento in Uruguay. Denn dort wartet Sprinti auf uns und war von all den Wassermassen, die auch vor unserer Abreise schon vom Himmel kamen, gar nicht so begeistert (s. dazu ebenfalls Artikel „Uruguay #082“). Umso mehr hoffen wir, dass er dort unversehrt steht und es nicht mehr all zu stark regnet bis wir in wenigen Tagen zurückkehren.
Wir machen uns derweil einen gemütlichen Tag in unserem Airbnb, an dem es mal wieder genug zu erledigen und organisieren gibt, denn unsere Heimreise nach Deutschland rückt immer näher. Was uns an diesem Tag ebenfalls erreicht, ist eine Nachricht von unseren Freunden Judith und Arthur, die sich gerade in Rio de Janeiro befinden. Doch wie der Zufall es so will, haben sie auf ihrem Weg zurück in die Schweiz u.a. einen zweitägigen Zwischenstopp in Buenos Aires und so verabreden wir uns für den nächsten Abend.
Schon früh steuern wir das Restaurant Don Julio an, dass zu den 50 besten Restaurants Lateinamerikas gehören soll und mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet worden ist. Es handelt sich dabei um ein familiengeführtes Restaurant, was im 19. Jahrhundert als kleiner Grill an der Straßenecke gestartet ist. Hier soll es weit und breit das beste argentinische Steak geben und das wollen wir uns nicht entgehen lassen…wenn wir denn dann Glück haben und einen Platz ergattern können. Schon Monate im Voraus sind die Tische bereits ausgebucht, aber täglich gibt es ein paar „Restplätze“, für die man sich anstellen kann. So stehen wir bereits über eine Stunde vor der eigentlichen Öffnungszeit in der Schlange und erfahren dann, dass an diesem Abend für uns noch ein Tisch frei wäre…allerdings erst um 21.45 Uhr! Das ist uns dann doch ein wenig zu spät!
Also Planänderung! Zum Glück gibt es im Stadtteil Palermo jede Menge Restaurants und sicherlich auch welche, in denen man ein gutes Steak bekommt…schließlich sind wir in Argentiniens Hauptstadt! Und so landen wir kurze Zeit später gemeinsam mit Arthur und Judith in eben so einem und lassen es uns schmecken!
Nach dem Essen wollen wir noch auf ein Getränk irgendwo einkehren, als wir plötzlich von einem ordentlichen Regenguss erwischt werden. Also benötigen wir eine Bar in der Nähe, entdecken aber nur ein Sushi-Restaurant. Wir fragen, ob wir dort auch nur für ein Getränk einkehren dürfen. Man bittet uns freundlich herein und fragt uns ob wir schon einmal hier zu Gast waren. Als wir dies verneinen, führt man uns in die hinterste Ecke des Restaurants und plötzlich stehen wir in einem separaten, dunklen und kleinen Raum und die Bedienung faselt etwas von „Zeitmaschine“. Wie bitte? Zeitmaschine? Dann stehen wir ganz alleine in diesem Raum, an dessen Ende sich lediglich ein alter Holzschrank befindet. Wir öffnen die „Schranktür“, hinter der sich plötzlich ein weiterer dunkler Raum anschließt. An den Wänden hängen irgendwelche Apparate mit jeder Menge Knöpfen. Wenn es also eine Zeitmaschine wirklich gibt, dann ist das hier definitiv eine! Wir treten durch eine weitere Tür, die eher an ein U-Boot erinnern lässt. Und plötzlich stehen wir mitten in einer Bar im Stil der 20er Jahre…gedämmtes Licht, eine hohe Decke, verkleidet mit viel Holz, eine ganze Wand voller Spirituosen und ein Barkeeper, der gekleidet wie damals, mit viel Know-how seine Getränke mixt. Andere Gäste, anscheinend alles Einheimische, sitzen an den Tischen und trinken ihre Cocktails. Wir trauen unseren Augen nicht! Was ist das bitte für eine Aktion und wie sind wir hier bitte schön gelandet? Auf unserem Ranking der Kuriositäten auf dieser Reise bekommt dies definitiv einen Platz ziemlich weit oben! Der Barkeeper sagt, dass es sich bei dieser Bar um einen Geheimtipp handelt und da er das auch bleiben soll, bittet er uns keine Fotos zu machen und dieses Geheimnis für uns zu behalten. Und da auch andere Gäste diese Überraschung erleben sollen, wollen wir auch hier nicht zuuu viel verraten. Aufgrund der Dunkelheit in der „Zeitmaschine“ lässt die Qualität der Bilder eh zu wünschen übrig 🙂 …
So verleben wir einen schönen, wenn auch „spooky“ Abend mit Judith und Arthur, für die die Reise bereits kurze Zeit später weiter geht. Auch unsere Woche in Buenos Aires neigt sich langsam dem Ende entgegen und so machen wir uns mit unseren gepackten Rucksäcken mit der Fähre auf zurück nach Uruguay…zurück zu Sprinti!
Buenos Aires ist wirklich eine tolle Stadt und auf jeden Fall eine Reise wert! Daher freuen wir uns umso mehr, dass wir schon in einigen Tagen wieder hier sein werden.
Warum, wieso, weshalb? Das erfahrt Ihr dann beim nächsten Mal! 🙂
4 Comments
Schön, dass es noch etwas weiter geht. Auch jetzt wieder schöne und interessante Bilder.
gut gemacht in Buenos Aires. so bekommen wir auch einen schönen Eindruck von dieser Stadt.
alles Gute👍
Danke für diesen lebendigen und interessanten Bericht. Buenos Aires ist tatsächlich immer wieder eine Reise wert.
Ihr habt so viele schöne Momente eingefangen: das Schild „el gran paraiso“ vor den Fleischbergen spricht für sich; man könnte es wörtlich nehmen.
[…] Buenos Aires sind. Bei unserem letzten Besuch haben wir die Stadt bereits erkundet (s. dazu Artikel „Buenos Aires #083“) und somit fällt alles was wir nun hier erleben unter die Kategorie „Bonus“. Und so […]